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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.03.2004
Aktenzeichen: 8 C 11785/03.OVG
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, LBauO


Vorschriften:

BauGB § 1
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 9
BauGB § 9 Abs. 1
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 2
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 24
BauGB § 214
BauGB § 214 Abs. 1
BauGB § 3
BauGB § 3 Abs. 1
BauGB § 31
BauGB § 31 Abs. 1
BauGB § 31 Abs. 2
BauGB § 31 Abs. 2 Nr. 2
BauGB § 215a
BauGB § 215a Abs. 1
BauGB § 215a Abs. 1 S. 1
BauGB § 23
BauGB § 23 Abs. 3
BauGB § 23 Abs. 3 S. 1
BauGB § 35
BauGB § 35 Abs. 4
BauNVO § 5
LBauO § 3
LBauO § 3 Abs. 3
LBauO § 3 Abs. 3 S. 1
Verweist eine Textfestsetzung eines Bebauungsplan auf eine DIN-Norm, ohne deren Datum und Fundstelle zu benennen, so genügt dies den Anforderungen an die Verkündung des Bebauungsplanes, wenn die DIN-Norm durch Verwaltungsvorschrift gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 LBauO als technische Baubestimmung eingeführt worden ist und ihr Datum und ihre Fundstelle im Ministerialblatt veröffentlicht sind.

§ 9 BauGB bietet keine Handhabe, um die zeitlich vorrangige Verwirklichung einer sogen. Lärmschutz- oder Riegelbebauung vor der schutzbedürftigen Bebauung sicherzustellen. Ein Bebauungsplan, der eine derartige Bebauung als Mittel des aktiven Lärmschutzes vorsieht, genügt daher dem Gebot der Konfliktbewältigung grundsätzlich nur dann, wenn er vorsorglich zugleich für die schutzbedürftige Bebauung Festsetzungen zum passiven Lärmschutz trifft, die die Zumutbarkeit der Lärmbelastung bei fehlender Lärmschutzbebauung sicherstellen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Normenkontrolle (Bebauungsplan)

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richterin am Oberverwaltungsgericht Spelberg Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Der am 17. September 2001 als Satzung beschlossene Bebauungsplan "Am oberen N. - K.; Teilbereich W. - Am oberen N." der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller sind Landwirte und wenden sich als Eigentümer im Plangebiet gelegener, mit einer Verarbeitungshalle für Gemüse bebauter Grundstücke gegen den Bebauungsplan "Am oberen N. - K.; Teilbereich W. - Am oberen N." der Antragsgegnerin.

In seiner erstmals am 29. Januar 1998 bekannt gemachten Fassung sah der Bebauungsplan im westlichen und östlichen Teil eingeschränkte Dorfgebiete, im östlichen Teil zusätzlich ein allgemeines Wohngebiet vor. Die dazwischen liegenden Grundstücke, unter ihnen die Betriebsgrundstücke der Antragsteller und eines weiteren landwirtschaftlichen Betriebes, waren als Flächen für die Landwirtschaft festgesetzt. Am Rand der Flächen für die Landwirtschaft waren jeweils aktive Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen. Zusätzlich war in den angrenzenden Gebieten die Einrichtung von Aufenthaltsräumen oberhalb des Erdgeschosses nur in den den landwirtschaftlichen Betrieben abgewandten Teilen der Gebäude zugelassen.

