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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: 9 C 10343/04.OVG
Rechtsgebiete: FlurbG, VwGO


Vorschriften:

FlurbG § 13
FlurbG § 13 Abs. 2
FlurbG § 13 Abs. 2 S. 4
FlurbG § 60
FlurbG § 60 Abs. 1
FlurbG § 141
FlurbG § 141 Abs. 1
FlurbG § 141 Abs. 1 S. 3
VwGO § 68
Zur "reformatio in peius" im flurbereinigungsrechtlichen Widerspruchsverfahren.
FLURBEREINIGUNGSGERICHT FÜR RHEINLAND-PFALZ UND DAS SAARLAND IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 C 10343/04.OVG

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Änderung des Flurbereinigungsplanes

hat der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz (Flurbereinigungsgericht für Rheinland-Pfalz und das Saarland) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2004, an der teilgenommen haben

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Bier Richter am Oberverwaltungsgericht Schauß ehrenamtlicher Richter Vermessungsdirektor Jochum ehrenamtlicher Richter Winzer Dipl.-Ing. Pfannebecker ehrenamtlicher Richter Agrar-Ingenieur Heck

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Flurbereinigungsplanes O. (Ortslage) in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Spruchstelle für Flurbereinigung vom 15. Januar 2004 wird die festgesetzte Eigentumsgrenze zwischen den Flurstücken Gemarkung O. Flur ... Nr. ... und Flur ... Nr. ... aufgehoben und als Grenze für die Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2), die diese selbst tragen.

Das Verfahren ist für den Kläger gebührenpflichtig. Der von ihm zu tragende Kostenpauschsatz wird auf 7,50 € festgesetzt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Änderung des Flurbereinigungsplanes C-Stadt (Ortslage). Er hat das Einlageflurstück Flur ... Nr. ... (Am K. ...) mit einer Katasterfläche von 150 qm in das Verfahren eingebracht. Durch den Flurbereinigungsplan wurde ihm dafür das Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... mit 163 qm zugewiesen, dessen Grenze zum Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... (Gemeindestraße) lediglich für die Durchführung der Flurbereinigung festgesetzt wurde, ohne die Eigentumsverhältnisse zu regeln. Er erhob Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan, mit dem er geltend machte: Aus dem Vergleich der Karten des alten und des neuen Bestandes ergebe sich ein Flächenverlust von ca. 37 qm. Da es sich bei seinem Grundstück insgesamt um Hof- und Gebäudefläche handele, sei die Flurbereinigungsbehörde verpflichtet gewesen, die alten Grenzen festzustellen oder aber nachzuweisen, dass der Zweck der Flurbereinigung die vorgenommene Änderung erfordere. Der Schuppen auf dem östlichen Nachbargrundstück (Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ...) sei ein Überbau über die alte Grenze gewesen. Die auf dem Gemeindeweg (Einlageflurstück Flur ... Nr. ...) gebaute Garage sei durch die Flurbereinigung legalisiert worden, indem sie nun auf dem Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... stehe und der Gemeindeweg mit Ausweisung des Abfindungsflurstückes Flur ... Nr. ... auf sein Einlagestück verlegt worden sei.

