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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Urteil verkündet am 29.08.2006
Aktenzeichen: 1 R 21/06
Rechtsgebiete: GastG, GastVO


Vorschriften:

GastG § 5 Abs. 1 Nr. 3
GastG § 18
GastVO § 19
Steht fest, dass die Gäste einer Gaststätte durch lärmendes Verhalten beim nächtlichen Aufsuchen bzw. Verlassen der Gaststätte in Erscheinung treten, so sind die entsprechenden Lärmimmissionen der Gaststätte als Betriebsgeräusche zuzurechnen.

Überschreiten die Betriebsgeräusche unter Berücksichtigung der besonderen Störintensität der durch die Gäste verursachten Außengeräusche die Grenze des den Anwohnern nach dem Gebietscharakter Zumutbaren, kann dies nach den §§ 18 GastG, 19 GastVO Anlass für eine Verlängerung der Sperrzeit geben.

Im Einzelfall kann das gaststättenbehördliche Ermessen mangels effektiver Einschreitensmöglichkeiten im Wege der Anordnung von Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG darauf reduziert sein, den Beginn der Sperrzeit soweit vorzuverlegen, wie dies in der konkreten rechtlichen Konstellation - insbesondere unter Berücksichtigung der zulässigen Betriebsart und der Bindungswirkung einer die Nutzung der Gaststätte zu Diskothekenzwecken erlaubenden Baugenehmigung - zulässig ist.


Tenor:

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6. Oktober 2005 - 1 K 44/04 - wird der Beklagte verpflichtet, den Beginn der Sperrzeit für die Gaststätte "S", S-straße 4, C-Stadt, in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag auf 1.00 Uhr vorzuverlegen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Kläger - insoweit gesamtschuldnerisch -, der Beklagte und der Beigeladene jeweils zu einem Drittel; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger erstreben mit der Behauptung unzumutbarer nächtlicher Lärmbelästigungen infolge des Betriebs der Gaststätte "S", S-straße 4 in C-Stadt, und dort an Wochenenden stattfindender Diskothekenveranstaltungen ein gaststättenbehördliches Einschreiten des Beklagten.

Dem Grundstückseigentümer, der die Gaststätte an den Beigeladenen verpachtet hat, war durch Bauschein vom 22.11.1979 hinsichtlich des Anwesens S-straße 4 unter Bezeichnung des Baugebiets als Mischgebiet eine Nutzungsänderung in Gestalt des Einbaus einer Diskothek im 1. Obergeschoss genehmigt worden. Beiblatt Nr. 1 zum Bauschein erhält unter Ziffer 2 folgende Regelung: "Die Diskothek muss so eingerichtet und betrieben werden, dass für die Bewohner der benachbarten Wohnhäuser keine unzumutbare Lärmbelästigung entsteht. Im Falle berechtigter Nachbarbeschwerden muss mit besonderen Auflagen hinsichtlich des Schallschutzes gerechnet werden."

In der Folgezeit erteilte der Beklagte verschiedenen Gaststättenbetreibern eine den Diskothekenbetrieb jeweils umfassende Gaststättenerlaubnis. Der Inhaber der letzten den Diskotheken- bzw. Tanzbetrieb umfassenden Konzession stellte seine Tätigkeit am 31.3.1990 ein. Am 26.4.1991 und am 30.12.1996 wurde weiteren Vorgängern des Beigeladenen jeweils die Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft erteilt, wobei der für den Diskothekenbetrieb hergerichtete Raum im 1. Obergeschoss antragsgemäß als Nebenraum ohne besondere Nutzungsart aufgeführt wurde. Vom 1.1.1998 bis zum 19.4.2000 war die Gaststätte geschlossen.

Dem Beigeladenen wurde durch Erlaubnisurkunde des Beklagten vom 20.4.2000 die gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betreiben einer Schank- und Speisewirtschaft in besagtem Anwesen erteilt, wobei die Zweckbestimmung der einzelnen Schank- und Speiseräume als "Gastraum" beziehungsweise "Nebenzimmer" umschrieben wurde. Den diesbezüglichen Angaben des Beigeladenen in dessen Erlaubnisantrag folgend wurden weder eine besondere Betriebsart noch Besonderheiten für bestimmte Räume festgesetzt.

Am 11.5.2000 beantragte der Beigeladene beim Beklagten, den Beginn der Sperrzeit für die Nächte von Samstag auf Sonntag auf 3.00 Uhr hinauszuschieben, da er beabsichtige, in dem vorhandenen Nebenraum Tanzveranstaltungen durchzuführen. Der Beklagte legte den Antrag der Kreispolizeibehörde des Landkreises G-Stadt mit dem Bemerken vor, er halte die begehrte Sperrzeitverkürzung im Interesse der ruhebedürftigen Bevölkerung für bedenklich, weil es während des Betriebs der Gaststätte durch den Vorbesitzer häufig auch bei Einhaltung der Sperrstunde von 1.00 Uhr zu Beschwerden aus der Nachbarschaft gekommen sei und das An- und Abfahren von Pkw's erhebliche Lärmbelästigungen während der Nachtruhe verursache. Nach Aktenlage wurde der Antrag nicht beschieden, wohl weil die Sperrzeit im Saarland durch die Verordnung zur Änderung der Gaststättenverordnung vom 20.6.2000 (Amtsbl. S. 958) allgemein auf die Zeit von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr verkürzt wurde.

Mit Schreiben vom 5.10.2000 teilte der Beklagte dem Beigeladenen mit, dass sich in letzter Zeit Beschwerden aus der Nachbarschaft häuften, wonach zu nächtlicher Stunde, mehrmals um 4.00 Uhr, laute Musik aus der Gaststätte die Nachtruhe beeinträchtige. Der Beigeladene behauptete hieraufhin, die Gaststätte montags bis mittwochs gegen 1.00 Uhr und donnerstags bis sonntags zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr zu schließen. Die Lautstärke der Musik sei so geregelt, dass eine Unterhaltung in den Gasträumen möglich bleibe; die behauptete Störung der Nachbarn in ihrer Nachtruhe könne daher nicht von seiner Gaststätte herrühren.

Ermittlungen des Beklagten ergaben, dass mehrere Anwohner sich durch aus der Gaststätte - insbesondere anlässlich der Diskothekenveranstaltungen - dringende Musik und durch das Verhalten häufig stark alkoholisierter jugendlicher Gäste beim nächtlichen Verlassen der Gaststätte gestört und belästigt fühlten, wobei in Einzelfällen auch Sachbeschädigungen an Fenstern beziehungsweise Rollläden gemeldet wurden. 25 Anlieger unterzeichneten ein von der Interessengemeinschaft zur Erhaltung der Wohnqualität verfasstes Beschwerdeschreiben vom 15.1.2001. In der Folgezeit wurden weitere Beschwerden und an die Polizeiinspektion Dillingen gerichtete Hilfeersuchen aktenkundig.

Am 5./6.5.2001 führte der TÜV-Saarland im Wohnhaus der Kläger auf Veranlassung des Beklagten während laufenden Diskothekenbetriebs eine Schallmessung durch und stellte in seinem Gutachten vom 19.7.2001 fest, dass der aufgrund der in Verbindung mit der Gaststätte stehenden Geräusche ermittelte Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert nachts für Mischgebiete - 45 dB(A) - um 13 bis 20 dB(A) sowie bei alleiniger Betrachtung der Geräusche aus dem Gaststätteninneren um 3 bis 5 dB(A) überschritten habe, wobei der zulässige Spitzenpegel für Mischgebiete von 65 dB(A) nachts zwischen 0.30 Uhr und 2.00 Uhr durch Geräusche im Außenbereich 19 mal um bis zu 21 dB(A) überschritten worden sei. Weitere Nachbarbeschwerden und Hilfeersuchen an die Polizeiinspektion Dillingen folgten.

Im Frühjahr 2002 ließ der Verpächter des Beigeladenen verschiedene Arbeiten zur Verringerung des nach außen dringenden Schallpegels durchführen - unter anderem wurde im Obergeschoss ein verplombter Schallbegrenzer eingebaut -, woraufhin am 10.7.2002 im und vor dem Nachbargebäude der Gaststätte, S-straße 7, eine erneute Schallmessung durch den TÜV-Saarland stattfand. Dabei wurde ausweislich des TÜV-Berichts vom 11.9.2002 bei zulässigen Innenwerten für den Außenbereich ein nächtlicher Beurteilungspegel von 49 dB(A) ermittelt.

Die Beschwerden aus der Nachbarschaft gingen weiter, wobei im Wesentlichen das Verhalten der Gaststättenbesucher beim Aufsuchen und vor allem beim Verlassen der Gaststätte beanstandet wurde. Anfang 2003 wurde auch im Erdgeschoss der Gaststätte ein verplombter Schallbegrenzer eingebaut. Anlässlich einer nachfolgenden Messung vom 3.4.2003 wurde bei geschlossener Gaststättentür und maximalem Lärmpegel von 85 dB(A) im Inneren der Gaststätte ein Außenpegel von 45 dB(A) festgestellt. Die Nachbarbeschwerden setzten sich fort.

Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 14.5.2003, 26.6.2003, 27.1.2004 und 8.2.2004 forderten die Kläger, deren Wohnhaus rund 40 m von der Gaststätte entfernt ist, den Beklagten auf, die Beeinträchtigungen der Nachbarschaft infolge des Diskothekenbetriebs zu unterbinden. Hieraufhin kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 30.8.2003 und vom 5.2.2004 eine bevorstehende Neukonzessionierung der Gaststätte unter den notwendigen Auflagen an.

Als ein entsprechendes Tätigwerden unterblieb, haben die Kläger am 24.5.2004 beim Verwaltungsgericht Klage mit dem Ziel eines gaststättenbehördlichen Einschreitens wegen unzumutbarer nächtlicher Lärmbelästigungen erhoben. Sie haben behauptet, die Diskothek werde insbesondere im Sommer mit offener Tür und geöffneten Fenstern betrieben; zudem komme es zu Lärmbelästigungen durch das Verhalten der Gäste vor dem Gebäude. Flaschen würden geworfen und Fahrzeuge mit laut heulendem Motor gestartet. Schreiende und randalierende Gäste seien am Wochenende, sofern Diskothekenbetrieb stattfinde, häufig bis 6.00 Uhr morgens festzustellen. Zur Bekräftigung ihres Vorbringens haben die Kläger mehrfach Aufzeichnungen vorgelegt, in denen unter Angabe von Datum und Uhrzeit als störend empfundene Lärmbelästigungen stichwortartig zusammengestellt sind. Die Klägerin zu 2. hat geltend gemacht, durch die Lärmimmissionen der Gaststätte behandlungsbedürftige gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erleiden und ein entsprechendes fachärztliches Attest vom 19.2.2004 vorgelegt. Nach Auffassung der Kläger findet der Diskothekenbetrieb ohne entsprechende gaststättenrechtliche Konzession statt; hinsichtlich der zulässigen Lärmbelästigung sei zu beachten, dass die Gaststätte und ihr Wohnhaus in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht in einem Dorf- oder Mischgebiet, sondern in einem allgemeinen Wohngebiet gelegen seien, weswegen der zulässige Grenzwert nachts 40 dB(A) betrage. Infolge der durchgeführten Lärmbegrenzungsmaßnahmen sei die Situation zwar verbessert worden; dennoch werde der maßgebliche Grenzwert von 40 dB(A) nicht eingehalten. Zudem sei mangels hinreichender Überwachung nicht sichergestellt, dass die Lärmbegrenzungsmaßnahmen nicht umgangen würden. Insbesondere sei zu beanstanden, dass der Beigeladene nicht versuche oder nicht fertig bringe, seine Gäste vom Randalieren vor der Gaststätte abzuhalten. Der dort von ihnen verursachte ruhestörende Lärm sei ihm zuzurechnen.

Die Kläger haben beantragt,

1. den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb einer Diskothek in der Gaststätte "S", S-straße 4, R, zu untersagen,

2. den Beklagten zu verpflichten, gegenüber dem Beigeladenen geeignete Lärmschutzmaßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts anzuordnen, die gewährleisten, dass die der Gaststätte zuzuordnenden Immissionen einen Beurteilungspegel von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) nicht überschreiten,

3. den Beklagten zu verpflichten, die Einhaltung der angeordneten Lärmschutzmaßnahmen durch angemessene Überwachung zu gewährleisten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Seines Erachtens betreibt der Beigeladene keine Diskothek, sondern eine Gaststätte mit vereinzelten Musikveranstaltungen. Von dem Betrieb der Gaststätte gingen aufgrund seines Tätigwerdens und ausweislich der durchgeführten Lärmschutzmaßnahmen keine unzumutbaren Belästigungen der Nachbarschaft mehr aus. Die Gaststätte liege in einem Dorfgebiet, weswegen ein nächtlicher Richtwert von 45 dB(A), der eingehalten werde, maßgeblich sei. Ein polizeiliches Einschreiten sei in den letzten Monaten nicht mehr erforderlich gewesen. Durch Einbau eines Windfanges sei sichergestellt, dass auch beim Betreten beziehungsweise Verlassen der Gaststätte durch die Gäste der Lärm nicht ungehindert nach außen dringen könne. Dass Gaststättenbesucher vor der Gaststätte lärmten und randalierten, werde bestritten. Insbesondere in den letzten Monaten seien keine Nachbarbeschwerden mehr erhoben worden.

Der Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, eine ganz gewöhnliche Gaststätte mit dem Charakter einer Dorfkneipe zu betreiben, die wochentags von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr sowie freitags und samstags von 14.00 Uhr bis 5.00 Uhr geöffnet sei. Der Raum im 1. Obergeschoss sei lediglich freitags und samstags geöffnet. Alle Auflagen, die ihm beziehungsweise dem Eigentümer des Gebäudes gegenüber ergangen seien, seien erfüllt worden. Zusätzlich sei auf freiwilliger Basis eine Klimaanlage eingebaut worden, was dazu geführt habe, dass die Fenster der Gaststätte nicht mehr geöffnet werden müssten. Zudem sei ein Windfang installiert worden, um zu verhindern, dass Lärm nach außen dringe. Der behauptete Lärm, der seine Ursache außerhalb der Gaststätte haben solle, werde bestritten, sei aber jedenfalls nicht auf das Verhalten seiner Gäste zurückzuführen. Der vorhandene Parkplatz werde nicht von seinen Gästen, sondern von den Anwohnern genutzt, auf deren nächtliches Verhalten er keinen Einfluss habe. Die Gaststätte liege in einem gemischt genutzten Gebiet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6.10.2005 ergangenes Urteil - 1 K 44/04 - abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass dem geltend gemachten Untersagungsanspruch die Baugenehmigung vom 22.11.1979 zum Einbau einer Diskothek entgegenstehe, für deren Erlöschen es keine tatsächlichen Anhaltspunkte gebe. Dass die vom Normalbetrieb abweichende Betriebsart einer Gaststätte mit regelmäßigen Musikdarbietungen und der besonderen Betriebsart Diskothek in der gaststättenrechtlichen Erlaubnis nicht konzessioniert sei, begründe keinen Einschreitensanspruch der Kläger, da diese auf das Einhalten formaler Ordnungspositionen keinen Anspruch hätten.

Ein eventueller Anspruch der Kläger auf gaststättenrechtliche Auflagen werde durch die Baugenehmigung hingegen nicht ausgeschlossen. Allerdings indiziere der Umstand, dass das Gebiet in der Baugenehmigung als Mischgebiet bezeichnet sei, die Maßgeblichkeit des insoweit für außerhalb von Gebäuden vorgesehenen Beurteilungspegels von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Selbst wenn zwischenzeitlich die nähere Umgebung - ohne den streitigen Betrieb zu berücksichtigen - einem allgemeinen Wohngebiet entspräche, in dem eine Gaststätte der vorliegenden Art unzulässig wäre, hieße dies nicht, dass der diesbezügliche Beurteilungspegel von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) absolut einzuhalten wäre, da die baurechtlich genehmigte, ausgeübte und von einem Beseitigungsverlangen der Bauaufsichtsbehörde nicht bedrohte Nutzung des streitigen Anwesens die maßgebliche Umgebung mitpräge. Zumindest sei ein Mittelungspegel zu bilden. Vorliegend sei dies allerdings nicht erforderlich, da die Kläger das Bestehen schädlicher Umwelteinwirkungen, die einer Festlegung mittels Beurteilungspegeln zugänglich wären, nicht nachgewiesen hätten. Hinsichtlich des aus der Gaststätte nach außen dringenden Lärms gäben die in der Verwaltungsakte befindlichen sachverständigen Stellungnahmen keinen Anhalt für eine dahingehende Beeinträchtigung der Kläger. Weitere sachverständige Aufklärung durch das Gericht sei daher nicht angezeigt, zumal die Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung gemutmaßt hätten, eine solche werde ergebnislos verlaufen, da an den Tagen der Begutachtung mit dem Wohlverhalten des Beigeladenen zu rechnen sei. Zur Behauptung, die Begrenzung der Verstärkeranlage könne umgangen werden, sei ein geeignetes Beweismittel nicht ersichtlich. Hinsichtlich des Lärms von Besuchern auf dem Weg von und zu der Gaststätte begründeten die in den Aufzeichnungen der Kläger angeführten Umstände nicht die gerichtliche Überzeugung, dass von der Gaststätte erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft ausgingen, die der Beschränkung durch Auflagen bedürften, so dass es der Erhebung des diesbezüglich angebotenen Zeugenbeweises nicht bedürfe. Wegen der bestandskräftigen Baugenehmigung sei davon auszugehen, dass die Auswirkungen von Lärmimmissionen, mit denen bei einer solchen Gaststätte typischerweise zu rechnen sei, bei Berücksichtigung des Gebietscharakters für die Nachbarschaft und damit auch für die Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen und keine erheblichen Nachteile, Gefahren oder Belästigungen im Sinne des Gaststättengesetzes darstellten. Die behaupteten Lärmbelästigungen durch Besucher der Gaststätte bewegten sich hinsichtlich Qualität und Häufung noch im Rahmen dieser Typik. Lärmbelästigungen nach Mitternacht seien zwar problematisch; insoweit enthalte aber die TA-Lärm in den Bestimmungen für seltene Ereignisse (Ziffer 7.2) eine Konkretisierung, die als allgemeine Wertung vorliegend heranzuziehen sei. Die dort vorgesehene Zahl von zehn Tagen oder Nächten sei nach dem Vortrag der Kläger im Kalenderjahr 2004 zwar erreicht, aber nicht überschritten worden. Hinsichtlich des Kalenderjahres 2005 sei nach dem Vorbringen der Kläger zwar mit mehr als zehn nächtlichen Lärmbelästigungen zu rechnen; allerdings seien die diesbezüglich von den Klägern gewählten Umschreibungen "laute Musik aus Autos/Gegröle/Schlägerei vor der Diskothek/sehr laut/aufgewacht durch laute Musik aus Autos" nicht geeignet, die jeweilige Intensität des Lärms objektiv festzustellen und könnten daher die gerichtliche Feststellung einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft nicht begründen. In Anbetracht des insoweit angebotenen Zeugenbeweises sei zwar im Einzelfall die gerichtliche Feststellung einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft wegen der Art des Ereignisses und der damit verbundenen Spitzenwerte nicht ausgeschlossen; für die Kammer sei jedoch nicht nachvollziehbar, dass für das Kalenderjahr 2005 die Anzahl solcher Ereignisse den Grenzwert für seltene Ereignisse von zehn überschreite, so dass keine Veranlassung bestanden habe, den Zeugen zu hören.

Das Urteil wurde den Klägern am 31.10.2005 zugestellt. Auf ihren Antrag vom 21.11.2005 hat der Senat die Berufung durch Beschluss vom 10.5.2006 - 1 Q 5/06 -, den Klägern zugestellt am 18.5.2006, zugelassen.

Mit ihrer am Montag, den 19.6.2006, eingegangenen Berufungsbegründung bekräftigen die Kläger ihre Auffassung, die nähere Umgebung ihres Wohnanwesens und der Diskothek sei zumindest aus heutiger maßgeblicher Sicht eindeutig als allgemeines Wohngebiet zu charakterisieren. Die Diskothek stehe in auffälligem Kontrast zu der sie umgebenden Bebauung, sei daher als Fremdkörper zu qualifizieren und vermöge die Umgebung nicht zu prägen. In der dem Verpächter 1979 erteilten Baugenehmigung fehlten exakte Immissionswerte und eine Betriebszeitenregelung, um die schon zur Zeit ihrer Erteilung vorhersehbaren Belastungen für die Nachbarschaft zu reduzieren. Ebenso wenig regele die Baugenehmigung den Umgang mit den so genannten "seltenen Ereignissen" gemäß TA-Lärm. Im Übrigen schließe sie nicht aus, Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft zu machen beziehungsweise den Betrieb einer Diskothek in gaststättenrechtlicher Hinsicht zu untersagen. Vorliegend sei dem Beigeladenen gaststättenrechtlich keine Erlaubnis zum Betrieb einer Diskothek erteilt worden. Der Beklagte und der Beigeladene behaupteten selbst, es handele sich um eine ganz gewöhnliche Gaststätte. Die ursprüngliche Baugenehmigung sei mithin infolge einer Nutzungsänderung erloschen. Der tatsächliche Betrieb der Gaststätte verursache allerdings Lärmbeeinträchtigungen, die in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag - und zwar unabhängig, ob die Diskothek im Obergeschoss geöffnet sei oder nicht - über die für eine gewöhnliche Gaststätte typischen Beeinträchtigungen nach wie vor erheblich hinausgingen. Die Bindungswirkung der Baugenehmigung umfasse nicht die Vereinbarkeit des Vorhabens mit gaststättenrechtlichen Vorschriften, deren Prüfung dem Beklagten vorbehalten sei. Da die Baugenehmigung keine exakten Immissionsrichtwerte für die Zulässigkeit von Lärmimmissionen enthalte, könne sie insoweit auch keine Bindungswirkung entfalten. Maßgeblich sei der heutige Gebietscharakter, der als allgemeines Wohngebiet zu charakterisieren sei. Die Bestimmungen der TA-Lärm stünden den begehrten Schutzmaßnahmen schon deshalb nicht entgegen, weil hiernach nicht die Zeit nach 24.00 Uhr, sondern die Zeit nach 22.00 Uhr maßgeblich sei, hinsichtlich derer eine den Grenzwert von zehn überschreitende Zahl von Lärmbelästigungen vorgetragen sei. Die Beeinträchtigungen der Nachbarschaft durch die Gaststätte und deren Gäste gingen unvermindert weiter, was in den letzten Monaten zu mehreren Polizeieinsätzen geführt habe. Am 25.3.2006 habe die Klägerin zu 2. einen körperlichen Schaden in Gestalt eines starken Tinnitus rechtsseitig infolge lauter Musik aus dem Auto eines Gastes des Beigeladenen erlitten.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen den Betrieb einer Diskothek in der Gaststätte "S", S-straße 4, R, zu untersagen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, den Beginn der Sperrzeit für die vorbezeichnete Gaststätte in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag auf 22.00 Uhr vorzuverlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und behauptet, der Gebietscharakter habe sich seit Erteilung der Baugenehmigung nicht geändert. Insbesondere sei die nähere Umgebung nicht als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren. Nach wie vor sei die tatsächliche Lautstärke der angeblichen Lärmbelästigungen nicht substantiiert dargelegt, weswegen diese einer objektiven Feststellung nicht zugänglich seien.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt zur Begründung aus, die seinem Verpächter erteilte Baugenehmigung bestehe unverändert fort. Verschiedene Maßnahmen zur Schallbegrenzung seien mit dem Erfolg, dass die vorgegebenen Immissionswerte der Lärmschutzverordnung eingehalten würden, durchgeführt worden. In der Nähe der Gaststätte befänden sich eine weitere Gaststätte (Imbiss mit Straßenverkauf), ein Supermarkt, eine Filiale der Kreissparkasse, ein Café mit Bäckerei, ein Musikhaus und eine Apotheke. Maßgeblich seien daher die für Dorfgebiete geltenden Werte. Massive Beeinträchtigungen durch den Betrieb der Diskothek, die nach Qualität und Häufung über das übliche Maß hinausgingen, seien nicht gegeben. Das subjektive Empfinden der Klägerin zu 2. sei nicht objektivierbar und daher ohne Belang. Sie habe Belästigungen, die typischerweise von einer genehmigten Gaststätte ausgehen, hinzunehmen.

Der Senat hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der anlässlich der Ortsbesichtigung getroffenen Feststellungen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der den Beigeladenen betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten, der Akte des Baugenehmigungsverfahrens sowie der Verwaltungsakten des Beklagten betreffend die den Vorgängern des Beigeladenen seit Ergehen der Baugenehmigung vom 22.11.1979 erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnisse (8 Hefte und 1 Kopie); er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist zulässig, hinsichtlich des Hilfsantrags nach Maßgabe des Urteilstenors teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.

1. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 124 a Abs. 6 Satz 1 und Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO sind erfüllt.

Nach den genannten Vorschriften muss die im Falle einer Zulassung durch das Oberverwaltungsgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung einzureichende Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung enthalten. Diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz der Kläger vom 19.6.2006. Die Zulässigkeit der Berufung wird nicht nachträglich dadurch in Frage gestellt, dass die Kläger ihren zunächst allgemein auf Gewährung von Lärmschutz gerichteten Antrag zu 2) in der mündlichen Verhandlung neu gefasst und auf eine bestimmte Form des Einschreitens konkretisiert haben. Maßgeblich für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO ist insoweit allein, dass aus dem Berufungsbegründungsschriftsatz die unverändert gebliebene Zielrichtung der Berufung - die künftige Unterbindung unzumutbarer Lärmbelästigungen infolge des Gaststättenbetriebs - eindeutig hervorgeht.

2. Nach Maßgabe des Urteilstenors steht den Klägern ein Anspruch auf Verlängerung der hinsichtlich des Betriebs der Gaststätte des Beigeladenen an Wochenenden einzuhaltenden Sperrzeit zu. Ihr weitergehendes Begehren, den Diskothekenbetrieb gänzlich zu untersagen, zumindest aber die Sperrzeit noch weiter auszudehnen, bleibt ohne Erfolg.

2.1. Unter Zulässigkeitsgesichtspunkten ist unbedenklich, dass die Kläger ihr zunächst allgemein formuliertes Begehren, den Beklagten zur Anordnung und Überwachung von Lärmschutzmaßnahmen zu verpflichten, in der mündlichen Verhandlung durch die Forderung eines ganz bestimmten behördlichen Tätigwerdens in Gestalt der Anordnung einer Sperrzeitverlängerung ersetzt und damit ohne Änderung des Streitstoffes lediglich im Rahmen der durch die §§ 125 Abs. 1, 88 VwGO vorgegebenen Möglichkeiten hinsichtlich der angestrebten Form des Einschreitens konkretisiert haben.

