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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 26.09.2003
Aktenzeichen: 8 B 11491/03.OVG
Rechtsgebiete: GemO
Vorschriften:
GemO § 22 Abs. 1 Nr. 1 F: 1994 | |
GemO § 22 Abs. 1 F: 1994 | |
GemO § 22 Abs. 2 F: 1994 | |
GemO § 22 F: 1994 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ BESCHLUSS
8 B 11491/03.OVG
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Normenkontrolle (Bebauungsplan)
hier: einstweilige Anordnung
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 26. September 2003, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richterin am Oberverwaltungsgericht Spelberg Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß
beschlossen:
Tenor:
Der Bebauungsplan "Schulweg" der Antragsgegnerin wird vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig und auch begründet.
Nach dieser Bestimmung kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Bei der im Rahmen dieses Verfahrens vorzunehmenden Interessenabwägung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Allerdings ist nach allgemeiner Ansicht der Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig dann dringend geboten, wenn der Antrag in der Hauptsache offensichtlich begründet ist und bis zur Entscheidung der Hauptsache die Schaffung vollendeter Tatsachen droht (s. Eyermann, Kommentar zur VwGO, 11. Aufl., Rn. 106 zu § 47 m.w.N.). So liegen die Dinge hier. Da die Antragsgegnerin - bis auf wenige kleinere Teilflächen - Eigentümerin der für die Straße benötigten Grundstücke ist, wäre mit dem unmittelbar bevorstehenden Ausbau der Straße der Bebauungsplan praktisch vollzogen.
Die offensichtliche Begründetheit des Normenkontrollantrages beruht auf dem Umstand, dass der Satzungsbeschluss des Ortsgemeinderates vom 19. Dezember 2001 unwirksam ist. Denn dieser Beschluss ist unter Mitwirkung von Gemeinderatsmitgliedern ergangen, die nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 GemO von der Mitwirkung ausgeschlossen waren. Nach dieser Bestimmung dürfen Gemeinderatsmitglieder nicht beratend und entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung ihnen selbst, ihren Ehegatten oder ihren Verwandten bis zum 3. Grade einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Diese Voraussetzungen treffen auf den Ortsbürgermeister, seine Ehefrau und seinen Sohn zu. Denn der aufgrund des Bebauungsplans geplante Ausbau des Schulwegs ist geeignet, dem Ortsbürgermeister als Eigentümer eines mit mehreren Wohnhäusern bebauten, an den K....weg angrenzenden Grundstücks einen unmittelbaren Vorteil in der Nutzung dieses Grundstücks zu bringen.
Zwar liegt dieser Grundbesitz außerhalb des Plangebietes und grenzt auch nicht unmittelbar an diesen an. Die geplante Straßenbaumaßnahme ist jedoch geeignet, die Nutzung dieses Grundstücks zu verbessern, da sie zu einer spürbaren Entlastung des daran vorbeiführenden K...weg führt. Bisher werden Schule, Berglandhalle und Feuerwehrhaus über den als Einbahnstraße geführten Schulweg angefahren, die Rückfahrt in die Ortslage von G. erfolgt über den K...weg. Der Ausbau des Schulweges dient dazu, Zu- und Abfahrtverkehr der Besucher des Schulkomplexes aufzunehmen. Damit entfällt eine wesentliche Verkehrsfunktion des K..weges., der künftig im Wesentlichen nur noch von Kraftfahrzeugen der Anlieger der drei bebauten sowie der übrigen land- oder forstwirtschaftlichen Anliegergrundstücke genutzt wird.
Dieser direkte Zusammenhang wird aus der Begründung des Bebauungsplans besonders deutlich, in der unter Punkt 8 "Auswirkung der Maßnahme" ausgeführt ist: "Durch die Fahrbahnverbreiterung wird die Verkehrssituation deutlich verbessert und insbesondere die Verkehrssicherheit für Fußgänger (Schulkinder) und Radfahrer erhöht. Die Anbindung an Schule, Mehrzweckhalle und Feuerwehr wird verbessert. Eine Entlastung des K....weges wird sich einstellen." Bei einer derartig engen und vom Willen des Ortsgemeinderates miterfassten Beziehung zwischen der geplanten Maßnahme und ihrer Auswirkung auf den Kastanienweg würde es dem Sinn des § 22 GemO widersprechen, lediglich von einem nur mittelbaren Vorteil für den Ortsbürgermeister und seine Familie als Anwohner des K....weges auszugehen. Denn § 22 Abs. 1 GemO soll gerade im Interesse der "Sauberkeit" der Gemeindeverwaltung und zur Gewährleistung des Vertrauens der Bürger in eine unvoreingenommene Entscheidungsfindung den "bösen Schein" verhindern.
Der Ortsbürgermeister und seine Familie sind von dem Satzungsbeschluss auch nicht als Angehörige eines Bevölkerungsteils, dessen gemeinsame Belange berührt werden, betroffen (§ 22 Abs. 2 GemO). Denn der K....weg, der bisher der Aufnahme des Verkehrs von dem Komplex Schule/Berglandhalle in die Ortslage von G. diente, ist keine durch ein Baugebiet führende oder mehrere Baugebiete verbindende Straße, so dass von einer Änderung der Verkehrsführung eine Vielzahl von Anliegern betroffen wäre (vgl. den vom OVG Münster mit Urteil vom 12. März 2003 - NVwZ-RR 2003, 667 - entschiedenen Fall). Er führt durch den landwirtschaftlich genutzten Außenbereich gemäß § 35 BauGB, außer der Schule und dreier vereinzelt gelegener Wohnhäuser grenzen keine Gebäude an. Von einer Bevölkerungsgruppe mit gemeinsamen Interesse kann daher nicht die Rede sein.
Der unter Mitwirkung des Ortsbürgermeisters, seiner Ehefrau und seines Sohnes gefasste Satzungsbeschluss ist daher gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1 GemO unwirksam. Der Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 GemO ist von den Antragstellern auch innerhalb der Frist des § 22 Abs. 5 Satz 5 i.V.m. § 24 Abs. 6 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 GemO gerügt worden und daher erheblich.
Ob dagegen die weiteren gegen den Bebauungsplan geltend gemachten Bedenken zu dessen Unwirksamkeit führen, kann im vorliegenden Eilverfahren nicht entschieden werden. Insoweit bedarf es weiterer Ermittlungen im Hauptsacheverfahren, die sich insbesondere auf die Festsetzungen des Bebauungsplans "Kronäcker", den rechtlichen Status (Widmung) und Ausbauzustand der bisherigen Erschließung sowie das den Baugenehmigungen für die Berglandhalle, die Grundschule und das Gebäude der Feuerwehr zugrunde liegende Erschließungskonzept beziehen werden.
Es liegen auch keine besonderen Gründe vor, die trotz offensichtlicher Nichtigkeit des Bebauungsplans für eine Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen. Die Zuwendungen des Landes für den Ausbau des Schulweges sind nicht gefährdet, denn die insoweit in dem Zuwendungsbescheid vom 17. März 2003 gesetzte Frist für die Ausnahme von Baumaßnahmen bis spätestens 31. März 2005 geht über den für die Entscheidung in der Hauptsache notwendigen Zeitraum bei weitem hinaus. Im Übrigen haben die Antragsteller auch wiederholt gegenüber der Antragsgegnerin zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der Planung nicht einverstanden sind und sich auch gegen deren Umsetzung wehren wollen; dieser Widerstand der Antragsteller war daher der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe bekannt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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