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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.03.2007
Aktenzeichen: 7 B 10090/07.OVG
Rechtsgebiete: GG, SammlG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 9
GG Art. 9 Abs. 1
SammlG § 7
SammlG § 7 Abs. 1
SammlG § 7 Abs. 1 Nr. 2
SammlG § 9
SammlG § 9 Abs. 3
SammlG § 9 Abs. 3 Nr. 2
SammlG § 9 Abs. 6
VwGO § 80
VwGO § 80 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 3 Satz 1
Zum Sammlungsverbot bei unzutreffendem Hinweis auf die Gemeinnützigkeit und bei nicht zweckentsprechender, einwandfreier Verwendung des Sammlungsertrages (im Anschluss an OVG RP, Beschlüsse vom 20. September 2005 - 12 B 10909/05.OVG - und 13. November 2006 - 7 B 11123/06.OVG -, beide veröffentlicht in ESOVGRP).
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

7 B 10090/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Sammlungsrechts

hier: aufschiebende Wirkung

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 16. März 2007, an der teilgenommen haben Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Geis Richter am Verwaltungsgericht Pirrung

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 8. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Mit der Beschwerde werden keine Gründe dargelegt, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, mit der der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO abgelehnt wurde, abzuändern oder aufzuheben ist (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO). Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für den Sofortvollzug ist nicht zu beanstanden (1.). Das in der Verfügung vom 3. November 2006 ausgesprochene Sammlungsverbot ist offensichtlich rechtmäßig (2.). Es besteht darüber hinaus ein besonderes öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung (3.).

1. Der von dem Antragsteller gerügte Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO liegt nicht vor. Hiernach ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Die Behörde ist verpflichtet, mit einer auf den konkreten Fall abgestellten und nicht nur formelhaften Begründung darzulegen, warum ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (vgl. u. a. Beschluss des Senats vom 10. Januar 1997 - 7 B 13464/96.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP).

Der Antragsgegner hat diese formelle Begründungspflicht erfüllt. In der Verfügung (siehe Seite 17) hat er den konkreten Fall gewürdigt und dargelegt, warum hier das öffentliche Interesse die sofortige Vollziehung erfordert. Unter anderem hat der Antragsgegner dabei auf das seit Jahren erhebliche Missverhältnis zwischen Kosten und Reinertrag der Sammlungen, die Täuschung potentieller Spender über die Gemeinnützigkeit und den Entzug der Gemeinnützigkeit durch das zuständige Finanzamt hingewiesen. Auf die inhaltliche Richtigkeit der gegebenen Begründung kommt es für die Erfüllung der Pflicht aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht an. Ob tatsächlich ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug besteht, ist im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch das Gericht zu prüfen (Beschluss des Senats vom 23. Februar 2006 - 7 B 10046/06.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP).

2. Das unter Nr. 1 der Verfügung vom 3. November 2006 ausgesprochene Sammlungsverbot (Verbot der Einwerbung von fördernden Mitgliedern sowie des Aufrufs und der Durchführung von Geldspendensammlungen in Rheinland-Pfalz, die auf den Erwerb von fördernden Mitgliedsbeiträgen oder Geldspenden gerichtet sind, sowie die Untersagung der Fortsetzung bereits laufender Sammlungen, insbesondere des Einzugs von wiederkehrenden Fördermitgliedsbeiträgen und Geldspenden aus Rheinland-Pfalz, d. h. die Entfernung und Entleerung von aufgestellten Spendendosen) ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens offensichtlich rechtmäßig. Diese Maßnahme findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 3 Nr. 2 des Sammlungsgesetzes für Rheinland-Pfalz - SammlG - vom 5. März 1970 (GVBl. S. 93). Danach kann die zuständige Behörde die Durchführung der Sammlung oder ihre Fortsetzung verbieten, wenn keine genügende Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung oder die zweckentsprechende, einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages gegeben ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

