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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 8 A 10281/05.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, LBauO, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 35 F: 1998
BauGB § 35 Abs. 1 F: 1998
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1 F: 1998
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5 F: 1998
LBauO § 65
LBauO § 65 Abs. 2
LBauO § 65 Abs. 2 S. 2
VwGO § 113
VwGO § 113 Abs. 5
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
Zur Zulässigkeit der Bescheidungsklage bei "stecken gebliebenem" Baugenehmigungsverfahren.

Ob eine am Standort einer Windenergieanlage im Außenbereich errichtete Solaranlage der Forschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient, ist in entsprechender Anwendung der Kriterien zu beurteilen, die die Rechtsprechung zur dienenden Funktion mitgezogener Betriebsteile im Bereich der Landwirtschaft entwickelt hat.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 A 10281/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Baugenehmigung

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch ehrenamtlicher Richter Angestellter Dr. Vesper ehrenamtlicher Richter DRK-Geschäftsführer Vonhof

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Oktober 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Neubescheidung eines Bauantrages betreffend die Errichtung eines Photovoltaik-Modulträgers am Standort einer Windenergieanlage.

Am 19. September 2002 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Photovoltaik-Modulträger SPT SK 30-WKA am Standort einer von der Windpark Nord-Staffelstein W.A.T.T. GmbH & Co. KG errichteten und betriebenen Windenergieanlage Südwind S-70 (Nabenhöhe 85 m, Rotordurchmesser 70 m) auf der Gemarkung der Beigeladenen, Flur ..., Parzelle ... .

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2002 forderte der Beklagte weitere Antragsunterlagen, darunter eine Abstandsflächenberechnung, eine Darstellung des naturschutzrechtlichen Ausgleichs, eine geprüfte Statik sowie ein Eigentümereinverständnis, an. In der Folgezeit legte der Geschäftsführer der Klägerin einen auf ihn lautenden Grundstückskaufvertrag sowie einen Nutzungsvertrag mit der Klägerin und eine geprüfte Statik vor.

Nachdem die Beigeladene ihr Einvernehmen verweigert und die untere Landespflegebehörde das Benehmen nicht hergestellt hatte, lehnte der Beklagte den Bauantrag mit Bescheid vom 13. November 2003 ab. Das Vorhaben sei nicht privilegiert und beeinträchtige öffentliche Belange. Es widerspreche den Darstellungen im Regionalen Raumordnungs- und Flächennutzungsplan, die im fraglichen Bereich Vorrang- bzw. Eignungsflächen für Windenergie auswiesen. Zudem beeinträchtige es den Naturhaushalt und das Landschaftsbild, weil es in der umgebenden Agrarlandschaft zusätzlich zu den Windenergieanlagen ein andersartiges visuelles Störelement darstelle.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und erhob am 26. April 2004 Untätigkeitsklage. Zur Begründung machte sie geltend, die Errichtung des Photovoltaik-Modulträgers diene der Umwandlung der Windenergieanlage in eine Hybridanlage. Er nutze nicht nur deren Infrastruktur, sondern decke auch deren eigenen Energiebedarf und verbessere ihre Stromeinspeisung durch antizyklische Stromerzeugung und eine oberwellenfreie und frequenzstabile Netzregelungscharakteristik. Eine derartige Anlage sei aber von der Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erfasst. Ihrer Zulassung stünden auch keine öffentlichen Belange entgegen. Der Flächennutzungsplan weise das Baugrundstück als Eignungsfläche für die Windenergie aus. Angesichts der Vorbelastung durch die Windenergieanlage bewirke der Modulträger auch keine zusätzliche Belastung des Landschaftsbildes. Aufgrund der technischen Beschaffenheit der Photovoltaik-Module trete auch keine Lichtreflektion auf.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens reichte die Klägerin weitere Bauunterlagen nach und legte Stellungnahmen des Dipl.Ing. (FH) E., T., des Dipl.Ing. (FH) L. von der Firma ABA Elektrotechnik in K. sowie der Frau Dr. B. von der MVV Energie AG zur Bewertung des Bauvorhabens als Bestandteil einer windenergiedominierten Hybridanlage und zu seiner Bedeutsamkeit für die Energieforschung vor.

Mit Bescheid vom 02. September 2004 teilte die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord der Klägerin mit, dass für die Errichtung des Modulträgers am Standort der Windenergieanlage keine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung gemäß § 16 BImSchG erforderlich sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2004 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch zurück, weil die Bauantragsunterlagen unvollständig seien und das nicht privilegierte Vorhaben das Landschaftsbild zusätzlich beeinträchtige.

