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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 2 Q 5/06
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 23 Abs. 1 S. 1
Auf ein Bleiberecht zielende Anordnungen der Obersten Landesbehörden nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (vormals § 32 AuslG) aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland (hier die "Bleiberegelung für Asylbewerber und abgelehnte Vertriebenenbewerber mit langjährigem Aufenthalt" des Ministeriums für Inneres und Sport vom 20.12.1999 - B 5-5510/1 Altfall - zur Umsetzung des entsprechenden Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999, "Altfallregelung") sind nicht wie Rechtssätze anzuwenden und auszulegen und begründen dementsprechend für die begünstigten Ausländer keine Rechtsansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Die nur an den genannten gesetzlichen Zielvorgaben zu orientierende politische Entscheidung, ob die zuständigen Behörden eine solche Anordnung überhaupt treffen und wie sie dabei den begünstigten Personenkreis der Ausländer abgrenzen, unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle und ein subjektiver Anspruch eines einzelnen Ausländers auf Einbeziehung in eine entsprechende Anordnung oder gar (erst) auf Erlass einer solchen besteht nicht.

Der einzelne Ausländer hat - sofern eine entsprechende Anordnung getroffen wird - aus allgemein rechtsstaatlichen Gründen heraus nach Maßgabe des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung, für den allein die praktische Anwendung durch die zuständige Behörde bezogen auf das jeweilige Bundesland maßgebend ist.

Zu dem Fall einer unterbliebenen Mitwirkung bei Maßnahmen der Passbeschaffung beziehungsweise bei der Klärung der Staatsangehörigkeit.


Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 2. Januar 2006 - 6 K 234/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 45.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger sind kurdische Volkszugehörige und begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Bundesrepublik Deutschland durch den Beklagten nach der so genannten Altfallregelung.

Die Kläger zu 1) bis 6) reisten im Oktober 1992 nach eigenen Angaben aus dem Libanon kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ein damals unter den Aliasnamen "S." sowie unter Hinweis auf eine angebliche libanesische Staatsangehörigkeit eingeleitetes Asylverfahren, in das auch der in seinem Verlauf geborene Kläger zu 7) einbezogen worden war, wurde im Jahre 1997 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Der im Juli 1997 geborene Kläger zu 8) erhielt Duldungen. Ein für die im Jahr 2000 geborene Klägerin zu 9) gestellter Asylantrag wurde ebenfalls abgelehnt.

Am 1.3.1999 wurden die Kläger zu 1) und 2) darüber informiert, dass ihre Abschiebung mit Blick auf eine zu erwartende Altfallregelung nach § 54 AuslG ausgesetzt worden sei. Mit Schreiben vom 7.8.2000 wurden sie über die Voraussetzungen für die Anwendung der am 18./19.11.1999 von der Innenministerkonferenz beschlossenen Altfallregelung belehrt.

Mit Bescheid vom 31.8.2000 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass sie die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach der "Altfallregelung" (Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt) nicht erfüllten. Für keinen der Kläger sei ein gültiger Nationalpass vorgelegt worden. Auch bei Berücksichtigung inzwischen dargelegter Einkommensmöglichkeiten ergebe sich ferner ein ergänzender Sozialhilfeanspruch, wobei nicht ersichtlich sei, dass diese Hilfe nur vorübergehend erforderlich sei.

Mit Eingang am 30.10.2000 erhoben die Kläger Widerspruch und machten geltend, sie könnten keine Nationalpässe vorlegen, weil sie im Libanon als Staatenlose gegolten hätten. Im Übrigen habe sich der älteste Sohn beziehungsweise Bruder Y S. zwischenzeitlich verpflichtet, sein Einkommen "voll in die Familienkasse einzubringen".

Im Verlaufe des Jahres 2000 legten die Kläger (angeblich) von einer "World Service Authority" ausgestellte "World Identity Cards" vor, die das Landeskriminalamt nach einer Überprüfung als "Phantasieprodukte" bezeichnete. Bemühungen des Beklagten um Klärung der Identität der nach wie vor unter dem Namen S. auftretenden Kläger über die Deutsche Botschaft in Beirut blieben ohne Erfolg. Die Botschaft teilte im Januar 2001 mit, dass die Kläger nicht in den Registern der "Generaldirektion für öffentliche Sicherheit" eingetragen seien.

