Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 07.03.2005
Aktenzeichen: 8 A 12244/04.OVG
Rechtsgebiete: LuftVG, ROG


Vorschriften:

LuftVG § 14
LuftVG § 14 Abs. 1
LuftVG § 12
LuftVG § 12 Abs. 2
LuftVG § 12 Abs. 2 Satz 2
LuftVG § 31
LuftVG § 31 Abs. 2
LuftVG § 31 Abs. 2 Nr. 9
LuftVG § 30
LuftVG § 30 Abs. 2
LuftVG § 30 Abs. 2 Satz 4
LuftVG § 30 Abs. 2 Satz 1
ROG § 4
ROG § 4 Abs. 4
ROG § 4 Abs. 4 Satz 1
Die Luftfahrtbehörde ist auch dann nicht gehindert, die Zustimmung zur Erteilung eines Bauvorbescheides für über 100 m hohe Windenergieanlagen bei Gefährdung des Luftverkehrs in der Kontrollzone eines Militärflughafens zu verweigern, wenn der Standort der geplanten Anlagen in einem Gebiet liegt, das der regionale Raumordnungsplan als Vorrangfläche für die Nutzung der Windenergie ausweist.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS

8 A 12244/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Bauvorbescheids

hier: Zulassung der Berufung

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 7. März 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. November 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 225.000 € festgesetzt.

Gründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist nicht ernstlich zweifelhaft (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Versagung eines positiven Bauvorbescheides für die Errichtung zweier Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 130 m schon deshalb für rechtens erachtet, weil der Beigeladene die Erteilung der gemäß § 14 LuftVG erforderlichen luftfahrtbehördlichen Zustimmung verweigert hat. Hiergegen ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nichts zu erinnern.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bindet die Ausweisung einer Vorrangfläche für Windenergie im regionalen Raumordnungsplan die Luftfahrtbehörde bei der Entscheidung über die Erteilung einer Zustimmung nach § 14 LuftVG nicht. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 ROG sind die Erfordernisse der Raumordnung (wozu gemäß § 3 Nr. 1 ROG auch Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG gehören) bei behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen von Personen des Privatrechts nur "nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen". § 14 LuftVG enthält indessen - anders als etwa § 30 Abs. 3 Satz 1 LuftVG - keine Regelung über die Berücksichtigung von Zielen der Raumordnung. Vielmehr dient die Vorschrift ausschließlich der Förderung des Luftverkehrs und seiner Sicherung vor baulichen Hindernissen außerhalb des Bauschutzbereichs.

Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung der luftfahrtbehördlichen Zustimmung zur Errichtung einer über 100 m hohen Windenergieanlage an einem bestimmten Standort im Bereich einer Vorrangfläche für Windenergie einem derartigen Ziel der Raumordnung zuwiderläuft. Die Ausweisung solcher Vorrangflächen in einem Raumordnungsplan beinhaltet nämlich keineswegs die raumordnungsrechtlich verbindliche Zielaussage, dass innerhalb der Vorrangfläche Windenergieanlagen an jedem Ort in beliebiger Höhe und unter jedem denkbaren rechtlichen Aspekt zulässig sein sollen.

Der Einwand der Klägerin, die Vorinstanz habe den Eintritt der Zustimmungsfiktion gemäß §§ 14 Abs. 1, 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verkannt, greift nicht durch. Der vom Beklagten unter dem 27. November 2002 beteiligte Beigeladene hat seine Zustimmung mit am 17. Januar 2003 eingegangenen Schreiben vom 15. Januar 2003 (s. Bl. 41 VA) versagt und damit die Zweimonatsfrist des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG gewahrt. Die Auffassung der Klägerin, das Schreiben habe mangels Zuständigkeit des Beigeladenen keine fristwahrende Wirkung gehabt, teilt der Senat nicht. Es kann offen bleiben, ob die Beteiligung einer unzuständigen Behörde überhaupt geeignet gewesen wäre, die Frist in Lauf zu setzen und zugunsten der Klägerin eine Zustimmungsfiktion herbeizuführen. Denn der Beigeladene war vorliegend für die Entscheidung über die nach § 14 LuftVG erforderliche luftfahrtbehördliche Zustimmung gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 9 LuftVG in Verbindung mit § 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten nach dem Luftverkehrsgesetz vom 20. März 1992 (GVBl. S. 82) in der Fassung des Art. 22 der Landesverordnung zur Anpassung der Zuständigkeiten an die Neuorganisation der Straßen- und Verkehrsverwaltung Rheinland-Pfalz vom 06. Mai 2002 (GVBl. S. 269) zuständig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird diese Zuständigkeit nicht durch diejenige von Dienststellen der Bundeswehr oder Behörden der Bundeswehrverwaltung gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG verdrängt. Die Zuständigkeitszuweisung an Behörden der Bundeswehrverwaltung gemäß § 30 Abs. 2 Satz 4 LuftVG greift nicht ein, da sie nur "an die Stelle der in §§ 12, 13 und 15 bis 19 genannten Luftfahrtbehörden" treten. Daraus folgt, dass die reguläre Behördenzuständigkeit im Rahmen des § 14 LuftVG von dieser Vorschrift unberührt bleibt. Auch § 30 Abs. 2 Satz 1 LuftVG begründet keine Verwaltungszuständigkeit von Dienststellen der Bundeswehr für die Erteilung der nach § 14 LuftVG erforderlichen Zustimmung. Hiernach werden die Verwaltungszuständigkeiten nach dem LuftVG "für den Dienstbereich der Bundeswehr ... und der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr wahrgenommen". Die gemäß § 14 LuftVG zu gewährleistende Sicherung des Streckenflugverkehrs (s. Hofmann/Grabherr: LuftVG, § 14 Rn 1) gehört nicht zum "Dienstbereich der Bundeswehr oder der stationierten Truppen". Dieser umfasst nur die Tätigkeiten, die zur Erlangung, Aufrechterhaltung und Verbesserung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte im Hinblick auf den durch Art. 87a GG erteilten Verteidigungsauftrag dienen, wie etwa den Betrieb von Militärflugplätzen einschließlich der örtlichen Flugsicherung oder die Luftaufsicht über Militärluftfahrzeuge auf solchen Flugplätzen oder im Luftraum (s. Hofmann/Grabherr, aaO., § 30 Rn 18 und 20). Hingegen obliegt die allgemeine Sicherung des Luftverkehrs vor baulichen Luftfahrthindernissen auch dann den Behörden der Länder, wenn aus besonderen Gründen des Einzelfalls von dem in Rede stehenden Luftfahrthindernis besondere Gefahren für den militärischen Luftverkehr ausgehen.

