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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.07.2005
Aktenzeichen: VGH N 25/04
Rechtsgebiete: LV, LPflG


Vorschriften:

LV Art. 49 Abs. 1
LV Art. 49 Abs. 3 Satz 1
LV Art. 1 Abs. 2
LPflG § 22 b
1. Setzt der Landesgesetzgeber mit der Ausweisung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH) und der Europäischen Vogelschutzgebiete Vorgaben des Europäischen Gemeinschafts- und des Bundesrechts um, wird insoweit die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV) verdrängt.

Die Landesverfassung bleibt Maßstab für die öffentliche Gewalt des Landes, soweit Gemeinschafts- und Bundesrecht hierfür Entscheidungsräume offen lassen .

2. Die Garantie kommunaler Selbstverwaltung gebietet, die Schutzbestimmungen nach § 22 b LPflG gemeindefreundlich auszulegen und anzuwenden.

Die Verpflichtung des Staates, das Wohlergehen des Einzelnen und der innerstaatlichen Gemeinschaften zu fördern (Art. 1 Abs. 2 LV), verbietet, den Belangen des Naturschutzes generellen Vorrang vor anderen berechtigten Anliegen der Menschen einzuräumen.


VERFASSUNGSGERICHTSHOF RHEINLAND-PFALZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

VGH N 25/04

In dem Normenkontrollverfahren

betreffend: §§ 22 a - 22 c des Landespflegegesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 12. Mai 2004 (GVBl. 2004, S. 275)

hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2005, an der teilgenommen haben

Präsident des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Meyer Präsident des Oberlandesgerichts Dr. Bamberger Präsident des Oberlandesgerichts Dury Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling Universitätsprofessor Dr. Dr. Merten Kreisverwaltungsdirektorin Kleinmann Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Dr. Freimund-Holler Landrätin Röhl Rechtsanwalt Sch.

für Recht erkannt:

Tenor:

§§ 22 a - 22 c des Landespflegegesetzes in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 12. Mai 2004 (GVBl. S. 275), einschließlich der Festsetzung der Schutzgebiete nach Anlage 1 Nr. 6914-301 und Anlage 2 Nr. 6914-401, soweit das Gebiet der Ortsgemeinde Scheibenhardt hiervon betroffen ist, sind mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 in der Fassung vom 8. März 2000 (GVBl. S. 65) vereinbar.

Gründe:

A.

Mit ihrem Normenkontrollantrag wendet sich die Antragstellerin gegen die mit dem Änderungsgesetz zum Landespflegegesetz - LPflG - vom 12. Mai 2004 (GVBl. S. 275) erfolgte Festsetzung von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung (sog. FFH-Gebiete) und von Europäischen Vogelschutzgebieten sowie gegen das hierzu angeordnete Schutzregime.

I.

Die §§ 22 a - 22 c LPflG dienen der Umsetzung der EG-Richtlinie vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG), ABl. L 103, S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 vom 14. April 2003 (ABl. L 122 S. 36) - Vogelschutzrichtlinie (VRL) - sowie der EG-Richtlinie vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (92/43/EWG), Abl. L 206, S. 7, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 vom 29. September 2003 (ABl. L 284, S. 1) - FFH-Richtlinie (FFH-RL) -. Beide Richtlinien verfolgen den Zweck, die biologische Vielfalt zu bewahren. Hierzu sollen bedeutende Rückzugsgebiete von europaweit gefährdeten Lebensräumen, Pflanzen und Tieren geschützt werden.

1. Mit der Vogelschutzrichtlinie wurden die Mitgliedsstaaten erstmals zur Erhaltung von Lebensräumen wildlebender Tiere verpflichtet. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL müssen die für die Erhaltung der 181 im Anhang I enthaltenen Vogelarten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten erklärt werden. Das Schutzgebietsystem der Vogelschutzrichtlinie wurde durch die 1992 verabschiedete Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie erweitert. Sie soll der Erhaltung der biologischen Vielfalt dienen und will dazu ein europaweites zusammenhängendes ökologisches Netz mit dem Namen "Natura 2000" schaffen. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate bestimmter Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II umfassen (Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 FFh-RL). Zu den Natura 2000-Gebieten gehören auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen Schutzgebiete (Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL). Ein "Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung" ist ein Gebiet, das in signifikantem Maße dazu beiträgt, einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I oder eine Art des Anhangs II in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder einen solchen wiederherzustellen, und in signifikantem Maße zur Kohärenz des Netzes "Natura 2000" und zur biologischen Vielfalt beitragen kann (Art. 1 Buchst. k FFH-RL).

Während die Vogelschutzrichtlinie die Mitgliedstaaten unmittelbar zu Schutzgebietsausweisungen verpflichtet, sieht die FFH-Richtlinie hierfür ein dreistufiges Verfahren vor: Zunächst hat jeder Mitgliedstaat nach den Kriterien in Anhang III FFH-RL eine Liste von schutzwürdigen Gebieten vorzulegen (Art. 4 Abs. 1 UAbs. 1 FFH-RL). In einer zweiten Phase erstellt die Europäische Kommission auf der Grundlage der Gebietsvorschläge der Mitgliedstaaten und nach den Auswahlkriterien in Anhang III - Phase 2 - im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten eine Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 2 FFH-RL). Im Anschluss daran haben die betreffenden Mitgliedstaaten die jeweils ausgewählten Gebiete schnellstmöglich als besondere Schutzgebiete auszuweisen und die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen (Art. 4 Abs. 4 FFH-RL).

Das Gebiet der Antragstellerin ist von der Festsetzung des "Bienwaldschwemmfächers" als FFH-Gebiet und des "Bienwalds und der Viehstrichwiesen" als Europäisches Vogelschutzgebiet betroffen. Benennung und Abgrenzung dieser Gebiete ging ein Auswahlverfahren im Land Rheinland-Pfalz voraus. Grundlage waren Gebietsvorschläge, die vom Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht nach den Kriterien der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie erstellt worden waren. Wesentlicher Grund für die Auswahl des "Bienwaldschwemmfächers" als FFH-Gebiet war die Einzigartigkeit als großflächiges Laubwaldgebiet mit Feuchtwäldern und alten Eichenwäldern auf Sanden, kleinflächigen Dünen, Bachauen mit Libellen sowie Wiesen-Biotopkomplexen mit Schmetterlingsvorkommen. Für die Auswahl des Gebiets "Bienwald und Viehstrichwiesen" zum Vogelschutzgebiet wurde auf das reichhaltige Mosaik seltener Biotoptypen und das dadurch bedingte Vorhandensein einer Vielzahl seltener und gefährdeter Vogelarten hingewiesen. Es seien Hauptvorkommen von neun Vogelarten nach der Vogelschutzrichtlinie nachgewiesen worden.

Im Rahmen des Auswahl- und Abgrenzungsverfahrens wurde die Öffentlichkeit einschließlich der betroffenen Kommunen beteiligt. Die Antragstellerin bat darum, die Gebietsgrenze nordöstlich der Ortslage im Interesse der künftigen Siedlungsentwicklung der Gemeinde um ca. 100 bis 200 m zu verschieben. Diesem Wunsch wurde deshalb nicht entsprochen, weil die mit Obstbaumreihen durchzogenen Felder auf den sandigen Schwemmfächerböden (im Nordosten) Lebensraum der von der Vogelschutzrichtlinie geschützten Arten Neuntöter, Wendehals, Grauspecht und Wiedehopf seien.

Mit Entscheidung vom 7. Dezember 2004 (ABl. L 382) hat die Kommission eine erste Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung der kontinentalen geographischen Region festgelegt. Sie beruht für Rheinland-Pfalz auf einer ersten Liste von Gebietsvorschlägen aus dem Jahr 2001. In Anhang I der Entscheidung ist für das Gebiet der Antragstellerin der "Bienwaldschwemmfächer" unter DE6914301 genannt. In der Begründung führt die Kommission aus, dass es sich um eine erste Gemeinschaftsliste handele, da die Gebietsvorschläge der Mitgliedsstaaten noch nicht vollständig seien.

2. Durch das Änderungsgesetz zum Landespflegegesetz vom 12. Mai 2004 hat der Landesgesetzgeber die Vorgaben der FFH-Richtlinie sowie der Vogelschutzrichtlinie in Landesrecht umgesetzt und damit die bundesrechtlichen Rahmenvorschriften in §§ 33 - 38 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ausgefüllt.

Nach § 22 a Abs. 2 Satz 1 LPflG werden die in Anlage 1 genannten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die in Anlage 2 genannten Europäischen Vogelschutzgebiete unmittelbar kraft Gesetzes unter Schutz gestellt, für das Gebiet der Antragstellerin der "Bienwaldschwemmfächer" (Nr. 6914-301 in Anlage 1) und das Gebiet "Bienwald und Viehstrichwiesen" (Nr. 6914-401 in Anlage 2). Nach § 22 a Abs. 2 Satz 3 sollen die jeweiligen Erhaltungsziele für die einzelnen Gebiete von der Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt werden. Die im Einzelnen erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen sollen dann von der oberen Landespflegebehörde im Benehmen mit den kommunalen Planungsträgern und unter Beteiligung der Betroffenen in Bewirtschaftungsplänen festgelegt werden (§ 22 a Abs. 2 Satz 4 LPflG). Die Durchführung der notwendig werdenden Einzelmaßnahmen zur Umsetzung des Bewirtschaftungsplans erfolgt durch vertragliche Vereinbarungen, notfalls durch Anordnungen der unteren Landespflegebehörde (§ 22 a Abs. 3 LPflG).

Das Vogelschutzgebiet "Bienwald und Viehstrichwiesen" erfasst nahezu das gesamte Gemeindegebiet der Antragstellerin; ausgenommen ist lediglich die bebaute Ortslage. Das FFH-Gebiet "Bienwaldschwemmfächer" rückt im Westen, Norden und Nordosten übereinstimmend mit dem festgesetzten Vogelschutzgebiet ebenfalls bis an die vorhandene Bebauung heran. Lediglich im Osten der Ortslage südlich der Landesstraße 545 ist eine größere Fläche im Bereich eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht in das FFH-Gebiet einbezogen. Dies gilt auch für den Süden der Ortslage.

Nach § 22 b Abs. 2 Satz 1 und Abs. 8 LPflG sind Projekte und Pläne, die zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgebiete führen können, auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Gebiets zu überprüfen. Ergibt die Prüfung eine erhebliche Beeinträchtigung, ist das Projekt unzulässig (§ 22 b Abs. 2 Satz 2 LPflG). Abweichend hiervon darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist und zumutbare Alternativen nicht gegeben sind (§ 22 b Abs. 3 LPflG). Die Verträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil des Verwaltungsverfahrens, in dem über die Projekte oder Pläne entschieden wird (§ 22 b Abs. 9 Satz 1 LPflG).

II.

Mit ihrem Normenkontrollantrag macht die Antragstellerin geltend, die §§ 22 a - 22 c LPflG seien verfassungswidrig, weil sie ihr Recht auf Selbstverwaltung einschließlich des Rechts auf angemessene Finanzausstattung (Art. 49 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV -) unzulässig beeinträchtigten. Dies gelte vor allem hinsichtlich der Abgrenzung des Gebiets. Sie sei nach dem vorgelegten Kartenmaterial zwar hinreichend bestimmt. In der Sache sei aber zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber darüber, was das Gemeinschaftsrecht zwingend vorschreibe, hinausgegangen sei. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden aber auch hinsichtlich der vom Gesetzgeber angestrebten Schutz- und Erhaltungsziele. Konkrete Schutzziele für die einzelnen Gebiete und Gebietsteile seien nicht festgelegt. Dies zwinge die kommunalen Planungsträger, im Rahmen der Bauleitplanung sämtliche FFH-Verträglichkeitsprüfungen mit großem, vor allem finanziellen Aufwand sowie erheblichen inhaltlichen und zeitlichen Unwägbarkeiten vorzunehmen. Eine vernünftige Bauleitplanung mit zumutbarem Aufwand sei so nicht mehr möglich. Aufgrund der Schutzgebietsausweisungen werde eine künftige Siedlungsentwicklung der Kommune vollständig verhindert, zumindest aber wesentlich erschwert. Wegen der topographischen Lage könne eine Siedlungsentwicklung nur in nordöstlicher Richtung erfolgen, in einem Gebiet von ca. 1,8 Hektar, das im Flächennutzungsplan als gemischte Baufläche (M) dargestellt werde. Durch das angegriffene Gesetz sei das Gemeindegebiet in einer Art "Rundumschlag" mit Schutzgebieten belegt worden. Dies stelle einen pauschalen und überproportionalen Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit dar. Im Übrigen fehlten im Gesetz klare und verbindliche Aussagen dazu, welche Kosten mit der Umsetzung von Natura 2000 entstünden, wer diese Kosten zu tragen habe und wie sich die Fördermöglichkeiten insbesondere aus Mitteln der EU konkret darstellten.

III.

1. Der Landtag äußert in seiner Stellungnahme bereits Zweifel an der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags, hält ihn aber jedenfalls für unbegründet. Die Ausweisung von Teilen des Gemeindegebiets der Antragstellerin als "Natura 2000"-Gebiet verstoße nicht gegen die Garantie kommunaler Selbstverwaltung. Die Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung und die dadurch bedingte Beeinträchtigung kommunaler Bauleitplanung beruhe auf Vorgaben des Bundesrechts sowie des Rechts der Europäischen Gemeinschaft, weshalb eine Verletzung der Landesverfassung ausscheide. Nach diesen Vorgaben seien Auswahl und Abgrenzung der Schutzgebiete zu Recht ausschließlich nach naturschutzfachlichen Kriterien erfolgt. Der geltend gemachte Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz liege nicht vor.

2. Die Landesregierung hält den Normenkontrollantrag ebenfalls für unbegründet. Soweit die Antragstellerin die Auswahl und Abgrenzung der Schutzgebiete angreife, habe sich der Gesetzgeber im Rahmen der Vorgaben des höherrangigen Rechts gehalten. Im Übrigen würden die Flächen durch die Schutzgebietsausweisung nicht der gemeindlichen Planung entzogen. Gerade die großflächige Ausweisung der Schutzgebiete könne die beabsichtigte Planung der Antragstellerin erleichtern. Wegen der Randlage des geplanten Baugebiets innerhalb des über 16.000 Hektar großen Schutzgebiets könne je nach Art der Planung bereits die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung im Sinne von § 22 b Abs. 2 Satz 2 LPflG bezweifelt werden. Darüber hinaus komme eine Ausnahme nach § 22 b Abs. 3 LPflG in Betracht. Letztlich bringe die gesetzliche Schutzgebietsausweisung für die Gemeinde nur Vorteile. Ohne die gesetzgeberische Klarstellung müsste das Gelände rund um Scheibenhardt als potentielles FFH-Gebiet bzw. als faktisches Vogelschutzgebiet gewertet werden mit der Folge, dass sogar ein noch strengeres Schutzregime als das nach Art. 6 Abs. 2 - 4 FFH-RL Anwendung finde.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat die Ortslage von Scheibenhardt, insbesondere den nordöstlichen Ortsrand der Gemeinde, in Augenschein genommen.

B.

Der Antrag ist zulässig.

Die Antragstellerin hat entsprechend Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV geltend gemacht, durch das Gesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung verletzt zu sein. Da die Schutzgebietsausweisung nahezu das gesamte Gemeindegebiet erfasst und im Wesentlichen nur den vorhandenen Baubestand ausgenommen hat, ist die Möglichkeit einer Verletzung ihrer Planungshoheit jedenfalls hinsichtlich der die Ortslage umgrenzenden Schutzgebietsflächen hinreichend dargetan (vgl. zur Beachtlichkeit der Planungshoheit im Fachplanungsrecht: BVerwGE 74, 124 [132]; 100, 388 [394]; UPR 1998, 459). Ob die angegriffene Regelung auf zwingenden Vorgaben des Gemeinschaftsrechts beruht, ist eine Frage der Begründetheit.

Ferner hat die Antragstellerin auch ein gegenwärtiges und unmittelbares Betroffensein durch die beanstandeten Regelungen dargetan. (vgl. zu diesem Erfordernis bei der Normenkontrolle: VerfGH Rh-Pf, AS 24, 321 [333]; 25, 194 [197]; zu den Kriterien selbst: VerfGH Rh-Pf, NJW 2005, 410). Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass das Schutzregime nach § 22 b LPflG auch vor Erlass der Rechtsverordnung nach § 22 a Abs. 2 Satz 3 LPflG Anwendung findet. Denn die Erhaltungsziele für das jeweilige Gebiet sind bereits aufgrund der gesetzlichen Schutzgebietsfestsetzung in Verbindung mit den ihr zugrunde liegenden Unterlagen in einem zur Anwendung der Verträglichkeitsprüfung nach § 22 b LPflG ausreichenden Ausmaß bestimmbar, werden durch die Rechtsverordnung also nur mehr konkretisiert. Nach der FFH-Richtlinie, deren Umsetzung die §§ 22 a und 22 b LPflG dienen, löst ebenfalls bereits die bloße Aufnahme eines Gebiets in die von der Europäischen Kommission festgestellte Liste der Gebiete für gemeinschaftliche Bedeutung das - § 22 b LPflG entsprechende - Schutzregime nach Art. 6 Abs. 2 - Abs. 4 FFH-RL (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) aus. In dieser Liste wird - ähnlich § 22 a Abs. 1 Satz 1 LPflG i.V.m. Anlagen 1 und 2 - nur das jeweilige Schutzgebiet benannt und im Übrigen auf die im Meldeverfahren vorgelegten Informationen zu den festgestellten Lebensraumtypen bzw. -arten verwiesen (vgl. die Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2004, ABl. L 382/1 f., Erwägungen (5), (6) und (10)).

Schließlich steht der Sachprüfung des Normenkontrollantrags auch der Grundsatz der Subsidiarität verfassungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 25, 194, 197) nicht entgegen. Denn insofern ist jedenfalls eine Vorabentscheidung des Verfassungsgerichtshofs entsprechend § 22 Abs. 3 Satz 2 VerfGHG geboten. Die Normenkontrolle der Antragstellerin ist von allgemeiner Bedeutung. Mit ihr wird die Gültigkeit der für eine Vielzahl von Gemeinden bedeutsamen Regelungen im Grundsatz geklärt. Insbesondere dient sie der Klärung, welchen landesverfassungsrechtlichen Anforderungen die öffentliche Gewalt des Landes bei der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben unterliegt und welcher Spielraum dem Landesgesetzgeber insoweit verbleibt.

C.

Der Normenkontrollantrag ist nicht begründet.

Die §§ 22 a - 22 c LPflG stehen mit den Vorgaben der Landesverfassung, soweit diese hier Anwendung finden, in Einklang.

I.

Zunächst genügen die angegriffenen Vorschriften in formeller Hinsicht den Anforderungen der Landesverfassung.

1. Das Land verfügt über die Gesetzgebungskompetenz für die Bestimmungen in §§ 22 a - 22 c LPflG.

a) Für die naturschutzrechtlichen Regelungen ist nach der Kompetenzverteilung im Grundgesetz das Land zur Gesetzgebung befugt (Art. 70 Abs. 1 GG, vgl. zu diesem landesverfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab: VerfGH Rh-Pf, AS 28, 440 [443 f.]).

Dem Bund steht gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 GG lediglich eine Kompetenz zur Rahmengesetzgebung zu. Die §§ 22 a - 22 c LPflG halten sich innerhalb des im Bundesnaturschutzgesetz (§§ 32 ff. BNatSchG) den Ländern vorgegebenen Rahmens (vgl. § 11 BNatSchG). § 22 a LPflG betrifft die innerstaatliche Ausweisung der FFH- und Vogelschutzgebiete. Die Vorschrift dient der Umsetzung der bundesrahmenrechtlichen Bestimmung in § 33 Abs. 2 BNatSchG und damit letztlich der Umsetzung der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie. Hinsichtlich der FFH-Gebiete besteht eine Verpflichtung zur Unterschutzstellung zwar erst mit Aufnahme eines Gebiets in die von der Europäischen Kommission erstellte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (§ 33 Abs. 2 BNatSchG, Art. 4 Abs. 4 FFH-RL). Diese Liste ist mit dem hier interessierenden Gebiet "Bienwaldschwemmfächer" erst mit Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2004, also nach Verkündung des Landesgesetzes, verabschiedet worden. Gleichwohl war das Land auch vor Eintritt der bundes- und europarechtlichen Unterschutzstellungsverpflichtung nicht gehindert, das FFH-Gebiet im Vorgriff auf die Kommissionsentscheidung festzusetzen.

b) Auch soweit der Gesetzgeber die Schutzgebietsausweisung in § 22 a Abs. 2 LPflG in Verbindung mit Anlagen 1 und 2 selbst vorgenommen und diesen Vorgang nicht exekutiver Normsetzung überlassen hat, ist dies von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Gesetzgeber dadurch nicht in den vom Gewaltenteilungsprinzip (Art. 77 Abs. 1 LV, vgl. hierzu: VerfGH Rh-Pf, AS 31, 85 [92]) verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortlichkeit eingegriffen (vgl. BVerfGE 95, 1 - Südumfahrung Stendal -). Zwar sieht das Landespflegegesetz in den §§ 18 - 22 vor, dass die Unterschutzstellung schutzwürdiger Landschaftsteile durch Rechtsverordnungen der Landespflegebehörden erfolgt. Dies schließt jedoch den Zugriff des Parlaments nicht aus, jedenfalls dann nicht, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen (vgl. BVerfGE 95, 1 [17]). Das ist hier der Fall. Vor dem Hintergrund der weitgehend bindenden Vorgaben durch das Gemeinschaftsrecht einerseits und des Ergebnisses der naturschutzfachlichen Ermittlungen der Fachbehörden andererseits war der Gesetzgeber bemüht, möglichst rasch Planungssicherheit für die Praxis herbeizuführen (vgl. die Begründung im Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks. 14/2877, S. 11). Angesichts des Abschlusses der vorbereitenden Auswahlverfahren, die sachgemäß nur von den Fachbehörden durchgeführt werden können, und des Ziels, alsbald über eine verlässliche und einheitliche Grundlage für die Verträglichkeitsprüfung zu verfügen, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber zusammen mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des Schutzregimes auch die Schutzgebietsfestsetzung selbst vorgenommen hat.

2. Die Regelungen in §§ 22 a - 22 c LPflG sind auch hinreichend bestimmt (vgl. zu den Anforderungen: VerfGH Rh-Pf, AS 29, 23 [29]; NJW 2005, 410 [411]). Dies ist in der mündlichen Verhandlung auch von der Antragstellerin nicht mehr bezweifelt worden.

Die Schutzgebietsausweisungen nach Anlage 1 zu § 22 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 6914-301 sowie Anlage 2 Nr. 6914-401 ermöglichen es zusammen mit dem nach § 22 a Abs. 4 LPflG niedergelegten Kartenmaterial hinreichend genau, die Betroffenheit der Antragstellerin festzustellen (vgl. zu der Verweisung auf Karten: BVerwG, NVwZ 2001, 1035).

Auch der Inhalt des mit der Gebietsausweisung ausgelösten Schutzregimes ist für die betroffene Gemeinde im Gesetz hinreichend bestimmt niedergelegt, jedenfalls ist er hinreichend bestimmbar. Wie bereits dargelegt, sind die Erhaltungsziele für die festgesetzten Schutzgebiete auch vor dem Erlass der Rechtsverordnung nach § 22 a Abs. 2 Satz 3 LPflG in einer die Verträglichkeitsprüfung ermöglichenden Art und Weise bestimmbar. Hierzu kann zunächst der in § 22 a Abs. 2 Satz 2 LPflG umschriebene Zweck der Unterschutzstellung herangezogen werden, nämlich die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in den Gebieten der Anlage 1 genannten natürlichen Lebensraumtypen oder Tier- und Pflanzenarten sowie der in den Gebieten der Anlage 2 genannten Vogelarten und ihrer Lebensräume. Was unter Erhaltung und günstigem Erhaltungszustand zu verstehen ist, ergibt sich aus den Begriffsbestimmungen in Art. 1 Buchst. a), e) und i) FFH-RL. Diese abstrakten Vorgaben lassen es zusammen mit den vorhandenen Meldeunterlagen zu, das konkrete Erhaltungsziel für das jeweilige Gebiet hinreichend genau zu bestimmen.

II.

Die Regelungen in §§ 22 a - 22 c LPFlG halten auch in materieller Hinsicht der landesverfassungsgerichtlichen Prüfung stand.

1. Der Landesgesetzgeber war durch das Recht der kommunalen Selbstverwaltung weder an der Ausweisung der Schutzgebiete noch an der Auferlegung des Schutzregimes nach § 22 b LPflG gehindert.

Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV garantiert den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten. Zum Bereich der eigenverantwortlich zu erledigenden Aufgaben zählt auch die Planungshoheit im Sinne der Befugnis, Art und Weise der Bodennutzung in der Gemeinde zu bestimmen (vgl. BVerfGE 56, 298 [317 f.] - Festsetzung von Lärmschutzbereichen durch Rechtsverordnung -; 76, 107 [121] - landesraumordnerische Festlegung von Industriestandorten -; Schröder, in: Grimm/Caesar, Art. 49 Rn. 10; Dreier, GG-Kommentar, Band II, 1998, Art. 28 Rn. 130). Das Recht der Selbstverwaltung besteht jedoch nur im Rahmen der Gesetze. Wird die Planungshoheit einer Gemeinde durch eine überörtliche Planung berührt, so ist dies nach Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV nur dann gerechtfertigt, wenn die Gemeinde zuvor angehört wurde und die Einschränkung der Planungshoheit durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht geboten ist (vgl. BVerfGE 56, 298 [313 f. und 320]; 76, 107 [119 f.]; ähnlich bereits für die Auflösung des individuellen Bestands einer Gemeinde: VerfGH Rh-Pf, AS 11, 73 [78, 92 und 101]).

Die Antragstellerin ist zwar in dem der gesetzlichen Schutzgebietsausweisung zugrunde liegenden fachbehördlichen Auswahlverfahren angehört worden. Ihr vorgetragenes Interesse, die Schutzgebiete nicht bis in unmittelbare Nähe der Bebauung auszudehnen, ist allerdings nur unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten erwogen worden. Eine umfassende Abwägung mit dem gemeindlichen Interesse an möglichst ungehinderter Bauleitplanung hat nicht stattgefunden.

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob das Ausblenden gemeindlicher Planungsinteressen auf der Ebene der Schutzgebietsausweisung in Verbindung mit dem dadurch ausgelösten Schutzregime nach § 22 b LPflG mit den Maßstäben der Landesverfassung vereinbar ist. Denn die insoweit bestehenden landesverfassungsrechtlichen Anforderungen werden durch höherrangiges Recht verdrängt.

Für das Bundesrecht folgt dies aus dem ihm in Art. 31 GG eingeräumten Vorrang. Folgt die landesgesetzliche Normsetzung zwingenden Vorgaben des (auch einfachen) Bundesrechts, setzen sich diese gegenüber entgegenstehendem Landesverfassungsrecht durch (vgl. Jutzi, in: Grimm/Caesar, a.a.O., Einleitung C Rn. 4 f.).

Für das Recht der Europäischen Gemeinschaft folgt die Verdrängung von Landesverfassungsrecht aus dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts, der im Grundsatz allgemein anerkannt ist und bundesverfassungsrechtlich auf der Integrationsermächtigung in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG beruht (vgl. EuGH, Rs 106/77, Slg. 1978, 629/643 ff. - Simmerthal II, Vorrang auch gegenüber nationalem Verfassungsrecht -; Streinz, Europarecht, 6. Auflage 2003, Rn. 179 ff. m.w.N.). Der grundsätzliche Vorrang des Gemeinschaftsrechts selbst gegenüber nationalem Verfassungsrecht wird auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geteilt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Januar 2001, EuZW 2001, 255 - zur nationalen Umsetzung sekundären Gemeinschaftsrechts -; BVerfGE 37, 271 [280] - Solange I -; 31, 145 [174] - Anerkennung der Hoheitsakte der zwischenstaatlichen Einrichtungen -). Er ist begründet in den Zustimmungsgesetzen zu den Gemeinschaftsverträgen, mit denen dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts der innerstaatliche Rechtsanwendungsbefehl erteilt worden ist (vgl. BVerfGE 73, 339 [375] - Solange II -).

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung allerdings klargestellt, dass eine unbegrenzte Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union nicht zulässig ist. Die Identität der geltenden Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland dürfe nicht durch Einbruch in ihr Grundgefüge aufgegeben werden (vgl. BVerfGE 73, 339 [375 f.]). Deshalb stellt sich auch bei Beurteilung des Anwendungsvorrangs von Gemeinschaftsrecht die Frage, ob die - jetzt in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG niedergelegten - grundgesetzlichen Schranken der Integrationsermächtigung gewahrt sind. Zum Grundgefüge der geltenden Verfassung rechnen zunächst die Rechtsprinzipien, die dem Grundsrechtsteil des Grundgesetzes zugrunde liegen (vgl. BVerfGE 73, 339 [375 f.]; vgl. zur Zurücknahme der Prüfungskompetenz: BVerfG, a.a.O., 387; BVerfGE 89, 155 [175] - Maastricht-Vertrag -). Darüber hinaus beansprucht das Bundesverfassungsgericht die Kontrolle derjenigen Grenze, die das Demokratieprinzip des Grundgesetzes der Verlagerung von Hoheitsrechten auf die Europäische Gemeinschaft setzt (vgl. BVerfGE 89, 155 [182 ff.]).