Der Widerspruch der Kläger wurde durch Bescheid der Beklagten vom 19.11.2004 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es, eine Anordnung der Obersten Landesbehörden nach § 32 AuslG begründe keine unmittelbaren Rechtsansprüche auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen. Bei den Klägern lägen mehrere Ausschlusstatbestände der Altfallregelung vor. Sie seien ihren Mitwirkungspflichten bei Passbeschaffungsmaßnahmen und bei der Klärung ihrer Staatsangehörigkeit nicht nachgekommen und hätten dadurch ihre Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert. Durch Ermittlungen der Deutschen Botschaft in Ankara habe nun geklärt werden können, dass die Kläger zu 1) bis 7) im Personenstandsregister der Region Mardin-Savur-Ückavak mit den Familiennamen Y. registriert seien, was zumindest die Vermutung der türkischen Staatsangehörigkeit begründe. Auch wenn sie - ihren Angaben zufolge- unter dem Namen "S." im Libanon gelebt haben sollten, sei ihnen bereits bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bekannt gewesen, dass sie die türkische Staatsangehörigkeit besitzen. Das ergebe sich hinsichtlich des Klägers zu 1) aus dessen Einlassungen in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft A-Stadt, wonach dieser von der durch seinen Vater S Y. veranlassten Registrierung der Familie in der Türkei gewusst habe. Die Klägerin zu 2) sei bereits seit 1982, also vor der 1984 erfolgten Eheschließung in Ückavak, im Personenstandsregister verzeichnet. Dass diese zwischenzeitlich einen durch die libanesische Botschaft in Berlin ausgestellten Reisepass auf die Personalien S F O vorgelegt habe, sei nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung herbeizuführen. Das Verschweigen der türkischen Staatsangehörigkeit nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohungen habe zur Folge gehabt, dass den Klägern Duldungen hätten erteilt werden müssen, da das Ausländerrecht einen "ungeregelten" Aufenthalt nicht vorsehe.

Zur Begründung der dagegen erhobenen Klage haben die Kläger das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach der Härtefallregelung in Abrede gestellt und die angeblichen Hintergründe ihrer Registrierungen in den türkischen Personenstandsregistern geschildert.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung mit Urteil vom 2.1.2006 - 6 K 234/04 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es, Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sei allein die Gewährung eines Aufenthaltsrechts auf der Grundlage der Altfallregelung (1999), was auch der Umstand belege, dass die Kläger zwischenzeitlich einen gesonderten Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 AufenthG gestellt hätten. Zugrundezulegen seien die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes. Der Beklagte habe das Vorliegen des in dem insoweit weiter geltenden Erlasses aus dem Jahre 1999 enthaltenen Ausschlussgrundes (Ziffer 3, 3. Spiegelstrich) zutreffend festgestellt. Die Kläger seien ihren Mitwirkungspflichten bei Passbeschaffungsmaßnahmen nicht nachgekommen, weil sie trotz Aufforderung durch den Beklagten zur Vorlage gültiger Nationalpässe oder einer Bescheinigung über deren Beantragung nichts unternommen hätten, obwohl ihnen das möglich und zumutbar gewesen sei. Den Klägern sei ihre türkische Staatsangehörigkeit bekannt gewesen. Dass der Kläger zu 1) etwa von den türkischen Behörden als türkischer Staatsangehöriger betrachtet werde, belege der Umstand, dass er dort 1986/87 seinen Militärdienst geleistet habe und zwar zu einem Zeitpunkt, als - entgegen seinen Behauptungen - die Kläger zu 2) bis 4) ebenfalls bereits registriert gewesen seien. Auch hinsichtlich der übrigen Kläger, insbesondere der in Deutschland geborenen Kläger zu 8) und 9), sei von der türkischen Staatsangehörigkeit auszugehen. Nach der Praxis des Beklagten werde der Ausschlussgrund herangezogen, ohne dass es darauf ankäme, ob die Aufenthaltsbeendigung im konkreten Fall tatsächlich verzögert worden sei. Die türkische Staatsangehörigkeit werde nicht durch die Vorlage eines libanesischen Reisepasses widerlegt. Zwar könne auf Antrag eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit erfolgen. Dass ein solcher gestellt worden sei, sei aber nicht ersichtlich. Ohne dass der Beklagte in seinen Entscheidungen darauf hingewiesen habe, sei eine Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auch darin zu sehen, dass für die Klägerin zu 9) nach deren Geburt im Jahre 2000, also im Zeitpunkt des Bestehens einer Ausreisepflicht der Kläger zu 1) und 2), ebenfalls ein Asylantrag gestellt worden sei.

