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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 26.09.2006
Aktenzeichen: 8 A 11031/06.OVG
Rechtsgebiete: LBauO
Vorschriften:
LBauO § 81 | |
LBauO § 81 S. 1 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS
8 A 11031/06.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Beseitigungsanordnung und Zwangsmittelandrohung
hier: Zulassung der Berufung
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 26. September 2006, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. Juni 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 1.500 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Kläger ist Eigentümer mehrerer Außenbereichsgrundstücke, die ohne nachweisbare Genehmigung seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit einem ehemaligen Jagdhaus sowie weiteren baulichen Anlagen bebaut sind. Die ebenfalls aus dieser Zeit stammende, ursprünglich aus Maschendraht mit Holzpfosten bestehende Einfriedung der Grundstücke hat der Kläger in den letzten Jahren auf weiten Strecken unter Beibehaltung von Verlauf und Höhe in kunststoffummantelten Maschendrahtzaun unter teilweisem Einsatz kunststoffummantelter Stahlpfosten ausgeführt. Das Verwaltungsgericht hat eine diesbezügliche Beseitigungsverfügung des Beklagten mit der Begründung bestätigt, die Erneuerung wesentlicher Teile der Einfriedung unter Verwendung verrottungsbeständigen Materials stelle eine Substanzverbesserung dar, die den aus der so genannten Pirmasenser Amnestie folgenden Vertrauensschutz des Klägers auf den Bestand dieser Einfriedungsteile entfallen lasse. Hiergegen ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nichts zu erinnern.
1. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Der Kläger behauptet insoweit lediglich, die Vorinstanz habe den Ersatz der Einfriedungsteile zu Unrecht als substanzverbessernd und nicht lediglich als substanzerhaltend angesehen. Der Vorwurf eines bloßen Subsumtionsfehlers erfüllt hingegen nicht die Anforderungen an die Darlegung der Divergenz. Denn damit wird kein Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung herausgearbeitet und einem widersprechenden Rechtssatz aus der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts gegenübergestellt.
2. Der Senat teilt auch nicht die vom Kläger geäußerten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Der Ersatz erheblicher Teile (nach Feststellungen des Beklagten ca. 235 m; s. Bl. 312 der Verwaltungsakte) eines amnestierten, an Holzpfählen befestigten, ungeschützten Maschendrahtzaunes aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts durch einen kunststoffummantelten Zaun unter teilweisem Einsatz kunststoffummantelter Stahlpfosten überschreitet nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz die Grenze amnestieunschädlicher Substanzerhaltungsmaßnahmen im Sinne des Senatsurteils vom 08. September 1989 (- 8 A 93/88 -). Nach dieser Entscheidung bleibt der auf die Duldung des "Bestandes in seinem derzeitigen Zustand" beschränkte Vertrauensschutz der Pirmasenser Amnestie hinter dem durch eine Baugenehmigung vermittelten Bestandsschutz zurück. Daraus folgt zugleich, dass Maßnahmen, die den Bestandsschutz einer Baugenehmigung entfallen lassen würden, keinesfalls durch die Pirmasenser Amnestie gedeckt sein können. Solche Maßnahmen hat der Kläger aber vorliegend durchgeführt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Erneuerung wesentlicher Teile des Drahtgeflechts einer Einfriedung (anders als das bloße Flicken schadhafter Stellen) wegen der damit einhergehenden Beseitigung bestandsgeschützter Bausubstanz nicht mehr durch eine bestehende Baugenehmigung gedeckt ist (s. VGH BW, BRS 60 Nr. 139, Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 1996 - 1 L 3849/93 -, juris; VGH BW, NuR 1992, 329). Führt daher die Erhaltungsmaßnahme an einer Einfriedung dazu, dass für wesentliche Teile derselben die Identität zwischen amnestierter und erneuerter Bausubstanz verloren geht und gleichsam ein "Ersatzbau" errichtet wird, so erweist sie sich ohne weiteres auch als amnestieschädlich (s. Senatsbeschluss vom 04. Februar 2003 - 8 A 11981/02 -, S. 5 BA für einen dem vorliegenden vergleichbaren Fall). Dies gilt um so mehr, wenn der "Ersatzbau" aus Materialien ausgeführt wird, die im Verhältnis zur amnestierten Bausubstanz eine Substanzverbesserung bewirken, wie dies beim Einsatz kunststoffummantelter Zäune und Zaunpfähle aus kunststoffummanteltem Stahl im Vergleich zu einem an Holzpfählen befestigten ungeschützten Maschendrahtzaun der Fall ist. Der Einwand des Klägers, ungeschützte Drahtgeflechte seien auf dem deutschen Markt nicht mehr erhältlich, rechtfertigt keine andere Bewertung. Die Pirmasenser Amnestie begründet für Schwarzbauten keine "ewige" Bestandsgarantie, sondern schützt sie nur soweit und solange, wie ihre Substanz im amnestierten Bestand erhalten werden kann. Ist dies wegen fortgeschrittenen Verfalls und fehlender Verfügbarkeit zur bloßen Ausbesserung erforderlicher Materialien nicht mehr möglich, verliert der Vertrauensschutz seinen Gegenstand.
Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch die langjährige bloße Kenntnis des Beklagten von der Existenz der illegalen baulichen Anlage nicht zur Verwirkung der Einschreitensbefugnis (s. schon OVG RP, AS 15, 324, 326). Die von ihm zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 05. August 1991, Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 35) enthält keine gegenteilige Aussage. Nach dem Hinweis, dass die Verwirkung bauaufsichtlicher Einschreitensbefugnisse sich nach nicht revisiblem Landesrecht richtet, führt das Gericht vielmehr wie folgt aus:
"Ohnedies genügt für die Annahme der Verwirkung in aller Regel nicht nur die Kenntnis von einem rechtswidrigen Zustand, sondern es muss ein Verhalten der Behörde hinzutreten, das bei dem Verpflichteten das berechtigte Vertrauen entstehen lässt, die Behörde werde aus überlegten Gründen von ihren Befugnissen keinen Gebrauch machen."
Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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