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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.07.2002
Aktenzeichen: 8 A 10670/02.OVG
Rechtsgebiete: ZPO, VwGO, AGVwGO
Vorschriften:
ZPO § 265 | |
ZPO § 266 | |
VwGO § 173 | |
AGVwGO § 19 | |
AGVwGO § 19 Abs. 1 | |
AGVwGO § 19 Abs. 1 Satz 5 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Kosten eines Widerspruchsverfahrens
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 3. Juli 2002, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richterin am Oberverwaltungsgericht Spelberg Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß ehrenamtlicher Richter Kundendienstleiter Schultheis ehrenamtlicher Richter DRK-Geschäftsführer Vonhof
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Widerspruchsbescheides.
Mit Schreiben vom 29. Juli 1997, 30. Oktober 1997 und 10. September 1998 legten die Kläger Widerspruch ein gegen der Beigeladenen zu 1) von der Beigeladenen zu 2) erteilte Baugenehmigungen bzw. Nachtragsgenehmigungen (Bauscheine vom 2. Juni 1997, 7. Oktober 1997 und 10. September 1998). Damals waren die Kläger Eigentümer des an das Baugrundstück der Beigeladenen zu 1) grenzenden Grundstücks Gemarkung St. , Flur ... Parzelle Nr. .... Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens verkauften die Kläger das Grundstück aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 5. September 2000, die Eigentumsumschreibung erfolgte am 23. Oktober 2000. Die Beigeladene zu 2) teilte den Abschluss des Kaufvertrages dem Kreisrechtsausschuss mit Schreiben vom 13. September 2000 mit und legte gleichzeitig eine Kopie von Teilen des Kaufvertrages vor. Nachdem der Beklagte die Kläger auf erhebliche Zweifel bezüglich der Widerspruchsbefugnis aufgrund der Veräußerung hingewiesen hatte, antworteten die damaligen Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 4. Oktober 2000 zunächst, da eine Eigentumsüberschreibung noch nicht erfolgt sei, sei nach wie vor die Aktivlegitimation gegeben, mit weiterem Schriftsatz vom 27. Oktober 2000 teilten sie die Eigentumsumschreibung mit und erklärten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt. Dem widersprach die Beigeladene zu 2). In der mündlichen Verhandlung vor dem Kreisrechtsausschuss beantragte der Bevollmächtigte der Kläger festzustellen, dass die Hauptsache erledigt sei, die damalige Widerspruchsgegnerin, Beigeladene zu 2), beantragte dagegen, den Widerspruch zurückzuweisen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2000 wurden die Widersprüche zurückgewiesen und den Klägern die Kosten des Verfahrens auferlegt. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Widersprüche seien unzulässig, da die Kläger nicht mehr Eigentümer der dem Baugrundstück benachbarten Parzelle seien und die Widerspruchsbefugnis im Baurecht grundsätzlich auf den Eigentümer von benachbarten Grundstücken und dinglich Berechtigte beschränkt sei. Allerdings sei der Eigentumsübergang objektiv keine Erledigung des Widerspruchsverfahrens. Dies setze voraus, dass der Geltungsanspruch des angegriffenen Verwaltungsaktes anders als durch Abhilfe oder Widerspruchsbescheid erlösche, sich inhaltlich erschöpfe und alle seine in Zukunft weisenden Rechtswirkungen fortfielen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da die streitgegenständlichen Baugenehmigungen nach wie vor wirksam seien. Der Kreisrechtsausschuss sei auch nicht befugt festzustellen, ob die Hauptsache erledigt sei oder nicht, da eine Einstellung des Verfahrens durch den Kreisrechtsausschuss nur bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung erfolgen könne. Lediglich bei einer objektiven Erledigung dürfe eine Widerspruchsentscheidung in der Sache nicht mehr ergehen und das Widerspruchsverfahren sei einzustellen.
Die Kläger haben am 16. Februar 2001 Anfechtungsklage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht: Durch die Veräußerung ihres Grundstücks hätten sich die Widersprüche gegen die Baugenehmigungen erledigt, da diese sie nicht mehr in ihren Rechten verletzten. Daher hätten sie nur noch die verfahrensmäßige Möglichkeit gehabt, die Widersprüche für erledigt zu erklären. Der Kreisrechtsausschuss hätte die von ihnen nicht mehr aufrechterhaltenen Widersprüche nicht als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern sei verpflichtet gewesen, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 5 AGVwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu entscheiden. Diese Entscheidung hätte zu ihren Gunsten ausfallen müssen, da die Widersprüche zunächst zulässig und begründet gewesen seien.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Februar 2002 den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses vom 15. Januar 2001 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig. Dies ergebe sich allerdings entgegen der Auffassung der Kläger nicht daraus, dass die Widersprüche sich objektiv in der Hauptsache erledigt hätten, da die Verwaltungsakte ihre Wirksamkeit nicht verloren hätten. Eine Erledigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG sei somit nicht eingetreten. Zwar sei für die Kläger die von den Baugenehmigungen möglicherweise ausgehende Beschwer nach Eigentumsübergang entfallen, dennoch ruhe diese Belastung weiterhin auf dem Grundstück und treffe nunmehr den Rechtsnachfolger in seinem Eigentum. Für diesen Fall sähen aber die gemäß §§ 79 VwVfG und 173 VwGO auch im Widerspruchsverfahren entsprechend anwendbaren Bestimmungen der §§ 265 Abs. 1, 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor, dass die Veräußerung auf den Prozess bzw. das Widerspruchsverfahren keinen Einfluss habe, lediglich der Rechtsnachfolger berechtigt und auf Antrag des Gegners verpflichtet sei, den Rechtsstreit in der Lage, in der er sich befinde, als Hauptpartei zu übernehmen. Demgemäß seien die Kläger nach der Veräußerung ihres Grundstücks zu Abgabe der Erledigungserklärung nicht befugt gewesen, vielmehr sei das Widerspruchsverfahren unverändert fortzuführen gewesen, solange nicht der Rechtsnachfolger das Verfahren als Hauptpartei übernommen habe. Der Kreisrechtsausschuss oder der Kläger hätte sich durch Rückfrage bei dem Rechtsnachfolger Kenntnis darüber verschaffen sollen, ob dieser in das Verfahren eintrete. Erst wenn klar sei, dass dies nicht der Fall sei, könne sich das Widerspruchsverfahren in der Hauptsache erledigen. Wegen dieses Verstoßes gegen §§ 165 Abs. 1, 166 Abs. 1 ZPO sei die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig fehlerhaft.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Diese sei bereits unzulässig, da die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht vorlägen. Denn eine erstmalige Beschwer durch einen Widerspruchsbescheid liege bei Verwaltungsakten mit Drittwirkungen nur vor, wenn ein ursprünglich den Dritten begünstigender Verwaltungsakt durch den Widerspruchsbescheid zu dessen Nachteil abgeändert worden sei, was hier jedoch nicht gegeben sei. Es bestehe auch keine zusätzliche Beschwer im Sinne von § 79 Abs. 2 VwGO durch den Widerspruchsbescheid. Allein die für sie nachteilige Kostenentscheidung verletze die Kläger nicht in ihren Rechten, da sie gemäß § 13 Landesgebührengesetzes kraft Gesetzes Kostenschuldner des Widerspruchsverfahrens seien. Das Widerspruchsverfahren habe sich auch nicht erledigt. Insoweit könne nicht auf die Regelungen der §§ 265, 266 ZPO abgestellt werden, da die darin normierte Prozessstandschaft des früheren Eigentümers Rechtshängigkeit, also Erhebung einer Klage, voraussetze. Auch sei die Interessenlage in den in §§ 265, 266 ZPO geregelten Fällen verschieden von derjenigen im vorliegenden Fall, in der der Widerspruchsfrührer die Veränderung selbst herbeigeführt habe. Diese Veränderung, nämlich Eigentumsübertragung, führe nicht zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens, da die Baugenehmigungen, die Gegenstand des Widerspruchsverfahrens waren, ihre Wirkung nicht verloren hätten. Da die Widerspruchsgegnerin, die Beigeladene zu 2), ihrerseits keine Erledigungserklärung abgegeben habe, und objektiv eine Erledigung nicht eingetreten sei, habe der Kreisrechtsausschuss über den Widerspruch entscheiden müssen, § 19 Abs. 1 Satz 5 AGVwGO greife nicht ein. Im Übrigen hätte eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage dieser Vorschrift zu keiner anderen Kostenentscheidung geführt, da auch ohne die Veräußerung des Grundstücks der Widerspruch erfolglos gewesen wäre, im Übrigen die Kläger die Eigentumsübertragung, die von ihnen als erledigendes Ereignis bezeichnet werde, selbst herbeigeführt hätten, was bei der Ermessensausübung nach § 19 Abs. 1 Satz 5 AGVwGO ebenfalls zu berücksichtigen gewesen wäre.