Dagegen wenden sich die Kläger mit dem Zulassungsantrag.

II.

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 bs. 1 VwGO) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2.1.2006 - 6 K 234/04 -, mit dem ihre Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen abgewiesen wurde, muss erfolglos bleiben.

Dem den gerichtlichen Prüfungsumfang mit Blick auf das Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) begrenzenden Antragsvorbringen im Schriftsatz vom 10.3.2006 kann das Vorliegen der geltend gemachten Zulassungsgründe nicht entnommen werden. Dieses vermag weder die geltend gemachten "ernstlichen Zweifel" an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch eine besondere Schwierigkeit der Sache im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu begründen.

Das Verwaltungsgericht hat die von den Klägern beantragte Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer - nunmehr - Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Verbindung mit der so genannten "Altfallregelung" (1999) zu Recht abgelehnt. Den zentralen inhaltlichen Streitpunkt zwischen den Beteiligten bildet die Frage, ob der Beklagte in dem genannten Verständnis "zu Recht" das Vorliegen eines Ausschlusstatbestands nach Ziffer 3. der saarländischen "Altfallregelung" aus dem Jahre 1999 bejaht hat. Diese Frage stellt sich aber so eigentlich nicht, und zwar aus folgenden Gründen:

Grundsätzlich, unabhängig vom konkreten Fall, ist davon auszugehen, dass derartige auf ein Bleiberecht zielende Anordnungen der Obersten Landesbehörden aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland (hier: "Altfallregelung") nicht wie Rechtssätze anzuwenden und auszulegen sind und dementsprechend für die von ihr begünstigten Ausländer keine Rechtsansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis begründen. Die allein an den genannten Gründen zu orientierende politische Entscheidung, ob die zuständigen Behörden eine solche Anordnung überhaupt treffen und wie sie dabei den begünstigten Personenkreis der Ausländer abgrenzen, unterliegt grundsätzlich keiner gerichtlichen Kontrolle und ein subjektiver Anspruch eines einzelnen Ausländers auf Einbeziehung in eine entsprechende Anordnung oder gar (erst) auf Erlass einer solchen besteht nicht. Der einzelne Ausländer hat - sofern eine entsprechende Anordnung getroffen wird - aus allgemein rechtsstaatlichen Gründen heraus nach Maßgabe des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung, für den allerdings nicht die ministerielle Anordnung als solche Maßstab gebend ist, sondern allein deren von der obersten Landesbehörde gebilligte praktische Anwendung bezogen auf das jeweilige Bundesland. Der gerichtliche Prüfungsrahmen in solchen Rechtsstreitigkeiten beschränkt sich daher darauf, ob diesem Anspruch des Ausländers (allein) auf ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und Beachtung der durch die Anwendung der Anordnung erzeugten internen Bindungen unter Berücksichtigung der bisherigen behördlichen Praxis im Saarland Rechnung getragen wurde. Dass dies im Fall der Kläger der Fall gewesen ist, das heißt, dass der Beklagte hier nicht willkürlich von einer bisher in mit dem ihren vergleichbaren Fällen geübten und auch künftig von ihm beabsichtigten Praxis abgewichen ist, unterliegt keinen ernst zu nehmenden Zweifeln.