An der genügenden Gewähr fehlt es nicht erst dann, wenn feststeht, dass die Sammlung nicht ordnungsgemäß durchgeführt oder der Sammlungsertrag nicht einwandfrei verwendet wird. Genügende Gewähr bedeutet das Fehlen von Zweifeln an der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen, wobei diese Zweifel auf Umständen beruhen müssen, die geeignet sind, eine ernste Besorgnis auszulösen. Wegen des hohen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der Spendenbereitschaft der Bevölkerung und zum Schutz anderer Veranstalter von Sammlungen reicht für ein Verbot daher bereits aus, wenn die zuständige Behörde greifbare Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 9 Abs. 3 Nr. 2 SammlG hat (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 20. September 2005 - 12 B 10909/05.OVG -, AS 32, 370, und 13. November 2006 - 7 B 11123/06.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP).

Die Befugnis zum Einschreiten bereits bei derartigen Umständen ist kein - wie die Beschwerde meint - "Tatbestandsersatz" für eine Eingriffsermächtigung. Die Auslegung nach dem Sinn und Zweck des Sammlungsverbots wird auch durch den Wortlaut des § 9 Abs. 3 SammlG gedeckt. Die Behörde hat nämlich zu beurteilen, ob eine "genügende" Gewähr im Sinne des § 9 Abs. 3 Nr. 2 SammlG zur Durchführung der Sammlung besteht, oder ob ein nach § 9 Abs. 3 Nr. 3 SammlG offensichtliches Missverhältnis zwischen Kosten und Ertrag der Sammlung "zu befürchten" ist. Danach muss die Behörde eine Sammlung nicht abwarten, sondern darf sie bei dem Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte bereits vor ihrem Beginn verbieten. Sie ist auch befugt, die Fortsetzung bereits begonnener Sammlungen - wie hier - zu untersagen.

Der Antragsteller bietet keine genügende Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung von Sammlungen (§ 9 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. SammlG). Dies folgt aus auf Tatsachen gestützten Anhaltspunkten und nicht - wie die Beschwerde meint - aus bloßen "Empfindungen" oder "Ahnungen" der Behörde.

An einer ordnungsgemäßen Durchführung von Sammlungen fehlt es hier zunächst deshalb, weil der Antragsteller als Sammlungsveranstalter in der Öffentlichkeit den unzutreffenden und irreführenden Eindruck hervorruft bzw. aufrecht erhält, es handele sich bei ihm um eine als gemeinnützig anerkannte Spendenorganisation. Nach wie vor bezeichnet sich der Antragsteller bei den laufenden Sammlungen als gemeinnützigen Verein, obwohl ihm das Finanzamt Wetzlar mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. Juli 2006 (Bl. 192 der Verwaltungsakten) diese Eigenschaft rückwirkend zum Jahr 2004 entzogen hat.

Entgegen dem Beschwerdevortrag hat der Gemeinnützigkeitsvermerk in den Jahresberichten 2004 und 2005 auf der Internet-Homepage des Antragstellers keineswegs nur "historisierenden" Charakter. Mit Zustellung des Bescheids vom 26. Juli 2006 teilte das Finanzamt dem Antragsteller zugleich mit, dass er künftig keine Unterlagen mehr verwenden dürfe, die auf seine Gemeinnützigkeit hinweisen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Denn die Jahresberichte 2004 und 2005 stellen solche Unterlagen dar. Sie bezeichnen den Antragsteller als gemeinnützigen Verein. Wenngleich dies bei ihrer Erstellung formal zugetroffen haben mag, ist die weitere Verwendung der Jahresberichte aus Sicht eines objektiven Dritten noch heute geeignet, die falsche Vorstellung von dem unveränderten Fortbestehen einer steuerrechtlich anerkannten Gemeinnützigkeit in der Öffentlichkeit hervorzurufen. Denn es ist bisher weder eine Beseitigung des Gemeinnützigkeitsvermerks noch ein Hinweis auf die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit erfolgt. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsteller zwischenzeitlich um eine entsprechende Klarstellung oder Beseitigung bemüht hat.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht weiter festgestellt, dass sich der Antragsteller auch in dem als "aktualisiert" bezeichneten neuen Werbeprospekt als gemeinnützigen Verein bezeichnet (vgl. Schriftsatz vom 18. Dezember 2006 und Bl. 91, 99, 99 R der Gerichtsakten). Zudem legt er in irreführender Weise den Schluss auf seine Gemeinnützigkeit nahe, indem es dort heißt, Zweck des Vereins sei auch die Mittelbeschaffung für "andere" gemeinnützige Institutionen.

