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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 10.10.2003
Aktenzeichen: 7 B 11392/03.OVG
Rechtsgebiete: GemO, VwGO


Vorschriften:

GemO § 17 a Abs. 1
GemO § 17 a Abs. 1 Nr. 1
GemO § 17 a Abs. 3 Nr. 2
VwGO § 123 Abs. 1
1. Zur Sicherung der Rechte eines Bürgerbegehrens vor der Schaffung vollendeter Tatsachen durch Abschluss von Verträgen mit Dritten vor Durchführung eines beantragten Bürgerentscheids.

2. Zulässiger Gegenstand eines Bürgerbegehrens (Entscheidung über die Errichtung einer "öffentlichen Einrichtung") kann auch eine Finanzkonstruktion zur Erstellung des Projekts durch private Gesellschaften ohne Beteiligung der Kommune sein, wenn durch zugesagte langjährige "Zuschüsse" die Kommune im Ergebnis das Vorhaben wirtschaftlich trägt.

3. Zur Qualifizierung von Beschlüssen des Gemeinderats, die geeignet sind, die 2-Monats-Ausschlussfrist für die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens auszulösen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

7 B 11392/03.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Aussetzung eines Stadtratsbeschlusses und Unterlassung

hier: einstweilige Anordnung

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 10. Oktober 2003, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Hoffmann Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Holl Richter am Oberverwaltungsgericht Stamm

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers wird im Hinblick auf den Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 1) zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde gegen den Antragsgegner zu 2) hin wird dieser im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Vollzugshandlungen auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 14. Juli 2003 dergestalt zu unterlassen, dass er keine Verträge mit Dritten zur Durchführung des Baus der P... abschließt; diese Unterlassungspflicht gilt bis zum Abschluss des Verfahrens der Klage des Antragstellers auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.

Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Rechtszüge haben der Antragsteller und der Antragsgegner zu 2) je zur Hälfte zu tragen; die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) hat der Antragsteller zu tragen; die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers hat der Antragsgegner zu 2) zur Hälfte zu tragen; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,-- € festgesetzt, und zwar für das Verfahren gegen jeden Antragsgegner auf jeweils 2.000,-- €.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, eine Initiative aus Bürgern der Antragsgegnerin zu 1), begehrt die Sicherung der Durchführung des von ihm angestrebten Bürgerentscheids, nachdem die nötige Zahl der Unterstützungsunterschriften für die Frage eingereicht worden ist, ob man gegen das Projekt "P..." sowie gegen dafür vorgesehene Betriebskostenzuschüsse durch die Stadt K... sei.

Der Stadtrat hatte im Jahre 2000 bereits die Verwaltung zum Abschluss von Verträgen beauftragt, mit denen das Projekt als 2. Bauabschnitt des Kulturzentrum K... (1. Abschnitt: das bereits errichtete Theater) in der Form verwirklicht werden sollte, dass ein Leasinggeber das Bauwerk errichtet und eine Gesellschaft mit städtischer Beteiligung als Leasingnehmer auftritt. Die jährlichen Leasingraten waren (netto) mit ca. 2,5 Millionen DM veranschlagt.

Mit Beschluss vom 14. November 2002 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung mit der Ausarbeitung eines vom Oberbürgermeister vorgestellten Konzepts, wonach ein neues Vertragswerk mit einer Betriebsgesellschaft ausgearbeitet werden sollte. In einem der Stadtratsbeschlussvorlage beigefügten "Letter of intent", der vom Oberbürgermeister und der Betreibergesellschaft gezeichnet war, hieß es, die Stadt K... beabsichtige, im Jahre 2003 mit dem Bau der P... K... zu beginnen. Die Stadt K... und die Gesellschaft beabsichtigten die Zusammenarbeit im Rahmen des Betriebes der geplanten P... .

Nachdem es den Oppositionsparteien im Stadtrat nicht gelungen war, letzten Aufschluss über die Finanzierung des geplanten Projekts und die vorgesehene Vertragskonstruktionen zu erlangen, im Übrigen zunehmend Zweifel an dem Projekt im Blick auf die Finanzierbarkeit angesichts der Haushaltslage und auch im Hinblick auf die städtebaulichen Folgen (z.B. im Hinblick auf Standort und Parkplätze) aufgekommen war, bildete sich aus den Oppositionsparteien im Rat heraus eine Initiative zur Sammlung der erforderlichen Unterschriften für ein Bürgerbegehren zur Ablehnung des Projekts.