Der Beklagte stellt den Antrag,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie teilen zwar die Auffassung des Beklagten, dass die §§ 265, 266 ZPO im Widerspruchsverfahren nicht anwendbar sind, halten aber das angefochtene Urteil im Ergebnis für richtig. Denn durch die Übertragung des Grundeigentums auf einen Dritten sei für die Kläger die ursprüngliche Beschwer aufgrund der angefochtenen Baugenehmigungen entfallen, so dass sich ihre Widersprüche erledigt hätten. Daher habe der Kreisrechtsausschuss nicht mehr in der Sache, sondern ausschließlich gemäß § 19 AGVwGO über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu entscheiden gehabt. Da die Widersprüche bis zur Eigentumsübertragung an dem Grundstück zulässig und begründet gewesen seien, hätte dem Widerspruchsgegner die Kosten des Verfahren auferlegt werden müssen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beteiligten haben auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten über das Bauvorhaben der Beigeladenen zu 1) und die Vorgänge des Kreisrechtsausschusses.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auf die Klage der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2001 aufgehoben.
Entgegen der Meinung des Beklagten ist die Klage gemäß § 79 Abs. 2 VwGO zulässig, da der angefochtene Widerspruchsbescheid eine zusätzliche Beschwer enthält. In ihm werden nämlich die Widersprüche der Kläger zurückgewiesen, obwohl diese das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt haben (s. BVerwG, Urteil vom 12. April 2001, BayVBl. 2002, 249), und den Klägern die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Beschwer entfällt auch nicht deshalb, weil die Kläger auch nach § 19 Abs. 1 Satz 5 AGVwGO auf jeden Fall die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen hätten. Diese Vorschrift setzt die Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens in das Ermessen der Widerspruchsbehörde. Von diesem Ermessen hat der Kreisrechtsausschuss jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Der Kreisrechtsausschuss hätte die Widersprüche nicht als unzulässig zurückweisen dürfen. Dies folgt allerdings entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 265, 266 ZPO. Diese Bestimmungen sind bereits ihrem Wortlaut nach im Widerspruchsverfahren, das Teil des Verwaltungsverfahrens ist, nicht anwendbar, da sie Rechtshängigkeit voraussetzen (s. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1984, NJW 1984, 2427 - 2428 -). Auch eine entsprechende Anwendung der genannten zivilprozessualen Vorschriften gemäß §§ 79 VwVfG, 173 VwGO scheidet aus. Soweit eine Frage in den das Widerspruchsverfahren betreffenden Regelungen nicht ausdrücklich geregelt ist, ist zu überprüfen, ob diese Lücke durch eine entsprechende Anwendung des Verwaltungsverfahrensrechts oder des Verwaltungsprozessrechts zu schließen ist. Dabei ist insbesondere auf die unterschiedlichen Funktionen und Zielsetzungen abzustellen und entsprechend der Rechtsnatur des Widerspruchsverfahrens als Verwaltungsverfahren im Zweifel eher das Verwaltungsverfahrensrecht anzuwenden (s. Weides, Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. Aufl., S. 222; OVG Magdeburg, Urteil vom 25. November 1993, NVwZ 1994, 1227).
