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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.07.2007
Aktenzeichen: 8 A 10260/07.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, LBauO, LNatSchG


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 35 Abs. 3 Nr. 5
LBauO § 65 Abs. 1 Satz 1
LBauO § 65 Abs. 1 Satz 2
LBauO § 70 Abs. 1 Satz 1
LBauO § 70 Abs. 1 Satz 2
LBauO § 72
LNatSchG § 10
LNatSchG § 13 Abs. 1 Satz 1
Zur Genehmigung eines Aussiedlerhofes nach der Landschaftsschutzverordnung "Rheinhessisches Rheingebiet".

Zum Umfang der Prüfung naturschutzrechtlicher Fragen bei der Entscheidung über einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Aussiedlerhofes.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 A 10260/07.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Baugenehmigung

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2007, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richterin am Oberverwaltungsgericht Lang ehrenamtliche Richterin Architektin Spies ehrenamtlicher Richter Fernmeldeoberamtsrat a.D. Trost

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Dezember 2006 werden der die Bauvoranfrage ablehnende Bescheid vom 9. August 2005 sowie der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Alzey-Worms vom 10. Januar 2006 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die beantragte Bauvoranfrage positiv zu bescheiden sowie den Klägern die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Rheinhessisches Rheingebiet" dem Grunde nach zuzusichern, vorbehaltlich von Detailregelungen zum Ausgleich eingriffsbedingter Beeinträchtigungen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren einen positiven Bauvorbescheid für den Bau einer landwirtschaftlichen Aussiedlung und die Zusicherung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung.

Sie sind Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes in der Ortslage von Westhofen, der rund 25 ha Ackerland und rund 30 ha Rebfläche bewirtschaftet. Unter dem 14. Juli 2005 stellten sie eine Bauvoranfrage zur Errichtung eines Aussiedlerhofes mit einer Größe von ca. 80 x 100 m auf den Flurstücken Gemarkung W. Flur ... Nrn. ..., ..., ... und ..., östlich von Westhofen und südlich der Landesstraße L 386.

Die Beklagte lehnte die Bauvoranfrage mit Bescheid vom 9. August 2005 ab. Das Vorhaben sei zwar privilegiert. Ihm stünden jedoch an diesem Standort die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes und des Landschaftsbildes entgegen. Außerdem widerspreche es der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Rheinhessisches Rheingebiet".

Die Kläger erhoben Widerspruch und machten geltend, ihre Suche nach einem geeigneten Aussiedlungsstandort an anderer Stelle sei vergeblich geblieben. Im Rahme der Flurbereinigung sollten nun ihre Flächen in dieser Lage arrondiert werden. Weder das Landschaftsschutzgebiet noch landespflegerische Belange würden beeinträchtigt, zumal nördlich der L 386 bereits Siedlungen vorhanden seien. Die erörterten Alternativstandorte seien nicht geeignet.

Der Kreisrechtsausschuss Alzey-Worms wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2006 zurück. Von einer Privilegierung könne nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben nehme nicht einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche der Kläger ein, denn die Kläger seien weder Eigentümer noch Pächter der benötigten Fläche. Diese unterliege einem Flurbereinigungsverfahren, das noch nicht abgeschlossen sei. Als sonstiges Vorhaben könne der Aussiedlerhof nicht genehmigt werden, weil er einen unzulässigen Eingriff in Natur und Landschaft darstelle und gegen die Landschaftsschutzverordnung "Rheinhessisches Rheingebiet" verstoße.

Mit ihrer Klage haben die Kläger ihre Argumente aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und geltend gemacht, das Vorhaben sei privilegiert, die Baufläche sei ihnen durch die vorläufige Besitzeinweisung im Rahmen der Flurbereinigung zugewiesen worden, der Flurbereinigungsplan werde im Frühjahr 2007 bekannt gegeben. Dem Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen, da es auf einer Fläche verwirklicht werden solle, die nicht schutzwürdig sei.

Die Beklagte hat ausgeführt, auf den Eigentumsbezug als Voraussetzung für eine Privilegierung könne nicht verzichtet werden. Die Flurbereinigungsbehörde könne kaum eine Zuteilung an die Kläger vornehmen, da es andere, weniger beeinträchtigende Standortvarianten gebe. Das Gebiet sei trotz der ausgeräumten Landschaft schutzwürdig, da es um den Schutz der in Deutschland einmaligen unverstellten Blickbeziehungen gehe. Die bereits vorhandene Bebauung nördlich der L 386 und die geplante Umgehungsstraße sprächen gerade dagegen, eine weitere Besiedlung jenseits der Landesstraße zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es sei nicht eindeutig zu beurteilen, ob das Vorhaben der Kläger privilegiert sei, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehme. Die vorläufige Besitzeinweisung im Rahmen der Flurbereinigung bedeute noch nicht, dass die Kläger die Flächen, auf denen ihr Aussiedlerhof verwirklicht werden solle, auch erhalten würden. Selbst wenn man aber von einer Privilegierung ausgehe, stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen. Es solle im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung "Rheinhessische Rheingebiet" verwirklicht werden. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung lägen aber nicht vor. Mit dem Vorhaben sei ein nachhaltiger Eingriff in die Landschaft verbunden, der nicht durch Bedingungen und Auflagen ausgeglichen werden könne. Es solle in einem bisher baulich unangetasteten landwirtschaftlich genutzten Hügelbereich verwirklicht werden, der von Süden, Osten und Westen weithin einsehbar sei. Allein von Norden werde der freie Blick auf das Bauvorhaben durch eine schmale, parallel zur Landesstraße verlaufende lückenhafte Bebauung mit entsprechender Begrünung unterbrochen.

Die Kläger begründen die vom Senat zugelassene Berufung wie folgt: Es komme nicht darauf an, dass die Kläger Eigentümer der Grundstücke seien, auf denen sie das Vorhaben verwirklichen wollten. Im Übrigen sei es höchst unwahrscheinlich, dass ihnen die in der Flurbereinigung durch eine vorläufige Besitzeinweisung zugewiesenen Grundstücke wieder entzogen würden. Unabhängig davon handele es sich nur um einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche. Dem somit privilegierten Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen. Keiner der Schutzzwecke der Landschaftsschutzverordnung "Rheinhessisches Rheingebiet" werde so ernsthaft berührt, dass das Vorhaben daran scheitern könne. Der Belang der Erhaltung der Eigenart und der Schönheit der den Rhein begleiteten Niederungen werde nicht beeinträchtigt. Die zu bebauenden Flächen gehörten nicht zu den den Rhein begleitenden Niederungen. Gliedernde Grünbestände seien nicht vorhanden, Hänge und Höhen würden nicht berührt, weil das Vorhaben an der am Fuß von Hängen und Höhen verlaufenden L 386 errichtet werden solle. Ein Eingriff in das Landschaftsbild und die Eigenart der Landschaft sei nicht gegeben. Bei dem Vorhaben handele es sich nicht um eine wesensfremde Bebauung des Außenbereichs. Bodenformationen würden nicht berührt, weil eine ebene Fläche an der L 386 bebaut werden solle. Bewuchs werde nicht beeinträchtigt, weil es sich um landwirtschaftliche Nutzflächen handele. Das ausgewählte Baugrundstück sei wenig markant, seine Bebauung sei gegenüber den Belangen des § 35 Abs. 3 BauGB völlig unerheblich, von ihm gehe keine negative optisch wahrnehmbare Belastung von Natur- und Landschaftsbild aus.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des die Bauvoranfrage ablehnenden Bescheides vom 9. August 2005 sowie des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Alzey-Worms vom 10. Januar 2006 und des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 12. Dezember 2006 den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Bauvoranfrage positiv zu bescheiden sowie ihm die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach der Verordnung über das Landschaftschutzgebiet "Rheinhessisches Rheingebiet" dem Grunde nach zuzusichern, vorbehaltlich von Detailregelungen zum Ausgleich eingriffsbedingter Beeinträchtigungen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Die Aufzählung der öffentlichen Belange in § 35 Abs. 3 BauGB seien nicht abschließend, diese könnten auch durch die Landschaftsschutzverordnung konkretisiert und erweitert werden. Die Eigenart der Landschaft weise spezifische Erscheinungsformen auf, deren Einzigartigkeit ihre Schutzwürdigkeit begründe. Hier werde das charakteristische offene Landschaftsbild nachhaltig gestört. Gerade die Offenheit mit wenig gliedernden Landschaftselementen sei charakteristisch für die Landschaft innerhalb des Landschaftsschutzgebiets. Diese Offenheit könne zwar nicht überall im Landschaftsschutzgebiet erhalten werden. Es sei abzuwägen, welche Teile bevorzugt freigehalten werden sollen und welche Landschaftsteile besiedelt werden könnten, weil sie wegen der Vorprägung schon jetzt nicht mehr die Eigenart der Landschaft in höherem Maße prägten. Deshalb seien die Kläger auf andere Standorte im Umfeld der Ortslage von Westhofen zu verweisen. An dem vorgesehenen Standort könne auch ein akzeptabler landespflegerischer Ausgleich auf dem Grundstück nicht erbracht werden.

Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen des Verwaltungsgerichts an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze verwiesen sowie auf 2 Hefte Verwaltungs- und Widerspruchsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und auch begründet.

Die Kläger haben einen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid und die begehrte Zusicherung.

1. Sie haben einen Anspruch auf positive Bescheidung ihrer Bauvoranfrage, denn der Errichtung des geplanten Aussiedlerhofes stehen keine von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfenden bauplanungsrechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorschriften entgegen.

Die Bauvoranfrage der Kläger bezieht sich bei zweckentsprechender Auslegung auf die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens im Sinne von § 35 BauGB und dessen Vereinbarkeit mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Beide Feststellungen können zulässiger Inhalt eines Bauvorbescheids gemäß § 72 LBauO sein. Wie sich aus § 72 Satz 1 Halbsatz 2 LBauO ergibt, ist der zulässige Gegenstand eines Bauvorbescheidsverfahrens auf den zulässigen Gegenstand einer Baugenehmigung beschränkt (vgl. OVG Rh-Pf., Urteil vom 17. Nov. 1999, AS 28, 77 [85]). Hiermit wird dem Charakter des Bauvorbescheids als teilweiser Vorwegnahme des feststellenden Teils der Baugenehmigung entsprochen.

Die Sachentscheidungsbefugnis der Bauaufsichtsbehörde in einem Baugenehmigungsverfahren ist zwar grundsätzlich umfassend und bezieht sich auf die Vereinbarkeit des Vorhabens sowohl mit baurechtlichen als auch mit sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften (vgl. §§ 70 Abs. 1 Satz 1, 65 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Obliegt die Entscheidung über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften einer anderen Behörde, so ist jedoch die Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde und dementsprechend auch deren Sachentscheidungsbefugnis insoweit eingeschränkt (§ 65 Abs. 1 Satz 2 LBauO; vgl. im Übrigen: BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1989, DVBl. 1989, 1055 [1058]; VGH BW, Urteil vom 22. Oktober 2002, BauR 2003, 492 [494]). Soweit für eine bestimmte öffentlich-rechtliche Sachmaterie ein spezieller Genehmigungsvorbehalt existiert, ist die Bauaufsichtsbehörde also nicht befugt, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den sich daraus ergebenden inhaltlichen Anforderungen zu prüfen und verbindlich festzustellen.

Im vorliegenden Fall war die Bauaufsichtsbehörde daher nicht befugt, über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nach § 4 Abs. 2 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Rheinhessisches Rheingebiet" vom 17. März 1977 - im Folgenden: Landschaftsschutzverordnung - (Staatsanzeiger vom 28. März 1977, S. 227) zu entscheiden. Denn diese Entscheidung obliegt nach § 6 Landschaftsschutzverordnung der unteren Landespflegebehörde. Die hierauf abzielende Voranfrage der Kläger konnte deshalb auch nicht Teil des Bauvorbescheidsverfahrens sein.

Gegenstand der bauaufsichtsbehördlichen Prüfung im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung und damit auch zulässiger Gegenstand eines Bauvorbescheidsverfahrens ist hingegen die Feststellung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Denn nach § 13 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LNatSchG besteht insofern ein spezieller Genehmigungsvorbehalt nur, soweit das Vorhaben (der Eingriff) nicht nach anderen Rechtsvorschriften der behördlichen Zulassung bedarf. Besteht hingegen schon nach anderen Rechtsvorschriften ein Genehmigungserfordernis - wie hier (Erfordernis der Baugenehmigung) -, so hat die danach zuständige Behörde (hier die Bauaufsichtsbehörde) die zur Durchführung der §§ 10 bis 12 und 14 LNatSchG erforderlichen Entscheidungen im Benehmen mit der gleichgeordneten Naturschutzbehörde zu treffen (sog. Huckepackverfahren).

a) Das im Außenbereich gelegene Vorhaben ist nach § 35 BauGB zulässig, denn es dient einem landwirtschaftlichen Betrieb und nimmt nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche ein, öffentliche Belange stehen nicht entgegen und die ausreichende Erschließung ist gesichert.

Es dient dem landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger, und zwar auch hinsichtlich des geplanten Standorts in Nähe der Ortslage und einer vorhandenen Außenbereichsbebauung. Die Lage an der Landesstraße ist günstig für den zum Weinbau gehörenden Weinabsatz. Die Kläger müssen sich hier nicht auf andere Standorte verweisen lassen, von denen nicht erkennbar ist, dass ihnen der Grunderwerb möglich ist, und die allenfalls eine nur geringfügig größere Schonung des Außenbereichs wegen größerer Nähe zur Ortslage oder zu anderen Aussiedlerhöfen versprechen. Das Vorhaben nimmt mit 80 x 100 m nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche von rund 55 ha ein. Mit der Voraussetzung, dass das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen darf, soll sichergestellt werden, dass es in einem angemessenen Verhältnis zur Betriebsfläche steht. Nicht erforderlich ist aber, dass das Baugrundstück bei Antragstellung schon zur Betriebsfläche gehört oder gar im Eigentum des Bauherrn steht. Da der Bauvorbescheid unbeschadet privater Rechte Dritter ergeht (§§ 72 Satz 2, 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO), wäre das fehlende Eigentum am Baugrundstück nur dann erheblich, wenn der Bauvorbescheid für die Kläger deshalb wertlos wäre und ihnen somit das Rechtsschutzinteresse fehlen würde. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

Die Erschließung des Vorhabens wirft keine Probleme auf.

Dem Vorhaben stehen auch keine öffentlichen Belange entgegen, insbesondere nicht Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB.

Ob einem Vorhaben, das im Außenbereich privilegiert und damit grundsätzlich dort zulässig ist, öffentliche Belange entgegenstehen, ist durch eine Abwägung zu ermitteln, die gerichtlich voll nachprüfbar ist. Dabei kommt dem privilegierten Vorhaben ein besonderes Gewicht zu. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich an jedem beliebigen Standort im Außenbereich durchsetzen kann. Vielmehr können ihm an dem konkreten Standort gewichtigere öffentliche Belange entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 1996, BauR 1997, 442).

Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert werden nicht beeinträchtigt. Das der Landwirtschaft dienende Vorhaben entspricht der Eigenart der durch Landwirtschaft geprägten Landschaft und dem, was der Erholungssuchende in der Agrarlandschaft erwartet.

Eine Verunstaltung des Natur- und Landschaftsbildes ist nicht zu befürchten, denn es ist nicht erkennbar, dass das Vorhaben an dieser Stelle das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzen und bei ihm Unlust erregen wird. Das Vorhaben entspricht in seinem Erscheinungsbild dem üblichen Aussiedlungshof, den man im Außenbereich gewöhnt ist, und steht nicht in einen unharmonischen Gegensatz zu seiner Umgebung.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts steht der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens darüber hinaus nicht entgegen, dass es im Geltungsbereich der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Rheinhessisches Rheingebiet" vom 17. März 1977 (Landschaftschutzverordnung, Staatsanzeiger vom 28. März 1977, 227) errichtet werden soll. Wie oben bereits dargelegt, unterliegt der spezielle Landschaftsschutz, das heißt die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Landschaftsschutzgebietsverordnung, einem besonderen Genehmigungsverfahren und kann damit nicht zulässiger Gegenstand der bauaufsichtsbehördlichen Prüfung sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 1985, BRS 44 Nr. 80).

Die Bauvoranfrage durfte auch nicht unter Hinweis auf die noch fehlende separate landschaftsschutzrechtliche Genehmigung versagt werden. Denn dies würde die entsprechende Anwendung der so genannten Schlusspunkttheorie (vgl. hierzu für das Baugenehmigungsverfahren die Beschlüsse des Senats vom 13. Juli 2001 - 8 E 10991/01.OVG - und vom 28. Oktober 2005, BauR 2006, 336 [338]; Jeromin, LBauO, 2005, § 70 Rn. 46) auf das Bauvorbescheidsverfahren voraussetzen, was jedoch deshalb nach § 72 Satz 3 LBauO abzulehnen ist, weil das Vorbescheidsverfahren auf die Klärung einzelner Fragen und nicht auf die endgültige Baufreigabe nach vorausgegangenem Sternverfahren (§ 65 Abs. 5 LBauO) abzielt (vgl. OVG RP, Urteil vom 17. November 1999, AS 28, 77 [85 f.]).

b) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB stehen entgegen der Meinung des Beklagten dem Vorhaben auch nicht deshalb entgegen, weil dieses einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellt, der nicht ausgeglichen werden kann (§ 10 Abs. 2 LNatSchG). Der Eingriff durch den von den Klägern geplanten Aussiedlerhof darf nur dann zugelassen werden, wenn die damit verbundene Beeinträchtigung von Natur und Landschaft nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder in sonstiger Weise zu kompensieren ist und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung alle Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen (§ 10 LNatSchG).

Zwar ist die Beeinträchtigung nicht gänzlich zu vermeiden im Sinne des § 10 LNatSchG. Insbesondere ergibt sich die Vermeidbarkeit nicht daraus, dass das Vorhaben an einem anderen Standort zu geringeren Beeinträchtigungen führen würde. Ob ein Vorhaben zulassungsfähig ist, richtet sich nach dem Fachrecht, hier dem Baurecht. Das Naturschutzrecht mit seiner Eingriffsregelung enthält zusätzliche Anforderungen, die erst dann zu prüfen sind, wenn das Vorhaben fachrechtlich zulässig ist. Daraus folgt, dass die Eingriffsregel nicht nach der Vermeidbarkeit des Vorhabens überhaupt fragt, sondern danach, ob und wieweit mit dem Vorhaben an dem konkreten Standort verbundenen Beeinträchtigungen vermeidbar sind. Die Standortfrage ist also nicht hier zu stellen, sondern nur im Rahmen der fachrechtlichen Zulassungsprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1997, in: NVwZ 1997, 914 zu § 8 Abs. 1 BNatSchG a.F.). Eine Minimierung der eingriffsbedingten Beeinträchtigungen ist dadurch möglich, dass optisch unangemessene Wirkungen auf das Landschaftsbild durch eine entsprechende Farbgestaltung von Wänden und Hallendach von vornherein vermieden wird.