Die im Grundgesetz verankerte Garantie kommunaler Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) zählt dagegen nach allgemeiner Meinung nicht zu den integrationsfesten Prinzipien im Sinne von Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG (vgl. Nierhaus, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl. 2003, Art. 28 Nrn. 32 a und 32 b; Dreier, a.a.O., Art. 28 Rn. 33 m.w.N.; Tettinger in: von Mangoldt/Klein/ Starck, GG-Kommentar, Band 2. 2000, Art. 28 Rn. 146; Loewer, in: von Münch/Kunig, GG-Kommentar, Band 2, 3. Auflage 1995, Art. 28 Rn. 95; Blanke, DVBl. 1993, 819 [822 f.]; Papier, DVBl. 2003, 686 [691] - zu Art. 79 Abs. 3 GG -). Daneben wird aber die Auffassung vertreten, dass der in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG genannte Grundsatz der Subsidiarität auch verlange, die kommunale Selbstverwaltung zu berücksichtigen (vgl. Papier, a.a.O., 692; Nierhaus, a.a.O., Rn. 32 b; Schink, DVBl. 2005, 861 [865]). Die damit aufgeworfene Frage nach den grundgesetzlichen Schranken für die innerstaatliche Geltung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft braucht hier nicht vertieft zu werden; ihre Beantwortung wäre ohnehin dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten (vgl. Jutzi, a.a.O., Rn. 33). Denn auch nach der die Selbstverwaltungsgarantie im Rahmen des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG berücksichtigenden Auffassung wären dem innerstaatlichen Geltungsanspruch von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft nur dann Grenzen gesetzt, wenn den Kommunen kein eigenverantwortlich wahrnehmbarer Gestaltungsspielraum mehr verbliebe, gleichsam eine Art "europäischer Entmündigung" der Gemeinden stattfände (so: Papier, a.a.O.). Dies kann für die hier zu beurteilenden Regelungen zur Festsetzung von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäischer Vogelschutzgebiete einschließlich des dazu angeordneten Schutzregimes nicht angenommen werden. Denn den Kommunen bleibt trotz der hierdurch ausgelösten Beschränkung noch Raum für die Ausübung ihrer Planungshoheit. Damit bleibt es beim grundsätzlichen Vorrang der für diesen Bereich erlassenen gemeinschaftsrechtlichen Normen.

Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts erstreckt sich auch auf die Kontrolle solcher Landesgesetze, die zwingende gemeinschaftsrechtliche Vorgaben umsetzen (vgl. BVerfG, EuZW 2001, 255; Gellermann, in: Rengeling/Middeke/ Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl. 2003, § 35 Rn. 45). Umgekehrt bleibt die Landesverfassung allerdings Maßstab für die öffentliche Gewalt des Landes, soweit das Gemeinschaftsrecht Spielraum für die Umsetzung lässt, sei es für den Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung des Ausführungsgesetzes oder für die sonstigen Organe des Landes bei dessen Anwendung (vgl. BVerfG und Gellermann, jeweils a.a.O.; Dreier, a.a.O., Rn. 34).

b) Soweit die Antragstellerin rügt, ihr werde durch die Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung nach § 22 b LPflG ein unzumutbarer Aufwand für ihre Bauleitplanung aufgebürdet, scheidet ein Verstoß gegen Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV von vornherein aus. Denn mit dieser zusätzlichen Anforderung an Planung überhaupt und damit auch an die Bauleitplanung der Kommunen setzt der Landesgesetzgeber lediglich zwingende Vorgaben des Bundes- und des Gemeinschaftsrechts um (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 b) BauGB, §§ 34 und 35 BNatSchG sowie Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL). Bei dieser Steigerung des Aufwands gemeindlicher Bauleitplanung war der Landesgesetzgeber also nicht frei. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Regelung in § 22 b LPflG den Planungsaufwand für die Kommunen tatsächlich überhaupt erhöht hat oder ob nicht aufgrund der allgemeinen Pflicht zur Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes in der Bauleitplanung (vgl. §§ 1 a, 2 a BauGB, zum landespflegerischen Planungsbeitrag: §§ 17, 17 a LPflG) und der - wiederum europarechtlichen - Vorgaben zum Schutz so genannter potentieller FFH- oder faktischer Vogelschutzgebiete ein vergleichbarer Aufwand gefordert ist (vgl. hierzu: Möstl, DVBl. 2002, 726 [729 f.]; de Witt/Dreier, a.a.O., E Rn. 641).

c) Auch der Festsetzung der Schutzgebiete, gegen die sich die Antragstellerin vor allem wendet, lässt sich Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV nicht entgegenhalten.

aa) Bei der Festsetzung des FFH-Gebiets "Bienwaldschwemmfächer" (Nr. 6914-301) scheidet Art. 49 LV als Prüfungsmaßstab bereits deshalb aus, weil der die Ortslage von Scheibenhardt im Westen, Norden und Osten umgreifende und für die bauleitplanerischen Absichten der Antragstellerin maßgebliche Gebietsteil bereits durch die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden ist. Das im Anhang I unter dem Code DE6914301 aufgeführte Gebiet (vgl. ABl. L 382/105) entspricht der Meldung des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2001, die ohne Änderung in die Gemeinschaftsliste übernommen wurde. Die an die Mitgliedstaaten adressierte Entscheidung (vgl. deren Art. 2) ist für diese verbindlich (Art. 249 Abs. 4 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV -). Sie ist gemäß Art. 4 Abs. 4 FFH-RL durch Schutzgebietserklärungen umzusetzen, was innerstaatlich durch die Länder zu geschehen hat (§ 33 Abs. 2 BNatSchG). Dies ist hier bereits durch das Änderungsgesetz zum Landespflegegesetz vom 12. Mai 2004 geschehen. Wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts (vgl. speziell zu Entscheidungen der Kommission: Schroeder, in: Streinz (Hrsg.), EUV/EGV-Kommentar, 2003, Art. 249, Rn. 20 und 40 ff.) kann die Schutzgebietserklärung nach Anlage 1 zu § 22 Abs. 2 Satz 1 LPflG Nr. 6914-301 im Umfang der Festlegung in der Kommissionsentscheidung vom 7. Dezember 2004 nicht mehr landesverfassungsrechtlich in Frage gestellt werden. Im Übrigen löst bereits die Aufnahme des Gebiets in die Gemeinschaftsliste der Kommission gemäß Art. 4 Abs. 5 FFH-RL das Schutzregime des Art. 6 Abs. 2 bis Abs. 4 FFH-RL bzw. des § 34 BNatSchG (i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG) aus.

bb) Auch bei der Festsetzung des Vogelschutzgebiets "Bienwald und Viehstrichwiesen" in Anlage 2 zu § 22 a Abs. 2 LPflG Nr. 6914-401 hat der Gesetzgeber landesverfassungsrechtliche Anforderungen aus Art. 49 LV nicht verletzt.

(1) Dass die Auswahl und Abgrenzung des Gebiets allein nach naturschutzfachlichen Erwägungen erfolgt ist, also ohne Berücksichtigung bauleitplanerischer Interessen der betroffenen Gemeinden, beruht auf Vorgaben des Gemeinschaftsrechts mit der Folge der Verdrängung entgegenstehender Forderungen der Landesverfassung.

Nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 4 VRL sind die Mitgliedstaaten, innerstaatlich nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG die Bundesländer, verpflichtet, die für die Erhaltung der in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie genannten Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären. Nach Art. 4 Abs. 2 VRL muss mit den Lebensräumen der nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten in entsprechender Weise verfahren werden (vgl. EuGH, NuR 1994, 521 [522] - Santoña).