Das Verwaltungsgericht hat der auf Neubescheidung des Bauantrages beschränkten Klage mit Urteil vom 20. Oktober 2004 stattgegeben. Es bestehe ein Rechtsschutzinteresse an der Erteilung einer Baugenehmigung, da aufgrund des bestandskräftigen Freistellungsbescheides der zuständigen Immissionsschutzbehörde eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nicht erforderlich sei. Das Bauvorhaben habe während des Klageverfahrens seine Identität nicht verloren, sondern sei lediglich konkretisiert worden. Da die Windenergienutzung die aus der Windenergieanlage und der Photovoltaikanlage bestehende Hybridanlage dominiere, handele es sich insgesamt um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiertes Vorhaben zur Erforschung der Windenergienutzung, dem auch keine öffentlichen Belange entgegenstünden.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung bestreitet der Beklagte die Zulässigkeit der Klage. Das ursprünglich zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben sei von der Klägerin während des Prozesses in seiner Identität verändert worden. Hinsichtlich des neuen Vorhabens sei aber vor Klageerhebung kein Bauantrag gestellt worden, sodass es an einer Sachentscheidungsvoraussetzung fehle. Die Klägerin habe dem auch Rechnung getragen, indem sie am 28. Januar 2005 einen neuen Bauantrag gestellt habe. Bei dem strittigen Modulträger handele es sich nicht um ein Vorhaben, das der Windenergie diene. Der Bauantrag sehe keine rechtliche Verbindung mit der Windenergieanlage, die zudem von einer anderen juristischen Person betrieben werde, vor. Auch könne der Modulträger als solcher nicht der Energieerzeugung dienen; vielmehr müsse er mit isoliert genehmigungspflichtigen Modulen versehen werden. Ungeachtet dessen seien die vom Verwaltungsgericht herangezogenen, von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen nicht geeignet, in wissenschaftlich belastbarer Weise eine dienende Funktion der Photovoltaikanlage im Verhältnis zur Windenergieanlage zu belegen. Eine solche habe sich aus den ursprünglichen Bauantragsunterlagen nicht ergeben. Die Stellungnahmen dienten lediglich der nachträglichen Konstruktion eines Privilegierungstatbestandes. Zudem beweise die Existenz zahlreicher weiterer Bauanträge für vergleichbare Anlagen, dass es sich nicht mehr um ein Forschungsvorhaben handeln könne. Auch habe die Klägerin im Nachbarlandkreis eine Baugenehmigung für eine ähnliche Anlage erwirkt, von der sie selbst einräume, dass sie ausschließlich der zusätzlichen Energieerzeugung diene. Die für die baurechtliche Prüfung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen lägen seit dem 21. Dezember 2004 vollständig vor.

Der Beklagte beantragt,

das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Oktober 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie bestreitet eine wesentliche Änderung des Bauvorhabens und macht geltend, der neue Bauantrag sei lediglich vorsorglich ohne Anerkennung der Rechtsauffassung des Beklagten gestellt worden. Bei der Anlage im Landkreis D. handele es sich um eine solche mit steuerungstechnischer "Low-tech-Ausstattung", die aus diesem Grund nur für die zusätzliche Energieerzeugung geeignet sei.

Die Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der auf Neubescheidung des Bauantrages gerichteten Klage zu Recht entsprochen. Denn sie ist zulässig (I) und begründet (II).