Nachdem die erforderlichen Unterschriften am 5. Juli 2003 eingereicht worden waren, beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung am 14. Juli 2003, das Begehren für unzulässig zu erklären und die Verwaltung zu beauftragen, die erforderlichen Verträge abzuschließen. Dabei war die Errichtung durch Gesellschaften vorgesehen, an denen die Stadt nicht beteiligt ist, indessen sollte diesen ein jährlicher Betriebskostenzuschuss in Höhe von ca. 1,3 Millionen Euro für einen Zeitraum von 30 Jahren durch die Stadt zur Verfügung gestellt werden. Im Anschluss an diese Frist sollte das auf der Grundlage eines eingeräumten Erbbaurechts auf städtischem Grund errichtete Gebäude an die Stadt heimfallen.

Gegen die Ablehnung der Zulässigkeit des Begehrens haben die Initiatoren inzwischen Klage auf entsprechende Feststellung eingereicht.

Im vorliegenden Eilverfahren strebt das Bürgerbegehren die Verpflichtung der Stadt und des Oberbürgermeisters an, den Abschluss der vorgesehenen Verträge zunächst zu unterlassen, bis über die Zulässigkeit des Begehrens rechtskräftig entschieden ist. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt und in diesem Zusammenhang ebenso wie der Stadtrat die Auffassung vertreten, das Begehren habe die Frist von zwei Monaten für die Einreichung der Unterschriften nicht eingehalten, die zu beachten sei, wenn sich der Antrag gegen einen zuvor gefassten Stadtratsbeschluss richte. Der Stadtrat hat im Übrigen zur Ablehnung des Begehrens geltend gemacht, Gegenstand des Streits sei hier nicht der Beschluss über eine "öffentliche Einrichtung", sondern eine Einrichtung in privater Trägerschaft, über die nicht im Wege des Bürgerentscheids befunden werden könne.

II.

Die Beschwerde im Verfahren gegen die Antragsgegnerin zu 1) kann keinen Erfolg haben; insoweit hat das Verwaltungsgericht den Antrag zu Recht abgelehnt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 6. Februar 1996 - 7 A 12861/95.OVG - Umdruck S. 11) handelt es sich bei dem Feststellungsstreit um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens um einen sog. Innenrechtsstreit zwischen kommunalen Organen bzw. kommunalen Organen und dem "Quasi-Organ" Bürgerbegehren um die Rechte und Zuständigkeiten, bei dem im Rechtsstreit dem Bürgerbegehren als Kontrastorgan der Gemeinderat im Hinblick auf die zu treffende Zulässigkeitsentscheidung, der Bürgermeister als Vollzugsorgan der Beschlüsse des Gemeinderats im Hinblick auf die Vollziehung des Beschlusses gegenüberstehen. Als zulässiger Gegner auf der Passivseite kommt daher die Gebietskörperschaft selbst nicht in Betracht. Der Antrag gegen die Stadt erweist sich deshalb als unzulässig.

Die Beschwerde im Verfahren gegen den Antragsgegner zu 2) als Vollzugsorgan der Gemeinde hat hingegen Erfolg. Der Antrag ist zulässig; entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts fehlt es auch nicht an der Begründetheit.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 1. Dezember 1994 - 7 B 12954/94.OVG - NVwZ 1995, 411 = AS 25, 79) kann das Recht auf Durchführung eines Einwohnerantrags - entsprechendes muss hier auch für die Durchführung eines Bürgerbegehrens gelten - dadurch gesichert werden, dass im Wege der einstweiligen Anordnung dem Vollzugsorgan der Gemeinde aufgegeben wird, einstweilen die Durchführung von Gemeinderatsbeschlüssen zu unterlassen, um die Durchführung des eingeleiteten Verfahrens nicht durch Schaffung vollendeter Tatsachen obsolet werden zu lassen. Für den Erlass der Anordnung sind verhältnismäßig strenge Anforderungen zu stellen; eine solche Anordnung kommt in Betracht, wenn eine hinreichende Gewissheit über das vorliegend beanspruchte Recht (Kompetenz) besteht, d.h. im Eilverfahren mit einiger Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass das Bürgerbegehren zulässig ist. Im Übrigen darf die Durchsetzung des Anspruchs, der letztlich seine Grundlage in dem entsprechenden kommunalverfassungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot der Organe untereinander hat, nicht etwa im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder besondere aus der "Aussetzung" resultierende Nachteile missbräuchlich sein. Die gerichtliche "Aussetzung" des Ratsbeschlusses beruht in solchen Fällen nämlich lediglich auf der Sicherung einer gewissen Anwartschaft des Bürgerbegehrens, nicht indessen auf der Gewissheit, dass der dort geltend gemachte Bürgerwille sich letztlich auch gegenüber dem Rat im Bürgerentscheid durchsetzen wird. Eine Prognose in dieser Hinsicht ist nicht möglich.