Mit Urteil vom 10. November 2000 (8 C 10165/00.OVG) hat der Senat auf einen Normenkontrollantrag der Antragsteller hin diesen Bebauungsplan wegen fehlerhafter Abwägung von Lärmschutzbelangen (unzureichende Gutachten) für nichtig erklärt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gestützt auf ein Lärmschutzgutachten der Firma G. vom 12. April 2000 beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 14. Mai 2001, eine geänderte Fassung des Planes öffentlich auszulegen und die Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Der Geltungsbereich umfasst nunmehr lediglich die im Westen gelegenen eingeschränkten Dorfgebiete sowie die Fläche für die Landwirtschaft. Der Lärmschutz der Dorfgebiete soll im Norden und Süden an der Grenze zur Fläche für Landwirtschaft durch Lärmschutzwälle und -wände mit einer Gesamthöhe von 5 Metern auf öffentlicher Grünfläche und im mittleren Bereich durch eine mindestens 5 Meter hohe Lärmschutzbebauung mit einem Doppelhaus und einer Hausgruppe sichergestellt werden. Zusätzlich sind für die Bebauung am östlichen Rand des Dorfgebietes passive Schallschutzmaßnahmen vorgesehen. Für die Dorfgebiete ist überwiegend eine Bebauung in offener Bauweise mit Doppelhäusern oder Hausgruppen und einer Grundflächenzahl zwischen 0,3 und 0,5 festgesetzt.

Die Antragsteller machten Bedenken gegen den ausgelegten Planentwurf gelten. Sie bezweifelten insbesondere die Effektivität der vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen. Die Lärmschutzbebauung reiche nicht bis an die Lärmschutzwälle heran; auch sei ihre Höhe nicht durch den Bebauungsplan gesichert. Es sei erforderlich, die Wohnbebauung von der Fläche für die Landwirtschaft weiter abzurücken. Die Landwirtschaftskammer schloss sich diesen Bedenken an. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd hielt den Bebauungsplanentwurf nur dann für unbedenklich, wenn der Gutachter bestätigen könne, dass bei Durchführung der festgesetzten Lärmschutzmaßnahmen ein Nachtimmissionspegel von 45 dB (A) eingehalten werde.

In seiner Sitzung am 22. August 2001 wies der Rat der Antragsgegnerin die eingegangenen Bedenken hinsichtlich des Lärmschutzes mit der Begründung zurück, die vorgesehenen aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen genügten, um eine Vereinbarkeit von Wohnnutzung und landwirtschaftlicher Nutzung herzustellen. Insbesondere erlaube der Bebauungsplan keine Lücke zwischen Lärmschutzbebauung und Lärmschutzwall. Auch sei zu erwarten, dass die Lärmschutzbebauung die Höhe von 5 Metern einhalte, da ein Architekt dem zukünftigen Grundstückseigentümer schon einen Entwurf mit einer Höhe von 5,50 Metern erstellt habe. Schließlich hätten die Antragssteller ihren Betriebshof mittlerweile befestigt, sodass der Lärm durch Fahrzeugbewegungen deutlich reduziert sei. Am 17. September 2001 beschloss der Rat den Bebauungsplan als Satzung. Dieser wurde nach vorheriger Ausfertigung am 08. November 2001 bekannt gemacht.

Am 31. Oktober 2003 haben die Antragsteller erneut Normenkontrollantrag gestellt:

