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Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.06.2003
Aktenzeichen: 8 C 11960/02.OVG
Rechtsgebiete: BauGB
Vorschriften:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1 | |
BauGB § 35 Abs. 1 | |
BauGB § 35 Abs. 2 | |
BauGB § 35 Abs. 4 | |
BauGB § 35 Abs. 6 | |
BauGB § 35 |
2. Zum Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gegen eine Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB.
OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
8 C 11960/02.OVG
In dem Normenkontrollverfahren
wegen Normenkontrolle (Außenbereichssatzung)
hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2003, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richterin am Oberverwaltungsgericht Spelberg Richter am Oberverwaltungsgericht Utsch
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine Satzung der Antragsgegnerin über die erleichterte Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich.
Das Satzungsgebiet umfasst Teile der Gewanne "O.-Hof" nördlich und südlich des sog. S.-Weges und umschließt eine Fläche von ca. 7,4 ha. Den südlichen Teil des im Flächennutzungsplan als Fläche für die Land- und Fortwirtschaft ausgewiesenen Bereichs bildet eine Streusiedlung aus ca. 20 Gebäuden mit angrenzenden Hausgärten; nördlich des Weges ist nur vereinzelt Bebauung vorhanden.
Mit der umstrittenen Satzung will die Antragsgegnerin eine Nachverdichtung der vorhandenen Wohnbebauung ermöglichen, ohne jedoch das Gebiet zu einem Ortsteil weiterzuentwickeln. Zu diesem Zweck weist die Satzung zusätzliche, überbaubare Flächen aus, und zwar in stärkerem Umfang südlich des S.-Weges und in deutlich geringerem Umfang nördlich davon. Festgesetzt wird ein "allgemeines Wohngebiet", welches in offener Bauweise mit maximal zwei Vollgeschossen überbaut werden darf.
Der Antragsteller hat nördlich des S.-Weges Grundeigentum, das er mittlerweile aufgeteilt und teilweise veräußert hat. Die Satzung sieht auf den betreffenden Flächen insgesamt vier Baufenster vor. Die noch im Eigentum des Antragstellers stehende Teilfläche zwischen den beiden westlichen Baufenstern und einem im Abstand von ca. 55 m noch weiter westlich verlaufenden Wirtschaftsweg ist laut Satzung allerdings "von Bebauung freizuhalten". Dagegen erhob der Antragsteller Einwendungen. Er forderte, Bauvorhaben auch auf dem an den Wirtschaftsweg grenzenden Westteil seines Grundstücks zu ermöglichen. Der Ortsgemeinderat der Antragsgegnerin wies diese Einwendungen zurück: Der O.-Hof solle auch weiter Außenbereich bleiben; die Erstellung eines Bebauungsplans im Rahmen der Flächennutzungsplanung der Verbandsgemeinde sei weder gewollt noch erforderlich. Ziel der Außenbereichssatzung sei eine - dem vorhandenen Baubestand angepasste - umweltverträgliche Lückenschließung, aber kein "Bauen um jeden Preis". Die Satzung wurde am 24. August 2000 beschlossen, am 14. März 2001 durch den Ortsbürgermeister ausgefertigt und trat nach Genehmigung der Kreisverwaltung am 22. März 2001 in Kraft.
Zur Begründung des Normenkontrollantrages macht der Antragsteller geltend: Mit der Außenbereichssatzung habe sich die Antragsgegnerin des falschen planerischen Mittels bedient. Erfasst werde ein viel größerer als der bislang bebaute Bereich; insbesondere zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teilgebiet fehle bislang ein Bebauungszusammenhang. Die Satzung lasse einen Ortsteil entstehen und setze sich damit in Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Statt einer Außenbereichssatzung müsse die Antragsgegnerin zur Erreichung ihres Ziels einen Bebauungsplan aufstellen und dabei auch seinen, des Antragstellers, Wunsch auf bessere bauliche Nutzbarkeit seines eigenen Grundeigentums berücksichtigen. Unabhängig davon sei die umstrittene Satzung für ihn auch deshalb nachteilig, weil die Teilfläche zwischen den beiden westlichen Baufenstern und dem Wirtschaftsweg von jeglicher, also auch von landwirtschaftlicher Bebauung freizuhalten sei. Dies schließe auch typische Außenbereichsnutzungen, etwa für Zwecke der Pferdehaltung, aus.
Der Antragsteller beantragt,
die Satzung der Antragsgegnerin über die erleichterte Zulassung von Vorhaben im Außenbereich vom 14. März 2001 für nichtig, hilfsweise für unwirksam, zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält das Begehren des Antragstellers für unzulässig, weil ihm die angegriffene Satzung eine gegenüber dem bisherigen Zustand verbesserte bauliche Ausnutzbarkeit seiner Grundstücke ermögliche. Seinem Ziel, noch weitere Flächen bebauen zu dürfen, könne er mit dem Normenkontrollantrag nicht näher kommen. Den Erlass eines Bebauungsplans könne er jedenfalls nicht erreichen. Davon abgesehen sei der Normenkontrollantrag aber auch unbegründet, denn die in der Satzung vorgesehene Verteilung der überbaubaren Flächen sei sachgerecht.
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den Schriftsätzen der Beteiligten und den Normsetzungsakten der Antragsgegnerin (2 Hefte). Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Normenkontrollantrag ist unzulässig, denn dem Antragsteller fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtsschutzinteresse für einen Normenkontrollantrag fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann. So liegt es, wenn der Antragsteller seinem Rechtsschutzziel selbst dann auf unabsehbare Zeit nicht näher kommen kann, wenn die von ihm angegriffene Rechtsvorschrift für nichtig erklärt wird, er also unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, den von ihm geltend gemachten Nachteil abzuwenden (BVerwG, Beschluss vom 7. März 2002, NVwZ 2002, 869 m.w.N.; Urteil des OVG Rh.-Pf. vom 7. August 2002 - 8 C 10700/02.OVG -).
