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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 1 Q 2/03
Rechtsgebiete: VwGO, BBG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
BBG § 79
BBG § 200
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. November 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 12 K 90/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.549,35 Euro (dies entspricht 4.986,09 DM) festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes bleibt ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil das Begehren des Klägers zurückgewiesen, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.986,09 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Der genannte Schaden entstand dadurch, dass das private Fahrzeug des Klägers, das dieser am 4.12.2000 während seiner Dienstzeit befugtermaßen auf dem Gelände der Graf-Werder-Kaserne in Saarlouis, wo sich seine Dienststelle befindet, abgestellt hatte, von Unbekannten durch linienförmige Kratzer rundherum - offenkundig mutwillig - beschädigt worden war.

Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen im Schriftsatz vom 17.2.2003 gibt keine Veranlassung, das erstinstanzliche Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Aus diesem Vorbringen folgen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch stellt sich eine Frage grundsätzlicher Bedeutung im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Unter den vom Kläger angeführten Gesichtspunkten ergeben sich keinerlei Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.

Unhaltbar ist die - soweit für den Senat ersichtlich - erstmals im Zulassungsverfahren vorgetragene Ansicht des Klägers, er sei von dem Gewaltakt - dem mutwilligen Zerkratzen seines Fahrzeugs - "in Ausübung seines Dienstes" betroffen.

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen in den streitgegenständlichen Verwaltungsentscheidungen vom 29.3.2001 und 29.6.2001 und dem angefochtenen Urteil Nr. 1 der auf der Grundlage von § 200 BBG erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 79 BBG vom 28. November 1986 (VMBl 1987, Seite 154 = GMBl 1986, Seite 632). Darin heißt es:

"Sind durch einen Gewaltakt, der sich gegen staatliche Amtsträger, Einrichtungen oder Maßnahmen richtet, Sachen eines Beamten, seiner Familienangehörigen oder der mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen, so kann dafür Ersatz geleistet werden, wenn der Beamte von dem Gewaltakt in Ausübung des Dienstes oder im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Stellung betroffen ist."

Das Parken des klägerischen Fahrzeugs auf dem behördeneigenen Parkplatz erfolgte nicht in Ausübung des Dienstes im Verständnis der zitierten Verwaltungsvorschrift. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten gebietet es nämlich nicht, Parkmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge der Beamten überhaupt zur Verfügung zu stellen. Es ist grundsätzlich Sache des Beamten selbst, entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln - falls nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad - zum Dienst oder vom Dienst nach Hause zu gelangen oder, falls er ein Kraftfahrzeug benutzt, sich selbst um eine - gegebenenfalls auch entgeltliche - Unterbringungsmöglichkeit zu bemühen vgl. dazu u.a. Plog-Wiedow (Lemhöfer), Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Stand: August 2001, Rdnr. 18 zu § 79; OVG Lüneburg, Urteil vom 12.12.1995, NJW 1996, 2591 = IÖD 1996, 161 = RiA 1997, 39.

Von daher liegt das Abstellen des Privatfahrzeugs auf einem geeigneten - auch behördeneigenen - Parkplatz vor dem Beginn der Dienstausübung und erfolgt somit nicht in Ausübung des Dienstes, wie dies als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal in Nr. 1 der einschlägigen Verwaltungsvorschrift vorausgesetzt wird.

Im weiteren kann der Kläger sein Schadensersatzbegehren nicht auf die Verletzung von Obhutspflichten der Beklagten stützen. Die Schutzpflicht des Dienstherrn erfasst insoweit nur diejenigen Sachen des Beamten, die dieser notwendig und im üblichen Rahmen zum Dienst mitbringt. Für den Dienst notwendig und damit dienstlich veranlasst in diesem Sinne ist die Verwendung privater Gegenstände des Beamten durch diesen im Dienst dann, wenn dies der Dienstherr ausdrücklich anordnet oder er jedenfalls die Verwendung zu dienstlichen Zwecken, etwa bei einem Kraftfahrzeug, anerkennt vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 22.9.1993 - 2 C 32/91 -, BVerwGE 94, 163 = NJW 1995, 271 = ZBR 1994, 229 = DÖD 1994, 261.

Diese Voraussetzungen liegen bei dem vom Kläger als bloßes Transportmittel zum Erreichen der Dienststelle genutzten privaten Pkw eindeutig nicht vor.

Soweit der Dienstherr - wie hier - Parkmöglichkeiten zur Verfügung stellt, ist er gegenüber den Beamten durch seine Fürsorgepflicht zwar gehalten, für einen verkehrssicheren Zustand entsprechend den zivilrechtlichen Grundsätzen zur Verkehrssicherungspflicht zu sorgen vgl. u.a. Plog-Wiedow (Lemhöfer), a.a.O., § 79 Rdnr. 18; siehe zum Arbeitsrecht u.a. BAG, Urteil vom 25.5.2000 - 8 AZR 518/99 -, NJW 2000, 3369.

Dagegen braucht er für etwaige Diebstähle oder trotz verkehrssicheren Zustandes eintretende Schäden nicht aufzukommen, vorbehaltlich weitergehender Selbstbindung des Ermessens vgl. Plog-Wiedow (Lemhöfer), a.a.O..

Eine solche Ermessensselbstbindung ist durch die zitierte Verwaltungsvorschrift betreffend Ersatzleistungen für durch Gewaltakte erlittene Sachschäden erfolgt. Das dem Dienstherrn in diesen Fällen eingeräumte Ermessen bezieht sich auf den Grund und die Höhe der Ersatzleistung vgl. Plog-Wiedow (Lemhöfer), a.a.O., § 79 Rdnr. 18 b.

Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger für die anspruchsbegründenden Tatsachen in vollem Umfang beweispflichtig ist und er den Beweis dafür, dass die Beschädigung seines Fahrzeugs auf seine dienstliche Stellung als Leiter der Truppenverwaltung zurückzuführen ist, nicht erbracht hat. Auch wenn eine gezielte Aktion gegen den Kläger nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, weil er kurz zuvor eine seines Erachtens vorschriftswidrige Bewirtschaftung des Unteroffiziersheims beanstandet hatte mit der Folge, dass der Gemeinschaftskasse der Unteroffiziere ein dauerhafter Einnahmeverlust drohte, erscheint ein Akt von ungezieltem Vandalismus selbst unter Berücksichtigung der eingeschränkten Zutrittsmöglichkeiten auf das Kasernengelände ebenso wenig völlig unwahrscheinlich wie ein privater Racheakt ohne jeden dienstlichen Hintergrund vgl. dazu betreffend eine vergleichbare Fallkonstellation BVerwG, Urteil vom 18.1.1996 - 2 C 28/94 -, Buchholz 237.2 § 42 BlnLBG Nr. 3 = DÖD 1996, 290 = NVwZ-RR 1997, 426.

In welcher Weise der Dienstherr seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht im Hinblick auf Sachschäden der hier zu erörternden Art gerecht wird, liegt grundsätzlich in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Der Dienstherr ist befugt, die ihm durch das Gesetz eingeräumte Gestaltungsfreiheit bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht durch Verwaltungsvorschriften für bestimmte Fallgruppen nach generellen Gesichtspunkten zu binden vgl. BVerwG, Urteil vom 18.1.1996, a.a.O..

Er hält sich noch innerhalb des ihm zustehenden Ermessensrahmens, wenn er die Ersatzpflicht für Schäden an Fahrzeugen seiner Beamten, die nach deren persönlicher Entscheidung als Transportmittel zur Dienststelle eingesetzt und während der Dienstzeit unbeaufsichtigt auf vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten Parkflächen abgestellt werden, gemäß der zitierten Verwaltungsvorschrift vom Nachweis einer gezielten Gewaltaktion im Zusammenhang mit der dienstlichen Stellung des Beamten abhängig macht.

Soweit der Kläger die Durchführung eines Berufungsverfahrens wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache anstrebt (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung einer klärungsbedürftigen Frage, deren Beantwortung in verallgemeinerungsfähiger Form über den Einzelfall hinaus Auswirkungen für die Rechtssicherheit, die Einheit der Rechtsordnung oder die Fortbildung des Rechts haben könnte vgl. dazu u.a. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 124 Rdnr. 10.

Die Auffassung des Klägers, Nr. 1 der hier einschlägigen Verwaltungsvorschrift ermögliche eine Schadensregulierung immer schon dann, wenn die Wahrscheinlichkeit einer dienstlich bedingten Schadensverursachung "mit nahezu 100 %" gegeben sei, ist nach den obigen Ausführungen falsch. Die volle Beweislast für den anspruchsbegründenden Tatbestand liegt beim Anspruchsteller, und es ist eine Frage der Beweiswürdigung, bei der alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, ob der Tatbestand nachgewiesen ist.

Auch zur Klärung der weiteren Auffassung des Klägers, die hier einschlägige Verwaltungsvorschrift wolle gerade die Fälle abdecken, in denen die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruchs gegenüber dem Schädiger nicht möglich sei, obwohl aus dienstlichen Gründen ein Schaden entstanden sei, bedarf es nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Denn diese Frage stellt sich hier schon deshalb nicht, weil gerade nicht feststeht, dass dem Kläger ein Schaden aus dienstlichen Gründen im Verständnis der hier einschlägigen Verwaltungsvorschrift entstanden ist.

Die Kosten des nach alldem erfolglosen Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 25 Abs. 2, 14 Abs. 3 und 1, 13 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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