Der neue Plan habe nicht im ergänzenden Verfahren beschlossen werden dürfen, weil die Abtrennung des gesamten östlichen Teils des ursprünglichen Plangebiets Grundzüge der Planung berühre. Der Lärmschutz sei erneut nicht ausreichend abgewogen worden. Statt des früher vorgesehenen ununterbrochenen Lärmschutzwalles, der auch Grundlage der Begutachtung vom 12. April 2000 gewesen sei, sehe der Plan nunmehr eine Unterbrechung durch eine Lärmschutzbebauung vor. Die hierzu getroffenen Festsetzungen seien nicht plausibel; insbesondere sei eine Wohnbebauung, wie sie durch die Anordnung von Doppelhaus und Hausgruppe vorgezeichnet sei, aufgrund der Festsetzungen zum passiven Lärmschutz praktisch nicht umzusetzen. Zudem fehle es auch zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes an einer Verwirklichung der Lärmschutzbebauung, sodass die übrige Bebauung erheblichen Immissionen ausgesetzt sei. Die Festsetzungen seien auch unbestimmt und widersprüchlich. In der Planzeichnung seien im Bereich der Lärmschutzbebauung lediglich Baugrenzen eingezeichnet, während die Textfestsetzung von einer zwingenden Grenzbebauung ausgehe. Aus der Planzeichnung ergebe sich zudem nicht, dass die Lärmschutzbebauung an die Lärmschutzwälle anzuschließen sei. Überdies handele es sich bei der Gebietsfestsetzung als Dorfgebiet um einen der Herabsetzung von Immissionsschutzansprüchen dienenden "Etikettenschwindel", da das Baugebiet angesichts der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung erkennbar nur zur Bebauung mit Wohnhäusern bestimmt sei. Auch sei die Festsetzung der Betriebsgrundstücke der Antragsteller als Fläche für die Landwirtschaft abwägungsfehlerhaft, da damit im Vergleich zur bisherigen Außenbereichslage ohne städtebaulichen Grund die sich aus § 35 Abs. 4 BauGB ergebenden Möglichkeiten einer Nutzungsänderung ausgeschlossen würden. Auch die Festsetzung eines Rad- und Fußweges auf ihrem Betriebsgrundstück sei abwägungsfehlerhaft, zumal die Antragsgegnerin diesen Weg mittlerweile auf die südliche Straßenseite verlegt habe.

Die Antragsteller beantragen,

den am 17. September 2001 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan "Am oberen N. - K.; Teilbereich W. - Am oberen N." der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, die festgesetzten aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen genügten, um eine Vereinbarkeit von Wohnen und landwirtschaftlicher Nutzung herzustellen. Die Antragsteller hätten keine Nachbaransprüche zu befürchten, zumal nach Befestigung ihres Hofes die Lärmbelastung deutlich reduziert sei. Ein "Etikettenschwindel" liege nicht vor, da sie die Grundflächenzahl auf 0,5 angehoben habe und im Bereich des ortsüblichen Gemüseanbaus eine kleinflächige landwirtschaftliche Nutzung durchaus in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Planungsakten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte 8 C 10165/00.OVG lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Normenkontrollantrag ist begründet.

Der strittige Bebauungsplan weist einen Abwägungsfehler im Bereich der Lärmschutzfestsetzungen auf (I). Im übrigen liegen weder die von den Antragstellern gerügten Mängel noch sonst ohne weiteres erkennbare Rechtsverstöße vor (II). Der festgestellte Abwägungsfehler führt lediglich zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes (III).

I. Die dem Bebauungsplan hinsichtlich des Lärmschutzes zugrunde liegende Abwägung verstößt gegen § 1 Abs 6 BauGB. Hiernach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot begründet auch die Verpflichtung, durch den Bebauungsplan hervorgerufene oder ihm sonst zurechenbare Konflikte mit planerischen Mitteln zu lösen (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974, BVerwGE 45, 309). Von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf die Gemeinde nur Abstand nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist (BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 1994, BRS 56 Nr. 6).

Im vorliegenden Fall verstößt der Bebauungsplan gegen das Gebot der Konfliktbewältigung, soweit er den Lärmschutz des im westlichen Plangebiet vorgesehenen Dorfgebietes (auch) durch eine Lärmschutzbebauung sicherstellen will. Soll ein Immissionskonflikt durch Festsetzung einer Lärmschutzbebauung bewältigt werden, muss an sich die zeitliche Priorität dieser Bebauung vor Verwirklichung der zu schützenden Bauvorhaben gewährleistet sein. Diese Priorität lässt sich indessen mit den in § 9 BauGB vorgesehenen Mitteln nicht sicherstellen (s. dazu Nds. OVG, Urteil vom 07. April 2003, ZfBR 2003, 701). Mithin ist die planende Gemeinde gehalten, im Bebauungsplan Schutzvorkehrungen für den Fall zu treffen, dass das schutzbedürftige Baugebiet bebaut wird, bevor die Lärmschutzbebauung verwirklicht ist. Dies kann etwa durch eine Textfestsetzung geschehen, nach der der notwendige passive Schallschutz an der schutzbedürftigen Bebauung durch Einzelgutachten nachzuweisen ist, soweit die abschirmende Wirkung durch die im Bebauungsplan ausgewiesene vorgelagerte Bebauung zum Zeitpunkt der Realisierung der schutzbedürftigen Bebauung nicht gegeben ist (s. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Februar 2001, BRS 64 Nr. 24). Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass für die schutzbedürftige Bebauung passiver Lärmschutz festgesetzt wird, der auch ohne Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes die Zumutbarkeit der Lärmbelastung sicherstellt und dass gleichzeitig im Bebauungsplan für den Fall der Verwirklichung der Lärmschutzbebauung eine Ausnahme von dieser Festsetzung gemäß § 31 Abs. 1 BauGB vorgesehen wird (s. das Senatsurteil vom 16. Oktober 2002, BRS 65 Nr. 23).

Im vorliegenden Fall hat es die Antragstellerin jedoch versäumt, derartige Vorkehrungen im Rahmen des Bebauungsplanes zu treffen. Dies war aber erforderlich. Zwar enthält Ziff. A.7.2 der Textfestsetzungen die Anordnung passiven Schallschutzes für die im östlichen Bereich des geplanten Dorfgebietes gelegene Bebauung. Die Bemessung dieses Schallschutzes nach Lärmpegelbereichen richtet sich indessen nach den Feststellungen des Gutachtens vom 12. April 2000. Dieses Gutachten geht jedoch von der ursprünglich geplanten Errichtung eines durchgehenden Lärmschutzwalles am östlichen Rand des Dorfgebietes aus und berechnet den passiven Schallschutz im Hinblick auf den danach noch auf das Dorfgebiet einwirkenden Lärm. Daraus folgt, dass die Festsetzungen zum passiven Schallschutz unzureichend sind, wenn und solange lückenloser aktiver Lärmschutz wegen fehlender Lärmschutzbebauung nicht besteht. Da die Grundstücke, auf denen die Lärmschutzbebauung errichtet werden soll, nach Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung in privatem Eigentum stehen, ist auch nicht ersichtlich, dass die vorgehende Verwirklichung der Lärmschutzbebauung auf der Stufe der Planverwirklichung hinreichend sichergestellt ist, sodass der Bebauungsplan den Anforderungen des Abwägungsgebots nicht genügt.

II. Im Übrigen führen weder die Rügen der Antragsteller noch eine die gebotenen Grenzen gerichtlicher Kontrolldichte (s. dazu BVerwG, Urteil vom 17. April 2002, BVerwGE 116, 188) beachtende Prüfung durch den Senat auf beachtliche Rechtsfehler des angegriffenen Bebauungsplans.

1. Der Antragsgegnerin sind im ergänzenden Verfahren keine beachtlichen Verfahrensfehler unterlaufen. Zwar ist das Planaufstellungsverfahren erst ab der Offenlage und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wiederholt worden, während ein erneuter Planaufstellungsbeschluss (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB) sowie eine vorgezogene Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB unterblieben sind. Es kann dahinstehen, ob dies - wie die Antragsteller meinen - deshalb fehlerhaft war, weil die Veränderungen im Zuschnitt des Plangebietes die Grundzüge der Planung berührten und daher der Durchführung eines ergänzenden Verfahrens entgegenstanden. Denn das Fehlen von Planaufstellungsbeschluss und vorgezogener Bürgerbeteiligung ist nach § 214 Abs. 1 BauGB für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes unbeachtlich.

