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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.11.2005
Aktenzeichen: 8 C 10728/05.OVG
Rechtsgebiete: AEG, GG, VwGO, BImSchG, BImSchV (16), VwVfG


Vorschriften:

AEG § 18
AEG § 18 Abs. 1
AEG § 18 Abs. 1 S. 2
AEG § 20
AEG § 20 Abs. 2
AEG § 20 Abs. 2 S. 1
GG Art. 28
GG Art. 28 Abs. 2
GG Art. 28 Abs. 2 S. 1
VwGO § 42
VwGO § 42 Abs. 2
BImSchG § 3
BImSchG § 3 Abs. 1
BImSchG § 41
BImSchG § 43
BImSchG § 43 Abs. 1
BImSchV (16) § 2
BImSchV (16) § 2 Abs. 1
VwVfG § 73
VwVfG § 73 Abs. 1
VwVfG § 73 Abs. 1 S. 2
VwVfG § 73 Abs. 3
VwVfG § 73 Abs. 3 S. 1
VwVfG § 73 Abs. 4
Eine Gemeinde kann sich gegenüber einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung grundsätzlich nicht auf Lärmschutzansprüche zu Gunsten der Nachbarschaft gemäß §§ 41ff. BImSchG i.V.m. den Vorschriften der 16. BImSchV berufen.

Zum Ausschluss erstmals im Klageverfahren erhobener eigentums- und planungsbezogener Einwendungen der Gemeinde sowie zu den Anforderungen an die Anstoßfunktion ausgelegter Planfeststellungsunterlagen im Hinblick auf mögliche Lärmbeeinträchtigungen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 C 10728/05.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Eisenbahnrechts

hier: Planfeststellung nach § 18 AEG

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss der Beklagten, mit dem der Beigeladenen die Ertüchtigung der über das Gebiet der Klägerin verlaufenden Bahnstrecke 3280 (Homburg-Ludwigshafen) auf eine Entwurfsgeschwindigkeit von 160 km/h bzw. 200 km/h sowie die Herstellung von zwei Güterzugüberholgleisen im Bahnhof Landau gestattet worden ist.

Unter dem 19. August 2003 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten, ein Planfeststellungsverfahren für die vorbezeichneten Maßnahmen als Bestandteil des Gesamtausbaus der Bahnstrecke Saarbrücken-Ludwigshafen einzuleiten. Ausweislich des Erläuterungsberichts erstreckt sich die planfestzustellende Maßnahme auf Bahn-km 25,160 bis 30,477. Auf den Strecken Bahn-km 25,160 bis 27,530 und 28,720 bis 30,477 soll eine Entwurfsgeschwindigkeit von 200 km/h sowie auf der Strecke Bahn-km 27,530 bis 28,720 eine solche von 160 km/h erreicht werden. Neben dem Ersatz der Gleise auf der vorhandenen Trasse sowie einer Erneuerung der streckenbegleitenden Technik sind hierzu Baumaßnahmen im Bereich des Bahnhofs Landstuhl vorgesehen: Der Hausbahnsteig soll nach Westen um 60 m verlängert und im Osten um 45 m zurückgebaut werden. Die Nebengleise 10, 23 und 24 sollen zurückgebaut und die Nebengleise 4 und 9 verlängert und an das Streckengleis angebunden werden, um als Güterzugüberholgleise dienen zu können.

Nach Auslegung des Planes in der Zeit vom 13. Oktober bis 12. November 2003 machte die Klägerin mit Schreiben vom 13. November 2003 geltend, die Veränderung der Nutzungsmöglichkeiten der Bahnstrecke stelle eine wesentliche Änderung des Verkehrsweges dar, die zu erhöhten Lärmpegeln in den Nachtstunden und somit zum Anspruch auf entsprechende Schallschutzmaßnahmen führe. Im Erörterungstermin am 05. Juli 2004 wiederholte und vertiefte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Landstuhl diese Bedenken. Der Lärm werde durch schnellere Geschwindigkeit und eine schnellere Zugfolge sowie zunehmenden Güterverkehr erhöht. Im Bereich des Bahnhofs seien die Brems- und Anfahrgeräusche durch Güterzüge auf den Überholgleisen zu berücksichtigen. Auch die Verlängerung eines Überholgleises stelle eine wesentliche Änderung des Verkehrsweges dar.

In ihren Stellungnahmen zu den Einwendungen der Klägerin vertrat die Beigeladene die Auffassung, ein Anspruch auf Schallschutz und damit die Notwendigkeit eines Schallschutzgutachtens bestehe für den Planfeststellungsabschnitt schon mangels eines erheblichen baulichen Eingriffs im Sinne der 16. BImSchV nicht. Zudem habe eine schalltechnische Abschätzung des Sachverständigenbüros hcon vom 17. März 2005 ergeben, dass im Bereich des Bahnhofs Landstuhl die vorgesehene Ausleitung des Güterverkehrs auf das Überholgleis 4 selbst bei worst case-Betrachtung zu einer Pegelminderung um 1 bis 2 dB/A führe.

Unter dem 29. April 2005 erließ die Beklagte den beantragten Planfeststellungsbeschluss. Die Einwendungen der Klägerin wies sie dabei aus den von der Beigeladenen im Verfahren aufgezeigten Gründen zurück (s. Ziff. C.2.3.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses).

Nach der am 12. Mai 2005 erfolgten Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses hat die Klägerin am 27. Mai 2005 Klage erhoben. Sie meint, ihr stehe im Blick auf die von dem planfestgestellten Vorhaben zu erwartenden Lärmauswirkungen ein eigenes Klagerecht zu. Denn diese Auswirkungen auf den bahnbegleitenden Bereich behinderten die von ihr geplante Umwidmung der Bahnstraße in eine Landesstraße im Gegenzug zur Abstufung der Kaiserstraße in eine Gemeindestraße. Zudem sei sie Eigentümerin von an der Bahntrasse gelegenen Grundstücken. Auch könne sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lärmbedingte Einwirkungen auf eine bestehende, plangemäße Nutzung abwehren. Überdies sei ihr Selbstverwaltungsrecht auch dadurch verletzt, dass sie es mangels vorliegender Daten zur Lärmbelastung nicht ausüben könne. Die Abwägung der Lärmimmissionen sei fehlerhaft, weil sie nicht untersucht worden seien, obwohl ausweislich der Umweltverträglichkeitsstudie die im Flächennutzungsplan ausgewiesene Ergänzung bestehender Wohngebiete im östlichen Ortsteil südlich der Bahntrasse sowie die Erweiterung von gewerblichen Bauflächen am westlichen und östlichen Ortsrand beidseits der Bahntrasse ebenso wie die hohe Vorbelastung durch Flug- und Verkehrslärm bekannt gewesen sei. Die wesentliche Erhöhung der Entwurfsgeschwindigkeit auf der Strecke im Zusammenhang mit den umfangreichen Gleisbauarbeiten im Bahnhofsbereich stellten einen erheblichen baulichen Eingriff dar, der nach der 16. BImSchV zu Schutzansprüchen führen könne. Es spreche vieles dafür, dass bei der insoweit gebotenen Summenpegelbetrachtung die Werte für eine Gesundheitsgefährdung angesichts der erheblichen Vorbelastung durch Straßen- und Fluglärm überschritten würden. Dies gelte nicht zuletzt im Hinblick auf den Güterzugverkehr auf den neuen Überholgleisen. Ferner sei nicht berücksichtigt worden, dass die Baumaßnahmen zur Beseitigung von Vegetation mit natürlichen Lärmschutzeigenschaften führe. Auch werde im Erläuterungsbericht darauf hingewiesen, dass Funktionsbeeinträchtigungen extrem empfindlicher elektronischer Geräte in unmittelbarer Nähe der Oberleitungstrasse nicht ausgeschlossen werden könnten. Ob hierunter auch Verkehrssteuerungsanlagen zu verstehen seien, werde nicht erwähnt. Selbst wenn es sich nicht um eine wesentliche Änderung des Schienenweges handeln sollte, sei zumindest der Anwendungsbereich des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eröffnet, wonach unzumutbare Nachteile ebenfalls nicht zu dulden seien.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Planfeststellungsbeschlusses der Beklagten vom 29. April 2005 für die Linienverbesserung der Ausbaustrecke (ABS 23) Saarbrücken-Ludwigshafen (Rhein), 2. Baustufe Kirkel-Kaiserslautern, Planungsabschnitt 4, Planfeststellungsabschnitt 4.3 Landstuhl von Bau-km 25,160 bis Bau-km 30,477 der Strecke 3280 Homburg (Saar-Ludwigshafen/Rhein) zu verpflichten, über ihren Anspruch auf Schutz vor unzumutbaren Lärm- und Erschütterungsimmissionen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Zulässigkeit der Klage. Die Klägerin habe sich im Planfeststellungsverfahren weder auf eigene, durch die Planfeststellung beeinträchtigte Planungen noch auf eine mögliche Überschreitung gesundheitsgefährdender Lärmpegel berufen, sodass sie mit diesen Einwendungen präkludiert sei. Der Anwendungsbereich der 16. BImSchV sei nicht eröffnet, da es an einem erheblichen baulichen Eingriff fehle. Eine Überschreitung gesundheitsgefährdender Schallpegel sei ausgeschlossen. Dies ergebe sich auch aus der von der Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Büros hcon, wonach sich die Lärmbelastung im Bahnhofsbereich infolge der planfestgestellten Maßnahmen um 1 bis 2 dB(A) vermindere.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig. Im Verfahren seien weder die mögliche Überschreitung gesundheitsgefährdender Lärmpegel noch die Beeinträchtigung konkreter Planungen der Klägerin oder verminderter Lärmschutz durch Beseitigung von Vegetation gerügt worden, sodass die Klägerin mit diesen Einwendungen präkludiert sei. Überdies sei der trassennahe Bereich im Planfeststellungsabschnitt weitgehend bebaut, sodass die Planungshoheit bereits ausgeübt sei und nicht mehr beeinträchtigt werden könne. Sei die Klägerin aber nicht möglicherweise in ihrer Planungshoheit verletzt, so könne sie auch nicht stellvertretend Lärmschutzbelange ihrer Bürger geltend machen. In der Sache seien die Lärmimmissionen zutreffend abgewogen worden. Ein Anspruch auf Lärmschutz nach der 16. BImSchV sei ausgeschlossen, weil keine wesentliche Änderung des Verkehrsweges vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Senat hegt bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Insbesondere erscheint fraglich, ob es der Klägerin im Klageverfahren gelungen ist, eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten (s. § 42 Abs. 2 VwGO) darzulegen. Als Recht, das einer Gemeinde im Rahmen einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung zustehen kann, kommt vor allem der Anspruch auf abwägungsfehlerfreie Berücksichtigung schutzwürdiger kommunaler Belange (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG) in Betracht. Zu diesen Belangen zählt neben dem kommunalen Eigentum und kommunalen Einrichtungen die gemeindliche Planungshoheit. Diese ist - abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall einer Beeinträchtigung des kommunalen Selbstgestaltungsrechts - abwägungserheblich, wenn die Fachplanung großflächige Auswirkungen auf das Gemeindegebiet hat, die wesentliche Teile desselben einer durchsetzbaren kommunalen Planung entziehen, wenn sie konkrete Planungsabsichten der Gemeinde zu vereiteln droht oder eine hinreichend konkrete und verfestigte Planung der Gemeinde bzw. eine bereits durch verbindliche Bauleitpläne geschaffene städtebauliche Ordnung nachhaltig stört (s. zu alledem BVerwG, Urteil vom 09. Februar 2005, NVwZ 2005, 813). Umstände, die zu einer abwägungserheblichen Beeinträchtigung der kommunalen Planungshoheit führen könnten, hat die Klägerin nicht dargelegt. Insbesondere hat sie keine einzige konkret beabsichtigte, bereits ins Werk gesetzte oder verwirklichte Planung benannt, die durch das planfestgestellte Vorhaben vereitelt oder nachhaltig gestört werden könnte. Dem Hinweis auf die angebliche Verhinderung einer Auf- bzw. Abstufung von Straßen fehlt jeglicher Bezug zur Planungshoheit. Allenfalls das erstmals im Klageverfahren erwähnte Eigentum der Klägerin an trassennah gelegenen Grundstücken könnte in Verbindung mit einem Lärmschutzanspruch aus §§ 41ff. BImSchG einen Abwägungsfehler zu Lasten der Klägerin als möglich erscheinen lassen.

Die Frage nach der Zulässigkeit der Klage kann indessen offen bleiben. Denn diese ist jedenfalls unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf erneute Entscheidung über die von der Beigeladenen begehrte Planfeststellung unter Anordnung ergänzender Maßnahmen zum Lärm- und Erschütterungsschutz nicht zu. Das Unterbleiben derartiger Anordnungen kann vorliegend nicht als abwägungsfehlerhaft zu Lasten der Klägerin beanstandet werden.

Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Abwägung dürfen im Hinblick auf die materielle Präklusionsregelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG nur solche Belange berücksichtigt werden, die innerhalb der Einwendungsfrist gemäß §§ 20 Abs. 1 AEG, 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG geltend gemacht worden sind. Innerhalb dieser Frist hat sich die Klägerin aber in Form ihres Schreibens vom 13. November 2003 (Bl. 583 der Verfahrensakten) nur auf wesentliche Veränderungen durch die geänderte Nutzungsmöglichkeit der Bahnstrecke und damit einhergehender erhöhter Lärmpegel zur Nachtzeit berufen sowie "entsprechende" Schallschutzmaßnahmen gefordert. Diese Einwendung zielt indessen nicht auf die Beeinträchtigung spezifisch kommunaler Belange, sondern auf die Geltendmachung von Lärmschutzansprüchen nach §§ 41ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV. Derartige (auch) dem Schutz der "Nachbarschaft" (s. §§ 43 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG, 2 Abs. 1 16. BImSchV) dienende Ansprüche stehen indessen Gemeinden grundsätzlich ebenso wenig zu wie grundrechtliche Abwehransprüche gegen eine gesundheitsgefährdende Lärmgesamtbelastung (s. dazu BVerwG, Urteil vom 02. April 2000, - 11 A 23.98 -, juris). Gemeinden gehören allenfalls dann zum Kreis der Nachbarschaft im immissionsschutzrechtlichen Sinne (s. zum Begriff Jarass: BImSchG, 6. Aufl. 2005, § 3 Rn 33ff.), wenn kommunales Eigentum oder kommunale Einrichtungen betroffen sind. Dies hat die Klägerin indessen nicht innerhalb der Einwendungsfrist, sondern erstmals im Klageverfahren (s. Bl. 70ff. GA) geltend gemacht. Demnach ist der Senat an der Prüfung gehindert, ob das planfestgestellte Vorhaben zu unzumutbaren Lärmauswirkungen auf trassennahe, gemeindeeigene Grundstücke führt (s. auch BVerwG, Beschluss vom 05. Dezember 1996, NVwZ-RR 1997, 339). Von dem Ausschluss wären auch Schutzansprüche nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfasst, wenn diese Vorschrift nicht ohnehin hinter das Lärmschutzsystem in §§ 41 ff. BImSchG zurückträte (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005, NuR 2005, 652, 653).

Ob die übrigen, erstmals im Klageverfahren erhobenen Einwendungen (Verhinderung straßenrechtlicher Auf- und Abstufung bestimmter Straßen, Lärmeinwirkungen auf bestehende, plangemäße Nutzungen, Auswirkungen des Lärms auf im Flächennutzungsplan vorgesehene Baugebietserweiterungen, Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsgefahr bei Berücksichtigung der allgemeinen Lärmvorbelastung, Beseitigung lärmschützend wirkender Vegetaion, Beeinträchtigung von Verkehrssteuerungsanlagen durch die Oberleitung der Bahntrasse) überhaupt die eingangs erörterten abwägungserheblichen Belange der Klägerin betreffen, kann dahinstehen. Denn die Klägerin ist mit diesen Einwendungen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG vollumfänglich ausgeschlossen.

Der Senat ist entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend nicht deshalb an der Anwendung dieser Vorschrift gehindert, weil den Planfeststellungsunterlagen für den strittigen Planfeststellungsabschnitt kein abschnittsbezogenes Lärmgutachten beigefügt war und die Planauslegung daher nicht die erforderliche Anstoßfunktion erfüllen konnte. Auszulegen ist nach §§ 20 Abs. 1 AEG, 73 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 VwVfG der Plan, bestehend aus Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Der Planbetroffene soll mit der Auslegung in die Lage versetzt werden, die eigene Betroffenheit zu erkennen und zu prüfen, ob er zur Wahrung seiner Interessen Einwendungen erheben will. Dagegen brauchen nicht schon alle Unterlagen ausgelegt zu werden, die möglicherweise erforderlich sind, um die Rechtmäßigkeit der Planung umfassend beurteilen zu können (BVerwG, Urteil vom 10. November 2004, NVwZ 2005, 591). Diesen Anforderungen genügte die Planauslegung im vorliegenden Fall. Denn sie umfasste trotz Fehlens eines abschnittbezogenen Lärmgutachtens durchaus Unterlagen, aus denen die Klägerin Rückschlüsse auf die Einschätzung der Beigeladenen zur Lärmproblematik ziehen konnte. So war in Band 2 Ordnungsnr. 9.1 der Planfeststellungsunterlagen ein Lärmschutzgutachten geheftet, das zwar konkrete Berechnungen nur für die Planfeststellungsabschnitte enthielt, in denen nach Auffassung der Beigeladenen ein erheblicher baulicher Eingriff in den Verkehrsweg vorgenommen wurde. Gleichwohl waren die dort errechneten Werte geeignet, der Klägerin eine Vorstellung über die ungefähre Größenordnung der von der Streckenertüchtigung ausgehenden Pegelerhöhungen zu geben. Zum anderen enthielt auch die Umweltverträglichkeitsstudie (Band 3 Ordnungsnr. 14.1, S. 126 der Planfeststellungsunterlagen) die Aussage, dass sich aus der Streckenertüchtigung nur geringe Erhöhungen des Schallpegels ergäben, die unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle lägen. Dies genügte, um der Klägerin die Erhebung hinreichend substantiierter eigentums- und planungsbezogener Einwendungen zu ermöglichen. Der Substantiierungspflicht ist schon dann genügt, wenn aus den Einwendungen hervorgeht, ob die Gemeinde sich durch das Vorhaben in ihrem (zivilrechtlichen) Eigentum oder/und in ihrer - räumlich und gegenständlich zu bezeichnenden - bereits hinreichend konkretisierten kommunalen Planungshoheit und/oder ihrem Selbstgestaltungsrecht, etwa mit Blick auf das Ortsbild oder einen besonderen Charakter des Ortes, beeinträchtigt sieht (s. Bonk/Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs: VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 73 Rn 64). Der genaue Umfang der Beeinträchtigung und seine abschließende rechtliche Bewertung ist hingegen nicht notwendiger Inhalt einer Betroffeneneinwendung. Vorliegend wäre es der Klägerin demnach ohne weiteres möglich gewesen, innerhalb der Einwendungsfrist trassennahe Planungen bzw. gemeindeeigene Grundstücke konkret zu benennen und entweder deren Beeinträchtigung im Falle einer auch nur geringfügigen Pegelerhöhung zu behaupten oder aber die in den Planfeststellungsunterlagen angenommene Geringfügigkeit der Pegelerhöhungen zu bestreiten.

Soweit der Klageantrag auch auf eine Planergänzung durch Anordnungen zum Erschütterungsschutz gerichtet ist, ist die Beeinträchtigung kommunaler Belange durch Erschütterungen weder im Planfeststellungsverfahren noch im Klageverfahren dargelegt worden, sodass die Klage auch insoweit abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Klägerin auch mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten, da sich diese durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Prozesses beteiligt und zudem obsiegt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 60.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 19.3, 2.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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