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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 02.02.2009
Aktenzeichen: 7 D 10888/08.OVG
Rechtsgebiete: StrRehaG


Vorschriften:

StrRehaG § 17
StrRehaG § 17a
StrRehaG § 18
StrRehaG § 19
Zur Gewährung einer monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

7 A 11155/08.OVG 7 D 10888/08.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen besonderer Zuwendung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz hier: Zulassung der Berufung und Prozesskostenhilfe

hat der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 2. Februar 2009, an der teilgenommen haben

Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Wünsch Richter am Oberverwaltungsgericht Wolff Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Stahnecker

beschlossen:

Tenor:

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 10. September 2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

II. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

III. Die Beschwerde der Klägerin gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet - Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) - verneint.

Ein Anspruch auf eine monatliche besondere Zuwendung setzt nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG neben wirtschaftlicher Bedürftigkeit voraus, dass der Betroffene eine mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten hat. Daran fehlt es hier. Ausweislich der vorgelegten Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes und des Beschlusses des Bezirksgerichts Gera vom 31. Juli 1991 hat die Klägerin zwar eine solche Freiheitsentziehung erlitten, die aber mit einer Dauer von fünf Monaten und vierundzwanzig Tagen - vom 28. März 1984 bis zum 20. September 1984 - den geforderten Zeitraum von mindestens sechs Monaten nicht erfüllt. Dies wird von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen.

Der geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht aus § 19 StrRehaG herleiten. Danach kann die zuständige Behörde, wenn sich eine besondere Härte daraus ergibt, dass keine Kapitalentschädigung gezahlt wird, dem Antragsteller die Leistung zuerkennen. Wie der Verwendung des Begriffs "Kapitalentschädigung" zu entnehmen ist, bezieht sich die Härteregelung des § 19 StrRehaG allein auf die Gewährung einer - einmaligen - Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG und nicht auf die Gewährung einer monatlichen besonderen Zuwendung nach § 17a StrRehaG. Das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz unterscheidet nämlich zwischen verschiedenen Formen sozialer Ausgleichsleistungen (vgl. § 16 Abs. 3 StrRehaG): (einmalige) Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG, (monatliche) besondere Zuwendungen nach § 17a StrRehaG, Unterstützungsleistungen nach § 18 StrRehaG und Versorgung nach §§ 21 ff. StrRehaG. Eine Kapitalentschädigung ist der Klägerin für die von ihr erlittene Freiheitsentziehung im Übrigen bereits gewährt worden.

Eine monatliche besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG kann der Klägerin entgegen ihrer Auffassung auch nicht in analoger Anwendung der Härteregelung des § 19 StrRehaG zuerkannt werden. Denn die Voraussetzungen einer Analogie sind nicht gegeben.

Eine Analogie darf nur vorgenommen werden, um eine echte Regelungslücke auszufüllen. Darunter ist eine Unvollständigkeit des Tatbestandes einer Norm wegen eines versehentlichen, dem Normzweck zuwiderlaufenden Regelungsversäumnisses des Normgebers zu verstehen. Eine solche Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er ihn bedacht hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. September 2008 - 2 B 43/08 -, juris, Rn. 7 m.w.N.).

Dies lässt sich hier nicht feststellen.

Der Entstehungsgeschichte der Norm ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst die Gewährung einer monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer auf wirtschaftlich bedürftige Betroffene, die eine rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung von mindestens sechs Monaten erlitten haben, beschränkt hat. § 17a StrRehaG ist durch das Dritte Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 21. August 2007 (BGBl. I, S. 2118) mit Wirkung vom 29. August 2007 in das Gesetz eingefügt worden. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hierzu ausgeführt (vgl. BT-Drs. 16/4842, S. 5):

"Die Anknüpfung der Leistung an die wirtschaftliche Bedürftigkeit orientiert sich an vergleichbaren Regelungen für andere Opfergruppen, die ebenfalls nur unter dieser Voraussetzung monatlich wiederkehrende Leistungen erhalten. Eine solche Anlehnung an vergleichbare Regelungen wird zudem auch dadurch erreicht, dass die Leistungsgewährung neben der wirtschaftlichen Bedürftigkeit eine bestimmte Schwere der politischen Verfolgung voraussetzt. Die Gewährung einer zusätzlichen monatlichen Zuwendung in Höhe von 250,00 € soll mit dem vorliegenden Entwurf an politische Haft unter der SED-Diktatur geknüpft werden, die insgesamt mindestens sechs Monate betragen haben muss."

Mit der Einführung einer Opferpension in § 17a StrRehaG hat der Gesetzgeber auch § 18 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG geändert. Nach der Neufassung dieser Bestimmung erhalten Berechtigte nach § 17 Abs. 1, die in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind, Unterstützungsleistungen, wenn die Dauer der mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbaren Freiheitsentziehung insgesamt weniger als sechs Monate betragen hat. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs hat der Gesetzgeber diese geänderte Fassung des § 18 StrRehaG als Folge der in § 17a StrRehaG neu angestrebten Privilegierung der Gruppe von Berechtigten nach § 17 Abs. 1 StrRehaG, die eine rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung von mehr als sechs Monaten erlitten haben, betrachtet (vgl. BT-Drs. 16/4842, S. 7). Der Gesetzgeber hat demnach die Gruppe der wirtschaftlich bedürftigen Haftopfer, deren rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung weniger als sechs Monate betragen hat, bewusst auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen nach Maßgabe des § 18 StrRehaG verwiesen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine Härteregelung, wie sie in § 19 StrRehaG für Kapitalentschädigungen vorgesehen ist, für diejenigen, die mangels einer Haftdauer von mindestens sechs Monaten keine monatliche besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG erhalten können, versehentlich nicht getroffen hat.

Schließlich begegnet es auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Leistungsvoraussetzungen für die neu eingeführte Opferpension nach § 17a StrRehaG enger gefasst sind als bei der (einmaligen) Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG (im Ergebnis ebenso: BayVGH, Beschluss vom 2. April 2008 - 12 C 08.608 -, juris, Rn. 6; OLG Naumburg, Beschluss vom 4. Juni 2008 - 1 Ws Reh 179/08 -, juris, Rn. 11; OLG Brandenburg, Beschluss vom 31. Juli 2008 - 2 Ws (Reha) 26/08 -, juris, Rn. 8). Die Anknüpfung der Leistung an eine Haftdauer von insgesamt mindestens sechs Monaten findet, auch wenn sie ähnlich wie eine Stichtagsregelung unvermeidlich Härten mit sich bringt, im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG ihre hinreichende sachliche Rechtfertigung in dem Anliegen des Gesetzgebers, die Leistungsgewährung neben der wirtschaftlichen Bedürftigkeit von einer bestimmten Schwere der politischen Verfolgung abhängig zu machen (vgl. nochmals die bereits zitierte Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 16/4842, S. 5). Hinzu kommt, dass die mit der genannten Einschränkung der Leistungsgewährung in § 17a StrRehaG verbundene Härte in Einzelfällen durch die Gewährung von Unterstützungsleistungen nach Maßgabe des § 18 StrRehaG gemildert werden kann.

Der ferner geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist bereits nicht hinreichend dargelegt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). In der Antragsbegründung wird nämlich keine Frage bezeichnet, die grundsätzlich geklärt werden soll.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, der Antragsbegründung könne hinreichend deutlich entnommen werden, dass sie geklärt wissen wolle, ob eine monatliche besondere Zuwendung nach § 17a StrRehaG in analoger Anwendung der Härteregelung des § 19 StrRehaG zuerkannt werden könne und ob die Regelung des § 17a StrRehaG verfassungsgemäß sei, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn diese Fragen lassen sich ohne weiteres in dem oben dargelegten Sinne in Einklang mit der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung beantworten, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren ist abzulehnen, weil der Zulassungsantrag aus den unter I. dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

III.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist unbegründet. Denn die Klage bot aus den unter I. genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da Gerichtskosten nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO) und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden (§ 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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