Nach diesem Maßstab ist dem Antragsteller im vorliegenden Fall das Rechtsschutzinteresse abzusprechen. Nach seinem gesamten bisherigen Vorbringen will er in erster Linie erreichen, dass weitere Teile seines Grundeigentums in die überbaubaren Flächen einbezogen werden. Würde die Satzung antragsgemäß für nichtig erklärt, weil die Voraussetzungen für ihren Erlass gemäß § 35 Abs. 6 BauGB nicht vorliegen, würde sich an der Lage der betreffenden Grundflächen im Außenbereich indes nichts ändern, so dass die begehrte Entscheidung dem Antragsteller keinen Vorteil bringt. Umgekehrt ermöglicht ihm die angegriffene Satzung in Gestalt der schon erwähnten vier Baufenster eine deutlich weitergehende bauliche Ausnutzbarkeit seiner Grundstücke, als sie bisher im Außenbereich vorhanden war.
Vor diesem Hintergrund könnte eine dem Normenkontrollantrag stattgebende Entscheidung, die mit einer fehlerhaften Abgrenzung des Satzungsgebietes begründet wird, nur dann die Position des Antragstellers verbessern, wenn die begründete Aussicht bestände, dass die Gemeinde das Gebiet dann zu dessen Gunsten neu überplant. Eine derartige Chance besteht hier aber eindeutig nicht. Denn der Ortsgemeinderat der Antragsgegnerin hat in seinem Beschluss vom 24. August 2000, durch den er die Einwendungen des Antragstellers zurückwies, unmissverständlich klargemacht, dass eine stärkere bauliche Nachverdichtigung nicht gewollt ist. Insbesondere hat der Rat sich darauf festgelegt, dass der Oberselighof auch weiter Außenbereich bleiben soll und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht in Betracht kommt. Diese Grundsatzentscheidung ist im Hinblick auf das starke Gewicht landespflegerischer Belange auch erkennbar sachgerecht; damit erscheint es ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin im Rahmen einer erneuten Abwägung weitere Flächen des Antragstellers zusätzlich zur Bebauung freigibt.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Antragsteller bereits 1998 von der Verbandsgemeinde zu einem Kanalbaubeitrag für sein westlich gelegenes Grundstück mit der damaligen Plan-Nr. ... (jetzt: Parzellen Nrn. ... , ..., ..., ... und ...) herangezogen worden ist. Selbst wenn dieser Beitragsbescheid rechtswidrig gewesen sein sollte, was für den Senat allerdings nicht ersichtlich ist, hätte er ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass der Ortsgemeinderat einen Bebauungsplan beschließen wird, schlechterdings nicht begründen können.
Der Antragsteller kann ein Rechtsschutzbedürfnis auch nicht daraus herleiten, dass ihm die angegriffene Satzung bezüglich der westlichen Teilfläche seines Grundeigentums sogar eine außenbereichstypische, landwirtschaftliche Nutzung verwehre. Mit diesem Argument verkennt er den Regelungsgehalt der auf § 35 Abs. 6 BauGB gestützten Satzung, die die Zuordnung des Satzungsgebiets zum Außenbereich und damit die bauplanungsrechtliche Beurteilung von Vorhaben nach § 35 BauGB unberührt lässt. Sie erleichtert nur die Zulassung nichtprivilegierter Außenbereichsvorhaben, indem sie bewirkt, dass ihnen bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden können. Die Außenbereichssatzung entfaltet somit lediglich eine positive, die Zulässigkeit gewisser Vorhaben unterstützende, aber keine negative, ausschließende Wirkung. Die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der dort bezeichneten privilegierten Vorhaben bleibt von ihr unberührt (s. zum Vorstehenden: OVG MV, Urteil vom 5. Oktober 2000, BRS 64 Nr. 108; OVG NW, Urteil vom 8. Juni 2001, NVwZ 2002, 1071; Söfker, in: Ernst/Zinkahn, BauGB, § 35 Rn. 175). Im Einklang mit diesen normativen Vorgaben, auf die übrigens die Antragsgegnerin in § 2 der angegriffenen Satzung Bezug genommen hat, ist mit den "von Bebauung" freizuhaltenden Flächen lediglich gemeint, dass sie von Wohnzwecken dienenden, sonstigen Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB freizuhalten sind. Die betreffende Ausweisung steht damit einem etwaigen landwirtschaftlichen Vorhaben nicht entgegen.
Nachteile können dem Antragsteller durch die angegriffene Satzung schließlich auch nicht insofern erwachsen, als er bei einer außenbereichstypischen Nutzung der an den westlich verlaufenden Wirtschaftsweg angrenzenden Teilfläche seines Grundeigentums stärker auf heranrückende Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen hat, als dies ohne die Außenbereichssatzung der Fall wäre. Diese Rücksicht muss er vielmehr unabhängig von der Gültigkeit der Satzung ohnehin nehmen. Dies folgt daraus, dass er schon vor deren In-Kraft-Treten einen positiven Bauvorbescheid für eine Wohnbebauung auf den Parzellen Nrn. ... und ... (neu) beantragte und erhielt, auf dessen Grundlage der Rechtsnachfolger des Antragstellers die letztgenannte Parzelle - nach Baugenehmigung - mit einem Wohnhaus bebaut hat. Eine weitergehende als die hierdurch ohnedies veranlasste Rücksichtnahme wird dem Antragsteller durch die Satzung ersichtlich nicht angesonnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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