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes wie des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der besonderen Schutzgebiete zwar ein "gewisser Ermessensspielraum" zusteht, die Auswahlentscheidung sich jedoch ausschließlich an den ornithologischen Erhaltungszielen zu orientieren hat, die durch die Richtlinie festgelegt worden sind, wie z.B. die Anwesenheit der in Anhang I genannten Vögel (vgl. EuGH, a.a.O. - Santoña -). Eine Abwägung mit anderen Belangen, etwa den in Art. 2 VRL genannten Gründen wirtschaftlicher und freizeitbedingter Art, findet nicht statt (vgl. EuGH, NuR 1998, 538 [541] - Niederlande -). Art. 4 Abs. 1 UAbs. 4 VRL wird als Ergebnis einer bereits vom europäischen Richtliniengeber getroffenen Abwägungsentscheidung verstanden, die keiner weiteren Relativierung zugänglich ist (vgl. BVerwG, NVwZ 2004, 732 [735 m.w.N.] - A 73, Suhl -). Zusätzliche, aus der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung hergeleitete Anforderungen sollen keine Einschränkung der Umsetzungsverpflichtung aus Art. 4 Abs. 1 VRL rechtfertigen (vgl. EuGH, NVwZ 2001, 549 - Basse Corbières -). Dieser Vorrang des Gemeinschaftsrechts betrifft auch das aus der Selbstverwaltungsgarantie abgeleitete Gebot der Berücksichtigung gemeindlicher Planungsinteressen bei überörtlichen Fachplanungen.

Der in Art. 4 Abs. 1 VRL eingeräumte Ermessenspielraum bei Auswahl und Abgrenzung der Gebiete bezieht sich daher nur auf die naturschutzfachliche Beurteilung und betrifft insbesondere die Auswahl derjenigen Landschaftsräume, die im Verhältnis zu anderen Landschaftsteilen am besten die Gewähr für die Verwirklichung der Richtlinienziele bieten (vgl. EuGH, NuR 1998, 538 [541] - Niederlande -; BVerwG, NVwZ 2002, 1103 [1105 f.] - A 20 -). Von ausschlaggebender Bedeutung ist die ornithologische Wertigkeit des Gebiets, die nach quantitativen und qualitativen Kriterien zu bestimmen ist. Je mehr der in Anhang I aufgeführten Arten oder von Art. 4 Abs. 2 VRL erfassten Zugvogelarten in einem Gebiet in einer erheblichen Anzahl von Exemplaren vorkommen, desto höher wird der Wert als Lebensraum eingeschätzt. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung wird dem Gebiet beigemessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist (vgl. BVerwG, a.a.O. - A 20 -; auch: BVerwG, NVwZ 2004, 732 [734] - A 73, Suhl -). Als wissenschaftliches Erkenntnismittel für die Gebietsauswahl wird das unter der Abkürzung IBA bekannte und von Bird-Life-International und seinen nationalen Partnerorganisationen (in Deutschland der NABU-Naturschutzverband Deutschland) erstellte Verzeichnis der Gebiete von großer Bedeutung für die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Inventory of Important Bird Areas in the European Community) herangezogen (vgl. EuGH, NVwZ 2001, 549 [500] - Basse Corbières -; BVerwG, NVwZ 2004, 98 [99]). Die darin enthaltenen Angaben sprechen zwar nicht zwingend für eine Unterschutzstellung (vgl. BVerwG, NVwZ 2004, 732 [735] - A 73, Suhl -), ihre Stichhaltigkeit soll jedoch nur durch Vorlage abweichender wissenschaftlicher Stellungnahmen in Zweifel gezogen werden können (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2003, Slg 2003 I - 2202).

Vor dem Hintergrund dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ist die der Schutzgebietsfestsetzung zugrunde liegende Methode zur Auswahl und Abgrenzung der Gebietsteile, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof noch einmal eingehend dargelegt worden ist, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

(2) Auch was das Ergebnis der für die Schutzgebietsfestsetzung maßgeblichen naturschutzfachlichen Erwägungen anbelangt, kann der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen die Selbstverwaltungsgarantie in Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV nicht feststellen.

Da der Gesetzgeber die Schutzgebietsausweisung nach § 22 a Abs. 2 Satz 1 LPflG mit der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts (FFH- und Vogelschutzrichtlinien) begründet hat (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung LT-Drucks. 14/2877, S. 1), ist die dadurch bewirkte Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit in ihrem Ergebnis nur gerechtfertigt, wenn sie sich im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hält. Dementsprechend ist die gemeindliche Planungshoheit im Ergebnis dann verletzt, wenn und soweit die Schutzgebietsausweisung nicht durch die Verpflichtung nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 4 und Abs. 2 VRL gerechtfertigt ist.

Hinsichtlich dieser Schranke ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle allerdings begrenzt. Maßstab der verfassungsgerichtlichen Kontrolle ist allein die Landesverfassung. Die Vereinbarkeit des Gesetzes mit sonstigem höherrangigen Recht ist der landesverfassungsgerichtlichen Kontrolle grundsätzlich entzogen (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 28, 440 [445]; 29, 23 [49]). Ein landesverfassungsrechtlicher Maßstab ist nur dann berührt, wenn die zur Prüfung gestellte Norm offenkundig gegen höherrangiges Bundes- oder Gemeinschaftsrecht verstößt. Denn in diesem Fall liegt zugleich eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Landesverfassung vor (vgl. VerfGH Rh-Pf, a.a.O.). Das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 77 Abs. 2 LV verbietet nämlich den Erlass solcher Vorschriften, die evident gegen Bundes- oder sonstiges höherrangiges Recht verstoßen und deshalb offensichtlich keine Geltung beanspruchen können.

Einen solchen offenkundigen Verstoß gegen die Verpflichtungen nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 4 VRL, die für die Erhaltung der Arten nach Anhang I geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären, hat der Verfassungsgerichtshof nicht festgestellt. Die Landesregierung hat, gestützt auf die fachwissenschaftlichen Erhebungen des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht, dargelegt, weshalb das Gebiet "Bienwald und Viehstrichwiesen" als Vogelschutzgebiet im Sinne von Art. 4 Abs. 1 UAbs. 4 VRL identifiziert worden ist. Nach den vorgelegten Unterlagen sind in dem Gebiet neun Arten nach der Vogelschutzrichtlinie mit ihrem Hauptvorkommen und weitere zehn Arten mit einem Nebenvorkommen nachgewiesen. Die Vertreter des Landesamtes haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof zunächst in der Örtlichkeit und sodann anhand von Kartenmaterial verdeutlicht, dass auch die im Nordosten des Gemeindegebiets gelegenen, mit Obstbaumreihen durchzogenen Felder Lebensraum geschützter Vogelarten sind, und zwar des Grauspechts, des Wiedehopfs, des Wendehalses sowie des Neuntöters. Sie haben in diesem Zusammenhang auch dargelegt, warum das Schutzgebiet unmittelbar an die bebaute Ortslage herangeführt worden ist, und dies mit der dort festgestellten Vielfalt der Lebensräume und der Unempfindlichkeit der vorgefunden Vogelarten gegenüber Siedlungseinflüssen begründet. Letzteres erklärt auch, warum selbst bebaute Ortslagen in den Schutzbereich aufgenommen worden sind.

Die Antragstellerin hat diese Ausführungen nicht substantiiert in Frage gestellt. Sie hat nur allgemein bezweifelt, ob die Schutzgebietsfestsetzung in dem vorliegenden Ausmaß zwingend geboten gewesen sei. Damit hat sie indessen einen offenkundigen Verstoß des Landesgesetzgebers gegen die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts nicht dargetan. Die Vertreter der Landesregierung haben nachvollziehbar erläutert, warum die Ausweisung des Schutzgebiets so großflächig erfolgte. Hinsichtlich der naturschutzfachlichen Schutzwürdigkeit durfte neben den Feststellungen des Landesamtes auch berücksichtigt werden, dass das gesamte Gebiet unter der Bezeichnung RP 053 in das aktuelle IBA-Verzeichnis aufgenommen worden ist (vgl. www.nabu-rlp.de). Diesem Umstand kommt nach der oben zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Indizwirkung zu, wobei die Vertreter des Landesamtes in der mündlichen Verhandlung erläutert haben, den Vorschlägen der IBA-Liste nicht kritiklos gefolgt zu sein, sondern sie vielmehr deutlich unterschritten zu haben. Im Übrigen konnte bei der Abgrenzung des Vogelschutzgebiets auch auf die Grenzziehung des für den fraglichen Bereich gemeldeten FFH-Gebiets abgestellt werden.

Darüber hinaus hat der Landesgesetzgeber mit der großflächigen Ausweisung der Schutzgebiete einen zusätzlichen Zweck verfolgt, der durchaus im Interesse der betroffenen Gemeinden liegt. Bei Vorliegen eines sogenannten faktischen Vogelschutzgebiets verbietet die Rechtsprechung zu Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL jegliche Beeinträchtigung oder Störung des Gebiets, wenn nicht überragende Gemeinwohlbelange wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit hierfür streiten (vgl. BVerwGE, DVBl. 2004, 1115 [1120 m.w.N.] - Hochmoselübergang -). Liegen diese Voraussetzungen vor, wofür bei dem Gebiet "Bienwald und Viehstrichwiesen" nach den obigen Ausführungen einiges spricht, ermöglicht erst die förmliche Festsetzung als Europäisches Vogelschutzgebiet den Übergang in das Schutzregime nach Art. 6 Abs. 2 - Abs. 4 FFH-RL (§ 22 b Abs. 2 - 4 LPflG) und damit die Möglichkeit, gemeindliche Planungsinteressen auch unterhalb der oben beschriebenen Eingriffsschwelle zu verwirklichen. Diese Chance ist hier durch die angegriffene Regelung eröffnet worden.

d) Die Gültigkeit der angegriffenen Festsetzungen des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung "Bienwaldschwemmfächer" und des Europäischen Vogelschutzgebiets "Bienwald und Viehstrichwiesen" bedeutet indessen nicht, dass gemeindliche Planung gänzlich unmöglich oder auch nur unzumutbar erschwert wäre. Gerade weil auf der ersten Stufe der Ausweisung von Schutzgebieten - in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben - nur naturschutzfachliche Gesichtspunkte maßgebend waren, verlangt die Garantie kommunaler Planungshoheit um so mehr, auf der zweiten Stufe der Anwendung des Schutzregimes gemeinschaftsrechtlich eröffnete Spielräume zu nutzen, um die Entfaltung gemeindlicher Selbstverwaltung zu ermöglichen (vgl. zur grundgesetzlichen Pflicht zur Ausschöpfung europarechtlicher Entscheidungsspielräume: BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 -, europäischer Haftbefehl; vgl. zur Gefahr einer "europäischen Entmündigung": Papier, a.a.O., 692).

Nur dies wird der Bedeutung der in Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV garantierten kommunalen Selbstverwaltung gerecht. Sie ist wesentliches Fundament für den demokratischen Aufbau des Gemeinwesens. Mitgestaltung bei den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft schafft Identifikation und Vertrauen in die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Die Selbstverwaltung verlangt deshalb nach Möglichkeiten zu kraftvoller Betätigung (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 3, 34 [43]; BVerfGE 79, 129 [149 ff.]; Schröder, a.a.O., Art. 49 Rn. 1; Tettinger, a.a.O., Art. 28 Rn. 128). Dies gilt gerade auf dem Gebiet der Planungshoheit. Sie ist eines der wesentlichen Elemente, um die zukünftige Entwicklung der Gemeinde im Interesse ihrer Bürger zu beeinflussen. Dem muss die Ausgestaltung und die Anwendung des staatlichen Rechts Rechnung tragen. Wenn der Schutz bedrohter Lebensräume und Arten in einem zweigestuften Verfahren ausgestaltet wird, auf dessen erster Stufe zunächst einmal ausschließlich naturschutzfachliche Gesichtspunkte Berücksichtigung finden, muss auf der zweiten Stufe die Möglichkeit eröffnet werden, auch gegenläufige Interessen an der Nutzung des Bodens, insbesondere gemeindliche Planungsinteressen mit dem ihnen zukommenden Gewicht zur Geltung zu bringen (vgl. zu der vergleichbaren Schutzsystematik im Denkmalschutzrecht, dort bezogen auf das Eigentumsrecht: BVerfGE 100, 226 [242]). Dies bedeutet keine Entwertung der Naturschutzbelange. Es schafft nur Raum, um keineswegs minder legitimen anderen Interessen angemessen Rechnung zu tragen. Denn der Staat trägt nicht nur Verantwortung für den Schutz von Natur und Umwelt (Art. 69 LV). Wie im Text der Verfassung besonders hervorgehoben, trifft ihn vor allem die Aufgabe, das Wohlergehen des Einzelnen und der innerstaatlichen Gemeinschaften zu fördern (Art. 1 Abs. 2 LV). Von daher verbietet sich, den Belangen des Naturschutzes generellen Vorrang auch vor noch so berechtigten Anliegen der Menschen und ihrer naheliegenden Bedürfnisse einzuräumen. Gerade eine aus naturschutzfachlichen Gründen großräumig erfolgte Ausweisung von Schutzgebieten darf deshalb einer vernünftigen und abgewogenen Weiterentwicklung der Gemeinde nicht entgegenstehen.

§ 22 b LPflG und - dahinter stehend - Art. 6 Abs. 2 - 4 FFH-RL sind offen für die Berücksichtigung legitimer Planungsinteressen der Gemeinden auf der zweiten Stufe der Durchführung des Schutzregimes. Die vielfältigen unbestimmten Rechtsbegriffe lassen eine gemeindefreundliche Auslegung zu. Hierzu sind die Rechtsanwender nach Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV verpflichtet. Dabei kann bereits die - auf das gesamte Schutzgebiet bezogene - Verträglichkeitsprüfung ergeben, dass die beabsichtigte Planung je nach der konkreten Art ihrer Ausführung einschließlich Maßnahmen zur Begrenzung schädlicher Auswirkungen nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Schutzgebiete führt mit der Folge der Zulässigkeit der Planung. Diese Möglichkeit haben die Vertreter der Landesregierung gerade für die Randbereiche der großflächigen Schutzgebiete "Bienwaldschwemmfächer" und "Bienwald und Viehstrichwiesen" nachvollziehbar aufgezeigt. Gerade hier trifft die staatliche Behörde eine besondere Verantwortung, legitimen Interessen der Gemeinden Rechnung zu tragen. Dies schließt auch Beratungsleistungen der Fachbehörde ein, um den Planungsaufwand der Gemeinde von vornherein zu beschränken bzw. nicht über das bereits nach bislang geltendem Recht erforderliche Maß (vgl. § 2 Abs. 4 BauGB - Umweltprüfung -, § 17 LPflG - landespflegerischer Planungsbeitrag -) hinaus über Gebühr zu erhöhen.