I. Gegen die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Bescheidungsklage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Zwar handelt es sich bei der Erteilung einer Baugenehmigung, die Gegenstand des Bauantrages ist, gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO um eine gebundene Verwaltungsentscheidung. Bei Versagung einer derartigen Genehmigung besteht grundsätzlich nur ein Rechtsschutzinteresse an einer Verpflichtungsklage. Denn nur diese ist geeignet, das einzig legitime Rechtsschutzziel des Bauherrn, nämlich die Erteilung der Genehmigung, zu erreichen. Lehnt die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung des beantragten Vorhabens nach Prüfung aller in Betracht kommenden Rechtsvorschriften ab, weil es aus ihrer Sicht gegen mehrere Vorschriften verstößt, so besteht grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse daran, das Vorliegen eines bestimmten Verstoßes durch Erhebung einer Bescheidungsklage prüfen zu lassen. Eine andere Beurteilung ist lediglich bei einem sogen. "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahren (s. dazu BVerwG, Urteil vom 14. April 1989, BRS 49 Nr. 15) angezeigt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung des Vorhabens, ohne seine Vereinbarkeit mit baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften umfassend zu prüfen, wegen eines bestimmten Rechtsverstoßes - etwa mangelnder Konformität mit Bauplanungsrecht - ablehnt. Nach der Rechtsprechung des Senats (s. Urteil vom 05. März 2003 - 8 A 11370/02.OVG -, S. 20 UA) sind die Gerichte in solchen Fällen selbst bei Erhebung einer Verpflichtungsklage berechtigt, sich auf ein Bescheidungsurteil zu beschränken, wenn ansonsten komplexe Fragen - etwa des Bauordnungs- oder Naturschutzrechts - erstmals im gerichtlichen Verfahren geklärt werden müssten. Entbindet aber ein "stecken gebliebenes" Genehmigungsverfahren die Gerichte ausnahmsweise von ihrer bei Verpflichtungsklagen gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestehenden Pflicht, die Sache spruchreif zu machen, so berechtigt es erst recht den Bauherrn, sein Klagebegehren von vornherein auf Neubescheidung des Bauantrages nach gerichtlicher Klärung des behördlichen Ablehnungsgrundes zu beschränken (s. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 113 Rn 203ff., VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07. Februar 2003 - 8 S 2422/02 -, juris und allgemein zur Bescheidungsklage bei gebundenen Verwaltungsakten BVerwG, Urteil vom 02. Mai 1984, NVwZ 1985, 35, 36). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhaben nicht aus anderen als von der Behörde herangezogenen Gründen offensichtlich unzulässig ist.

Da sich im vorliegenden Fall die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens stützen, ohne Fragen des Bauordnungs- und Naturschutzrechts abschließend zu klären und das Vorhaben unter diesen rechtlichen Aspekten jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig ist, besteht für die Klage ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse.

Dieses wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin am 28. Januar 2005 einen weiteren Bauantrag beim Beklagten eingereicht hat, der sich auf das gleiche Vorhaben beziehen soll. Denn dieser zusätzliche Bauantrag, den die Klägerin nach eigenen, nachvollziehbaren Angaben lediglich zur Sicherheit im Hinblick auf die vom Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Rüge eines angeblich geänderten Bauantrages gestellt hat, beinhaltet mangels gegenteiliger Anhaltspunkte keine konkludente Rücknahme des vorliegend strittigen Bauantrages (s. auch Gaßner/Würfel in Simon: BayBauO, Art. 67 Rn 51ff.).

Obwohl die Windenergieanlage, an der das strittige Vorhaben verwirklicht werden soll, Bestandteil einer hierdurch gegebenenfalls zu ändernden Windfarm ist (s. S. 7 des Widerspruchsbescheides), wird das Rechtsschutzinteresse betreffend die Erteilung einer Baugenehmigung nicht durch eine vorrangige immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung gemäß §§ 15, 16 BImSchG in Frage gestellt. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Schreiben der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord an die Klägerin vom 02. September 2004 als verbindlichen Freistellungsbescheid gewertet, der die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht ausschließt (s. auch Jarass: BImSchG, 6. Aufl. 2005, § 15 Rn 29f.)

Schließlich fehlt es auch nicht an einem für die Zulässigkeit der Bescheidungsklage erforderlichen, vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Der Bauantrag der Klägerin vom 19. September 2002 hat nach Erlass des Widerspruchbescheides in denjenigen Teilen, die für die Entscheidung über eine auf bauplanungsrechtliche Fragen beschränkte Bescheidungsklage maßgeblich sind, keine wesentliche Änderung erfahren. Aus den Bauantragsunterlagen (Bl. 5, 15 bis 17 VA) war erkennbar, dass um den Turm der Windenergieanlage ein kreisförmiger Sockel von 4 m Höhe errichtet werden soll, auf dem ein 16 m hoher und 15,540 m breiter (Bl. 15 VA) Modulträger sich sonnenstandsnachgeführt bewegen soll. Zudem ergab sich aus der beigefügten Projektbeschreibung, dass diese Anlage Bestandteil der Windenergieanlage werden und den Wirkungsgrad der Gesamtanlage deutlich verbessern sowie bei Sturm und Schnee die Belastung der Anlagenkomponenten reduzieren soll. Diese Projektbeschreibung hat die Klägerin bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides im Rahmen der erhobenen Untätigkeitsklage nicht geändert, sondern lediglich konkretisiert (s. z.B. den Schriftsatz vom 10. Mai 2004, Bl. 90ff. GA). Auch hinsichtlich der Ausmaße der Anlage liegt nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts keine wesentliche Änderung vor. Insbesondere entsprechen die Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Größe des Vorhabens (19,365 m Höhe und 15,54 m Breite; s. Bl. 1125 GA) nahezu unverändert den Angaben in den Bauantragsunterlagen und in der geprüften Statik (s. dort Bl. 20: Höhe 15,938 m ohne Sockel und Breite 16,009 m). Jedenfalls ändern Abweichungen im Zentimeterbereich keinesfalls die Entscheidungsgrundlage der bauplanungsrechtlich begründeten Ablehnung des Beklagten.

II. Die zulässige Klage ist auch begründet.

1. Dem allein geltend gemachten Anspruch auf Neubescheidung des Bauantrages steht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, der bei der Bescheidungsklage maßgebend ist (s. z.B. BVerwG, Beschluss vom 20. September 1988 - 2 B 126/88 -, juris m.w.N.), nicht die Vorschrift des § 65 Abs. 2 Satz 3 LBauO entgegen. Zwar soll hiernach die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag zurückweisen, wenn er wegen fehlender Bauunterlagen nicht geprüft werden kann. Ausweislich des Schriftsatzes des Beklagten vom 08. Mai 2005 liegen aber seit dem 21. Dezember 2004 alle erforderlichen Bauunterlagen vor. Ungeachtet dessen beweist die ausschließlich planungsrechtlich begründete Ablehnung des Bauantrages im Ausgangsbescheid, die durch den Widerspruchsbescheid bestätigt worden ist, dass sich der Beklagte auch aufgrund der seinerzeit vorliegenden Bauunterlagen zu einer Sachentscheidung über den Bauantrag in der Lage gesehen hat.

2. Dem Genehmigungsanspruch der Klägerin kann jedenfalls der vom Beklagten angenommene Verstoß des Vorhabens gegen Bauplanungsrecht nicht entgegengehalten werden. Die Klägerin kann daher die erneute Bescheidung des Bauantrages unter Berücksichtigung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens verlangen. Die Errichtung eines PV-Modulträgers in der im Bauantrag bezeichneten Größe am Standort einer Windenergieanlage zu den dort bezeichneten und von der Klägerin im Verlauf des Klageverfahrens erläuterten Zwecken ist gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in der am 20. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl. I, S. 1359) im Außenbereich privilegiert (a). Ihm stehen auch keine öffentlichen Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB entgegen (b).

a) Nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ist ein Vorhaben - vorbehaltlich der vorliegend unstreitig gesicherten Erschließung - im Außenbereich privilegiert zulässig, wenn es der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient.

Nach zutreffender Auffassung des Beklagten ist dies bei Errichtung einer zusätzlichen Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien am Standort einer Windenergieanlage nicht schon dann der Fall, wenn sie bloß durch Nutzung der dort vorhandenen Infrastruktur und zusätzliche Energieausbeute den wirtschaftlichen Nutzen des Windenergiestandortes erhöht. Eine derartige Gesetzesauslegung stünde in klarem Widerspruch zu dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers. So sah § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches (BT-Drs. 13/1733) eine Privilegierung von "Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie oder sonstiger erneuerbarer Energien dienen" vor. Dieser weite Privilegierungstatbestand hat das Gesetzgebungsverfahren indessen nicht überdauert. Vielmehr ist er einer Beschlussempfehlung des 18. Ausschusses des Bundestages (BT-Drs. 13/4978) folgend auf die Wind- und Wasserenergie beschränkt worden. Nach Auffassung des Ausschusses (aaO., S. 6) ist nämlich ein Teil der erneuerbaren Energien auf den Außenbereich nicht angewiesen. Dies gelte insbesondere für Solaranlagen, die im Innenbereich auf Flachdächern und an Fassaden errichtet werden könnten.

Daraus folgt, dass Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien, die nicht selbst Wind- oder Wasserkraft nutzen, vom Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB allenfalls dann erfasst sein können, wenn der von ihnen erzeugten Energie hinsichtlich der Erzeugung, Erforschung oder Entwicklung der Windenergie eine "dienende" Funktion zukommt. Für die Auslegung dieses Begriffes, der bereits vor der Privilegierung der Wind- und Wasserenergie im Rahmen anderer Privilegierungstatbestände (s. etwa § 35 Abs. 1 Nrn. 1, 3, 4 und 6 BauGB 1986) verwendet worden ist, kann nach Auffassung des Senats auf die höchstrichterliche Auslegung der älteren Vorschriften, insbesondere des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zurückgegriffen werden (s. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg: BauGB, § 35 Rn 59). Nach der zu § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entwickelten, von den Verwaltungsgerichten auch auf gleichlautende Begriffe in anderen Privilegierungstatbeständen angewandten (s. z.B. OVG Saarlouis, Beschluss vom 25. September 2001 - 2 Q 23/01 -; juris zu § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die dienende Funktion eines Vorhabens für einen landwirtschaftlichen Betrieb voraus, dass es für den Betrieb zwar nicht notwendig oder unentbehrlich, aber mehr als bloß förderlich ist und durch die Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich geprägt wird. Maßgebend ist, ob ein vernünftiger Landwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (s. Söfker aaO., Rn 34ff. m.w.N.). Besteht das Vorhaben selbst nicht unmittelbar im Betrieb von Landwirtschaft, kann es als sogen. "mitgezogener Betriebsteil" gleichwohl derselben dienen, wenn es sich im Verhältnis zum landwirtschaftlichen Betrieb um eine bodenrechtliche Nebensache handelt, zwischen dem Betrieb und der hinzugenommenen Betätigung ein mehr als nur entfernter Zusammenhang besteht und das Erscheinungsbild des im Außenbereich gelegenen Betriebes nicht wesentlich verändert wird.

Beantwortet man die Frage, wann eine nicht unter Ausnutzung von Wind oder Wasser erfolgende Energieerzeugung am Standort einer Windenergieanlage der Entwicklung, Erforschung oder Nutzung der Windenergie dient, unter entsprechender Anwendung dieser Grundsätze, so ergibt sich nach Auffassung des Senats folgendes:

Tritt die zusätzliche Energieerzeugung lediglich zu der Windenergieerzeugung hinzu, ohne für diese selbst mehr als nur förderlich zu sein, kann sie also hinweggedacht werden, ohne dass die Qualität der Windenergieerzeugung nennenswert leidet, scheidet eine Privilegierung aus. Gleiches gilt, wenn die Anlage zur Erzeugung zusätzlicher Energie keine äußerlich erkennbare Zuordnung zur Windenergieanlage aufweist. Zudem muss sichergestellt sein, dass der Nutzen der zusätzlichen Energieerzeugung in der konkret beabsichtigten Form und im konkret beabsichtigten Umfang für die Qualität der Windenergieerzeugung so groß ist, dass sie aus der Sicht eines "vernünftigen" Windenergieerzeugers eine Inanspruchnahme des Außenbereichs rechtfertigt. Da die zusätzliche Energieerzeugung selbst nicht mittels Wind oder Wasser erfolgt, also bei isolierter Betrachtung privilegierungsfremd ist, gelten auch die einschränkenden Voraussetzungen für die Privilegierung "mitgezogener" Betriebsteile entsprechend. Danach muss sich die zusätzliche Energieerzeugungsanlage der Anlage zur Nutzung, Entwicklung oder Erforschung der Windenergie dienend unterordnen und im Verhältnis zu ihr als bodenrechtliche Nebensache erscheinen. Damit sind nicht nur dem äußeren Umfang der zusätzlichen Energieerzeugungsanlage, sondern auch ihrer Erzeugungskapazität enge Grenzen gesetzt: Geht die Erzeugungskapazität über das hinaus, was zur Verbesserung der Qualität der Windenergieerzeugung angemessen erscheint, kann von einer Unterordnung keine Rede mehr sein. Vielmehr steht dann der Zweck eigenständiger, zusätzlicher Energieerzeugung im Vordergrund. Weiterhin darf die hinzutretende Anlage das Erscheinungsbild des im Außenbereich vorhandenen Windenergieerzeugungsstandortes nicht wesentlich verändern. Schließlich muss sich die zusätzliche Energieerzeugungsanlage auf die Qualität der Windenergieerzeugung unmittelbar auswirken, d.h. in einem engen und nicht nur entfernten Zusammenhang mit ihr stehen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze dient das strittige Vorhaben jedenfalls der Entwicklung und Erzeugung der Windenergie. Ob die Existenz zahlreicher weiterer Bauanträge für ähnliche Anlagen - wie der Beklagte meint - seine Einstufung auch als Forschungsprojekt ausschließt, kann deshalb dahinstehen.

Der geplante Modulträger SPT-SK 30/WKA ist der Windenergieanlage zunächst hinreichend äußerlich erkennbar zugeordnet. Nach Maßgabe des Bauantrages wird er auf einer rund um den Turm der Anlage zu errichtenden, 4 m hohen Unterkonstruktion angebracht (Bl. 5 und 14 VA). Dass die Bauherrin und die Betreiberin der Windenenergieanlage unterschiedliche juristische Personen sind, steht einer hinreichenden Zuordnung nicht entgegen. Diese wird vielmehr durch den Bauantrag und die darauf bezogene Regelungswirkung einer etwaigen Baugenehmigung baurechtlich sichergestellt.