Die Voraussetzungen für den Erlass der Anordnung liegen hier vor. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind im gegenwärtigen Verfahrensstadium keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Bürgerbegehren unzulässig sein könnte. Die förmlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die Unterschriftslisten sowie die Zahl der Unterstützungsunterschriften (§ 17 a Abs. 3 Nr. 2 GemO) sind hier außer Streit.

Es mangelt vorliegend - anders als der Beigeladene in seinem Beschluss vom 14. Juli 2003 annehmen will - auch nicht daran, dass das Begehren einen zulässigen Gegenstand im Sinne des sog. Positivkatalogs nach § 17 a Abs. 1 Nr. 1 GemO betrifft, nämlich die Entscheidung über "die Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist". Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 25. November 1997 - 7 A 12417/96 - Umdruck S. 13; AS 26, 419), die mit der des VGH Baden-Württemberg übereinstimmt (VGH BaWÜ, VwBl BaWü 1981, 157 = DVBl 1981, 220) ist der Begriff der öffentlichen Einrichtung in diesem Zusammenhang weit auszulegen. Danach soll mit der Bestimmung der Aktivbürgerschaft die Möglichkeit zur Entscheidung darüber eingeräumt werden, welche Zwecke der Daseinsfürsorge in welchem Umfange und unter Inkaufnahme welcher Kosten verfolgt werden sollen. Zu den öffentlichen Einrichtungen in diesem Sinne zählen beispielsweise Schwimmbäder, Schulen, Spielplätze, Kindergärten, Bürgerzentren, Verkehrslandeplätze, Musikschulen, die Müllabfuhr, Straßenbahnlinien, gemeindliche Festplätze usw., insbesondere auch Stadthallen. Die Definition des Gesetzgebers bewegt sich auf einem hohen Abstraktionsniveau, indessen gibt es von der Art der Einrichtung her - was auch an sich zwischen den Beteiligten außer Streit ist - keine Zweifel, dass die für soziale, sportliche und kulturelle Veranstaltungen gewidmete Errichtung einer städtischen Mehrzweckhalle eine Einrichtung im Sinne der Positivliste darstellt. Entscheidend ist allerdings, worauf die Antragsgegner zu Recht abstellen, dass es sich um eine Einrichtung in der Trägerschaft der Kommune handelt.

An einer solchen Trägerschaft fehlt es hier nicht. Auf die Organisationsform, also darauf, ob die Einrichtung privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert ist, kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht an. Maßgeblich ist vielmehr die wirtschaftlich-finanzielle Trägerschaft wie auch der Umstand, dass der maßgebliche Einfluss auf die Zurverfügungstellung der Daseinsvorsorgeleistung bei der öffentlichen Hand liegt.

Bei der mit Beschlussvorlage für die Sitzung vom 31. Januar 2000 vorgesehenen Konzeption der Stadt war die Errichtung der Halle durch einen Leasinggeber und die Leasingnehmereigenschaft für eine Gesellschaft mit Beteiligung der Stadt vorgesehen, mithin war als wirtschaftlicher Eigentümer der Einrichtung die Kommune ins Auge gefasst. Bei einer solchen Konzeption sind Zweifel hinsichtlich der Voraussetzungen für die Qualifizierung als öffentliche Einrichtung nicht gegeben.

Bei einer Gewichtung der maßgeblichen Faktoren für die vorzunehmende Bewertung sieht der Senat in der nunmehr angestrebten Konzeption keine entscheidende Änderung im Hinblick auf die Qualifizierung der Einrichtung. Zwar ist die Errichtung nunmehr durch eine private Vermietungsgesellschaft ("bankeigene Vermietungsgesellschaft") vorgesehen, Leasingnehmer soll eine zwischengeschaltete private Gesellschaft sein, an der die Stadt ebenso wenig beteiligt sein soll wie an der für die Betriebsführung vorgesehenen Managementgesellschaft. Dem wirtschaftlichen Gehalt nach bleibt es indessen dabei, dass das wirtschaftliche Unternehmerrisiko und die Sicherstellung der finanziellen Aufwendungen letztlich von der Kommune getragen werden, und zwar in der Form einer Zuwendung durch Zuwendungsbescheid für 30 Jahre in Höhe von 1,278 Mill. Euro jährlich. Dies entspricht annähernd der ursprünglich vorgesehenen Leasingrate für die städtische Betriebsgesellschaft nach dem Konzept, wie es sich aus der Vorlage an den Stadtrat aus dem Jahre 2000 ergibt.