Ergibt die Verträglichkeitsprüfung selbst bei gemeindefreundlicher Handhabung, dass eine gemeindliche Planung zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Schutzgebiets führt, so ist die Planung zwar grundsätzlich unzulässig (§ 22 b Abs. 2 Satz 2 LPflG, § 34 Abs. 2 BNatSchG, Art. 6 Abs. 3 FFH-RL). Aber damit ist ihre Realisierung nicht ausgeschlossen. Denn das Vorhaben kann im überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt sein. "Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses" im Sinne von § 22 b Abs. 3 Nr. 1 LPflG (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL) sind nicht nur beim Vorliegen von Sachzwängen gegeben, denen niemand ausweichen kann. Das Merkmal zielt vielmehr auf ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (vgl. BVerwG, NVwZ 2004, 732 [737] - A 73, Suhl -). Es ermöglicht einen Ausgleich zwischen den durch die Schutzgebietsfestsetzung anerkannten Belangen des Naturschutzes mit den nicht minder legitimen Nutzungsinteressen der Menschen. Nach § 22 b Abs. 3 LPflG (§ 34 Abs. 3 BNatSchG, Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL) können alle "zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art", die an sich unverträgliche Planung rechtfertigen, sofern eine zumutbare Alternative nicht gegeben ist. Hierzu zählen auch alle städtebaulichen Planungsanliegen einer Gemeinde, wenn sie nur von hinreichendem Gewicht sind (vgl. de Witt/Dreier, a.a.O., Rn. 611; Möstl, a.a.O.). Das Gemeinschaftsrecht gibt nichts dafür her, dass gemeindliche Planungsinteressen vom öffentlichen Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL ausgenommen wären. Die Alternativenprüfung kann sich bei der Bauleitplanung grundsätzlich nur auf das jeweilige Gemeindegebiet beziehen, weil der Kommune darüber hinaus - von dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrages oder der Bildung eines Planungsverbandes abgesehen - keine Planungsmöglichkeiten offen stehen (vgl. Möstl, a.a.O.; de Witt/Dreier, a.a.O., Rn. 603; Louis/Wolf, NuR 2002, 455 [458]; Halama, NVwZ 2001, 506 [511]).

Der Verfassungsgerichtshof hat aufgrund der Ortsbesichtigung einen Eindruck von dem vorhandenen Baubestand in der Gemeinde und dem Zustand der unmittelbar angrenzenden und unter Schutz gestellten Freiflächen gewonnen. Danach hält er die Absicht der Antragstellerin für in hohem Maße nachvollziehbar, die nordöstlich der Bebauung zwischen der Kreisstraße 16 und der Landesstraße 545 gelegene Fläche entsprechend der Darstellung im Flächennutzungsplan für eine Bebauung vorzusehen. Das Gelände befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche. Aufgrund der bereits vorhandenen Bebauung, die eine unterschiedliche Tiefe zur Landesstraße aufweist, bietet sich eine Abrundung der Ortslage in diesem Bereich geradezu an. Sollte die von der Antragstellerin hier zu entwickelnde Planung wegen der Randlage in den Schutzgebieten nicht bereits die Erheblichkeitsschwelle nach § 22 b Abs. 2 LPflG unterschreiten, so verleiht Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV dem Interesse der Gemeinde, in diesem Bereich für ihre Gemeindebürger - insbesondere junge Familien - Bauland auszuweisen, jedenfalls im Rahmen der Ausnahmeklausel in § 22 b Abs. 3 LPflG ein starkes Gewicht, das auch den Erhaltungszielen für die Gebiete standhalten kann.

2. Die Regelungen nach §§ 22 a und 22 b LPflG verletzen die Antragstellerin auch nicht in ihrer Finanzhoheit.

Art. 49 LV gewährleistet den Gemeinden nicht nur allgemein das Recht der Selbstverwaltung, sondern garantiert ihnen - als spezielle Ausprägung - auch die gemeindliche Finanzhoheit (Art. 49 Abs. 6 LV i.d.F. des Gesetzes vom 14. Juni 2004, GVBl. S. 321 -; Art. 49 Abs. 5 LV a.F.). Danach hat das Land den Gemeinden und Gemeindeverbänden die zur Durchführung der eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern und ihnen die für ihre freiwillige öffentliche Tätigkeit in eigener Verantwortung zu verwaltenden Einnahmequellen zur Verfügung zu stellen. Die Kommunen haben Anspruch auf eine angemessene Finanzausstattung (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 23, 429 [430]; 19, 339 [340 f.]; 15, 66 [68]).

Soweit die Antragstellerin rügt, die Schutzgebietsausweisungen führten zu einem unzumutbaren Planungsaufwand, wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Gemeinden schon nach bislang geltendem Recht umfänglichen Prüfungspflichten im Interesse des Umweltschutzes unterliegen, weshalb die durch § 22 b LPflG zusätzlich verlangten Prüfungen auch unter Kostengesichtspunkten nicht zwingend zu unangemessenen Mehrbelastungen führen. Hinzu kommt die Möglichkeit, durch Inanspruchnahme des Sachverstandes bei den Behörden des Landes, hier insbesondere beim Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht, die kostenintensive Beauftragung externer Gutachter zu vermeiden. Sollte der verlangte Prüfungsaufwand dennoch zu einer verfassungswidrigen Unterdeckung kommunaler Finanzmittel führen, so beträfe dies im Übrigen nicht die - hier allein streitgegenständliche - Sachregelung, sondern das Gesamtsystem des Lasten- und Finanzausgleichs als solches (vgl. VerfGH Rh-Pf, AS 23, 429 [431]). Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 22 a und 22 b LPflG bleibt hiervon unberührt.

Soweit die Antragstellerin finanzielle Lasten durch Erhaltungsmaßnahmen zugunsten der Schutzgebiete befürchtet, können diese erst bei Umsetzung der Bewirtschaftungspläne nach § 22 a Abs. 2 Satz 4 LPflG entstehen. Diese Umsetzung soll vorrangig durch vertragliche Vereinbarungen geschehen (§ 22 a Abs. 3 Satz 1 LPflG) und wird in erster Linie die Eigentümer und Nutzungsberechtigten der betroffenen Grundstücke treffen (vgl. zu diesem Modell kooperativen Naturschutzes: Braun, NuR 2005, 87 [91]). Die Bewirtschaftungspläne sind nicht Gegenstand der Normenkontrolle (vgl. zu deren Aufstellung: Schmidt, Gemeinde und Stadt 2005, 107). Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Umsetzung der Erhaltungsziele für die jeweiligen Gebiete einschließlich der Kostenregelung den Bewirtschaftungsplänen und den hierzu ergehenden Durchführungsmaßnahmen vorbehält (vgl. hierzu, auch mit Hinweisen auf Förderprogramme der EU: Schmidt, a.a.O.).

3. Schließlich genügt die ebenfalls angegriffene Verordnungsermächtigung in § 22 c LPflG, die lediglich Änderungen der Schutzgebietsausweisungen in den Anlagen 1 und 2 zu § 22 a Abs. 2 LPflG betrifft, den verfassungsrechtlichen Anforderungen nach Art. 110 Abs. 1 LV.

Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Jeder Beteiligte trägt seine eigenen Auslagen selbst; hiervon gemäß § 21 a Abs. 3 VerfGHG abzuweichen, besteht kein Anlass.



Ende der Entscheidung

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