Die Versagung der luftfahrtbehördlichen Zustimmung erweist sich schließlich auch nicht wegen fehlender Abwägung zwischen den Belangen der Luftsicherheit einerseits und denen der bauplanungsrechtlich privilegierten Windenergieerzeugung andererseits als rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der Entscheidung über die Erteilung der luftfahrtbehördlichen Zustimmung weder um eine Planungs- noch um eine Ermessensentscheidung handelt. Räumt aber § 14 LuftVG weder ein Planungs- noch ein sonstiges Ermessen ein, so kann die luftfahrtbehördliche Entscheidung auch nicht an diesbezüglichen Fehlern leiden. Vielmehr ist die Zustimmungsversagung erst dann fehlerhaft und damit im Rahmen der Verpflichtungsklage auf baurechtliche Zulassung eines Vorhabens unbeachtlich, wenn sich im Rahmen der gerichtlichen Vollprüfung die mangelnde Notwendigkeit der Baubeschränkung für die Sicherung des Luftverkehrs herausstellt (s. dazu auch BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965, DÖV 1966, 130, 131 l.Sp.). Dass aber die geplanten Windenergieanlagen am konkreten Standort - entgegen der vom Beigeladenen gemäß § 31 Abs. 3 LuftVG eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen der DFS - für den Luftverkehr ungefährlich sind bzw. etwaige Gefahren durch mildere Mittel als die Versagung der Zustimmung abgewehrt werden könnten, hat die Klägerin nicht dargelegt.

Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das eine Zulassung rechtfertigende besondere Ausmaß der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist in der Regel (erst) dann erreicht, wenn wegen der Unübersichtlichkeit des Falles in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht im Zulassungsverfahren weder festgestellt werden kann, dass das Verwaltungsgericht zutreffend und vertretbar entschieden hat, noch sich umgekehrt Zweifel an der Richtigkeit aufdrängen (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04. September 2000 - 7 B 11524/00.OVG - ESOVGRP). Wie vorstehend erörtert lässt sich hier aber bereits im Zulassungsverfahren ohne weiteres erkennen, dass das angefochtene Urteil keiner Abänderung im Berufungsverfahren aus den von der Klägerin dargelegten Gründen bedürfte.

Dem Rechtstreit kommt auch nicht die ihm von der Klägerin beigelegte Grundsatzbedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zu. Dass die luftfahrtbehördliche Zustimmung zu zustimmungspflichtigen, bauplanungsrechtlich privilegierten Vorhaben außerhalb eines Bauschutzbereichs gemäß § 14 LuftVG versagt werden kann, ergibt sich ohne weiteres aus dem Text des Gesetzes und bedarf daher keiner berufungsgerichtlichen Klärung. Gleiches gilt - wie oben erörtert - für die Fragen nach der Zuständigkeit des Beigeladenen im Hinblick auf die Gefährdung des militärischen Luftverkehrs und die Bindungswirkung von Zielen der Raumordnung im Rahmen des § 14 LuftVG. Überdies wäre die letztgenannte Frage auch nicht entscheidungserheblich, da selbst bei Annahme einer Beachtenspflicht vorliegend kein Verstoß ersichtlich ist (s. oben). Dass die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung nach § 14 LuftVG keine Ermessensentscheidung ist, in die eine bauplanungsrechtliche Privilegierung des Bauvorhabens abwägend einzustellen wäre, ist - wie vorstehend erläutert - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, sodass auch insoweit weiterer Klärungsbedarf nicht besteht.

Die Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) in Gestalt der Aufklärungsrüge greift nicht durch. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag betreffend die Gefahreneinschätzung des Beigeladenen gestellt und diese auch nicht hinreichend substantiiert bestritten hat, brauchte sich der Vorinstanz die Notwendigkeit diesbezüglicher weiterer Ermittlungen nicht aufzudrängen (s. zu diesem Erfordernis z.B. BVerwG, Beschluss vom 08. März 1989 - 2 B 95.88 -, juris m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht vorliegend nicht der Billigkeit, die Klägerin auch mit außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu belasten, da dieser keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO auch nicht am Kostenrisiko des Rechtsmittels beteiligt hat.

Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück