Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 17.05.2004
Aktenzeichen: 1 Q 31/04
Rechtsgebiete: AuslG, AsylVfG


Vorschriften:

AuslG § 51 Abs. 1
AuslG § 53
AuslG § 53 Abs. 6 Satz 1
AsylVfG § 78 Abs. 3
Christliche Kopten unterliegen in der Arabischen Republik Ägypten auch nach neuerem Erkenntnismaterials keiner - auch keiner mittelbaren - politischen Verfolgung im asylrechtlichen Verständnis (im Anschluss an den Beschluss vom 23.1.2001 - 1 Q 1/00 -).

Der Umstand, dass es in einem Land zu an asylerhebliche Merkmale anknüpfenden Übergriffen Privater kommt, bietet keinerlei Grund, allein daraus auf eine fehlende Schutzbereitschaft staatlicher Stellen zu schließen. Insoweit kann ein umfassender Schutz realistischer Weise nicht erwartet und dem entsprechend im Rahmen des Asylrechts auch nicht verlangt werden.


Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. März 2004 - 12 K 2/04.A - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens tragen die Kläger.

Gründe:

Der statthafte und auch ansonsten zulässige Antrag der Kläger, koptischer Christen aus der Arabischen Republik Ägypten, auf Zulassung der Berufung (§ 78 Abs. 2 AsylVfG) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16.3.2004 - 12 K 2/04.A -, mit dem ihre Klage auf Verpflichtung der Beklagten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG festzustellen, abgewiesen wurde, muss in der Sache erfolglos bleiben.

Dem den gerichtlichen Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzenden Vorbringen in der Antragsschrift vom 28.4.2004 kann die darin reklamierte grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) nicht entnommen werden. Die Kläger werfen darin die Frage auf, "ob koptische Christen in Ägypten asylrelevanter Verfolgung unterliegen". Das hat das Verwaltungsgericht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats vgl. dazu ausführlich OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.1.2001 - 1 Q 1/00 -, SKZ 2001, 207, Leitsatz Nr. 75, mit zahlreichen Nachweisen aus der einschlägigen Dokumentation, nach Einholung diese Auffassung im Ergebnis klar bestätigender weiterer Auskünfte vgl. Auswärtiges Amt vom 23.1.2003 - 508-516.80/40779 - (Blatt 74 d.A.) und die gutachterliche "Stellungnahme" von Prof. Dr. Gudrun Krämer, Freie Universität Berlin, vom 6.6.2003 (Blatt 85 d.A.) ohne weiteres nachvollziehbar und zutreffend verneint.

Von den Klägern behauptete, nicht näher konkretisierte "Ereignisse vom Januar 2004", wobei es zu einem "gegen koptische Christen gerichteten Vorfall" gekommen sein soll, in dessen Verlauf staatliche Sicherheitskräfte gegen diese vorgegangen seien, lassen sich zum einen nach der Gerichtsdokumentation, die auch einschlägige Presseveröffentlichungen umfasst, nicht andeutungsweise nachvollziehen; zum anderen könnten sie, selbst wenn - aus welchen Gründen auch immer - im Einzelfall Aktivitäten gegen Angehörige der Gruppe christlicher Kopten entfaltet worden sein sollten, nicht als Beleg dafür dienen, dass diese gerade an dieses Zugehörigkeitsmerkmal anknüpften. Ein solcher Vorfall wäre - wenn es ihn überhaupt gegeben haben sollte - darüber hinaus mit Blick auf die allgemeine Auskunftslage nicht geeignet, hieraus eine Gefährdung aller koptischen Christen in Ägypten abzuleiten.

Dass nicht alle christlichen Kopten in Ägypten der Gefahr politischer - auch nicht mittelbarer - Verfolgung in ihrer Heimat unterliegen, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die angesprochene Bevölkerungsgruppe eine zwar durch in verschiedenen Quellen unterschiedlich bezifferte, in jedem Falle aber in die Millionen reichende Anzahl von Mitgliedern aufweist. Wollte man davon ausgehen, dass die christlichen Kopten in Ägypten insgesamt oder auch nur zu einem nicht unerheblichen Teil nicht unwesentlichen, religiös motivierten Übergriffen durch muslimische Bevölkerungskreise ausgesetzt wären, so würde dies zwangsläufig die Feststellung religiöser Massenunruhen voraussetzen, was mit Sicherheit einen umfassenden Niederschlag in den einschlägigen Veröffentlichungen in der Presse und dem Dokumentationsmaterial hätte haben müssen. Hier finden sich indes nicht die geringsten Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Einschätzung der Kläger.

Das Vorbringen in der Antragsschrift vom 28.4.2004 ist offensichtlich nicht geeignet, eine hiervon abweichende Einschätzung zu rechtfertigen. Als wenig nachvollziehbar muss es dabei schon im Ansatz erscheinen, wenn die Kläger einerseits eine mangelnde Aktualität der Auskunft des Auswärtigen Amts vom 23.1.2003 und des erwähnten Gutachtens von Prof. Dr. Krämer vom 6.6.2003 beanstanden, andererseits aber lange zurückliegende, viel weniger aktuelle "Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems im Jahre 2000" zum Nachweis einer angeblichen "latenten Gefährdungslage der koptischen Christen in Ägypten" ins Feld führen. Insbesondere die von den Klägern in dem Zusammenhang behaupteten "antikoptischen Ausschreitungen in dem oberägyptischen Ort Al-Kush um die Jahreswende 1999-2000" waren bereits Gegenstand einer ausführlichen Betrachtung und Bewertung durch den Senat in dem Beschluss vom 23.1.2001 - 1 Q 1/00 - , a.a.O., vgl. auch den entsprechenden zweiten Leitsatz, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Insoweit spricht im Übrigen bereits alles für die Richtigkeit der diesbezüglich vom Auswärtigen Amt in der Auskunft vom 23.1.2003 vorgenommenen Einschätzung und zudem für eine strafrechtliche Aufarbeitung durch die zuständigen staatlichen Stellen in Ägypten.

In dieser Auskunft ist weiter ausgeführt, dass es seit dem Ende der 1990er Jahre keine nennenswerten Übergriffe gegen Christen in Ägypten mehr gegeben und der ägyptische Staat inzwischen mit massivem Polizei- und Militäreinsatz die Sicherheit in der betroffenen Region hergestellt hat. Das entschlossene Vorgehen gegen islamistischen Terrorismus, aber auch die zwischenzeitlich verstärkte politische Einbindung der christlichen Minderheit in Ägypten in einen nationalen Konsens haben danach in den letzten Jahren sogar zu einer nennenswerten Verbesserung der Lage der Christen geführt. Prof. Dr. Krämer gelangt in ihrem Gutachten vom 6.6.2003 zu einer entsprechenden Bewertung.

In dem Zusammenhang sei ergänzend beispielsweise auf einen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 9.1.2004, Seite 4, "Aufatmen in Oberägypten/Erfolge im Kampf gegen die islamistischen Extremisten" hingewiesen, aus dem sich ebenfalls der Schluss ziehen lässt, dass sich die allgemeine Situation der christlichen Kopten in Ägypten in jüngerer Vergangenheit entgegen den Behauptungen der Kläger sogar eher wesentlich verbessert haben dürfte. Dem Artikel lässt sich beispielsweise entnehmen, dass die staatlichen ägyptischen Stellen insbesondere im Anschluss an den Anschlag in Luxor im Jahre 1997 ihren Kampf gegen den extremistischen Terrorismus intensiviert haben und in diesem Bemühen auch erfolgreich gewesen sind mit der Folge, dass eine wesentliche Entspannung gerade auch des gesellschaftlichen Lebens in dem betroffenen Bereich zu verzeichnen ist.

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse erscheint die in der Antragsschrift gemachte Annahme, jeder Christ (Kopte) in Ägypten unterliege in seiner Heimat einer aktuellen Gefahr, Opfer staatlicher oder auch nur mittelbarer politischer Verfolgung im Verständnis des Asylrechts zu werden, als abwegig.

Auch wenn es in Ägypten im Einzelfall zu religiös motivierten Übergriffen von moslemischen Privatpersonen gegen diesen "missliebige" Christen kommen sollte, bleibt festzuhalten, dass dort - wie in anderen Ländern, etwa auch in der Bundesrepublik Deutschland - ein umfassender staatlicher Schutz gegen derartige (private) Übergriffe realistischer Weise nicht erwartet und dem entsprechend auch im Rahmen des Asylrechts nicht verlangt werden kann. Der Umstand, dass es in einem Land zu solchen Vorfällen (überhaupt) kommt, bietet keinen Grund, allein daraus eine fehlende Schutzbereitschaft der staatlichen Stellen herzuleiten wie hier zuletzt OVG des Saarlandes, Beschluss vom 3.5.2004 - 1 Q 24/04 -, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung.

Besondere Aspekte des konkreten Einzelfalls der Kläger können im Berufungszulassungsverfahren mit Blick auf die abschließende Normierung von Zulassungsgründen für das Asylverfahren in § 78 Abs. 3 AsylVfG im Grundsatz keine Bedeutung erlangen vgl. hierzu insbesondere im Zusammenhang mit der Geltendmachung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG wegen Erkrankungen eines Ausländers zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 28.4.2004 - 1 Q 25/04 und 1 Q 26/04 und vom 3.5.2004 - 1 Q 24/04 -.

Von einer weiteren Begründung des Nichtzulassungsbeschlusses wird abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO, 100 ZPO, 83b Abs. 1 AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83b Abs. 2 AsylVfG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück