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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.06.2009
Aktenzeichen: 8 C 11307/08.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO
Vorschriften:
BauGB § 1 | |
BauGB § 1 Abs. 3 | |
BauGB § 1 Abs. 7 | |
BauGB § 2 | |
BauGB § 2 Abs. 3 | |
BauGB § 9 | |
BauGB § 9 Abs. 8 | |
BauGB § 13 | |
BauGB § 13 Abs. 1 | |
BauGB § 13 Abs. 2 | |
BauGB § 13 Abs. 2 Satz 1 | |
BauGB § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 | |
BauGB § 214 | |
BauGB § 214 Abs. 1 | |
BauGB § 214 Abs. 1 Satz 1 | |
BauGB § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 | |
BauGB § 215 | |
BauGB § 215 Abs. 1 | |
BauGB § 215 Abs. 1 Satz 1 | |
BauGB § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
BauNVO § 23 | |
BauNVO § 23 Abs. 5 | |
BauNVO § 23 Abs. 5 Satz 1 |
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
8 C 11307/08.OVG
In dem Normenkontrollverfahren
wegen Bebauungsplan (Normenkontrolle)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2009, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß Richter am Oberverwaltungsgericht Müller-Rentschler
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Satzung der Antragsgegnerin vom 18. November 2008 zur zweiten Änderung des Bebauungsplans "Ziegelacker" wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Antragsteller, Eigentümer des Flurstücks Nr. ..., wenden sich gegen die Satzung zur 2. Änderung des Bebauungsplans "Ziegelacker" der Antragsgegnerin.
Die ursprüngliche Fassung des ein allgemeines Wohngebiet und ein Mischgebiet festsetzenden Bebauungsplans vom 9. Juli 1996 enthielt unter der Textfestsetzung I.5 "Flächen für Garagen, Stellplätze und Nebenanlagen" folgende Regelung:
"Nebenanlagen dürfen nach § 23 Abs. 5 BauNVO nur auf den überbaubaren Flächen und auf Flächen für Stellplätze oder Garagen errichtet werden."
Die in der Planurkunde ausgewiesenen Baufenster lassen eine Bautiefe zwischen 14 m und 16 m zu. Nachdem die Bauaufsichtsbehörde festgestellt hatte, dass im Plangebiet Nebenanlagen auch auf den nicht überbaubaren Flächen errichtet worden waren, traten einige der betroffenen Hauseigentümer an die Antragsgegnerin mit der Bitte heran, den Bebauungsplan entsprechend zu ändern. Am 8. April 2008 fasste der Rat der Antragsgegnerin den Beschluss zur Aufstellung einer entsprechenden Änderungssatzung. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass nach heutiger Verfahrensweise Nebenanlagen grundsätzlich auch auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen zugelassen würden.
Aufgrund öffentlicher Bekanntmachung vom 3. Juli 2008 erhielt die betroffene Öffentlichkeit Gelegenheit zur Einsichtnahme in den Entwurf der Änderungssatzung in der Zeit vom 11. Juli bis 11. August 2008, verbunden mit der Möglichkeit der Stellungnahme. In dieser Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass zukünftig auch die Errichtung von Nebenanlagen wie Gerätehäusern, Kleintierställen usw. auf den nicht überbaubaren Flächen möglich sein solle. Mit derselben Bekanntmachung erhielten auch die betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme.
Von dieser Möglichkeit machten lediglich die Antragsteller mit ihrem Schreiben vom 8. August 2008 Gebrauch. Dabei rügten sie die Durchführung des vereinfachten Verfahrens, vor allem aber die fehlende Erforderlichkeit der Planung und die Verletzung des Abwägungsgebots. Die Heilung von bauaufsichtsbehördlichen Vollzugsdefiziten sei kein hinreichender Rechtfertigungsgrund für die Planung. Abwägungsfehlerhaft sei die Planung, weil der Rat der Antragsgegnerin sich die Bandbreite der in Betracht kommenden Nebenanlagen nicht ausreichend für Augen geführt habe. Außerdem sei ihr Schutzanspruch auf Wahrung des status quo unberücksichtigt geblieben. Sie hätten das Grundstück gerade im Vertrauen auf den Bestand der alten Regelung erworben. Bei dieser Regelung handele es sich um eine nachbarschützende Festsetzung. Das Freihalten der nicht überbaubaren Grundstücksfläche sei zwecks Erhaltung des Landschaftsbildes sowie aus siedlungsökologischen Gründen, insbesondere der Erhaltung des Kleinklimas sinnvoll und geboten. Die nachteiligen Folgen der beabsichtigten Änderungssatzung würden offensichtlich, wenn man sich das Vorhaben auf dem Nachbargrundstück ihres Anwesens vor Augen führe. Dort solle im Anschluss an die südöstliche Grenze ihres Grundstücks ein Gartenhaus errichtet werden, das wegen der Hängigkeit des Geländes nach Norden hin ca. 3 m oberhalb ihres an ihrem Haus gelegenen Freisitzes entstehen solle.
Der Rat der Antragsgegnerin wies diese Einwendungen in seiner Sitzung vom 18. November 2008 zurück: Die Verstöße gegen die ursprüngliche Festsetzung im Bebauungsplan seien lediglich Anlass für die Planänderung gewesen. Maßgeblicher Grund für die Änderung sei die Einsicht gewesen, dass nach heutigen Vorstellungen die Errichtung von Nebenanlagen auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen allgemein zulässig sei. Mit der ursprünglichen Regelung seien keine nachbarschützenden Interessen verfolgt worden. In der Sitzung vom 18. November 2008 wurde die geplante Änderung von Ziffer I.5 Textfestsetzung des Bebauungsplans mit folgendem Inhalt als Satzung beschlossen:
"Nebenanlagen dürfen nach § 23 Abs. 5 BauNVO auch auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden."
Mit ihrem Normenkontrollantrag halten die Antragsteller ihre bereits im Planaufstellungsverfahren geltend gemachten Einwendungen aufrecht. Ergänzend weisen sie darauf hin, dass die "gesiegelte Fassung" des Änderungsplans als Datum des Satzungsbeschlusses den 12. November 2008 nenne. Außerdem enthalte der Bebauungsplan keine Begründung. Die im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten städtebaulichen Gründe seien nirgendwo dokumentiert.
Die Antragsteller beantragen,
die Satzung zur 2. Änderung des Bebauungsplans "Ziegelacker" der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag abzulehnen.
Nach ihrer Auffassung ist die Planung im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich. Sie diene nicht ausschließlich der Legalisierung planwidrig errichteter baulicher Anlagen. Vielmehr habe der Stadtrat aus Anlass dieser Bauvorhaben das Ziel verfolgt, die bauplanerische Festsetzung für Nebenanlagen der normativen Regelung in § 23 Abs. 5 BauNVO anzupassen und damit eine Harmonisierung mit den anderen Bebauungsplänen im Stadtgebiet herbeizuführen. Die Gründe für die vormalige Beschränkung der Grundstücksnutzung seien nicht bekannt, inzwischen jedenfalls entfallen. Auch die Abwägung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Einwendungen der Antragsteller seien berücksichtigt worden. Sie hätten indes keinen Anspruch auf Erhaltung des status quo. Die Auswirkungen der geänderten Planung seien von geringem Gewicht. Die ursprüngliche Festsetzung sei nicht nachbarschützend. Im Einzelfall würden die Interessen der betroffenen Nachbarn im Rahmen der nach § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO gebotenen Ermessensentscheidung geschützt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Planaufstellungsunterlagen zum ursprünglichen Bebauungsplan und zu den beiden Änderungsplänen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Normenkotrolle ist begründet.
I.
Die angegriffene Satzung zur zweiten Änderung des Bebauungsplans "Ziegelacker" verstößt bereits in formell-rechtlicher Hinsicht in beachtlicher Weise gegen höherrangiges Recht, ohne dass dieser Fehler geheilt worden wäre.
1. Allerdings ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin für die beabsichtigte Änderung ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 BauGB durchgeführt hat. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, mit der Änderung des Bauleitplans würden Grundzüge der Planung berührt. Der Begründung des Ursprungsbebauungsplans aus dem Jahre 1996 lässt sich jedenfalls kein Hinweis entnehmen, dass die Beschränkung der Nebenanlagen auf die überbaubaren Grundstücksflächen ein Grundzug der Planung gewesen ist. Weil sich dahingehende Überlegungen auch dem Protokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeinderats nicht entnehmen lassen, ist es unerheblich, welche Vorstellungen die seinerzeit für die Antragsgegnerin tätigen Mitarbeiter des Planungsbüros mit dieser Festsetzung verfolgt haben.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es den verfahrensrechtlichen Anforderungen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BauGB genügt hat, den Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung lediglich durch die öffentliche Bekanntmachung über die Auslegung der Änderungsplanung vom 3. Juli 2008 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Allerdings spricht einiges dafür, dass mit der bloßen öffentlichen Benachrichtigung über die Auslegung keine hinreichende individuelle Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erfolgt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. November 1997, NVwZ 1998, 956 und Juris Rdnr. 27).
2. Der Plan zur 2. Änderung des Bebauungsplans "Ziegelacker" verstößt jedenfalls deshalb gegen formell-rechtliche Anforderungen zum Erlass von Bebauungsplänen, weil er entgegen § 9 Abs. 8 BauGB keine Begründung enthält.
Bei der Pflicht zur Beifügung einer Begründung handelt es sich um zwingendes Recht. Sie gilt für alle Bebauungspläne, auch für deren Änderungen und Ergänzungen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9 Rn. 286). Die Begründung soll die für die Planung (bzw. deren Änderung) tragenden Erwägungen darlegen, was für das Verständnis des Bebauungsplans wesentlich ist. Deshalb ist der Bebauungsplan auch immer mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Begründungspflicht gilt auch im vereinfachten Verfahren. Nach § 13 Abs. 3 BauGB sind die formellen Anforderungen an den Bebauungsplan lediglich hinsichtlich des Umweltberichts und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB reduziert.
Im Unterschied zur 1. Änderung des Bebauungsplans "Ziegelacker" aus dem Jahre 1997 ist der Satzung zur 2. Änderung des Bebauungsplans eine Begründung nicht beigefügt. Zwar verweist der Satzungstext in § 2 darauf, dass neben der Planurkunde in der Fassung vom Juni 1997 mit den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen auch "die Begründung" Bestandteil der Satzung ist. Damit kann jedoch nur die Begründung zum Ursprungsbebauungsplan gemeint sein, weil dem Satzungstext zur 2. Änderung im Übrigen lediglich die geänderte Textfestsetzung I.5 sowie ein Übersichtslageplan beigefügt sind.
Das Fehlen der Begründung zum Änderungsbebauungsplan ist nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HS 1 BauGB beachtlich. Unbeachtlich wäre danach lediglich die Unvollständigkeit der Begründung (HS 2), nicht aber das gänzliche Fehlen einer Begründung. Dieser Verfahrensfehler ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB durch Zeitablauf geheilt, weil die dort genannte Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist und der Fehler im Übrigen durch den der Antragsgegnerin zugestellten Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragsteller vom 27. Februar 2009 gerügt worden ist (vgl. zur ausreichenden Form dieser Rüge: Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 215 Rn. 33).
Soweit die Antragsteller im Übrigen die fehlerhafte Datumsangabe in der "gesiegelten Fassung" des Änderungsplans (12. November 2008) rügen, ist dies für die Gültigkeit des Bebauungsplans ohne Belang. Denn die geänderte Textfestsetzung I.5 ist lediglich Anlage der Satzung zur 2. Änderung des Bebauungsplans, in der das Datum über den Satzungsbeschluss zutreffend angegeben wird.
II.
Im Übrigen weist der Senat ergänzend darauf hin, dass der angegriffene Änderungsplan in der Sache selbst nach dem bisherigen Sach- und Streitstand der rechtlichen Überprüfung wohl standhalten dürfte.
1. Zunächst dürfte die angegriffene Änderung des Bebauungsplans mit dem Gebot des Planerfordernisses nach § 1 Abs. 3 BauGB vereinbar sein.
Danach ist die Gemeinde zur Bauleitplanung nur dann berechtigt, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Festsetzungen in Bebauungsplänen dürfen nur aus städtebaulichen Gründen erfolgen (vgl. § 9 Abs. 1 BauGB). Solche städtebaulichen Gründe liegen dann nicht vor, wenn die Bauleitplanung nur im ausschließlich privaten Interesse Einzelner erfolgt, etwa um eine vom ursprünglichen Bebauungsplan abweichende Fehlentwicklung nur im privaten Interesse der betroffenen Bauherren zu legalisieren (vgl. das Urteil des Senats vom 9. November 2005 - 8 C 10964/05.OVG -, veröffentlicht in: ESOVGRP).
Ein solcher Fall dürfte hier nicht vorliegen. Dabei ist mit den Antragstellern davon auszugehen, dass Anlass für die Änderung der Nebenanlagen-Festsetzung die Bitte einiger Hauseigentümer war, den Bebauungsplan im Anschluss an die Beanstandungen der Bauaufsichtsbehörde zu ändern. Dieser Umstand allein macht die Planung indes noch nicht rechtswidrig. Wie bereits der 1. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 5. März 1986 (BauR 1986, 412) ausgeführt hat, kann ein grundsätzlich legitimes Ziel einer Planänderung auch die Heilung planwidrig entstandener Zustände sein. Zweck dieser Planänderung darf jedoch nicht das ausschließlich private Interesse der betroffenen Bauherren sein. Vielmehr muss der Planänderung ein planerisches Konzept zugrunde liegen, das städtebaulich begründet ist (vgl. OVG Rh-Pf, Urteile vom 5. März 1986 und vom 9. November 2005, jeweils a.a.O.). Ein solches städtebauliches Konzept hat die Antragsgegnerin hier geltend gemacht, wenn sie ausführt, die Bebaubarkeit mit Nebenanlagen im Plangebiet dem normativen Regelfall nach § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO anzupassen und damit eine Gleichbehandlung mit den Bebauungsplänen im übrigen Stadtgebiet herbeizuführen.
2. Darüber hinaus fehlen nach bisherigem Sach- und Streitstand Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) einschließlich des - nunmehr als Verfahrensnorm ausgestalteten - Gebots der zutreffenden Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB).
Denn man wird es grundsätzlich als abwägungsgerecht betrachten müssen, wenn in einem Bebauungsplan eine Festsetzung zur Errichtung von Nebenanlagen getroffen wird, die dem normativen Regelfall nach § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO entspricht. Besonderheiten des Einzelfalls, die eine abweichende Festsetzung, nämlich den generellen Ausschluss von Nebenanlagen jenseits der Baufenster, gebieten, sind hier bislang nicht ersichtlich. Nach Auskunft des Vertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung konnten die Gründe, die für die Ursprungsregelung ausschlaggebend waren, nicht mehr ermittelt werden. Allein der Umstand, dass die Ursprungsfassung des Bebauungsplans einen generellen Ausschluss von Nebenanlagen jenseits der überbaubaren Grundstücksflächen enthielt, verbietet der Antragsgegnerin nicht, aufgrund neuer städtebaulicher Überlegungen eine Änderung des Plans zu beschließen. Insofern ist es im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin die Nebenanlagenfestsetzung im Plangebiet "Ziegelacker" den übrigen bauleitplanerischen Festsetzungen in ihrem Stadtgebiet anpassen will und städtebauliche Gründe für eine Sonderregelung in diesem Plangebiet nicht anerkennt.
Soweit der Antragsteller zu 2) in der mündlichen Verhandlung die Notwendigkeit einer Durchgrünung des Baugebiets angemahnt hat und diesen Belang bei einer intensiven Errichtung von Nebenanlagen jenseits der Baufenster als gefährdet ansieht, kann diesem Gesichtspunkt im Rahmen der nach § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO zwingend notwendigen Zulassungsentscheidung der Bauaufsichtsbehörde hinreichend Rechnung getragen werden. Nach dieser Vorschrift dürfen Nebenanlagen jenseits der überbaubaren Grundstücksflächen nur errichtet werden, wenn dies ausdrücklich zugelassen wird, was wiederum nur aufgrund fehlerfreier Ermessenserwägungen geschehen darf (vgl. Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 23 BauNVO Rn. 55). Dies gilt auch für die nach § 62 LBauO genehmigungsfreien Vorhaben. Die Genehmigungsfreistellung nach dieser Vorschrift bezieht sich nämlich nur auf die Einholung einer Baugenehmigung und ergeht "unbeschadet einer nach anderen Vorschriften erforderlichen Genehmigung", hier also unbeschadet der nach § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO erforderlichen Zulassung. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zulassungsentscheidung, die bei einer übermäßigen oder für die Nachbarschaft rücksichtslosen Inanspruchnahme der nicht überbaubaren Grundstücksflächen durch Nebenanlagen abzulehnen ist, entfällt hier auch nicht aufgrund der hier angegriffenen Textfestsetzung. Zwar enthält die Textfestsetzung I.5 in der Änderungsfassung keinen Hinweis auf eine Ermessensentscheidung, vielmehr "dürfen" danach Nebenanlagen auch auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden. Da die Festsetzungsermächtigung in § 23 Abs. 5 Satz 1 jedoch nur den generellen Ausschluss von Nebenanlagen jenseits der bebaubaren Grundstücksfläche erlaubt, nicht aber die Festsetzung zu deren genereller Zulässigkeit außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. Bielenberg, a.a.O., Rn. 57), ist die Festsetzung in I.5 BauNVO - verordnungskonform - dahin auszulegen, dass die Zulassung von Nebenanlagen jenseits der überbaubaren Grundstücksflächen nur aufgrund fehlerfreier Ermessenserwägungen erfolgen darf, so wie dies auch die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vertreten hat. Mit diesem Vorbehalt einer Zulassung der Nebenanlagen im jeweiligen Einzelfall dürfte den Bedenken der Antragsteller hinreichend Rechnung getragen werden können.
Soweit die Antragsteller im Übrigen Defizite bei der Ermittlung des Abwägungsmaterials rügen, weist dies auf keinen Fehler des Bebauungsplans hin, denn es dürfte den beteiligten Ratsmitgliedern hinreichend klar gewesen sein, welche baulichen Anlagen vom Begriff der "Nebenanlage" im Sinne von § 23 Abs. 5 BauNVO erfasst sind. Soweit die Antragsteller siedlungsökologische und klimatische Beeinträchtigungen sowie solche des Landschaftsbildes durch die Änderungsplanung rügen, haben sie diese Auswirkungen selbst als nicht "immens" bezeichnet. Auch nach Auffassung des Senats lässt sich insofern keine Unverhältnismäßigkeit der Planung feststellen.
Schließlich können sich die Antragsteller auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie ihr Anwesen vor dem Hintergrund der damals geltenden Ursprungsfassung des Bebauungsplans erworben haben. Denn die Planbetroffenen haben keinen Anspruch auf Beibehaltung ursprünglicher planerischer Festsetzungen, sofern die Änderung durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
Ende der Entscheidung
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