Darüber hinaus ist es möglich, die eingriffsbedingten Beeinträchtigungen durch Ausgleiche oder Ersatzmaßnahmen zu kompensieren. Etwas anderes wird hinsichtlich des Eingriffs in den Naturhaushalt vom Beklagten auch nicht behauptet. Entgegen der Meinung des Beklagten kann jedoch auch der Eingriff in das Landschaftsbild ausgeglichen werden. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist ausgeglichen, wenn es landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist (§ 10 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG). Zumindest eine Neugestaltung des Landschaftsbildes ist möglich. Der Eingriff ist durch die Neugestaltung nicht erst dann ausgeglichen, wenn er nicht mehr wahrnehmbar ist. Vielmehr genügt es, wenn durch die Ausgleichsmaßnahmen in dem betroffenen Landschaftsraum ein Zustand geschaffen wird, der in gleicher Art, mit gleichen Funktionen und ohne Preisgabe wesentlicher Faktoren des optischen Beziehungsgefüges den vor dem Eingriff vorhandenen Zustand in weitestmöglicher Annäherung fortführt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1990 - 4 C 44.87 -, BVerwGE 85, 348 [360]).

Dies kann hier durch eine Eingrünung des Vorhabens geschehen. Diese Eingrünung ist an dem vorgesehenen Standort der Gebäude nicht landschaftsfremd. Sie entspricht dem vorhandenen Grünbestand auf der nördlichen Seite der Landesstraße und führt auch nicht zu einer Störung der Blickbeziehungen. Die Fernsicht wird nur für einen eng begrenzten Bereich und bei einem bestimmten Blickwinkel eingeschränkt. Aus der Ferne verschmilzt das eingegrünte Vorhaben mit dem gegenüber der Straße gelegenen Grünbestand und dem Ortsrand von Westhofen. Ein für die Schönheiten der natürlich gewachsenen Landschaft aufgeschlossener Durchschnittsbetrachter (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1990, a.a.O.) wird das eingegrünte Vorhaben nicht als nachteilig empfinden. Die zum Ausgleich erforderliche Eingrünung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen die nach dem Nachbarrechtsgesetz einzuhaltenden Grenzabstände unmöglich. Bei diesen Abstandsvorschriften handelt es sich nicht um öffentlich-rechtliche Vorschriften, die bei der Erteilung des Bauvorbescheides zu prüfen sind (§§ 72 Satz 3, 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO).

2. Die Kläger haben auch einen Anspruch auf die begehrte Zusicherung, ihnen eine Ausnahmegenehmigung nach der Landschaftsschutzverordnung zu erteilen, vorbehaltlich von Detailregelungen zum Ausgleich eingriffsbedingter Beeinträchtigungen.

Der Antrag auf eine solche Zusicherung wurde konkludent mit der Anfrage zur Zulässigkeit des Vorhabens gestellt, denn die Anfrage ist nicht auf baurechtliche Gesichtspunkte beschränkt und es bleibt ohne diese Zusicherung unklar, ob das Vorhaben grundsätzlich zulässig ist. Der Beklagte hat die Anfrage auch so verstanden und sich damit auseinandergesetzt. Auch im Widerspruchsbescheid wurde ausdrücklich ausgeführt, dass eine Genehmigung nach der Landschaftsschutzverordnung nicht in Betracht komme.

Das Vorhaben der Kläger ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Landschaftsschutzverordnung ohne Genehmigung der Landespflegebehörde verboten, da es um die Errichtung baulicher Anlagen im Landschaftsschutzgebiet geht. Die Genehmigung kann nach § 4 Abs. 2 Landschaftsschutzverordnung nur versagt werden, wenn die Maßnahme oder Handlung dem Schutzzweck (§ 3 Landschaftsschutzverordnung) zuwiderläuft und die Beeinträchtigung des Schutzzweckes nicht durch Bedingungen und Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann.