Die Zulässigkeit ihres Begehrens scheitert auch nicht daran, dass die Kläger versäumt hätten, vom Beklagten bereits im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung die Anordnung einer Sperrzeitverlängerung zu fordern. Ausweislich der vorgerichtlichen Korrespondenz haben die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger dem Beklagten die als unerträglich empfundenen Lärmbelästigungen bereits in ihren Schreiben vom 14.5.2003, 26.6.2003, 27.1.2004 und 8.2.2004 geschildert und unverzügliches Einschreiten verlangt. Der ausdrücklichen Forderung, eine Verlängerung der Sperrzeit anzuordnen, bedurfte es darüber hinaus nicht. Die Vorverlegung der Sperrstunde ist neben der Möglichkeit, Auflagen nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zu erteilen beziehungsweise eventuell den Betrieb sogar gänzlich zu untersagen, eine grundsätzlich geeignete Maßnahme, spätnächtlichen unzumutbaren Lärmbelästigungen infolge eines Gaststättenbetriebs entgegen zu wirken. Damit bestand für den Beklagten auf die genannten Schreiben der Kläger hin Veranlassung, das Vorliegen der jeweiligen Einschreitensvoraussetzungen zu prüfen und gegebenenfalls im Ermessenswege zu entscheiden, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Dem Erfordernis eines dem Klagebegehren entsprechenden Verwaltungsantrags ist hierdurch Genüge getan. Nachdem der Beklagte das Einschreitensbegehren ein Jahr nach der ersten schriftlichen Eingabe vom 14.5.2003 noch nicht verbeschieden hatte, war durch § 75 VwGO zur Zeit der Klageerhebung am 24.5.2004 die Möglichkeit der Untätigkeitsklage eröffnet.

2.2. Der Anspruch der Kläger auf Verlängerung der Sperrzeit leitet sich aus den §§ 18 GastG, 19 GastVO her.

Nach diesen Vorschriften kann der Beklagte als zuständige Ortspolizeibehörde bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse, insbesondere zum Schutz der betroffenen Anwohner, den Beginn der Sperrzeit, die nach § 17 Abs. 1 GastVO für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten um 5.00 Uhr beginnt und um 6.00 Uhr endet, vorverlegen. Vorliegend ist es zum Schutz der Kläger vor die Zumutbarkeitsgrenze überschreitenden spätnächtlichen Ruhestörungen geboten, den Beginn der Sperrzeit für die Gaststätte des Beigeladenen in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag auf 1.00 Uhr festzulegen.

Eine Verpflichtung zur Vorverlegung der Sperrstunde für eine bestimmte Gaststätte zum Schutz einzelner Anwohner - hier: der Kläger - setzt tatbestandlich voraus, dass gerade diese Anwohner wegen der besonderen örtlichen Verhältnisse einen Anspruch darauf haben, dass die Gaststätte aus Gründen des Einzelfalls bereits vor der um 5.00 Uhr morgens beginnenden allgemeinen Sperrzeit geschlossen wird.

Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung und ausweislich des in den Verwaltungsunterlagen befindlichen Katasterauszugs (Bauakte 00174/04-14, Bl. 5) steht fest, dass die Kläger zu den von Betriebsgeräuschen der Gaststätte betroffenen Anwohnern im Sinne des § 19 GastVO gehören. Sie wohnen und schlafen in etwa 40 m Entfernung vom Eingangsbereich der Gaststätte des Beigeladenen auf der anderen Seite des zwischen beiden Anwesen befindlichen öffentlichen Parkplatzes. Der Parkplatz wird südlich, westlich und nördlich von schmalen öffentlichen Straßen umgeben, an deren gegenüberliegender Seite sich jeweils eine durchgängige Reihenhausbebauung anschließt, wobei sich westlich die Häuserzeile mit der Gaststätte und nördlich die Häuserzeile mit der Wohnung der Kläger befindet.

Nach den örtlichen Gegebenheiten haben die Kläger unter dem Aspekt des Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen einen Anspruch auf eine Sperrzeitverlängerung.

Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 18 GastG, 19 GastVO erfordert die Einbeziehung des Gesichtspunktes des Schutzes gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und gegen sonstige erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Nachbargrundstücks. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG ist die Gaststättenerlaubnis nämlich zu versagen, wenn der Gewerbebetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lässt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG können Gewerbetreibenden, die einer Erlaubnis bedürfen, jederzeit Auflagen zum Schutz gegen die genannten Umwelteinwirkungen und Nachteile erteilt werden. Diese schon für den regelmäßigen Betrieb geltenden Gesichtspunkte finden im Rahmen der Prüfung, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 GastG erfüllt sind, im Hinblick darauf, dass der Schutzzweck der Sperrzeitfestsetzung weitgehend mit demjenigen des § 5 GastG übereinstimmt, ebenfalls Berücksichtigung.

Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, zu denen auch Gaststätten gehören, so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Wo dabei die Grenze der erheblichen Belästigung liegt, hängt von den vom Tatsachengericht zu würdigenden Umständen ab. Soweit es um Lärmeinwirkungen geht, kommt es darauf an, ob diese - bezogen auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten - das zumutbare Maß überschreiten. Dabei bestimmt sich das, was als zumutbar hinzunehmen ist, einmal nach der Lärmart und der Intensität der Geräusche, die - wo dies angezeigt ist - nach dem einschlägigen technischen Regelwerk ermittelt werden kann, zum anderen aber auch nach der gegebenen Situation, in der Lärmquelle und Immissionsort sich befinden. So kann dem Umstand Bedeutung zukommen, dass Geräusche zur Nachtzeit in besonderem Maße als störend empfunden werden, aber auch, dass Straßen grundsätzlich bestimmungsgemäß zur Aufnahme auch von Kraftfahrzeugverkehr dienen. Vor allem ist die bauliche Situation zu würdigen. Denn die Schutzwürdigkeit richtet sich nach der materiellen baurechtlichen Lage.

Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht in Anknüpfung an den in den §§ 4 und 5 GastG enthaltenen Hinweis auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz zum Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Bedürfnisses im Sinne des § 18 GastG ausgeführt, dass dieses so auszulegen sei, dass eine Verkürzung der Sperrzeit nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes führen dürfe. Geräuschentwicklungen, die die Versagung der Erlaubnis oder Schutzauflagen rechtfertigen würden, müssten auch bei der Entscheidung über die Verkürzung der Sperrzeit als Element des öffentlichen Bedürfnisses berücksichtigt werden. Die Nachtruhe von Personen, die in der Nachbarschaft von Gaststätten wohnten, gehöre zu den Interessen, deren Wahrung der Rechtsbegriff des öffentlichen Bedürfnisses diene. Bei der Entscheidung nach § 18 GastG seien alle Folgen für die Nachtruhe der Anwohner zu berücksichtigen. Eine Verletzung der so verstandenen Vorschrift könne in diesem Umfang auch zu einem Abwehranspruch des durch solche Umwelteinwirkungen betroffenen Dritten führen. Die Vorschriften des Gaststättengesetzes, die den Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen bezwecken und ermöglichen, seien auch Individualinteressen Dritter zu dienen bestimmt, soweit die einschlägigen Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine solche Zielrichtung haben. § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG habe drittschützende Wirkung, soweit er der Verhinderung oder Beschränkung schädlicher Umwelteinwirkungen im Einwirkungsbereich der dort genannten Anlagen dient. Diese Zielrichtung sei auch im Rahmen der Prüfung des § 18 GastG beachtlich. Das überzeugt.

Nichts anderes gilt hinsichtlich der vorliegend in Rede stehenden zweiten Tatbestandsvariante der §§ 18 GastG, 19 GastVO in Gestalt des Vorliegens besonderer örtlicher Verhältnisse, die - insbesondere zum Schutz der betroffenen Anwohner - eine Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit ermöglicht. Auch insoweit kommt den genannten Vorschriften drittschützender Charakter zu, da sie nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern gerade auch Individualinteressen Dritter zu dienen bestimmt sind und sich tatbestandlich ein Personenkreis - nämlich die betroffenen Anwohner - bestimmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet.

Vorliegend begründen die §§ 18 GastG, 19 GastVO einen Rechtsanspruch der Kläger auf Anordnung einer Sperrzeitverlängerung. Ihr schräg gegenüber der Gaststätte des Beigeladenen gelegenes Wohngrundstück befindet sich im Einwirkungsbereich der Gaststätte. Die an Wochenenden in den Nachtstunden von der Gaststätte ausgehenden Lärmimmissionen überschreiten dort die Grenze des Zumutbaren.

Was den Nachbarn an Lärmbelästigungen infolge eines Gaststättenbetriebs im Einzelfall zumutbar ist, bestimmt sich - wie ausgeführt - nach der baurechtlichen Situation, in Anknüpfung an diese nach den Immissionsrichtwerten der TA-Lärm, in der je nach Gebietscharakter bestimmte Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel festgelegt sind, nach dem Störpotential und der Häufigkeit festzustellender Spitzenwerte sowie nach sonstigen unter den konkreten Gegebenheiten relevanten Umständen. Erforderlich ist eine umfassende Würdigung der Gesamtsituation.

Ausgangspunkt der Prüfung, welche Lärmeinwirkungen den Klägern konkret zuzumuten sind, sind die für Mischgebiete unter Nr. 6.1 i.V.m. 6.4 der auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassenen Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA-Lärm - festgelegten Beurteilungspegel, also nachts (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) ein Wert von 45 dB(A).