Die Spruchstelle für Flurbereinigung setzte die Grenze zwischen den Abfindungsflurstücken Flur ... Nr. ... (Gemeindeweg) und Nr. ... (Kläger) als Eigentumsgrenze fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie aus: Es sei eine Eigentumsgrenze festzusetzen, weil eine nur vorübergehende Grenze für den Kläger und die Ortsgemeinde nachteilig sei, denn für Maßnahmen wie Um- und Anbauten, für die ein Grenznachweis erforderlich sei, werde eine endgültige Eigentumsgrenze benötigt. Der Kläger sei nach der Festsetzung einer endgültigen Eigentumsgrenze rechtmäßig abgefunden. Die Abfindung sei richtig bemessen. Denn seinem Abfindungsanspruch von 150 qm mit 105,00 WE stehe die Landabfindung von 163 qm mit 114,10 WE gegenüber. Die rechnerische Mehrausweisung von 13 qm mit 9,10 WE sei als Neumessungsdifferenz ohne Geldausgleich geblieben. Die Abgrenzung des Abfindungsflurstückes Flur ... Nr. ... sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Die vorgenommenen Grenzänderungen seien nach dem Zweck der Flurbereinigung erforderlich. Eine Verkleinerung gegenüber der Einlage um 37 qm sei nicht eingetreten. Die amtliche Karte des alten Bestandes weise einen Zeichenfehler auf, wie das Katasteramt mit seiner Auskunft vom 17. Dezember 1999 bestätigt habe. Die Behörde sei auch nicht verpflichtet gewesen, die alten Grenzen des Einlageflurstückes in der Örtlichkeit festzustellen. Dazu habe keine Veranlassung bestanden, da nicht in Hofflächen eingegriffen worden sei. Die betroffenen Flächen stellten sich als gewidmete Straßenflächen im Privateigentum dar, die keine Hofflächen seien. Selbst wenn es sich um Hofflächen handele, sei die Flurbereinigungsbehörde zur Veränderung berechtigt gewesen, weil die engen Wegeverhältnisse die Zuweisung der ausgebauten Straßenfläche an die Ortsgemeinde zur Erschließung der umliegenden Grundstücke erfordert hätten. Es gebe keine sicheren Anhaltspunkte dafür, dass der Schuppen auf dem Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... auf das Einlageflurstück des Klägers überbaut gewesen sei. Zwar weise die alte Karte im nördlichen Bereich der nordöstlichen Grenze des Einlageflurstückes Flur ... Nr. ... des Klägers zum Einlageflurstück Flur ... Nr. ... keinen Versprung auf, während die neue Grenze zwischen den beiden Schuppen auf den Abfindungsflurstücken Flur ... Nrn. ... und ... nach Westen verspringe. Die Darstellung in der alten Karte könne jedoch nicht zuverlässig in die Örtlichkeit übertragen werden. Nach der alten Karte stehe auch der östliche Teil des Wohngebäudes des Klägers und der südliche Teil seines Schuppens auf dem Einlageflurstück Flur ... Nr. ... der Nachbarin. Unter diesen Umständen sei es sachgerecht gewesen, die Grenze entsprechend dem Besitzstand und damit den vorhandenen Gebäuden festzulegen. Auch die Abgrenzung des Abfindungsflurstückes Flur ... Nr. ... sei Ergebnis einer sachgerechten Abwägung. Zwar stehe sie im Widerspruch zur alten Katasterkarte. Diese sei aber fehlerhaft. Der alte Grenzverlauf lasse sich nicht zweifelsfrei ermitteln. Selbst wenn man unterstelle, dass in dem Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... eine Teilfläche des Einlageflurstückes Flur ... Nr. ... des Klägers aufgegangen sei, sei dies durch die Erschließungsfunktion der Straße gerechtfertigt, die vor dem Wohnhaus des Klägers ohnehin nur 2,10 bis 2,50 m breit sei.

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 27. Januar 2004 hat der Kläger am 23. Februar 2004 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er vor: Er habe das Einlageflurstück Flur ... Nr. ... im Jahr 1991 gutgläubig erworben und den Besitz entsprechend dem damaligen Zuschnitt angetreten. Dies sei bisher nicht ausreichend gewürdigt, insbesondere sei § 920 Abs. 1 BGB verkannt worden. Maßgeblich für die Abgrenzung sei danach der Besitzstand. Die Spruchstelle hätte die Grenze zwischen seinem Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... und dem Flurstück Flur ... Nr. ... der Ortsgemeinde nicht als Eigentumsgrenze festsetzen dürfen. Die Abfindung verstoße gegen § 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG, weil Hof- und Gebäudeflächen verändert worden seien, obwohl der Zweck der Flurbereinigung dies nicht erfordere. Die Abgrenzung zwischen den Flurstücken Flur ... Nrn. ... und ... sei vorgenommen worden, um Garagen auf dem Flurstück Flur ... Nr. ... zu erschließen. Diese seien ohne Genehmigung errichtet worden. Die vorhandene Gemeindestraße sei auch im Bereich des jetzigen Abfindungsflurstückes Flur ... Nr. ... überbaut worden. Dieser Überbau sei zu seinen Lasten unter Veränderung seiner Hof- und Gebäudeflächen legalisiert worden. Auch durch die Grenze zwischen dem Flurstück Flur ... Nr. ... und der Gemeindestraße "Am K." Flurstück Flur ... Nr. ... sei seine Hoffläche verändert worden.