Der Antragsteller bietet auch keine genügende Gewähr für die zweckentsprechende, einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrags (§ 9 Abs. 3 Nr. 2, 2. Alt. SammlG).

Greifbare Anhaltspunkte für eine zweckwidrige Verwendung des Sammlungsertrags ergeben sich hierbei aus der von dem Antragsgegner aufgezeigten Kostenstruktur des Vereins. Der größte Teil der Einnahmen diente nicht der bei der Spendenwerbung in den Vordergrund gestellten Hilfe für krebskranke Kinder, sondern wurde anderen Zwecken zugeführt. Aus den Feststellungen des Finanzamtes Wetzlar in dem Prüfbericht für den Zeitraum 2002 bis 2004 ergeben sich Aufwendungen für Satzungszwecke für das Jahr 2003 in Höhe von lediglich 4,3 v.H. und für 2004 im Umfange von nur 5,9 v.H. des bundesweiten Sammlungsertrags. Der Antragsteller hat Einwendungen gegen die dem Prüfbericht zugrunde gelegten sachlichen Feststellungen bei der Schlussbesprechung am 20. Juni 2006 nicht erhoben (Bl. 116 der Verwaltungsakten). Der Bescheid des Finanzamtes Wetzlar ist zudem bestandskräftig geworden. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im Anschluss an die Berechnungen des Antragsgegners weiterhin hervorgehoben, dass sich das Bild einer überwiegend zweckwidrigen Verwendung auch in der Bilanz des Jahres 2005 verfestigt, wonach (nur) 13,23 v.H. der Spendeneinnahmen unmittelbar für Hilfsprojekte verwendet wurden.

Das Verwaltungsgericht hat dazu weiter ausgeführt, selbst wenn man einen Teil der Kosten für Werbemaßnahmen dem Satzungszweck "Öffentlichkeitsarbeit" zuschlagen wolle, verbleibe es bei einem krassen Missverhältnis; denn nach den eigenen Angaben des Antragstellers seien nur 42,5 v.H. der Einnahmen, also weniger als die Hälfte, satzungsgemäßen Zwecken zugeflossen. Regelmäßig dürfe dann auf eine nicht zweckentsprechende, einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages zu schließen sein, wenn - wie vorliegend - deutlich unter 50 v.H. des Sammlungserlöses für satzungsgemäße Zwecke verwendet würden. Mit dieser Annahme des Verwaltungsgerichts setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend auseinander. Sie wendet lediglich ein, der Antragsteller "halte" diese Auffassung mit Blick auf die gesetzliche Wertentscheidung in § 2 Abs. 1 Nr. 4 SammlG für eine Verwendungsquote von 25 v.H. "nicht für vertretbar". Das Verwaltungsgericht hat aber dazu ausgeführt, es gebe keine generelle Wertentscheidung des Gesetzgebers, dass bei Einhaltung der Viertelgrenze stets von einer zweckentsprechenden Verwendung des Sammlungserlöses auszugehen sei. Die Argumentation berücksichtige nämlich nicht den Umstand, dass im Falle des Waren- bzw. Kartenverkaufs in der Regel Beschaffungskosten anfielen, die Bestandteil der Preisbildung seien. Diese Beschaffungskosten schmälerten den überhaupt zur Verfügung stehenden Anteil der vereinnahmten Gelder erheblich. Mit dieser zutreffenden Begründung befasst sich die Beschwerde nicht.