Nach dem Ergebnis der seitens des Senats durchgeführten Ortsbesichtigung steht fest, dass die baurechtlich relevante nähere Umgebung des Grundstücks der Kläger in bauplanungsrechtlicher Hinsicht die typischen Eigenarten eines Mischgebietes im Sinne des § 6 BauNVO aufweist. Die Grundsätze, nach denen die Gebietsabgrenzung vorzunehmen ist, sind in der Rechtsprechung geklärt. Maßgeblich für den Gebietscharakter ist hiernach in vorliegend relevantem Zusammenhang die tatsächlich vorhandene - nicht notwendig bauaufsichtsbehördlich genehmigte - Bebauung in der näheren Umgebung des Grundstücks, hinsichtlich dessen eine unzumutbare Beeinträchtigung der zulässigen Nutzung behauptet wird. Rahmenbildend zu berücksichtigen sind der umliegende Baubestand und seine Nutzungen, soweit sich die Situation auf dem Grundstück der Kläger auf die städtebauliche Situation in seiner Umgebung auswirkt und soweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Grundstücks der Kläger prägt oder zumindest beeinflusst.

Die für die Bestimmung des Gebietscharakters rahmenbildende Umgebungsbebauung des Grundstücks der Kläger reicht auf der Grundlage des in der Örtlichkeit am 29.8.2006 gewonnenen Eindrucks und der Gebietsübersicht gemäß dem bereits in Bezug genommenen Katasterauszug in östlicher Richtung bis zu der kleinen Querstraße, die sich an das Anwesen K-straße 14 anschließt. In nördlicher Richtung - also rückwärtig - wird die rechts- und linksseitige Bebauung der Saarstraße erfasst. Nordwestlich ist die mit der Backstube der Bäckerei T bebaute Parzelle 31/1 einzubeziehen. In westlicher Richtung ist die Grenze im rückwärtigen Bereich der Parzellen 174 und 175, auf denen das Musikhaus J und eine Postagentur betrieben werden, zu ziehen. Südlich erstreckt sich die als maßgeblich zu erachtende Umgebungsbebauung bis zu dem einzubeziehenden Anwesen S-straße 2 mit der dortigen Bäckerei und der gegenüberliegenden Wohnbebauung. Den Abschluss des Umfeldes bildet der gegenüber dem Anwesen der Kläger befindliche öffentliche Parkplatz mit der sich an ihn rückwärtig anschließenden Häuserzeile. Die anlässlich der Ortsbesichtigung des Weiteren in Augenschein genommene Bebauung der Mittelstraße und des hiervon abzweigenden Weges liegt so weit vom Grundstück der Kläger entfernt, dass eine den diesbezüglichen Gebietscharakter prägende Wirkung nicht mehr festzustellen ist. Gleiches gilt hinsichtlich des außerhalb der zusammenhängenden Bebauung liegenden Clubheims der Pferdefreunde und des Schützenhauses.

Innerhalb der nach den Feststellungen des Senats für die Bestimmung des Gebietscharakters rahmenbildenden Umgebungsbebauung wird in einer Reihe von Häusern das Erdgeschoss gewerblich genutzt. Dies gilt zunächst für das eigene Anwesen der Kläger, in dessen Erdgeschoss eine Massagepraxis betrieben wird. In den rechts und links angebauten Gebäuden K-straße 18 beziehungsweise 22 befinden sich der Ausstellungsraum eines Bestattungsunternehmens beziehungsweise ein als "Custom Art Design" bezeichnetes Gewerbe. Auf dem rückwärtigen Gelände des Grundstücks K-straße 18 grenzen die Betriebsräume der Schreinerei N an die Saarstraße an; weitere Betriebsgebäude finden sich auf der gegenüberliegenden Seite der Saarstraße in Höhe des klägerischen Grundstücks. Die hinter der Wohnbebauung der S-straße angesiedelte Backstube, die von der Saarstraße her anfahrbar ist, tritt in deren Richtung dominant in Erscheinung. Nach Angaben der Beteiligten ist zur Zeit wegen erst kürzlich eingetretener Insolvenz der Betreiber noch ungeklärt, ob sie künftig weitergeführt wird. Das Musikhaus J und die Bäckereiverkaufsstelle mit Stehcafé werden entlang ihrer zur S-straße gewandten Zugangsseite jeweils durch eine großflächige Schaufensterverglasung des Erdgeschosses geprägt und heben sich dadurch auffällig von ihrem Umfeld ab. Zwischen ihnen befinden sich in Reihenhausbebauung die verfahrensgegenständliche Gaststätte "S" sowie ein Wohnhaus. Die auf der gegenüberliegenden Seite der S-straße und im sonstigen maßgeblichen Umfeld gelegenen Gebäude werden - abgesehen von einem Steuerberatungsbüro im Anwesen K-straße 8 - ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Der unmittelbar vor dem Grundstück der Kläger befindliche öffentliche Parkplatz bietet ca. 15 bis 18 Fahrzeugen Parkraum.

Hiernach steht fest, dass die nach § 34 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Vorschriften der Baunutzungsverordnung für die Gebietsbestimmung maßgebliche Eigenart der näheren Umgebung teils durch Wohnnutzung und teils durch gewerbliche Nutzung geprägt wird. Dabei erreicht die gewerbliche Nutzung einen Umfang, der es nicht mehr erlaubt, sie als der Wohnnutzung untergeordnet - wie dies kennzeichnend für die in § 4 BauNVO geregelten allgemeinen Wohngebiete ist - einzustufen.

Die im rückwärtigen Bereich des klägerischen Grundstücks befindliche Schreinerei sowie die nordwestlich vorhandene Backstube mit morgendlichem Auslieferverkehr sind als potentielle Lärmquellen geeignet, auf das Grundstück der Kläger durch Betriebsgeräusche einzuwirken. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Betriebsräumlichkeiten derzeit gewerblich beziehungsweise nur noch in zeitlich eingeschänktem Umfang gewerblich genutzt werden. Unstreitig ist jedenfalls, dass sie bis vor kurzem gewerblich genutzt worden sind und dass in ihnen eine alsbaldige Wiederaufnahme der gewerblichen Betätigung ohne weiteres möglich wäre. Auch das Musikhaus und der Bäckereiverkauf mit Stehcafé, die sich von ihrer äußeren Gestaltung her auffällig von ihrer Umgebung abheben, prägen das Umfeld des Grundstücks der Kläger nachhaltig. Schließlich finden sowohl auf dem Grundstück der Kläger wie auch in den rechts- und linksseitig angebauten Häusern - wenngleich in eher bescheidenem Umfang - gewerbliche Nutzungen statt.

Das Umfeld prägend tritt auch die Gaststätte des Beigeladenen in Erscheinung. Soweit sie als Schank- und Speisewirtschaft genutzt wird, ist sie ebenso wie die anderen aufgeführten gewerblichen Nutzungen nach § 6 Abs. 1 und Abs. 2 BauNVO in einem Mischgebiet gebietsverträglich. Schließlich ist der öffentliche Parkplatz, der befestigt sowie durch Bepflanzung gegliedert ist und Parkraum für 15 bis 18 Pkws bietet, bei der Festlegung des Gebietscharakters zu berücksichtigen. Eine öffentliche Parkfläche dieser Größenordnung ist in einem allgemeinen Wohngebiet zwar nicht unzulässig, aber untypisch, da Wohngrundstücke üblicherweise über ausreichenden Parkraum für den eigenen Bedarf verfügen. Hingegen finden sich öffentliche Parkplätze der in Rede stehenden Größe und Ausstattung üblicherweise dort, wo die gewerbliche Nutzung keine untergeordnete Rolle spielt.

Wird die Umgebungsbebauung des Grundstücks der Kläger nach alledem in etwa gleichem Maße durch Wohnnutzung wie durch gewerbliche Nutzung geprägt, so ist das Gebiet bodenrechtlich als Mischgebiet einzustufen.

In Mischgebieten ist nach Nr. 6.1 TA-Lärm, dem hinsichtlich der Zulässigkeit von Lärmimmissionen einschlägigen technischen Regelwerk, ab 22.00 Uhr ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) vorgegeben, wobei einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen diesen Wert um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten dürfen. Nach den in den Verwaltungsakten befindlichen Berichten des TÜV-Saarland über Schallmessungen in der Nachbarschaft der Gaststätte des Beigeladenen vom 19.7.2001 und vom 9.11.2002 und den Messbescheinigungen der Firma Mekitech vom 10.5.2002 und vom 14.4.2003 steht fest, dass diese Vorgaben in der Vergangenheit - und zwar gerade auch mit Blick auf das Anwesen der Kläger - nicht eingehalten worden sind. Gleichzeitig muss nach den konkreten Verhältnissen davon ausgegangen werden, dass die Situation sich zwischenzeitlich nicht dergestalt verbessert hat, dass der zulässige Beurteilungspegel dort eingehalten wird sowie dass eine wirksame Möglichkeit, gerade den besonders problematischen Lärmbelästigungen durch die Gäste des Beigeladenen durch Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG entgegenzuwirken, nicht besteht.

Außer Frage steht zunächst, dass die von den Klägern im Wesentlichen als Gegröle, laute Radiomusik, Pendelverkehr und Zuschlagen von Autotüren beschriebenen Geräusche, die sie an Wochenenden nachts aus dem Bereich vor der Gaststätte und von dem vor ihrem Anwesen befindlichen öffentlichen Parkplatz her wahrnehmen, dem Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zuzurechnen sind. Im weiteren Umfeld des Parkplatzes existieren nach den Feststellungen vor Ort keine anderen Gaststätten oder sonstigen Anlagen, die als Ausgangspunkt eines nächtlichen Ziel- und Quellverkehrs in Betracht kämen. Angesichts der schmalen Straßen und des Fehlens hinreichender anderweitiger Parkmöglichkeiten in der näheren Umgebung sind die Gäste des Beigeladenen darauf angewiesen, den öffentlichen Parkplatz zum Abstellen ihrer Fahrzeuge zu nutzen. Die dort des Nachts von den an- und abfahrenden Personen beim Aus- beziehungsweise Einsteigen sowie auf dem Weg von und zu der Gaststätte verursachten Geräusche sind daher Folgen der Betriebsführung und dem Gaststättenbetrieb des Beigeladenen als Betriebsgeräusche zuzurechnen. Lediglich die eigentlichen Verkehrsgeräusche, d.h. die Fahrzeuggeräusche der den Parkplatz erst anfahrenden beziehungsweise von diesem wegfahrenden Fahrzeuge haben durch die Neufassung der TA-Lärm in deren Nr. 7.4 eine Sonderregelung erhalten. Insoweit gilt der Beurteilungspegel für den Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen, der nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen zu errechnen ist. Sie sind der Gaststätte nicht als Betriebsgeräusche zuzuordnen.

Demgegenüber sind die von den Klägern als ruhestörend bezeichneten Kommunikationsgeräusche auf dem Parkplatz und dem Weg von und zu der Gaststätte sowie Radiomusik aus parkenden Fahrzeugen und lautes Zuschlagen von Autotüren bei der Prüfung, ob der nächtliche Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel von 45 dB(A)eingehalten wird, vollumfänglich zu berücksichtigen.

Nach dem Bericht des TÜV-Saarland vom 19.7.2001 fanden am 5./6.5.2001 (Samstag/Sonntag) nächtliche Lärmmessungen vor der Wohnung der Kläger statt. Dabei ergab sich für den Zeitraum zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr ausgelöst durch die Musik und Diskjockeyansagen ein Beurteilungspegel von 50 dB(A) und unter Berücksichtigung aller in Verbindung mit der Gaststätte bestehenden Geräusche ein Beurteilungspegel von 65 dB(A) sowie im Zeitraum von 1.00 Uhr bis 2.00 Uhr bezogen auf Musik und Diskjockey ein Beurteilungspegel von 48 dB(A) und unter Berücksichtigung aller Gaststättengeräusche ein Beurteilungspegel von 58 dB(A). Ferner wurde festgestellt, dass der zulässige Spitzenpegel während des gesamten Messzeitraums 19 mal durch Geräusche im Außenbereich um bis zu 21 dB(A) überschritten wurde. Die Einwirkzeit aller Geräusche in Verbindung mit der Gaststätte wurde zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr mit 26 Minuten und zwischen 1.00 Uhr und 2.00 Uhr mit 52 Minuten ermittelt.

Diese Werte lassen keinen Zweifel daran, dass die durch Nr. 6.1 c TA-Lärm konkretisierte Zulässigkeitsgrenze für Mischgebiete von 45 dB(A) zur Zeit der Messung vor der Wohnung der Kläger bei Weitem überschritten war.

Nachdem der Verpächter des Beigeladenen im Frühjahr 2002 verschiedene technische und bauliche Maßnahmen zur Lärmminderung - unter anderem durch Einbau eines Schallbegrenzers im Diskothekenraum - durchgeführt hatte, bescheinigte ihm die von ihm beauftragte Firma Mekitech am 10.5.2002 aufgrund von Messungen im Nachbaranwesen J eine Verbesserung der dortigen Situation. Dies nahm der Beklagte zum Anlass, den TÜV-Saarland nachprüfen zu lassen, ob dessen Bericht vom 19.7.2001 infolge der durchgeführten Messungen entkräftet sei. In seinem Bericht vom 11.9.2002 führte der TÜV-Saarland daraufhin zur Frage der Geräuschübertragung nach außen aus, die Messung der aus der Gaststätte bei teils geöffneter, teils geschlossener Tür nach außen dringenden Geräusche habe beim Haus J einen Beurteilungspegel von 49 dB(A) ergeben. Es wurde empfohlen, zu prüfen, ob der Innenpegel durch Einbau eines zusätzlichen Schallbegrenzers in der Gaststätte weiter abgesenkt werden könne.

Mithin überstiegen zum damaligen Zeitpunkt allein schon die aus der Gaststätte bei Diskobetrieb der Musikanlage nach außen dringenden Geräusche den Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel um 4 dB(A).

Nach Einbau des empfohlenen Schallbegrenzers im Erdgeschoss ergab eine seitens der Firma Mekitech im Auftrag des Verpächters bei geschlossener Gaststättentür und maximaler Lautstärke in der Gaststätte durchgeführte Messung der von der Gaststätte nach außen dringenden Geräusche ausweislich der Bescheinigung vom 14.4.2003 einen Beurteilungspegel von 45 dB(A).

Weitere technische oder bauliche Maßnahmen zur Lärmminderung sind seitdem nach Aktenlage nicht mehr erfolgt, sodass davon ausgegangen werden muss, dass dieser Messwert nichts an Aktualität eingebüßt hat. Dies heißt, dass die in der Gaststätte und im Diskothekenraum bei Diskothekenbetrieb erzeugten Lärmimmissionen bei geschlossener Gaststättentür den Grenzwert von 45 dB(A) zwar nicht mehr überschreiten, aber voll ausschöpfen.

Hinzu treten die der Gaststätte zuzurechnenden Geräusche, die deren Gäste im Außenbereich erzeugen.

Diesbezüglich wurde - wie ausgeführt - im Bericht des TÜV-Saarland vom 19.7.2001 festgehalten, dass der zulässige Spitzenpegel von 65 dB(A) am 5./6.5.2001 innerhalb von eineinhalb Stunden 19 mal durch Geräusche im Außenbereich um bis zu 21 dB(A) überschritten wurde. Ferner wurde die Einwirkzeit der Außengeräusche zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr mit insgesamt 9 Minuten und zwischen 1.00 Uhr und 2.00 Uhr mit insgesamt 39 Minuten angegeben (vgl. Tabelle Bl. 5 des Berichts). Diese Feststellungen beziehen sich speziell auf die Wohnung der Kläger.

Bei dieser Situation könnte durch Einholung eines zusätzlichen Lärmgutachtens nur geklärt werden, um wie viele dB(A) der nächtliche Beurteilungspegel unter Berücksichtigung auch der durch die Gäste verursachten Außengeräusche überschritten wird. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich. Die bekannten Messwerte des TÜV-Berichts vom 19.7.2001 belegen gerade für das klägerische Anwesen ein erhebliches Belästigungspotenzial der Außengeräusche, deren Lärmimmissionen den ohnehin grenzwertigen Beurteilungspegel von 45 dB(A) in nicht zu vernachlässigendem Umfang weiter erhöhen und gerade zur Nachtzeit zugleich in besonderem Maße als störend empfunden werden.

Aus besagtem TÜV-Bericht ergibt sich, dass der unter alleiniger Berücksichtigung von Musik und Diskjockey ermittelte Beurteilungspegel von 50 dB(A) zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr beziehungsweise von 58 dB(A) zwischen 1.00 Uhr und 2.00 Uhr am Messtag bei Einbeziehung der Außengeräusche um 15 dB(A) beziehungsweise 10 dB(A) auf 65 dB(A) zwischen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr beziehungsweise auf 58 dB(A) zwischen 1.00 Uhr und 2.00 Uhr erhöht wurde. Dies belegt, dass die Einbeziehung der Außengeräusche unter den vorliegenden Gegebenheiten einen beträchtlichen Einfluss auf den Beurteilungspegel hat.

Im Ergebnis hat dies die Unzumutbarkeit der Lärmbelästigungen für die Kläger zur Folge.

Dass es nach wie vor zu den klägerseits behaupteten nächtlichen Ruhestörungen durch lärmende Gäste kommt, steht zur Überzeugung des Senats fest. Die Klägerin zu 2. hat die nächtliche Situation an Wochenenden in der mündlichen Verhandlung sachlich und nachvollziehbar beschrieben und durch ihre detaillierten handschriftlichen Aufzeichnungen alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten Liegende getan, um die Vorfälle nach Art und Uhrzeit zu dokumentieren. Soweit der Beigeladene und der Beklagte dem mit der Behauptung entgegengetreten sind, ihre Bekundungen gäben allenfalls subjektive Eindrücke wieder und seien einer objektiven Beurteilung nicht zugänglich, kann dem vor dem Hintergrund der gutachterlichen Feststellungen aus dem Jahr 2001 nicht gefolgt werden. Weder der Beklagte noch der Beigeladene behauptet, dass sich das Verhalten der Gäste zwischenzeitlich - aus welchen Gründen auch immer - grundlegend geändert habe.