Der Modulträger dient nach Maßgabe des Bauantrages auch einer Verbesserung der Windenergieerzeugung. Der Einwand des Beklagten, der Modulträger könne keinen Einfluss auf die Windenergieerzeugung haben, weil er selbst keine Energie erzeuge und die Montage von Solarmodulen gesondert genehmigungspflichtig sei, greift nicht durch. Denn der Bauantrag beinhaltet nicht die Errichtung eines nutzungsneutralen, drehbaren Stahlträgers, sondern eines Solarmodulträgers als Bestandteil einer Anlage zur Erzeugung von Solarenergie. Nur in dieser Funktion wäre daher der Träger von einer Baugenehmigung gedeckt. Insoweit ist er aber auch geeignet und bestimmt, zur qualitativen Verbesserung der Windenergienutzung und damit zu deren Entwicklung beizutragen.

Dass die Solaranlage, zu deren Installation der Modulträger ausweislich des Bauantrages verwendet werden soll (206 Module mit 33, 99 kWp; s. Bl. 16 VA), geeignet ist, spürbare Mängel der Windenergieerzeugung in wesentlichem Umfang abzumildern, hat die Klägerin aus Sicht des Senats überzeugend dargelegt. Der Geschäftsführer der Klägerin sowie der in seinem Beistand erschienene Dipl.-Ing. E. haben in der mündlichen Verhandlung die bereits im Schriftsatz der Klägerin vom 10. Mai 2004 im Einzelnen erörterten positiven Effekte des Solaranlagenbetriebes für die Windenergieerzeugung näher erläutert. Hiernach unterliegen Windenergieanlagen sowohl in Phasen, in denen Schwachwind und Flaute in kürzester Zeit wechseln, als auch in andauernden Starkwindphasen mit hoher Energieproduktion häufig äußerst kurzfristigen Abschaltungen, die für die Entstehung von schädlichen Oberwellen im Stromnetz mit verantwortlich sind und außerdem zu mechanischen Belastungen der Anlage sowie Verschleiß an den elektrischen Bauteilen führen. Der Einsatz einer zusätzlichen, windunabhängigen Energieerzeugungsanlage sorgt dafür, dass in Schwachwindphasen die Erzeugungsschwankungen abgemildert werden und sich dadurch die Anzahl der Abschaltungen sowie der Netzbezug ("negative Energieproduktion") der Windenergieanlage vermindert; in Starkwindphasen ermöglicht es der Betrieb der Solaranlage, die ansonsten zu Abschaltungen führenden Energiespitzen kurzfristig zwischenzuspeichern.

Diese von erkennbarer Sachkunde getragenen, in sich widerspruchsfreien Ausführungen, denen der Beklagte überdies weder durch substantiierte Einwände noch durch einen diesbezüglichen Beweisantrag entgegengetreten ist, erscheinen dem Senat überzeugend. Gründe, aus denen sich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht weiterer Aufklärungsbedarf aufdrängen würde, sind nicht ersichtlich. Denn zum einen stimmen die Angaben inhaltlich mit dem überein, was die Dipl.-Ing. E. und L. in ihren Stellungnahmen vom 08. Juli 2004 (Bl. 686 GA) und vom 05. Juli 2004 (Bl. 727 GA) ausgeführt haben. Zum anderen handelt es sich bei den genannten Personen um unternehmensexterne Fachleute, die nicht bei der Klägerin angestellt sind und damit zumindest kein durch ein Arbeitsverhältnis bedingtes unmittelbares Eigeninteresse an einem der Klägerin günstigen Prozessausgang haben.

Die demnach durch das Vorhaben ermöglichte, qualitative Verbesserung der Windenergieerzeugung ist auch nicht deshalb im Rahmen des Privilegierungstatbestandes unbeachtlich, weil sie lichtabhängig funktioniert und daher in den Nachtstunden wirkungslos ist. Eine Anlage dient der Windenergieerzeugung nämlich nicht erst dann, wenn sie deren Probleme vollständig beseitigt oder die Erzeugung erst ermöglicht. Vielmehr reicht es aus, wenn von ihr ein nicht nur unwesentlicher, positiver Effekt hierfür ausgeht.

Ist aber der Modulträger zur Aufnahme einer der Betriebsoptimierung von Windenergieanlagen dienenden Solaranlage geeignet, so steht seiner Privilegierung entgegen der Auffassung des Beklagten nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin ähnliche Modulträger im Landkreis D. zur Errichtung von Solaranlagen verwendet, die ohne Beeinflussung der Windenergieerzeugung lediglich der zusätzlichen Erzeugung von Solarenergie am Standort einer Windenergieanlage dienen. Auch im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist anerkannt, dass die objektive Eignung einer Anlage (auch) für privilegierungsfremde Zwecke ihrer dienenden Funktion für die privilegierte Nutzung nicht entgegensteht, wenn sie hierfür nach Maßgabe des Bauantrages bestimmt und tatsächlich den gegenwärtigen und auf Dauer absehbaren Betriebserfordernissen angemessen ist (s. BVerwG, Urteil vom 22. November 1985, BRS 44 Nr. 76 und Söfker, aaO., Rn 34). So liegt der Fall hier. Nach Maßgabe der Bauantragsunterlagen in Verbindung mit den von der Klägerin hierzu während des Widerspruchsverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens gegebenen Erläuterungen steht fest, dass der beantragte Modulträger im vorliegenden Fall ausschließlich der Installation einer Solaranlage dient, deren weitaus überwiegender Hauptzweck in der Optimierung des Windenergieanlagenbetriebes besteht. Überdies steht es dem Beklagten frei, diese sich aus dem Bauantrag ergebende Zweckbestimmung im Rahmen einer etwaigen Genehmigung durch entsprechende Nebenbestimmungen zu sichern.

Der Senat hegt auch keine Zweifel, dass die Errichtung einer Solaranlage in der durch die Ausmaße des beantragten Modulträgers vorgegebenen Dimension angesichts der vorstehend erörterten positiven Auswirkungen auf den Betrieb der Windenergieanlage aus der Sicht eines "vernünftigen" Windenergieerzeugers die erweiterte Inanspruchnahme des bereits im Außenbereich befindlichen Energieerzeugungsstandortes auch unter Berücksichtigung des Schonungsgebotes rechtfertigt. Hierbei ist einerseits zu berücksichtigen, dass keine neue, erstmalige Beanspruchung des Außenbereichs eintritt, sondern lediglich eine vorhandene intensiviert wird. Zum anderen ergibt sich aus der Stellungnahme der Frau Dr. B. vom 09. August 2004 (Bl. 814 GA), dass die Betriebsoptimierung der Windenergieanlage eine Standortidentität mit der Solaranlage erfordert und diese daher zu gleichem Zweck nicht innerhalb des - hier wie regelmäßig - weit entfernten Innenbereichs errichtet werden kann.

Schließlich erfüllt das strittige Vorhaben auch die erhöhten Anforderungen an die Privilegierung eines "mitgezogenen" Betriebsteils der Windenergieerzeugung. Der Modulträger vergrößert zum einen die von der Windenergieanlage in Anspruch genommene Grundfläche nur unwesentlich; zum anderen erreicht er einschließlich des Sockels noch nicht einmal ein Viertel der Nabenhöhe der Anlage, sodass er vom äußeren Erscheinungsbild den Charakter einer "bodenrechtlichen Nebensache" im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung trägt. Die dienende Unterordnung unter die privilegierte Windenergieanlage kommt schließlich auch durch die Leistungskapazität der Solaranlage, zu deren Installation der Modulträger ausweislich des Bauantrages geeignet und bestimmt ist, zum Ausdruck. Im Gegensatz zur Windenergieanlage, die eine Leistung von 1500 kW hat (s. Bl. 1 VA), ist der Modulträger auf die Installation von 206 Modulen zu je 165 Watt (insgesamt also 33,99 kW) ausgelegt (s. Bl. 15 VA). Hierdurch wird deutlich, dass das Vorhaben in der Tat nicht ausschließlich oder vorrangig der zusätzlichen Energieerzeugung dient, sondern wesentlich im Hinblick auf die oben beschriebenen positiven Effekte für die Windenergieerzeugung konzipiert ist. Insoweit hat Herr Dipl.-Ing. E. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es in Schwachwindphasen mit Wechsel zwischen Schwachwind und Flaute bei der fraglichen Windenergieanlage zu kurzzeitigen Leistungsschwankungen zwischen - 30 kW und + 250 kW kommt, mithin ein häufiger, der Qualität der Windenergieerzeugung abträglicher Wechsel zwischen Stromerzeugung und Strombezug eintritt. Angesichts der Leistungskapazität der Solaranlage erscheint es daher ohne weiteres glaubhaft, dass diese - jedenfalls im Rahmen der Schwachwindproblematik - mehr oder weniger als "Notstromaggregat" zur Vermeidung ständiger Statuswechsel der Windenergieanlage dient. Letztlich führt die Eigenart und Dimension der geplanten Solaranlage auch nicht dazu, dass das typische Erscheinungsbild eines Windenergieerzeugungsstandortes im Außenbereich wesentlich verändert wird.

Soweit in der dem Bauantrag beigefügten Präsentation (Bl. 26 VA) damit geworben wird, dass der Modulträger auch mit im Wirkungsgrad gesteigerten Modulen jederzeit nachgerüstet werden könne, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Sollte der Beklagte im Rahmen der Neubescheidung des Bauantrages eine Baugenehmigung erteilen, so bezieht sich diese lediglich auf das Vorhaben, wie es durch den Bauantrag selbst und die nachgängigen Erläuterungen der Klägerin umschrieben ist. Dabei handelt es sich um einen Modulträger zur Aufnahme einer Solaranlage, deren Kapazität das Ausmaß dessen, was zum Mängelausgleich der Windenergieerzeugung erforderlich ist, nicht überschreitet. Dies kann zusätzlich durch entsprechende Nebenbestimmungen sichergestellt werden. Würde hingegen der Modulträger mit einer leistungsstärkeren, in beachtlichem Umfang auf die zusätzliche Erzeugung von Solarenergie ausgelegten Anlage bestückt, wäre er weder durch die Baugenehmigung gedeckt noch materiell durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert.

b) Dem privilegierten Vorhaben der Klägerin stehen auch keine öffentlichen Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, wonach öffentliche Belange einem Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 5 in der Regel entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist, findet keine Anwendung. Denn das Vorhaben befindet sich innerhalb eines durch Flächennutzungs- und Raumordnungsplan ausgewiesenen Vorrangbereichs für Windenergie.

Andererseits ist das Entgegenstehen öffentlicher Belange aber auch nicht durch § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB ausgeschlossen. Hiernach stehen öffentliche Belange raumbedeutsamen Vorhaben nach Abs. 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Sollte es sich bei einem - mit Sockel - 20 m hohen Modulträger - sofern er überhaupt einer isolierten Betrachtung zugänglich ist - um ein raumbedeutsames Vorhaben handeln, sind jedenfalls die Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB bei der Festlegung von Vorrangflächen für die Windenergie nicht im Hinblick auf Hilfsanlagen in Gestalt einer Solaranlage abgewogen worden.

Ungeachtet dessen sind aber öffentliche Belange, die dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehen könnten, nicht ersichtlich. Es widerspricht angesichts der vorstehend erwähnten Ausweisungen weder den Darstellungen des Flächennutzungsplanes noch Zielen der Raumordnung. Auch verursacht das Vorhaben keine Verunstaltung des Landschaftsbildes, die sich gegenüber seiner Privilegierung durchsetzen könnte. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange führt nur dann dazu, dass sie dem privilegierten Vorhaben entgegenstehen, wenn eine Abwägung unter Berücksichtigung des gesteigerten Durchsetzungsvermögens privilegierter Vorhaben und der Gewichtigkeit des jeweils betroffenen Belangs dessen Vorrang begründet. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, dass das Landschaftsbild am Standort des Vorhabens eine gesteigerte Schutzwürdigkeit aufweist. Dies gilt zumal deshalb, weil sich aus dem Widerspruchsbescheid (S. 7) ergibt, dass die Windenergieanlage, die durch das strittige Vorhaben "aufgerüstet" werden soll, Bestandteil eines aus elf Windenergieanlagen bestehenden Windparks ist. Ist aber das Landschaftsbild am Standort bereits jetzt derart "industriell" vorbelastet, so verstärkt sich diese Belastung durch das Vorhaben der Klägerin jedenfalls nicht in einem Ausmaß, das seine Privilegierung aufzuwiegen vermag. Gleiches gilt für die Belange der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie ihres Erholungswertes. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht im vorliegenden Fall nicht der Billigkeit, den Beklagten auch mit außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten. Denn diese hat sich mangels eigener Antragstellung nicht am Kostenrisiko des Rechtsmittels beteiligt; auch liegt die ergehende Entscheidung nicht in ihrem Interesse.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708ff. ZPO.

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Der Frage, unter welchen Voraussetzungen Anlagen zur Erzeugung von Solarenergie, die am Standort von Windenergieanlagen im Außenbereich errichtet werden, der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB dienen, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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