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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 1 A 397/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
1. Beruht das angefochtene Urteil auf zwei selbständig tragenden Gründen (Mehrfachbegründung), darf die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes der beiden Gründe ein Zulassungsgrund besteht.

2. Für die Fortsetzungsfeststellungsklage besteht kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat.

3. Die Kollegialgerichtsregel ist grundsätzlich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten (ausnahmsweise) auch im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes anwendbar.


Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. August 2007 - 2 K 239/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird - auch - für das Zulassungsverfahren auf 20.718,43 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil bleibt ohne Erfolg.

Durch diese Entscheidung wurde das Begehren des Klägers zurückgewiesen, festzustellen, dass die Übertragung der zum 1.4.2006 ausgeschriebenen Stelle der Besoldungsgruppe A 11 auf den Mitbewerber G rechtswidrig war.

Der Kläger hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Bestehens grundsätzlicher Bedeutung im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht ausreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage auf zwei selbständige Gründe gestützt. Zum einen hat es die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) "bereits (als) unzulässig" erachtet, "weil der Kläger kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der von ihm begehrten Feststellung hat" (Seiten 7 bis 9 des Urteils). Zum anderen hat es ausgeführt, dass das Feststellungsbegehren "ungeachtet des fehlenden Feststellungsinteresses ... aber auch in der Sache keinen Erfolg" hätte. Zur Begründung hat es insoweit unter zulässiger Bezugnahme (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 10.5.2006 - 2 F 40/06 - und den Beschluss des Senats vom 20.6.2006 - 1 W 27/06 - verwiesen (Seite 10 des Urteils).

Beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts mithin auf zwei selbständig tragenden Gründen (Mehrfachbegründung), darf die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes der beiden Gründe ein Zulassungsgrund besteht vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33 = NVwZ-RR 2004, 542; VGH München, Beschluss vom 30.10.2003 - 1 ZB 01.1961 -, NVwZ-RR 2004, 391; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. (2007), § 133 Rn 14.

Mit der materiell-rechtlichen Begründung der Klageabweisung setzt sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung vom 18.9.2007 in keiner Weise auseinander, so dass der Zulassungsantrag schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben kann.

Unabhängig davon ist die Verneinung eines berechtigten Interesses im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht richtig, da sich der Verwaltungsakt (Ablehnung der Übertragung der ausgeschriebenen Stelle nach Besoldungsgruppe A 11 auf den Kläger) durch die Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Mitbewerber am 30.6.2006 bereits vor Klageerhebung (9.8.2006) erledigt hatte; dies entspricht gefestigter Rechtsprechung vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 18.5.2004 - 3 B 117/03 -, dokumentiert bei juris, sowie Urteile vom 27.3.1998 - 4 C 14/96 -, BVerwGE 106, 295 = NVwZ 1998, 1295, und vom 20.1.1989 - 8 C 30/87 -, BVerwGE 81, 226 = NJW 1989, 2486, wobei unerheblich ist, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung Kenntnis vom Eintritt der Erledigung hatte. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob im Rahmen einer Feststellungsklage "Teilaspekte wie die Rechtswidrigkeit eines Ablehnungsbescheides außerhalb des Schadensersatzprozesses geklärt werden können", ist bei Verneinung des Feststellungsinteresses aus den genannten Gründen nicht entscheidungserheblich.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Feststellungsbegehren auch in der Sache unbegründet ist. Es ist nämlich bereits mit Blick auf die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen Entscheidungen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10.5.2006 - 2 F 40/06 - und Beschluss des Senats vom 20.6.2006 - 1 W 27/06 -, eindeutig, dass dem Beklagten keine zum Nachteil des Klägers rechtswidrige Beförderungsauswahl zum Vorwurf gemacht werden kann. Zum einen hält der Senat an seiner im Beschluss vom 20.6.2006 - 1 W 27/06 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die angegriffene Beförderungsauswahlentscheidung rechtsfehlerfrei ist. Zum anderen wird der Beklagte durch die (sogenannte) Kollegialgerichtsregel entlastet, wonach ein Verschulden entfallen kann, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig gebilligt hat. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten eine bessere Rechtseinsicht als von einem Kollegialgericht nicht erwartet und verlangt werden kann vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 16/06 -, NVwZ 2003, 1397 = ZBR 2003, 420 = DÖD 2003, 202.

Anderes kann nur dann gelten, wenn die kollegialgerichtliche Billigung auf der Beantwortung einer Rechtsfrage beruht, die für die Behörde keine Rolle gespielt hat oder wenn das Kollegialgericht bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 25.3.1988 - 4 C 21/85 -, Buchholz 406.16 Grundeigentumsschutz Nr. 47 = NVwZ 1989, 667, sowie Beschluss vom 9.8.1990 - 1 B 94/90 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 220 = NVwZ 1991, 270.

Die Kollegialgerichtsregel ist grundsätzlich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten (ausnahmsweise) auch im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes anwendbar, weil hier das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG von den Gerichten eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Anspruchs auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl fordert, da unterlegenen Bewerbern regelmäßig nur dieses Verfahren zur Verfügung steht BVerwG, Urteil vom 17.8.2005 - 2 C 37/04 -, NVwZ 2006, 212 = ZBR 2006, 89.

So liegt der Fall. In den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Senats hat eine eingehende, an Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der zu Ungunsten des Klägers ausgefallenen Auswahlentscheidung stattgefunden. Eine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Beklagten ist nach alldem nicht annehmbar.

Der Berufungszulassungsantrag muss demgemäß zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 47 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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