Diese Voraussetzungen für eine Versagung liegen nicht vor. Soweit das Vorhaben gegen den Schutzzweck verstößt, kann die Beeinträchtigung des Schutzzweckes durch Bedingungen oder Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es hier um ein besonders großflächiges Landschaftsschutzgebiet handelt, bei dem die Schutzwürdigkeit nicht jeder Teilfläche ohne weiteres einsichtig ist (OVG RP, Urteil vom 18. September 2002, NuR 2003, 122). Wie der Beklagte selbst einräumt, kann die als Schutzziel verfolgte Offenheit der Landschaft nicht überall im Plangebiet erhalten werden, so dass es abzuwägen gilt, in welchen Teilen des Gebiets eine solche Freihaltung geboten und begründbar ist. Deshalb kann eine Verletzung des Schutzzwecks nur angenommen werden, wenn es besondere Anhaltspunkte dafür gibt, dass die betroffene Teilfläche geschützt werden sollte.

Schutzzweck der Verordnung ist zunächst die Erhaltung der Eigenart und Schönheit der den Rhein begleitenden Niederungen mit ihren die Landschaft gliedernden Grünbeständen und den sie begrenzenden, teils sanft ansteigenden, teils herausragenden und die Landschaft beherrschenden Hängen und Höhen. Im vorliegenden Fall ist allenfalls die Eigenart und Schönheit eines sanft ansteigenden Hanges betroffen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Eigenart des durch das Vorhaben betroffenen Hanges durch die Landesstraße und den nördlich davon verlaufenden Grünzug geprägt ist. Eine besondere Schönheit dieses Hanges, die beeinträchtigt werden könnte, ist nicht zu erkennen. Bei entsprechender Eingrünung kann das Vorhaben optisch an den vorhandenen Grünbestand angegliedert werden. Ein landwirtschaftlicher Aussiedlerhof wird im Übrigen vom Betrachter als zur Landschaft gehörig und nicht als störendes Element empfunden. Dies gilt insbesondere, wenn er entsprechend eingegrünt ist. Die Eingrünung wirkt hier nicht als störendes Landschaftselement in einer ansonsten ausgeräumten Landschaft, da sich in unmittelbarer Nähe der Grünbestand nördlich der Landstraße anschließt. Zwar handelt es sich dann um den einzigen derartigen Landschaftsbestandteil südlich der Landesstraße. Entgegen der Meinung des Beklagten kann die Landesstraße hier jedoch nicht als Trennlinie zwischen Landschaftsteilen unterschiedlicher Eigenart und Schönheit verstanden werden. Vielmehr prägt der vorhandene Grünbestand wegen seiner optischen Fernwirkung trotz der Landesstraße auch die jenseits der Straße gelegenen Flächen. Seine Wirkung auf das Landschaftsbild endet nicht an der Straße. Entscheidend ist, dass das Vorhaben nicht in einer unberührten Umgebung errichtet werden soll, sondern in unmittelbarem räumlichen und optischen Zusammenhang mit der vorhandenen, gleichfalls eingegrünten Bebauung.

Der weitere Schutzzweck der Sicherung des Erholungswertes der Landschaft wird durch das Vorhaben der Kläger aus den genannten Gründen ebenfalls nicht berührt. Dem letzten Schutzzweck der Erhaltung eines ausgewogenen Landschaftshaushaltes kann durch Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen werden, die im Einzelnen noch entsprechend der konkreten Ausgestaltung des Vorhabens geregelt werden können.

Die Beurteilung des Orts- und Landschaftsbildes ist dem Senat aufgrund seiner allgemeinen Kenntnis vom Charakter des Rheinhessischen Rheingebietes sowie aufgrund der in den Gerichts- und Verwaltungsakten enthaltenen Lagepläne und zahlreichen Fotografien zur konkreten Situation am Vorhabenstandort auch ohne Ortsbesichtigung zuverlässig möglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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