Abgesehen davon teilt der Senat die Auffassung des Antragsgegners, dass die Ausgaben des Antragstellers für die von ihm betriebene "Öffentlichkeitsarbeit" den Verwaltungskosten zuzurechnen sind. Denn Aufwendungen, die einem Verein durch die Beauftragung von Firmen mit der Werbung von Spendern sowie der Einziehung und Verwaltung der Spenden entstehen, sind sammlungsrechtlich keine Ausgaben, die durch die Erfüllung der satzungsgemäßen Ziele verursacht werden. Sie dienen noch im Vorfeld der karitativen Hilfen dazu, die finanziellen Voraussetzungen erst zu schaffen, um die in der Vereinssatzung beschriebene Zwecke tatsächlich verwirklichen zu können (hier: Hilfe für krebskranke Kinder und Öffentlichkeitsarbeit für deren Belange). Dies gilt auch, soweit die Satzung des Antragstellers die Information und Aufklärung der Bevölkerung über die Situation der erkrankten, verletzten oder notleidenden Kinder vorsieht (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchstabe a) der Satzung). Eine solche selbstlose Aufklärungsarbeit hat der Antragsteller nämlich nicht betrieben. Der mit der Firma "Lichtblick" geschlossene Vertrag über die Öffentlichkeitsarbeit vom 1. Februar 2003 (Bl. 131 - 135 der Verwaltungsakten) ist hauptsächlich auf die Werbung für den Verein und die Gewinnung neuer Spender ausgerichtet. Dies ergibt sich aus dem Leistungskatalog und dem Abrechnungsverzeichnis, welche die Fördererwerbung und ein Pauschalhonorar für jeden geworbenen Förderer umfassen (Bl. 131 - 135 der Verwaltungsakten). Bei dem von dem Antragsgegner somit zutreffend ermittelten Verwaltungskostenanteil in Höhe von 87,13 v.H. kann aber von einer zweckentsprechenden Verwendung des Sammlungsertrags keine Rede mehr sein (im Anschluss an OVG RP, Beschlüsse vom 20. September 2005 und 13. November 2006, a.a.O.).

Soweit die Beschwerde meint, es sei bei der Entwicklung der satzungsgemäßen Mittelverwendung nicht auf den Gründungszeitpunkt des Vereins, sondern auf die Aufnahme der werbenden Tätigkeit erst im Frühjahr 2003 abzustellen, fehlt es an der Auseinandersetzung mit der Begründung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Dort ist ausgeführt, dass nach vier Jahren nicht mehr von einer Aufbauphase des Vereins ausgegangen werden könne, der Bundesfinanzhof einem anderen Verein eine Aufbauphase von (nur) zwei Jahren zugebilligt habe und die Finanzbehörde diesen Gesichtspunkt bei der sachlichen Prüfung im Übrigen beachtet habe. Zudem hat das Verwaltungsgericht zutreffend seine Entscheidung damit begründet, dass das Missverhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und satzungsgemäßer Verwendung des Ertrags nicht auf die Aufbauphase des Vereins, sondern auf seine ungünstige Kostenstruktur zurückzuführen sei, insbesondere auch auf die vom Finanzamt beanstandeten hohen Vergütungen für Vereinsmitglieder.

Die Beschwerde rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe die Kündigung des wirtschaftlich unvorteilhaften Vertragsverhältnisses mit der Werbeagentur "Lichtblick" nicht berücksichtigt. Hierzu wird aber nicht aufgezeigt, warum die Kündigung zur Abänderung des Beschlusses führen könnte, nachdem das Verwaltungsgericht die betreffenden Kosten für "Öffentlichkeitsarbeit" zugunsten des Antragstellers den satzungsgemäßen Aufwendungen zugerechnet hat.

Hinzu kommt, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Spendeneinnahmen auch weiterhin dieser Firma zufließen wird. Denn der Vertrag sieht Provisionsfolgezahlungen auch nach Aufhebung des Vertragsverhältnisses vor (§ 6 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 4 des Vertrags vom 1. Januar 2005, Bl. 125 ff. Verwaltungsakten). Zudem hat das Vorstandsmitglied Pfützenreuter erklärt, dass im Rahmen der Vertragsauflösung die Entstehung weiterer Kosten wahrscheinlich ist (Bl. 55 der Gerichtsakten).