Für eine öffentliche Einrichtung spricht auch, dass das Gebäude, das durch Einräumung eines Erbbaurechts auf städtischem Eigentum errichtet wird, nach Ablauf der genannten Zeit der Stadt kostenlos anheim fallen soll. Bei wirtschaftlicher Betrachtung liegt letztlich über den gesamten Zeitraum eine Kreditfinanzierung des Baus durch die Stadt vor, so dass die nähere vertragliche Ausgestaltung den für die Wertung maßgeblichen Sachverhalt nicht zu verändern vermag. Einrichtungen dieser Art dürften im Übrigen auf rein privatwirtschaftlicher Basis in einem auf Gewinn ausgerichteten Markt nicht erfolgversprechend zu betreiben sein, sondern sind typische Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge geblieben. Die Zuwendung bleibt auch nicht in einer (geringen) Größenordnung, so dass etwa von einem bloßen Akt der Wirtschaftsförderung die Rede sein könnte. Auch soweit nach der Vorlage vom 14. Juli 2003 die Annuitäten der Stadt (Zuwendungsbetrag) rechnerisch durch Gegenpositionen gemindert werden, handelt es sich um finanzielle Beiträge allein der Kommune, die auf dem Verzicht auf wirtschaftliche Verwertung von Einrichtungen der Stadt beruhen.

Eine ins Gewicht fallende private finanzielle Trägerschaft zur Verwirklichung des Projekts wird nicht ersichtlich. Unter den genannten Voraussetzungen kann es nicht maßgeblich darauf ankommen, dass nach der bisherigen Konzeption vertraglich nicht ersichtlich ist, wie die Stadt ihre Ingerenzrechte zur Sicherstellung des Zugangs zu der Einrichtung (Gewährleistung der gleichmäßigen Teilhabe der Bürgerschaft) verwirklicht. Es ist allerdings nicht vorstellbar, dass eine Zuwendung in der in Aussicht genommenen Höhe über die vereinbarte Laufzeit kommunalrechtlich vertretbar sein könnte, ohne dass entsprechende Ingerenzrechte wirksam sichergestellt werden. Dass auf die bloß formalen Merkmale der gewählten Vertragskonstruktionen nicht entscheidend abgestellt werden kann, zeigt im Übrigen auch das Verständnis der Beteiligten selbst, wie es in dem maßgeblichen "Letter of intent" zum Ausdruck kommt, der der Vorstellung des Konzepts in der Sitzung vom 14. November 2002 zugrunde lag. In dem vom Oberbürgermeister und der S... GmbH gezeichneten Erklärung heißt es u.a., "die Stadt beabsichtigt ... mit dem Bau zu beginnen ... Die Stadt und S... beabsichtigen die Zusammenarbeit im Rahmen der geplanten P... ...". Der Bau wird in diesem Zusammenhang als zweiter Abschnitt des "Kulturzentrum K..." bezeichnet. Dies weist darauf hin, dass in dem Gesamtverständnis des Konzepts der maßgebliche Verwirklichungswille von der Kommune als Träger einer öffentlichen Einrichtung ausgeht.

Das Bürgerbegehren ist auch nicht unter Vernachlässigung der Frist von zwei Monaten nach § 17 a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GemO eingereicht worden. Die Bestimmung hat den Sinn, die Beschlüsse des Stadtrats zu den genannten Projekten in ihrem Bestand zu sichern und eine tragfähige Grundlage für den Vollzug der Beschlüsse durch die Verwaltung zu gewährleisten. Daraus ergeben sich die maßgeblichen Anforderungen an die Beschlusslage, die geeignet ist, diese "Bestandskraftwirkung" auszulösen. Es darf sich weder um Beschlüsse handeln, die auch nach Auffassung des Stadtrats selbst ihrem Gegenstand nach überholt sind, noch kann es dabei um Beschlüsse gehen, die eine maßgebliche Grundlage zur Ausführung noch gar nicht darstellen wollen. Ob sich darüber hinaus durch bloßen Nichtvollzug und Fristablauf die erneute Gelegenheit ergeben kann, dass trotz ursprünglich versäumter Einreichungsfrist ein Begehren erneut zulässig wird, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Eine zeitliche Verzögerung wird in den meisten Fällen ohnehin mit einer wesentlichen Änderung im Hinblick auf finanzielle Konzeption und Gestaltung des Vorhabens einhergehen, so dass erneut die Gelegenheit zum Begehren eröffnet sein dürfte.