Die Einschätzung, die beanstandeten Lärmbelästigungen seien den Klägern unzumutbar, folgt nicht nur aus der Überschreitung des durch die TA-Lärm vorgegebenen Immissionsrichtwertes für den Beurteilungspegel infolge der Außengeräusche, sondern auch aus den festgestellten häufigen und nachhaltigen Überschreitungen des Spitzenpegels um bis zu 21 dB(A). Nächtlich plötzlich auftretende Geräusche mit einem Pegel von bis zu 86 dB(A) stören die Nachtruhe besonders empfindlich, zumal wenn sie innerhalb von 90 Minuten 19 mal auftreten. Hinzu kommt, dass die am Messtag festgestellte Einwirkzeit der nächtlichen Außengeräusche mit 9 von 30 Minuten beziehungsweise 39 von 60 Minuten ebenfalls erheblich ist. Erfahrungsgemäß werden Parkplatz- und Kommunikationsgeräusche dadurch gekennzeichnet, das sie in unregelmäßigen Zeitabständen unterschiedlich lang und stark auftreten, wobei sich ihre Lästigkeit nicht durch die Ermittlung energieäquivalenter Dauerschallpegel bestimmten lässt. Angesichts der engen örtlichen Verhältnisse und der an drei Seiten des öffentlichen Parkplatzes befindlichen Reihenhausbebauung ist das Vorbringen der Kläger, die nächtlichen Störgeräusche seien im Obergeschoss ihres Wohnhauses durchdringend wahrzunehmen, weswegen sie ständig aus dem Schlaf geschreckt würden, ohne Weiteres nachzuvollziehen. Beeinträchtigungen dieses Umfangs überschreiten die Grenze des den Anwohnern eines - gleichwertig dem Wohnen dienenden - Mischgebietes Zumutbaren massiv.

Dem Begehren der Kläger lässt sich nicht entgegenhalten, die beanstandeten Lärmbelästigungen unterfielen dem Begriff der seltenen Ereignisse, für die nach Nr. 6.3 TA-Lärm ein höherer nächtlicher Beurteilungspegel von 55 dB(A) gelte, und könnten daher nicht als schädliche Umwelteinwirkungen anerkannt werden. Unter Nr. 7.2 der TA-Lärm ist der Begriff seltener Ereignisse dahingehend definiert, dass wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage zu erwarten ist, dass die Immissionsrichtwerte in seltenen Fällen, aber an nicht mehr als 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres nicht eingehalten werden. Das vorliegend beanstandete Verhalten der Gäste ist unter den Begriff voraussehbarer Besonderheiten des Gaststättenbetriebes an nicht mehr als 10 Tagen im Jahr nicht zu subsumieren.

Nach alledem steht fest, dass die tatbestandlichen, ein Einschreiten des Beklagten rechtfertigenden Voraussetzungen der §§ 18 GastG, 19 GastVO erfüllt sind.

Das dem Beklagten damit grundsätzlich eröffnete Einschreitensermessen ist unter den vorliegend relevanten Gegebenheiten zu Gunsten der Kläger sowohl hinsichtlich des Ob eines Einschreitens wie auch hinsichtlich des Wie des Einschreitens auf Null reduziert, weswegen der Beklagte zur Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit an Wochenenden auf 1.00 Uhr zu verpflichten ist.

Ein behördliches Untätigbleiben ließe sich in Anbetracht der langjährigen und massiven Beeinträchtigung der Nachtruhe der Kläger nur rechtfertigen, wenn diese infolge der Bestandskraft der 1979 erteilten Baugenehmigung betreffend die Nutzung des Saales im Obergeschoss zu Diskothekenveranstaltungen zur Duldung des Diskothekenbetriebs und der durch ihn bedingten Geräuschimmissionen bis in die frühen Morgenstunden verpflichtet wären. Eine solche den Zeitraum ab 1.00 Uhr nachts umfassende Bindungswirkung der Baugenehmigung besteht indes nicht.

Allerdings entfaltet die baurechtliche Genehmigung einer Gaststätte, so lange sie besteht und die Verhältnisse sich nicht rechtserheblich ändern, Bindungswirkung dahin, dass die Gaststättenbehörde die entsprechende Gaststättenerlaubnis nicht aus baurechtlichen Gründen versagen darf, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Nachbarn der Gaststätte die von der genehmigten Betriebsform üblicherweise ausgehenden Beeinträchtigungen hinzunehmen haben. Das Bundesverwaltungsgericht begründet seine diesbezügliche Rechtsprechung damit, dass § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG - soweit es um die mit einem Gaststättenvorhaben in bestimmter örtlicher Umgebung verbundenen Immissionen geht - keinen anderen Zulässigkeitsmaßstab aufstellt als die baurechtliche Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Nach dieser ist eine bauliche Anlage unzulässig, wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Sind die von der Gaststätte typischerweise zu erwartenden Belästigungen nach der Art des Baugebiets zumutbar im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, so bedeutet dies zugleich, dass es sich dabei nicht um schädliche Umwelteinwirkungen oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG handelt. Für die hieraus resultierende Zuständigkeitskonkurrenz zwischen Baurechtsbehörde und Gaststättenbehörde ist maßgeblich, dass die typischerweise mit der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Gaststätte in einer konkreten baulichen Umgebung verbundenen Immissionen zu beurteilen sind. Damit besteht ein stärkerer Bezug zur Zuständigkeit der Baurechtsbehörde, da die typischen Immissionen einer Gaststätte von Größe, Beschaffenheit und Standort der baulichen Anlage abhängen. Durch eine bestandskräftige Baugenehmigung ist daher bindend entschieden, dass die von der genehmigten Nutzung typischerweise ausgehenden Immissionen sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG halten.

Damit steht zunächst fest, dass die dem Verpächter des Beigeladenen 1979 erteilte Baugenehmigung auch im Rahmen des vorliegenden gaststättenrechtlichen Verfahrens grundsätzlich Bindungswirkung entfaltet, solange sie besteht und die Verhältnisse sich nicht rechtserheblich geändert haben.

Zweifel am Fortbestand der Baugenehmigung bestehen nicht. Zur Frage der Geltungsdauer einer Baugenehmigung ist in der Landesbauordnung in § 74 LBO deren Erlöschen nur vorgesehen, wenn innerhalb von drei Jahren nach deren Bekanntgabe mit der Bauausführung nicht begonnen oder die Bauausführung ein Jahr unterbrochen worden ist. Weder das eine noch das andere trifft hier zu. Auch die Voraussetzungen der allgemeinen Vorschrift des § 43 Abs. 2 SVwVfG liegen nicht vor. Hiernach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Dass der Beigeladene und seine beiden Rechtsvorgänger eine Diskothekenkonzession nicht beantragt haben und ihnen eine solche daher nicht erteilt worden ist, führt nicht zu einem Erlöschen der Baugenehmigung infolge anderweitiger Erledigung im Sinne der genannten Vorschrift. Zumindest hinsichtlich seines Vorvorgängers und hinsichtlich des Beigeladenen selbst steht die Nutzung des Saales als Diskothekenraum nach Aktenlage fest. Eine Situation, in der von der Baugenehmigung über einen hinreichend langen Zeitraum kein Gebrauch gemacht worden ist, hat es daher nie gegeben.

Ebenso wenig haben sich nach oben Gesagtem die Verhältnisse zugunsten der Kläger rechtserheblich geändert. Wenngleich es sein mag, dass zwischenzeitlich die ein oder andere gewerbliche Nutzung der umliegenden Bebauung eingestellt worden ist, liegt ihr Hausgrundstück unter den heutigen örtlichen Gegebenheiten - ebenso wie in der Baugenehmigung von 1979 hinsichtlich des Gaststättengrundstücks festgestellt - in einem als Mischgebiet zu charakterisierenden Umfeld.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang aber, dass in der Baugenehmigung eine Regelung hinsichtlich der zulässigen Betriebszeiten nicht erfolgt ist. Der Diskothekenbetrieb wurde daher innerhalb der allgemein gültigen Öffnungszeiten zugelassen, was nach der damals geltenden Sperrzeitregelung bedeutete, dass die Diskothek - ebenso wie die Gaststätte - um 1.00 Uhr nachts zu schließen war. Die Baugenehmigung beinhaltet somit die Feststellung, dass ein Diskothekenbetrieb in der Gaststätte des Beigeladenen aus baurechtlicher Sicht unter dem Aspekt der Lärmbelästigung bis 1.00 Uhr nachts keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorruft, die typischerweise mit Diskothekenveranstaltungen verbundenen Auswirkungen daher bis 1.00 Uhr nachts von der Nachbarschaft hinzunehmen sind.

Dass die in der dem Gaststättenrecht zuzuordnenden Gaststättenverordnung geregelte allgemeine Sperrzeit 20 Jahre später mit Wirkung zum 1.7.2000 auf den Zeitraum zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr verkürzt wurde, ändert den Inhalt der Baugenehmigung von 1979 nicht. Die dieser zugrunde liegende, unter Würdigung der konkreten bodenrechtlichen Verhältnisse getroffene Entscheidung, nach der Eigenart des Baugebiets sei den Anwohnern der Umgebung der Gaststätte ein Diskothekenbetrieb und dessen typische Auswirkungen bis 1.00 Uhr nachts zuzumuten, konnte durch die allgemein und landesweit auf dem Verordnungsweg geregelte Verkürzung der Sperrzeit nicht neu gestaltet und mit einem wesentlich weitergehenden Inhalt versehen werden.

Dementsprechend umfasst die gaststättenrechtlich zu beachtende Bindungswirkung der 1979 erteilten Baugenehmigung lediglich den Zeitraum bis 1.00 Uhr; nur insoweit wurde eine bauplanungsrechtliche Entscheidung getroffen.

Damit steht fest, dass der Zeitraum ab 1.00 Uhr hinsichtlich des Diskothekenbetriebs ebenso wie hinsichtlich der Gaststätte als solcher der gaststättenrechtlichen Regelungskompetenz des Beklagten unterliegt, er insoweit also Anordnungen betreffend die einzuhaltende Sperrstunde treffen kann.

Unter den im Einzelnen dargelegten relevanten Umständen stellt sich ein Einschreiten in Gestalt der Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit auf 1.00 Uhr - entsprechend dem Antrag der Kläger beschränkt auf die Wochenendtage - als einzig ermessensgerechte Entscheidung dar.

Die Festlegung eines früheren Zeitpunkts scheitert an der Bindungswirkung der Baugenehmigung. Ein Sperrzeitbeginn vor 1.00 Uhr wäre mit Blick auf die baurechtlich genehmigte Betriebsart "Diskothek" unzulässig. Eine Sperrzeitregelung darf nicht dazu führen, dass ein für die Betriebsart prägendes Merkmal fortfällt. Eine Sperrzeitverlängerung muss sich darin erschöpfen, die erlaubte Gewerbeausübung zeitlich zu beschränken, sie darf die Ausübung des Gaststättengewerbes in der erlaubten Betriebsart nicht unmöglich machen. Vorliegend muss daher von den erlaubten Öffnungszeiten her ein Gaststättenbetrieb mit Diskothekenveranstaltungen möglich bleiben. Nicht entscheidend ist, ob die Vorverlegung des Beginns der Sperrzeit den Gewinn schmälert, da die Betriebsart "Diskothek" nicht zur begrifflichen Voraussetzung hat, dass mit ihr ein Gewinn erzielt wird. Maßgeblich ist allein, ob auch die verkürzte Betriebszeit noch einen Diskothekenbetrieb ermöglicht. Dies ist bei einer Öffnungszeit bis 1.00 Uhr an Wochenendtagen gewährleistet. Nach neueren Erkenntnissen haben sich zwar die Gewohnheiten der Diskothekenbesucher im Vergleich zu früher in die späteren Abendstunden verlagert. Im Rahmen einer Studie wurde kürzlich festgestellt, dass die meisten Fahrzeugbewegungen vor Diskotheken, die das Besucherverhalten von Diskothekengästen widerspiegeln, in die Stunden zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr fallen. Gemessen hieran und unter Berücksichtigung der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung kann davon ausgegangen werden, dass eine Vorverlegung der Sperrstunde auf 1.00 Uhr die Möglichkeit der Fortführung von Gaststätte und Diskothekenveranstaltungen fortbestehen lässt.

Fallbezogen ist zudem hervorzuheben, dass der Beigeladene die Gaststätte noch unter Geltung der früheren allgemeinen Sperrzeit übernommen hat und nach Aktenlage nie Aussicht auf positive Bescheidung seines damaligen Antrags, den Beginn der Sperrzeit in den Nächten von Samstag auf Sonntag auf 3.00 Uhr hinauszuschieben, hatte. Faktisch hat er einige Jahre von der Änderung der allgemeinen Sperrzeit profitiert, angesichts des Fehlens einer den Diskothekenbetrieb umfassenden Gaststättenerlaubnis und der häufigen Nachbarbeschwerden aber keine schutzwürdige Vertrauensposition, auf Dauer keine Sperrzeitverlängerung zu erfahren, erwerben können.

Die Festlegung eines späteren Zeitpunkts für den Beginn der Sperrzeit ist dagegen nicht geeignet, das Ziel des Einschreitens, den Klägern im Sinne der §§ 18 GastG, 19 GastVO angemessenen Schutz zu gewähren, zu erreichen. Dabei erstreckt sich die Notwendigkeit einer Sperrzeitverlängerung auch auf den Gaststättenbetrieb als solchen. Die Klägerin zu 2. hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend und ohne Widerspruch seitens der übrigen Beteiligten bekundet, dass die Lärmbelästigungen durch den Gaststättenbetrieb unvermindert auch an solchen Wochenenden stattfinden, an denen der Diskothekensaal nicht geöffnet ist. Dies ist plausibel, wie die Tatsache zeigt, dass auch in der Gaststätte auf Empfehlung des TÜV-Saarland ein Schallbegrenzer eingebaut wurde, diese also offenbar ebenfalls über eine sehr leistungsfähige Musikanlage verfügt, was erfahrungsgemäß gerade jugendliche Gäste besonders anzieht. Nach der Lebenserfahrung ist nicht anzunehmen, dass sich die Besucher der Gaststätte in deren Außenbereich nur rücksichtslos verhalten, wenn die Tanzfläche im Obergeschoss zur Benutzung freigegeben ist.

Ausweislich der Feststellungen des TÜV-Saarland zu Zahl, Art und Intensität der dem Gaststättenbetrieb zuzurechnenden, durch Gäste des Beigeladenen verursachten Außengeräusche treten bereits vor 1.00 Uhr ganz massive Belästigungen auf, die sich nach 1.00 Uhr fortsetzen und die Schutzbedürftigkeit der Kläger nachhaltig belegen. Insbesondere angesichts der Häufigkeit und des Ausmaßes der unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen der Kläger stellt es sich als einzig zulässige Ermessensentscheidung dar, den Beginn der Sperrzeit an den beantragten Wochentagen auf den frühest möglichen Zeitpunkt, also auf 1.00 Uhr, vorzuverlegen. Der Beklagte ist daher zu verpflichten, in dieser Form einzuschreiten.

2.3. Das weitergehende Begehren der Kläger, den Beklagten zur Untersagung des Diskothekenbetriebs zu verpflichten, muss ohne Erfolg bleiben. Insoweit liegen die Voraussetzungen eines Einschreitensanspruchs nicht vor.

Die gaststättenrechtliche Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 GastG, die die Möglichkeit des Widerrufs einer erteilten Erlaubnis eröffnet, wenn der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt ändert, kommt als Grundlage eines Einschreitensanspruchs der Kläger nicht in Betracht. Zwar sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, da nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung feststeht, dass der Saal im ersten Obergeschoss der Gaststätte an Wochenenden zur Durchführung von Diskothekenveranstaltungen genutzt wird, obwohl dem Beigeladenen seinem Antrag entsprechend eine gaststättenrechtliche Erlaubnis nur hinsichtlich des Betriebs einer Schank- und Speisewirtschaft erteilt worden ist, er mithin über eine gaststättenrechtliche Erlaubnis für die Betriebsart "Diskothek" beziehungsweise "Musik- und/oder Tanzveranstaltungen" in bestimmten Räumen und an bestimmten Wochentagen nicht verfügt. Allerdings ermächtigt § 15 Abs. 3 Nr. 1 GastG nur zum Widerruf der erteilten Erlaubnis, vorliegend also der Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft, bietet also keine Rechtsgrundlage für die Unterbindung der nicht konzessionierten Betriebsart "Nutzung des Saals im Obergeschoss zur Durchführung von Diskothekenveranstaltungen".

Auch die gewerberechtlichen Einschreitensvoraussetzungen, die nach § 31 GastG ergänzend auf die dem Gaststättengesetz unterliegenden Gewerbebetriebe Anwendung finden, soweit im Gaststättengesetz keine besonderen Bestimmungen getroffen sind, scheiden als Rechtsgrundlage für die Untersagungsforderung aus.

§ 35 Abs. 1 Satz 1 GewO regelt die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, ohne den Begriff der Unzuverlässigkeit gewerberechtlich zu regeln. Tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, der Beigeladene sei gemessen an den gaststättenrechtlichen Kriterien der Unzuverlässigkeit, die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG festgelegt sind, als unzuverlässig anzusehen, bestehen nach dem derzeitigen Streitstoff nicht.

§ 15 Abs. 2 Satz 1 GewO sieht für den Fall, dass ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis erforderlich ist, ohne diese betrieben wird, vor, dass die Fortsetzung des Betriebs von der zuständigen Behörde verhindert werden kann. Ein Einschreiten ist allerdings ermessensfehlerhaft, wenn der Gewerbetreibende die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der fehlenden Erlaubnis erfüllt, die Gewerbeausübung mithin nur formal rechtswidrig ist. So liegt der Fall hier. Der Beigeladene hat - wie unter Gliederungspunkt 2.2. ausgeführt - in den Grenzen der seinem Verpächter 1979 erteilten Baugenehmigung wegen deren Bindungswirkung Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden gaststättenrechtlichen Erlaubnis für die Durchführung von Diskothekenveranstaltungen.

Außerdem handelt es sich bei § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO um eine Norm, die nicht auch zum Schutz der Interessen der Nachbarn des formell illegalen Betriebs bestimmt ist. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend dargestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 154 Abs. 3, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO und entspricht dem jeweiligen anteiligen Obsiegen beziehungsweise Unterliegen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren in Anwendung der §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen des Streitwertkataloges in der in der Berufungsinstanz maßgeblichen Fassung vom 7./8.7.2004 auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Die dieser Festsetzung zugrunde liegende Bewertung des Interesses der Kläger stützt sich auf die unter Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs ausgesprochene, die - von der Interessenlage vergleichbare - Situation eines Nachbarn, der im Baugenehmigungsverfahren Drittschutz begehrt, betreffende Empfehlung, das Nachbarinteresse mindestens mit 7.500,- Euro in Ansatz zu bringen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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