2. Des weiteren sind auch die Textfestsetzungen zum passiven Lärmschutz (s. Ziff. A.7.2) trotz der darin enthaltenen Verweisung auf DIN 4109 ordnungsgemäß verkündet worden. Zwar bedarf der Bebauungsplan als Rechtsnorm wie jede andere Rechtsvorschrift der Verkündung in einem amtlichen Verkündungsorgan. Dies schließt eine Verweisung auf andere Normen nicht aus, wenn für den Rechtsunterworfenen klar erkennbar ist, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen. Das ist bei der - statischen - Verweisung auf andere Rechtsvorschriften, die in den jeweiligen Gesetzblättern verkündet worden sind, unproblematisch. An einer derartigen öffentlichen Verlautbarung fehlt es jedoch regelmäßig bei Bestimmungen privater Gremien, wie beispielsweise der DIN-Normen. Will der Normgeber deren Beachtung verbindlich anordnen, unterlässt er aber aus Gründen der Lesbarkeit und Übersichtlichkeit die wörtliche Übernahme solcher Regelungen in den Normtext oder ihre Aufnahme als Anlage zur Rechtsnorm, so muss die Rechtsnorm erkennbar zum Ausdruck bringen, dass sie die in Bezug genommene Anordnung zu ihrem Bestandteil macht, und diese hinreichend bestimmt bezeichnen. Weiter muss die Veröffentlichung der in Bezug genommenen Regelung für den Betroffenen zugänglich und archivmäßig gesichert sein (s. Senatsurteil vom 28. Februar 1996 - 8 C 12353/94.OVG -).

Zweifel an der hinreichend bestimmten Bezeichnung der DIN 4109, auf die verwiesen wird, könnten hier deshalb bestehen, weil in der Textfestsetzung weder Datum noch Fundstelle der Norm bezeichnet werden und sich die in Bezug genommene Tabelle 8 der DIN-Norm lediglich im Anhang zum Lärmschutzgutachten findet, das nicht Bestandteil des Planes ist. Indessen berechtigen diese Mängel hier deshalb nicht zu einer Beanstandung der Normverkündung, weil es sich bei der DIN 4109 um eine auf der Grundlage des § 3 Abs. 3 LBauO allgemein eingeführte bautechnische Bestimmung handelt (siehe die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen "Einführung von technischen Regeln als Technische Baubestimmungen" vom 29. November 1996, MinBL. 1997, 167, 177). Kommt somit der DIN 4109 aufgrund des § 3 Abs. 3 Satz 1 LBauO gleichsam rechtsnormergänzende Wirkung zu und ist sie daher mit Datum und Fundstelle in einem allgemein zugänglichen Verkündungsblatt veröffentlicht, so rechtfertigt dies nach Auffassung des Senats, eine Verweisung auf diese nichtstaatliche Norm wie eine solche auf Rechtsvorschriften zu behandeln (s. dazu auch Baden-Württemb. VGH, Urteil vom 20. Juni 1980, NuR 1983, 234). Den hierfür geltenden Anforderungen genügt Ziff. A.7. 2 der Textfestsetzungen ohne weiteres.

3. Entgegen der Auffassung der Antragsteller leiden die Festsetzungen des Bebauungsplanes zum Lärmschutz auch nicht an Bestimmtheitsmängeln.

Zwar setzt der Plan hinsichtlich der an der Ostgrenze des Dorfgebiets geplanten Lärmschutzbebauung zeichnerisch eine Baugrenze fest, während nach Ziff. A.7.2 der Textfestsetzungen "entlang der östlichen Baugebietsgrenze eine geschlossene Bebauung als Lärmschutzbebauung" zu errichten ist. Diese Festsetzungen stehen jedoch auch unter Berücksichtigung der sich grundsätzlich aus § 23 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergebenden Gestaltungsfreiheit des Bauherrn bei der Festsetzung einer Baugrenze nicht in einem unauflöslichen Widerspruch. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass beide Festsetzungen auf unterschiedlichen Grundlagen beruhen (Baugrenze: § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB; Gestaltung der Lärmschutzbebauung: § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB). Aus der unterschiedlichen Zweckrichtung dieser Ermächtigungsgrundlagen folgt aber, dass die Textfestsetzung A.7.2 als speziellere Norm zum Lärmschutz die allgemeinere, das Maß der baulichen Nutzung durch Baugrenzen regelnde zeichnerische Festsetzung überlagert und somit die Lärmschutzbebauung nicht nur bis zur östlichen Grenze des Dorfgebiets reichen darf, sondern entlang dieser Grenze errichtet werden muss.

