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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.02.2008
Aktenzeichen: 7 D 10028/08.OVG
Rechtsgebiete: AufenthG
Vorschriften:
AufenthG § 23 | |
AufenthG § 23 Abs. 1 | |
AufenthG § 104a | |
AufenthG § 104a Abs. 1 | |
AufenthG § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS
7 B 10027/08.OVG 7 D 10028/08.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Aufenthaltserlaubnis (Kongo)
hier: vorläufiger Rechtsschutz und Prozesskostenhilfe
hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 22. Februar 2008, an der teilgenommen haben
Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 7. Dezember 2007 hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.875,00 € festgesetzt.
II. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen den die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 7. Dezember 2007 wird abgelehnt.
III. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 7. Dezember 2007 hinsichtlich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet.
Das Vorbringen in der Beschwerdebegründung, das der Senat allein berücksichtigen kann (§ 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung oder Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weder nach der auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG ergangenen Bleiberechtsregelung des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 27. November 2006 noch nach der Altfallregelung des § 104a Abs. 1 AufenthG zusteht. Es kann daher dahinstehen, in welchem Verhältnis die beiden Regelungen zueinander stehen.
Nach Nr. 3.4 der Bleiberechtsregelung ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen ausgeschlossen bei einer Verurteilung wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat. Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen bleiben grundsätzlich außer Betracht. Nicht zum Ausschluss führen Geldstrafen von bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können. Eine inhaltsgleiche Bestimmung enthält die Altfallregelung in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG.
Dieser Ausschlussgrund liegt hier vor. Der Antragsteller ist mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts vom 14. März 2006 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, und zwar wegen Betrugs in sechs Fällen, gefährlicher Körperverletzung, uneidlicher Falschaussage, versuchter Beförderungserschleichung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Sachbeschädigung und Beleidigung. Er ist somit wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers erfüllt auch die Verurteilung zu einer Jugendstrafe wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat den Ausschlussgrund des Nr. 3.4 der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG.
Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der genannten Bestimmungen, der allein auf die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat abstellt, ohne Jugendstrafen davon auszunehmen. Lediglich Verurteilungen zu Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen bzw. bei ausländer- und asylverfahrensrechtlichen Delikten bis zu 90 Tagessätzen bleiben grundsätzlich außer Betracht. Die Jugendstrafe ist jedoch keine Geldstrafe, sondern eine Freiheitsentziehung in einer Vollzugseinrichtung (vgl. § 17 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz - JGG -).
Der Umstand, dass die Vorschriften für den Ausschlussgrund der Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat eine solche Einschränkung bei Geldstrafen bis zu 50 bzw. 90 Tagessätzen enthalten, das Jugendgerichtsgesetz eine Geldstrafe als Sanktion indes nicht vorsieht, rechtfertigt nicht den Schluss, Verurteilungen nach dem Jugendgerichtsgesetz unterfielen generell nicht diesem Ausschlussgrund. Sinn und Zweck der genannten Einschränkung bei Geldstrafen ist ersichtlich, dass nur vorsätzliche Straftaten von einem gewissen Gewicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausschließen sollen, nicht hingegen vorsätzliche Straftaten eher geringeren Gewichts. Bei der Verurteilung zu einer Jugendstrafe handelt es sich jedoch nicht um Straftaten geringeren Gewichts. Die Jugendstrafe ist als Freiheitsentzug in einer Vollzugseinrichtung (vgl. § 17 Abs. 1 JGG) die schwerste Sanktion nach dem Jugendgerichtsgesetz. Sie wird nur verhängt, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln (Weisungen und Hilfe zur Erziehung, vgl. § 9 JGG) oder Zuchtmittel (Warnung, Erteilung von Auflagen und Jugendarrest bis zu vier Wochen, vgl. §§ 13, 16 Abs. 4 JGG) zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist (vgl. § 17 Abs. 2 JGG). Es widerspräche daher Sinn und Zweck der Ausschlussregelung, bei ihr nicht geringfügige vorsätzliche Straftaten, die zu einer Freiheitsentziehung in Form einer Jugendstrafe nach dem Jugendgerichtsgesetz geführt haben, nicht zu berücksichtigen.
Darin liegt keine gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung von Jugendlichen gegenüber Erwachsenen. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung könnte nur dann angenommen werden, wenn Verurteilungen zu einer Geldstrafe bis zu einer bestimmten Höhe wegen geringfügigeren vorsätzlichen Straftaten bei Erwachsenen unschädlich wären, geringfügigere vorsätzliche Straftaten bei Jugendlichen, die nur zu Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln geführt haben, hingegen nicht. Eine Schlechterstellung von Jugendlichen gegenüber Erwachsenen kann jedoch nicht darin gesehen werden, dass Verurteilungen zu einer Freiheitsentziehung wegen einer nicht nur geringfügigen vorsätzlichen Straftat ebenso wie bei Erwachsenen berücksichtigt werden und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausschließen (im Ergebnis ebenso Funke-Kaiser, in: GK-Aufenthaltsgesetz, Stand Januar 2008, § 104a Rn. 52; vgl. auch VGH BW, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 11 S 2091/07 - juris, Rn. 3; VG München, Beschluss vom 17. September 2007 - M 9 E 07.3257 -, juris, Rn. 29).
Nicht durchzugreifen vermag der Einwand des Antragstellers, es hätte der Bestimmung in Nr. 3.3 der Bleiberechtsregelung nicht bedurft, wenn Nr. 3.4 auch Jugendstrafen einbeziehe. Nach Nr. 3.3 der Bleiberechtsregelung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 8 AufenthG vorliegen. Damit wird zwar auch auf Verurteilungen zu Jugendstrafen in bestimmter Höhe als Ausweisungsgrund verwiesen (vgl. §§ 53 Nr. 1, 54 Nr. 1 AufenthG). Dies gilt aber ebenfalls für Verurteilungen zu Freiheitsstrafen. Aus dem Verweis in Nr. 3.3 der Bleiberechtsregelung auf das Vorliegen von Ausweisungsgründen, das die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ebenso wie die Verurteilung wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat nach Nr. 3.4 der Bleiberechtsregelung ausschließt, lässt sich daher nichts für eine unterschiedliche Behandlung von Jugendstrafen und Freiheitsstrafen bei Erwachsenen im Rahmen von Nr. 3.4 herleiten.
Soweit der Antragsteller schließlich darauf hinweist, die Bleiberechtsregelung des Landes Berlin habe anders als die des Landes Rheinland-Pfalz ausdrücklich bestimmt, dass Jugendstrafen von dem Ausschlussgrund der Verurteilung wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat erfasst werden sollten, spricht dies nicht gegen, sondern für eine Einbeziehung von Jugendstrafen auch nach der rheinland-pfälzischen Bleiberechtsregelung. Denn mit der Bleiberechtsregelung vom 27. November 2006 hat das Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz ebenso wie das Land Berlin mit seiner entsprechenden Regelung den Beschluss der Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) vom 16./17. November 2006 umgesetzt. Der Beschluss der IMK enthält in Nr. 6.4 eine mit Nr. 3.4 der rheinland-pfälzischen Bleiberechtsregelung inhaltsgleiche Bestimmung. Es ist daher davon auszugehen, dass der ausdrücklichen Einbeziehung von Jugendstrafen in der Bleiberechtsregelung des Landes Berlin nur eine klarstellende Bedeutung zukommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens betreffend die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO unter anderem voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist aus den oben unter I. dargelegten Gründen nicht der Fall.
III.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet. Denn das Begehren des Antragstellers bot aus den unter I. dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Ende der Entscheidung
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