Die Beschwerde hat ferner ein Konzept, das bei prognostischer Sicht eine dauerhafte Ermäßigung der Verwaltungskosten und eine nennenswerte Steigerung der Verwendungsquote noch im laufenden Verwaltungsverfahren erwarten ließe, nicht aufgezeigt. Welche Aufwendungen nach der Kündigung des Werbevertrags aus ähnlichen Verträgen mit anderen Dienstleistern künftig zu erwarten sein werden, ist völlig offen. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller beabsichtigt und in der Lage ist, die Werbe-, Finanz- und sonstigen Verwaltungsangelegenheiten durch Eigenleistung zu erbringen. Dies betreffend hat das Vorstandsmitglied Pfützenreuter erklärt, hierzu fehle es an der professionellen Erfahrung und der notwendigen Anzahl von Mitarbeitern (Bl. 54 der Gerichtsakten). Auch ist anzunehmen, dass der auf Übernahme der Betreuungs- und Verwaltungsleistungen gerichtete Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Firma K&P Processing ungekündigt fortbesteht oder entsprechende Tätigkeiten durch andere Anbieter entgeltpflichtig wahrgenommen werden (vgl. das Schreiben der Firma "3W" vom 22. Februar 2007, Bl. 178 der Gerichtsakten).

Der Antragsgegner hat auch das ihm zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Er war insbesondere nicht verpflichtet, statt des Sammlungsverbots die treuhänderische Verwaltung des Sammlungsertrags anzuordnen.

§ 9 Abs. 6 SammlG erklärt die Regelungen des § 7 SammlG für entsprechend anwendbar. Hiernach kann für die Verwaltung des Sammlungsertrags ein Treuhänder bestellt werden kann, wenn sich bei der Durchführung oder Abwicklung einer Sammlung erhebliche Missstände zeigen, die eine zweckentsprechende, einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrags gefährden und sich nicht auf andere Weise beseitigen lassen (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 SammlG). Unter ähnlichen Voraussetzungen kann nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 SammlG die Sammlung als solche untersagt werden. Aus § 9 Abs. 6 SammlG folgt aber nicht, dass die Behörde bei dem Vorliegen der tatbestandlichen Verbotsvoraussetzungen des § 9 Abs. 3 SammlG aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf die treuhänderische Verwaltung des Spendenertrags beschränkt wäre und die rechtwidrige Einwerbung von Spenden weiterhin dulden müsste. Es besteht kein grundsätzlicher Vorrang der Treuhänderbestellung gegenüber einem Sammlungsverbot. Das Sammlungsverbot schützt das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Von vornherein soll die Erzielung von Einnahmen verhindert werden, wenn eine zweckwidrige Verwendung zu befürchten ist. Demgegenüber stellt die Treuhänderbestellung nur die bestimmungsgemäße Verwendung bereits eingenommener Sammlungserträge sicher. Die treuhänderische Verwaltung vereinnahmter Geldspenden ist daher kein geeignetes Mittel, um die Sammlung weiterer Erträge zu unterbinden.

Das Sammlungsverbot ist auch im Übrigen verhältnismäßig.

Insbesondere ist es erforderlich, um die Bereitschaft der Bevölkerung, sich künftig an Sammlungen zu beteiligen, zu erhalten. Dabei ist ihr Vertrauen hinsichtlich gemeinnütziger Organisationen besonders schutzwürdig. Der Antragsteller erweckt aber nach wie vor den irrigen Eindruck, weiterhin als gemeinnützige Spendenorganisation anerkannt zu sein. Die tatsächliche Verwendung des Sammlungsertrags für Verwaltungskosten entspricht auch nicht dem bei der Spendenwerbung vermittelten Eindruck, die Spenden dienten der Hilfe kranker Kinder. Andere Mittel als das Verbot der Sammlungen, etwa Auflagen, sind angesichts des über mehrere Jahre gezeigten zweckfremden Ausgabeverhaltens nicht Erfolg versprechend.