Aus Ziff A.7.1 der Textfestsetzungen geht auch hinreichend deutlich hervor, dass die Lärmschutzbebauung an den Lärmschutzwall anzuschließen ist. Dass die zeichnerische Festsetzung dies jedenfalls hinsichtlich des südlichen Lärmschutzwalls aufgrund zeichnerischer Ungenauigkeit nicht zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, ändert nichts daran, dass im Zusammenhang mit der eindeutig formulierten Textfestsetzung der Wille des Plangebers klar zum Ausdruck kommt.

4. Der Senat teilt nicht die von den Antragstellern geäußerten Zweifel an der Erforderlichkeit des Bebauungsplanes.

Zwar ist ein Bebauungsplan in der Regel nicht im Sinne von § 1 Abs 3 BauGB "erforderlich", wenn er ein Dorfgebiet gemäß § 5 BauNVO ausweist, obwohl die Gemeinde nur eine Wohnbebauung bezweckt (st. Rspr; s. nur OVG Münster, Urteil vom 16. September 2002, - 7a D 118/00.NE - <juris> m.w.N.) Für einen derartigen "Etikettenschwindel" gibt es aber vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Ausweislich Seite 3 der Planbegründung ist allerdings die Dorfgebietsausweisung einerseits "notwendig, da die neuen Bauflächen unmittelbar an landwirtschaftliche Betriebe angrenzen, von denen zeitweilig Geräuschemissionen, möglicherweise auch Geruchsemissionen ausgehen". Andererseits weist die Begründung aber auch darauf hin, dass durch diese Gebietsausweisung "der gewachsene dörfliche Charakter des Ortes W. erhalten und gestärkt werden soll." Zulässig seien neben Wohngebäuden auch die Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe. Sofern dafür größere Grundstücksflächen erforderlich seien, könnten diese durch Zusammenlegung mehrerer benachbarter Einzelflächen geschaffen werden. Die Festsetzungen des angegriffenen Planes lassen die Verwirklichung dieser Zielsetzung nicht unmöglich erscheinen. Zum einen ist im ergänzenden Verfahren die im Urteil des Senats vom 10. November 2000 beanstandete Grundflächenzahl von 0,3 für den überwiegenden Teil des Dorfgebietes auf 0,5 bzw. 0,45 heraufgesetzt worden. Zum anderen werden unter Ziff. A 1 der Textfestsetzungen nur die gewerbliche Tierhaltung und Vergnügungsstätten ausgeschlossen, während die Bandbreite der im Dorfgebiet ansonsten zulässigen Nutzungen uneingeschränkt erhalten bleibt. Auch die weiteren Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (A. 2 2.1) sind nicht geeignet, landwirtschaftliche oder gewerbliche Nutzungen im Dorfgebiet auszuschließen.

Lassen sich demnach dem Plan selbst keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine Verwirklichung des festgesetzten Dorfgebietes im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren nicht möglich oder in Wahrheit nicht gewollt war, so weist der Senat angesichts der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung über die mittlerweile im Plangebiet realisierte Bebauung auf folgendes hin: In einem etwa durchzuführenden ergänzenden Verfahren zur Heilung des oben bezeichneten Abwägungsfehlers kommt es darauf an, ob angesichts der im Zeitpunkt des erneuten Satzungsbeschlusses im Plangebiet vorhandenen Bebauung die Verwirklichung eines Dorfgebiets noch möglich erscheint. Sollte der westliche Teil des Plangebietes bis dahin überwiegend einer Wohnnutzung zugeführt worden sein, dürfte eine Festsetzung als Dorfgebiet, das gleichermaßen dem Wohnen und der landwirtschaftlichen und gewerblichen Nutzung dient, durchgreifenden Bedenken begegnen.

5. Über die fehlerhafte Abwägung der Lärmschutzbelange hinaus weist der Bebauungsplan keinen der von den Antragstellern gerügten Abwägungsfehler auf.

Dies gilt zunächst für die fehlende Berücksichtigung des Interesses der Antragsteller an einer nichtlandwirtschaftlichen Folgenutzung ihres Betriebsgeländes bei Festsetzung desselben als Fläche für die Landwirtschaft. Dieses Interesse ist im Planaufstellungsverfahren weder von den Antragstellern noch von den sonst im Bereich der festgesetzten Fläche für Landwirtschaft ansässigen Landwirten nicht artikuliert worden. Es war für die Antragsgegnerin auch nicht ohne weiteres erkennbar, da sich die Antragsteller seit jeher gegen den Bebauungsplan mit dem Argument gewandt hatten, er gefährde Bestand und Weiterentwicklung ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Vor diesem Hintergrund war ihr erstmals im Prozess geltend gemachtes Interesse an einer Folgenutzung des Betriebsgeländes gemäß § 35 Abs. 4 BauGB schon nicht abwägungserheblich (s. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2001, ZfBR 2001, 419). Ungeachtet dessen wird hinsichtlich der festgesetzten Fläche für die Landwirtschaft auf Seite 4 der Planbegründung auch ausgeführt, dass "eine andere Nutzung dieser Flächen, z.B. für Wohnzwecke, erst dann vorgesehen ist, wenn die bisherige Bewirtschaftung aufgegeben wird". Die demnach aktenkundige planerische Absicht der Antragsgegnerin, auf der landwirtschaftlichen Fläche zum Schutz der ansässigen Betriebe Wohnbebauung nur solange auszuschließen, wie dort Landwirtschaft betrieben wird, könnte - wenn dieser Fall eintritt - auch ohne Änderung des Bebauungsplanes die städtebauliche Vertretbarkeit einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB begründen, sodass dem Belang der Antragsteller ausreichend Rechnung getragen ist.

Auch die Festsetzung eines kombinierten Rad-/Gehweges unter Inanspruchnahme von Flächen der Antragsteller am südlichen Rand des Plangebiets begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf § 1 Abs. 6 BauGB. Ausweislich Seite 5 der Planbegründung ist diese Maßnahme unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsteller an geringstmöglichem Flächeneingriff abgewogen worden. Durchgreifende entgegenstehende Belange sind von den Antragstellern weder im Planungsverfahren noch im Prozess aufgezeigt worden. Abwägungsvorgang und -ergebnis sind nicht zu beanstanden, zumal der im weiteren Verlauf der Landauer Straße nördlich von dieser gelegene Ortskern den Verlauf des Verbindungsweges zwischen Neubaugebiet und Ortskern auf der nördlichen Straßenseite zur Vermeidung von Überquerungsnotwendigkeiten nahe legt. Dass der Radweg von der Antragsgegnerin mittlerweile tatsächlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite angelegt worden ist, um bis zur Rechtskraft des Bebauungsplanes einen sicheren Schulweg für die im Plangebiet wohnenden Kinder bereit stellen zu können, begründet keine Abwägungsmängel der Planung.

III. Der oben unter I. festgestellte Abwägungsmangel berührt keine Grundzüge der Planung und betrifft auch nicht den Kernbereich der Abwägungsentscheidung. Vielmehr beschränkt er sich auf eine Problematik, die nicht die Planung insgesamt in Frage stellt, sondern lediglich die Lösung des räumlich auf einen Teil des Baugebietes beschränkten Lärmschutzkonfliktes betrifft. Die Mangelhaftigkeit des Bebauungsplans führt deshalb gemäß § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht zu seiner Nichtigkeit. Bis zur Behebung des Mangels entfaltet der Bebauungsplan allerdings keine Rechtswirkungen (§ 215 a Abs. 1 Satz 2 BauGB), was gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO auszusprechen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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