Die Bestimmungen der §§ 265, 266 ZPO über die prozessualen Folgen der Veräußerung einer streitbefangenen Sache dienen in erster Linie dem Schutz des Prozessgegners und sollen verhindern, dass dieser, der die Veränderung der materiellen Rechtslage nicht beeinflussen kann, nicht um die bisherigen Prozessergebnisse, ein eventuell bereits vorliegendes günstiges Beweisergebnis oder die finanzielle Sicherheit der Prozesskostenerstattung bei geringerer Zahlungsfähigkeit des Rechtsnachfolgers gebracht wird. Sie schützt darüber hinaus auch den Veräußerer und dient der Prozessökonomie, da trotz Verlustes der Sachlegitimation als Folge der Veräußerung dieser den Prozess in gesetzlicher Prozessstandschaft zu Ende führen kann und daher ein Sachurteil nach § 325 ZPO auch gegen den Rechtsnachfolger wirkt. Damit werden unnötige Doppelprozesse vermieden (s. Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., Rdnr. 1 § 265; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl., Rdnrn. 1, 2 zu § 265).
Die Interessenlage im Widerspruchsverfahren ist dagegen eine andere. Der Widerspruchsgegner, nämlich die Behörde, die den mit dem Widerspruch angefochtenen belastenden Verwaltungsakt erlassen oder die Erteilung eines den Widerspruchsführer begünstigenden Verwaltungsaktes versagt hat, bedarf keines besonderen Schutzes. Hält der Widerspruchsführer nach Veräußerung der Sache seinen Widerspruch nicht mehr aufrecht, so entfällt damit dessen aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO. Der ursprüngliche Verwaltungsakt ist damit in jeder Beziehung wirksam. Eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde über den Widerspruch würde die Rechtstellung des Widerspruchsgegners (Behörde) nicht verbessern. Denn auch der Widerspruchsbescheid ist lediglich ein Verwaltungsakt und entfaltet nur dessen Wirkungen, die nicht mit der Rechtskraft eines Urteils zu vergleichen sind. Die Rechtstellung der Behörde, die den mit dem Widerspruch angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat, wird daher auch durch ein "Obsiegen" im Widerspruchsverfahren, nämlich durch eine Zurückweisung des Widerspruchs, nicht verbessert. Auch die Interessen des Veräußerers gebieten keine entsprechende Anwendung der §§ 265, 266 ZPO, da das Verwaltungsverfahrensrecht für diesen Fall eine angemessene Lösung bietet. Soweit ein Verwaltungsakt nach materiellem Verwaltungsrecht "dingliche" Wirkung hat, d.h. auf den Rechtsnachfolger übergeht, was insbesondere bei auf einem Grundstück lastenden behördlichen Anordnungen oder aus dem Grundeigentum fließenden Berechtigungen der Fall ist, folgt der materiell rechtlichen Rechtsnachfolge kraft allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht auch eine verfahrensrechtliche Rechtsnachfolge. Damit tritt ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel im Verwaltungsverfahren ein (s. Weides a.a.O., S. 273; Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 10. Aufl., S. 335; [Kopp, VwVfG, 7. Aufl., Rdnr. 48 zu § 13; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 12. November 1992, NVwZ 1993, 266 - 267 -). Der Rechtsnachfolger übernimmt das Verfahren in dem Stadium, in dem es sich befindet. Rechtshandlungen seines Rechtsvorgängers, wie beispielsweise die Einlegung des Widerspruchs, kommen ihm zugute, dementsprechend hat er umgekehrt die Folgen von Versäumnissen seines Rechtsnachfolgers zu tragen. Ist somit der neue Eigentümer eines durch einen Verwaltungsakt belasteten Grundstücks dadurch ausreichend geschützt, dass er anstelle des früheren Eigentümers in das von diesem angestrengten Widerspruchsverfahren eintreten kann, so ist eine "Prozessstandschaft" des bisherigen Widerspruchsführers trotz Verlustes der Widerspruchsbefugnis nicht erforderlich.
Da der bisherige Grundeigentümer mangels fortdauernder Beschwer nicht mehr befugt ist, eine zu Gunsten des Nachbarn erteilte Baugenehmigung mit dem Widerspruch anzufechten, und fehlt ihm eine nach § 265 ZPO unabhängig vom materiellen Recht begründete verfahrensrechtliche Berechtigung dazu, so ist sein Widerspruch unzulässig geworden. Damit hat sich sein Widerspruch erledigt, da er den mit dem Rechtsbehelf erstrebten Erfolg nicht mehr erreichen kann (s. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1970, NJW 1971, 479). Die Erledigung eines Rechtsmittels- oder Rechtsbehelfsverfahrens tritt nämlich immer dann ein, wenn wegen Änderung der Sach- oder Rechtslage ein ursprünglich zulässiger und begründeter Rechtsbehelf unzulässig oder unbegründet wird. Dagegen kommt es nicht darauf an, dass sich der Verwaltungsakt, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist, gemäß § 43 VwVfG erledigt hat. So ist es zum Beispiel unbestritten, dass sich der Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid der mit dem Fehlen einer wirksamen Satzung begründet wird, dann erledigen kann, wenn im Verlauf des Widerspruchsverfahrens eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid in Kraft tritt, ohne dass der Bescheid aufgehoben werden muss. Die Erledigung bezieht sich jeweils auf das Rechtsschutzbegehren, nicht auf den umstrittenen Verwaltungsakt. Die Erledigungserklärung ist die verfahrensrechtliche Möglichkeit, auf eine den Streitgegenstand betreffende Änderung der tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse zu reagieren, auch ohne dass der Streitgegenstand (hier Verwaltungsakt) geändert wird.
Demnach haben die Kläger zu Recht ihre Widersprüche für erledigt erklärt. Der Kreisrechtsausschuss hätte sie somit nicht zurückweisen dürfen. Vielmehr ist es geboten, die Erwerber des Grundstückes als - auch verfahrensrechtliche - Rechtsnachfolger zu beteiligen und bei ihnen anzufragen, ob die das Widerspruchsverfahren fortsetzen. Ist dies nicht der Fall, so hat sich das Widerspruchsverfahren entsprechend der Erklärung der Kläger erledigt und der Kreisrechtsausschuss hat gemäß § 19 Abs. 1 Satz 5 AGVwGO über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu entscheiden. Dabei sind in diese Ermessensentscheidung alle erheblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, zu denen neben den ursprünglichen Erfolgsaussichten und der Frage, wer das erledigende Ereignis herbeigeführt hat, auch der Umstand gehört, dass jedenfalls die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Widersprüche der Kläger nach deren Erledigungserklärung nicht mehr erforderlich war.
Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Beschluss
Gründe:
Das gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Interesse der Kläger besteht darin, von den Kosten des Widerspruchsverfahrens befreit zu werden und die Kosten ihres Rechtsanwalts gemäß § 19 Abs. 2 AGVwGO erstattet zu erhalten. Demnach sind außer dem mit dem Gebühren- und Auslagenbescheid vom 17. Januar 2001 angeforderten Betrag von 373,80 DM (= 191,00 ?) auch die Anwaltsgebühren zu berücksichtigen. Dabei geht der Senat unter Berücksichtigung des Gebührenrahmens in § 118 BRAGO von zwei 7,5/10 Gebühren bei einem üblichen Streitwert in Nachbarrechtstreitigkeiten von 5.000,00 ? aus.
Ende der Entscheidung
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