Der Kläger beantragt,

ihm unter Abänderung des Flurbereinigungsplanes O. (Ortslage) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2004 unter Berücksichtigung des Klagevorbringens eine andere, wertgleiche Abfindung zuzuteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Klageerwiderung verweist er auf die Begründung des Widerspruchsbescheides. Ergänzend führt er aus: Ein gutgläubiger Erwerb in dem behaupteten Umfang sei nicht erfolgt. Denn das danach gutgläubig erworbene Grundstück enthalte Teilflächen einer Gemeindestraße und der gegenüberliegenden Garage. Insoweit sei eine Einigung mit der Verkäuferin nicht anzunehmen. Im Übrigen sei ohne weiteres zu erkennen gewesen, dass diese Flächen nicht zum Besitzstand der Verkäuferin gehört hätten. Auf eine etwaige Grenzverwirrung im alten Bestand komme es nicht an, weil der Besitzstand des Klägers 150 qm betragen habe und eine Herstellung der alten Grenze nicht erforderlich gewesen sei. Grenzänderungen gegenüber dem Altbesitz stünden im Einklang mit § 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG, da sie erforderlich seien, um die Erschließung der Anliegerflurstücke der Gemeindewege Flur ... Nrn. ... und ... zu gewährleisten.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keinen Antrag.

Wegen der weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, sowie auf zwei Hefte Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Der Kläger ist durch den Flurbereinigungsplan insoweit in seinen Rechten verletzt, als dieser durch den Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung vom 15. Januar 2004 geändert wurde, indem die Flurstücksgrenze zwischen den Flurstücken Gemarkung O. Flur ... Nr. ... und Flur ... Nr. ... als Eigentumsgrenze festgesetzt wurde.

Die Spruchstelle für Flurbereinigung ist nur befugt, den Flurbereinigungsplan zu ändern, soweit dies zur Abhilfe eines Widerspruches erforderlich ist, nicht aber soweit sie andere Änderungen für erforderlich hält. Dies folgt daraus, dass nach § 141 Abs. 1 Satz 3 FlurbG nur § 60 Abs. 1 Satz 3 und 4 FlurbG anwendbar sind, nicht aber Satz 2 (BVerwG, Urteil vom 8. November 1973 - VC 17.72 - in BayVBl. 1975, 49). Sie darf also nur solche Änderungen vornehmen, die aufgrund ihrer Prüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit der mit dem Widerspruchsbescheid angegriffenen Regelung zur Abhilfe des Widerspruches erforderlich sind. Hier war die vorgenommene Änderung nicht erforderlich, um dem Widerspruch abzuhelfen, mit dem geltend gemacht worden war, die Flurbereinigungsbehörde hätte die alte Grenze feststellen müssen und dann als neue Grenze ausweisen müssen, weil sonst ein unzulässiger Eingriff in Hofflächen vorliege. Der Widerspruch war zwar auf die Festsetzung einer bestimmten Eigentumsgrenze gerichtet, aber gerade auf die Festsetzung eines anderen Grenzverlaufes. Durch die Festsetzung der bisher gestrichelten Grenzlinie als Eigentumsgrenze wird die vom Kläger nicht gewünschte Grenze gerade verfestigt, und dem Kläger wird die Möglichkeit genommen, in einem Zivilrechtsstreit eine andere Grenzregelung zu erreichen. Damit wird dem Begehren des Klägers nicht entsprochen, so dass von einer Abhilfe nicht die Rede sein kann. Vielmehr tritt aus der Sicht des Klägers sogar eine Verschlechterung ein, zu der die Spruchstelle nicht befugt war. Soweit die Rechtsprechung (s. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1980 - 5 C 45.79 - in RdL 1981, 41) eine "reformatio in peius" im flurbereinigungsrechtlichen Widerspruchsverfahren für zulässig erklärt hat, bezog sich dies nicht auf die Befugnis der Widerspruchs-, sondern der Ausgangsbehörde nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG (s.a. allgemein zur Verschlechterung durch eine weisungsfreie Widerspruchsbehörde: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 28. April 2004 - 8 A 10366/04.OVG - = DVBl. 2004, 1051). Es war deshalb geboten, die von der Spruchstelle vorgenommene Änderung rückgängig zu machen und die fragliche Grenze klarstellend ausdrücklich als Grenze für die Durchführung der Flurbereinigung gemäß § 13 Abs. 2 Satz 4 FlurbG festzusetzen.

Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf eine weitergehende Änderung des Flurbereinigungsplanes. Denn er wird durch diesen danach nicht mehr in seinen Rechten verletzt. Vielmehr ist er gemäß §§ 44, 45 FlurbG für seine Einlageflurstücke mit Land von gleichem Wert abgefunden.

Die Landabfindung ist zutreffend bemessen (§ 44 Abs. 1 FlurbG). Der Kläger hat für sein Einlageflurstück Flur ... Nr. ... mit 150 qm und 105,00 Werteinheiten (WE) das Abfindungsflurstück Flur ... Nr. ... mit 163 qm und 114,10 WE erhalten. Die Mehrausweisung von 13 qm mit 9,10 WE blieb wegen Neumessungsdifferenz ohne Geldausgleich. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Flurbereinigungsbehörde zu Recht von einer Fläche des Einlageflurstückes von 150 qm ausgegangen. Denn dabei handelt es sich um die Flächenangabe im Liegenschaftskataster, die für die Größe des Grundstückes nach § 30 FlurbG in der Regel maßgeblich ist. Diese gesetzliche Vermutung hat der Kläger nicht widerlegt. Für eine Widerlegung reicht der Hinweis auf der Katasterkarte entnommene Maße ebenso wenig aus wie die Behauptung des gutgläubigen Erwerbs einer größeren Fläche (siehe auch Schwantag in Seehusen/Schwede, FlurbG, 7. Aufl., 1997, § 30 Rn. 2). Die Fläche von 150 qm wird im Übrigen durch die Angaben zur Entstehung des Grundstückes bestätigt. Denn das Flurstück Nr. ... entstand durch Vereinigung der früheren Flurstücke Nr. ... mit 20 qm und Nr. ... mit 106 qm sowie aufgrund einer Teilungsvermessung des Flurstückes Nr. 500 im Jahr 1848, durch die ihm etwa 25 qm zugeschlagen wurden. Danach ergäben sich etwa 151 qm (vgl. Schreiben des Katasteramtes Bad Kreuznach vom 17. Dezember 1999). Später ist ein Flächenzuwachs für das Grundstück nicht mehr eingetreten. Soweit der Kläger aus der Katasterkarte eine größere Fläche ermittelt, ist dies offensichtlich auf einen Zeichenfehler zurückzuführen (vgl. Stellungnahme des Katasteramtes a.a.O.).

Bei der Landabfindung wurden auch alle Umstände berücksichtigt, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung des Grundstückes wesentlichen Einfluss haben, insbesondere wurde auch der besondere Schutz von Hof- und Gebäudeflächen berücksichtigt (§§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG). Es ist nicht ausgeschlossen, dass durch die Neugestaltung im Flurbereinigungsverfahren Hofflächen des Klägers verändert wurden. Zwar ist das Abfindungsflurstück 13 qm größer als das Einlageflurstück. Da die alten Grenzen nicht hergestellt wurden, kann jedoch durchaus, insbesondere zu den angrenzenden Straßenflächen hin, eine Veränderung der Grenze zu Lasten der Eigentumsfläche des Klägers eingetreten sein. Eine solche Veränderung würde auch Hofflächen betreffen. Zwar dient das Grundstück des Klägers nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch Flächen, die die Nutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken sichern und insbesondere den ungehinderten Zugang zu Wohngebäuden gewährleisten, an dem besonderen Schutz für Hofflächen teilhaben (BVerwG, Urteil vom 30. September 1992 - 11 C 1.92 - in NVwZ-RR 1993, 274 = RdL 1993, 11; Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 30. Januar 1962 - 3 C 66/61 - in RdL 1963, 165). Dies ist nicht durch die Widmung dieser Flächen für den öffentlichen Verkehr ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob die Widmung von Eigentumsflächen des Klägers für den öffentlichen Verkehr ihren Schutz als Hofflächen ausschließen würde, wofür einiges spricht. Jedenfalls ist eine solche Widmung nicht nachgewiesen. Insbesondere ist sie im Bereich südlich des Hauses des Klägers zweifelhaft, wo sich nach seiner unbestrittenen Darstellung noch nach dem Erwerb durch ihn im Jahr 1991 ein Vorgarten befand, den er dann entfernt hat, um einen Abstellplatz für Pkw zu schaffen. Es kann nicht angenommen werden, dass die Fläche dieses Vorgartens dem öffentlichen Verkehr gewidmet war.

Eine eventuelle Veränderung von Hofflächen im Bereich der Abgrenzung zur Straße hin, die allein vom Kläger noch geltend gemacht wird, ist jedoch zulässig, weil der Zweck der Flurbereinigung sie erfordert. Der Zweck der Flurbereinigung ist nach § 1 FlurbG die Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Fortwirtschaft sowie die Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung durch Neuordnung des Grundbesitzes. Nach § 37 Abs. 1 FlurbG ist das Flurbereinigungsgebiet neu zu gestalten, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten sowie den Interessen der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung entspricht. Wege, Straßen und Gewässer und andere gemeinschaftliche Anlagen sind zu schaffen, Maßnahmen der Dorferneuerung können durchgeführt werden. Nach § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG müssen die Grundstücke durch Wege zugänglich gemacht werden. Die Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses vom 8. August 1994 führt ausdrücklich die Förderung der allgemeinen Landeskultur und Landentwicklung als Zweck auf. Außerdem wird angesprochen, dass es einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Ort sowie einer Regulierung, Vermarkung und Neuvermessung der Grundstücke bedarf. Dem so umschriebenen Zweck der Flurbereinigung entspricht die vorgenommene Neuabgrenzung des Abfindungsflurstückes Flur ... Nr. ... zur Straße hin. Dies gilt insbesondere an der südlichen Grenze zum Flurstück Nr. ..., wo bei einer Straßenbreite von 2,1 bis 2,5 m lediglich eine notdürftige Erschließung für die östlich an diese Straße angrenzenden Grundstücke gegeben ist. Es entspricht dem Zweck der Flurbereinigung, wenn zu Gunsten der Straße Hofflächen des Klägers in Anspruch genommen worden sind, um wenigstens diese Breite zu erreichen. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Straße westlich des Grundstückes des Klägers.

Die Veränderung der Hoffläche des Klägers ist auch erforderlich. Dabei liegt die Erforderlichkeit nicht bereits vor, wenn eine Maßnahme mit dem Zweck der Flurbereinigung übereinstimmt, aber auch nicht erst dann, wenn die Veränderung nach dem Verfahrenszweck unumgänglich notwendig ist. Vielmehr ist sie dann gegeben, wenn dem mit der Veränderung der Hoffläche angestrebten Zweck der Vorrang gegenüber dem besonderen Interesse des Eigentümers an der Hoffläche in den alten Grenzen zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1977 - 5 C 80.74 - in BVerwGE 55, 48 [51 ff.]). Hier kommt der Entschließung der weiter östlich an die Straße angrenzenden Grundstücke der Vorrang zu, zumal allenfalls eine geringfügige Änderung der Hoffläche in Betracht kommt, wie sich daraus ergibt, dass bei dem Kläger nicht nur kein Flächenverlust, sondern sogar ein Flächengewinn eintritt. Soweit der Kläger geltend macht, er habe früher vor seinem Haus einen Pkw abstellen können, ist nicht nachgewiesen, dass das innerhalb seiner Eigentumsgrenzen möglich gewesen ist. Zwar versagt hier das Kataster, so dass der genaue Verlauf der alten Grenze nicht festzustellen ist. Dennoch ergibt sich aus dem Flächenvergleich und den sonstigen Umständen, dass Grenzveränderungen nicht so schwerwiegend sein können, dass die Gleichwertigkeit von Einlage und Abfindung nicht gewährleistet ist, etwa weil das Einlageflurstück besser nutzbar war als das Abfindungsflurstück.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 147 Abs. 1 FlurbG. Es besteht keine Veranlassung, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2) aufzuerlegen. Die Höhe der vom Kläger zu zahlenden Gebühren ergibt sich aus § 11 GKG 1975.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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