Das Sammlungsverbot verletzt den Antragsteller auch nicht in seiner grundrechtlich geschützten Vereinigungsfreiheit. Art. 9 Abs. 1 GG schützt die Gründung und die Betätigung einer Vereinigung sowie ihrer Mitglieder nach außen (vgl. z.B. Scholz in: Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz, Stand: November 2006, Art. 9 GG Rn. 86). Zweck des antragstellenden Vereins ist es, krebskranken, verletzten oder notleidenden Kindern zu helfen (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Das Sammlungsverbot verbietet eine solche Betätigung nicht. Es betrifft die Betätigungsfreiheit aber insoweit, als es dem Antragsteller im Vorfeld der Hilfeleistungen untersagt, Sammlungen durchzuführen, die der Finanzierung der selbstlosen Vereinstätigkeit (§ 18 Abs. 1 und 2 der Satzung) dienen sollen. Die kollektive Betätigungsfreiheit eines Vereins aus Art. 9 Abs. 1 GG reicht allerdings grundsätzlich nicht weiter, als die unter dem Vorbehalt der allgemeinen Gesetze stehende Betätigungsfreiheit der darin organisierten Personen (vgl. Scholz in: Maunz/Dürig/Herzog, a.a.O., Art. 9 GG Rn. 87 m.w.N.). Die Sammlung von Spenden durch und für Vereinigungen ist daher den gleichen gesetzlichen Bestimmungen unterworfen wie eine entsprechende Tätigkeit von Einzelpersonen (BVerwGE 88, 9 [12]). Dies bedeutet, dass die Betätigungsfreiheit des Antragstellers und seiner Mitglieder durch die Bestimmungen über die ordnungsgemäße Durchführung von Sammlungen und über die zweckentsprechende Verwendung des Ertrags nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 SammlG beschränkt wird, soweit sich das Sammlungsverbot im Lichte der Schutzwirkungen des Art. 9 Abs. 1 GG seinerseits als verhältnismäßige Maßnahme darstellt. Dies ist hier - wie oben ausgeführt - der Fall.

§ 9 Abs. 3 SammlG verstößt auch nicht - wie die Beschwerde meint - gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Zitiergebot gilt nur bei solchen Grundrechten, die ihrerseits unter dem Einschränkungsvorbehalt des einfachen Gesetzes stehen (vgl. BVerfGE 28, 36 und z.B. Jarass in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 8. Aufl., Art. 19 GG Rn. 4 m.w.N.). Es ist auf die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. Jarass in: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 9 GG Rn. 51).

Die weiteren vom Antragsgegner getroffenen Maßnahmen zur Umsetzung des Sammlungsverbots sowie die Zwangsgeldandrohungen sind mit der Beschwerde nicht angegriffen.

3. Die sofortige Vollziehung des offensichtlich rechtmäßigen Sammlungsverbots liegt im öffentlichen Interesse i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Zum Schutz der Allgemeinheit vor Verstößen gegen das Sammlungsgesetz - so wie sie dem Antragsteller vorzuwerfen sind - ist es erforderlich, seine Sammlungen mit sofortiger Wirkung zu verbieten.

Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung entfällt auch nicht mit der Möglichkeit des Widerrufs von Einzugsermächtigungen oder der Kündigung von Daueraufträgen durch einzelne Spender. Denn der Schutz der Allgemeinheit ist unabhängig davon zu gewährleisten, dass sich einzelne Spender selbst vor dem Missbrauch ihrer Spenden schützen können. Er ist zudem von der Höhe des gespendeten Betrags unabhängig, zumal im Falle des Antragsstellers die Sammeldosen auf eine konkrete Verwendung des Ertrags hinweisen, und deshalb auch bei Kleinspenden eine bestimmte Förderabsicht des Spenders anzunehmen ist ("Spende für krebskranke Kinder, Danke"; teilweise mit Zusatz: "Gemeinnützigkeit anerkannt", vgl. Bl. 252 der Verwaltungsakten).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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