Der Beschluss vom 31. Januar 2000 kann vorliegend nicht Grundlage einer entsprechenden Bestandskraftwirkung sein, weil er sich auf eine andere Konzeption bezogen hat, die offenkundig auch nach Auffassung des Stadtrates selbst nicht weiter verfolgt werden sollte. Dies ergibt sich unabhängig von dem unterschiedlichen Gegenstand ( Leasingmodel, städtische Gesellschaft) bereits daraus, dass er eine verbindliche Entscheidung zum Vollzug enthielt, der Stadtrat aber offensichtlich von dieser Vollzugsgrundlage wieder abgerückt ist, indem er neue Beschlüsse der Vorbereitung und Durchführung für erforderlich hielt (s. etwa Beschlussvorlagen vom 14. November 2002 sowie 14. Juli 2003).

Der Beschluss vom 14. November 2002 war seinem Inhalt nach bereits kein vollziehbarer Projektbeschluss, sondern nur ein Vorbereitungsbeschluss, der einen bestimmten Auftrag an die Verwaltung enthielt. Danach "beauftragt der Stadtrat die Verwaltung, auf der Grundlage der Neukonzeption die Entscheidungsvorlagen zu erarbeiten, damit diese dem Stadtrat in der Sitzung am 16. Dezember 2002 unterbreitet werden können". Der Wortlaut dieses Beschlusses unterscheidet sich damit deutlich von dem früher für einen Vollzug vorgesehenen einschlägigen Beschluss vom 31. Januar 2000 ("der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, zur Durchführung des Vorhabens P... die notwendigen Verträge abzuschließen") und vom 14. Juli 2003 ("der Stadtrat ... gibt den Vollzug frei"). Diese Interpretation der Beschlusslage entspricht auch dem Verständnis der kommunalen Öffentlichkeit, auf die im Zusammenhang mit der Frist für ein Bürgerbegehren abzustellen ist. Die Oppositionsparteien im Rat haben gemäß entsprechenden Presseberichten mehrfach (s. u.a. Rheinpfalz vom 15. Februar 2003) zur Erläuterung von Einzelheiten des abzuschließenden Vertragswerks aufgefordert, der Oberbürgermeister seinerseits hat noch am 26. Mai 2003 (vgl. Rheinpfalz vom 26. Mai 2003) öffentlich erklärt, "dass es das gute Recht der Verantwortlichen sei, sich erst dann zu äußern, wenn genau feststehe, was letztendlich auch realistisch gemacht werden solle". Dementsprechend enthält erst die Vorlage vom 14. Juli 2003 erst genaue Details des Vertragsmodels und der Kosten, auf deren Grundlage die Verwaltung zum Abschluss von Verträgen beauftragt wird, und zwar vorbehaltlich der kommunalaufsichtlichen Prüfung.

Bei der im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung nach § 123 Abs. 1 VwGO für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zudem maßgeblichen Erwägung, ob im vorliegenden Einzelfall der Rechtsschutz missbräuchlich in Anspruch genommen wird, spielt es zwar eine Rolle, dass das Verfahren zur Durchführung eines Bürgerentscheids längere Verzögerungen mit sich bringen kann als etwa die Behandlung eines Einwohnerantrags durch die kommunalen Gremien. Die Inanspruchnahme der Instrumente der unmittelbaren Demokratie, wie sie vom Gesetzgeber vorgesehen sind, führt indessen notgedrungen zu einer gewissen Verzögerung der Verwirklichung von Projekten, allein schon durch den notwendigen Verfahrensgang. Diese Nachteile können vorliegend nicht mit einem besonderen Gewicht veranschlagt werden, selbst wenn man berücksichtigt, dass der Wille der Aktivbürgerschaft erst dann dem Ratswillen entgegensteht, wenn der Bürgerentscheid selbst erfolgreich ist. Angesichts der erheblichen Argumente, die für die Zulässigkeit des Begehrens sprechen und des gewichtigen Stimmenanteils, wie er sich in der Zahl der Unterschriften verkörpert sieht, gebührt vorliegend der Anwartschaft auf einen erfolgreich durchgeführten Bürgerentscheid der Vorzug gegenüber den für die Stadt ggf. eintretenden Nachteilen bei einer zeitlichen Verzögerung der Durchsetzung des Projekts.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 2 i.V.m. 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 20 Abs. 3 i.V.m. 13 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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