Das ergibt sich letztlich schon daraus, dass die Kläger keinen dem eigenen vergleichbaren Fall benennen (können), in dem der Beklagte - mit Billigung der Obersten Landesbehörde - bei gleicher Faktenlage nicht von der Erfüllung des Ausschlussmerkmals in Ziffer 3. der Altfallregelung 1999 ausgegangen ist.

Selbst wenn man - über das bisher Gesagte hinaus - wie bei einem Rechtssatz eine "Subsumtion" des von den Klägern dargebotenen vielschichtigen Lebenssachverhalts unter die Formulierungen des "Ausschlusstatbestands" in Ziffer 3. der saarländischen Altfallregelung vornehmen und für den Rechtsstreit als entscheidungserheblich ansehen wollte, ergäben sich auf der Grundlage des Antragsvorbringens im Schriftsatz vom 10.3.2006 weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch eine "besondere" Schwierigkeit der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Nach dem genannten Ausschlusstatbestand (3. Spiegelstrich, Seite 5 der Anordnung vom 20.12.1999), sollen diejenigen Ausländer nicht in den Genuss des Bleiberechts kommen, die trotz Ablehnung ihres Asylantrags aus von ihnen zu vertretenden Gründen Deutschland nicht verlassen haben. Das ist danach "beispielsweise" der Fall, wenn die Personen (Ausländer) ihren Mitwirkungspflichten bei Passbeschaffungsmaßnahmen nicht nachgekommen sind beziehungsweise, wenn sie bei der "Erklärung" (gemeint wohl: Klärung) ihrer Staatsangehörigkeit nicht mitgewirkt haben. Dass dies bei den Klägern der Fall war, hat das Verwaltungsgericht ganz zutreffend bejaht.

Die Kläger haben sich von Anfang an und trotz Kenntnis der Umstände und insbesondere der vielfältigen, bereits unmittelbar nach Abschluss des Asylverfahrens im Jahre 1997 aufgenommenen Bemühungen des Beklagten, mit dem von ihnen als Herkunftsland bezeichneten Libanon die für eine Rückführung erforderlichen Modalitäten zu klären, nie auch nur ansatzweise bemüht, auf ihre (eigentliche) türkische Staatsangehörigkeit auch nur hinzuweisen, geschweige denn, sich Nationalpässe zu besorgen, um der nach negativem Abschluss ihrer Asylverfahren bestehenden Ausreisepflicht nachzukommen. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt und bedarf in den Einzelheiten keiner Wiederholung. Dass dieser "Rückgriff" auf die türkische Staatsangehörigkeit beziehungsweise türkische Dokumente für eine Ausreise aus Deutschland und die Einreise in die Türkei problemlos möglich gewesen wäre, zeigen unter anderem - das sei hier beispielhaft erwähnt - die Vorgänge im Zusammenhang mit den Eheschließungen der Klägerin zu 4) und des ältesten Sohnes/Bruders Y. Im Vorfeld einer von ihr beabsichtigten Eheschließung mit einem F S. legte die Klägerin zu 4) dem Standesamt A-Stadt im Jahr 2003 Unterlagen, unter anderem ein im November 2002 ausgestelltes türkisches Ehefähigkeitszeugnis auf den Namen Z Y., vor. Auch die "Heiratsurkunde" des Pakistanisch-Deutschen Kultur- und Wohlfahrtsvereins e.V. für den ältesten Sohn/Bruder vom Juli 2002 weist diesen als Y Y. aus. Außerdem heißt es in einem Beschluss des Amtsgerichts Bückeburg, in dem der Standesbeamte des Standesamts Bad Nenndorf angewiesen wurde, die Eheschließung zwischen Y Y. und Frau R S vorzunehmen, unter anderem, dieser Sohn/Bruder der Kläger habe "seine Identität als türkischer Staatsangehöriger" zwischenzeitlich durch Vorlage seines türkischen Reisepasses belegt. Die Ablichtung dieses Dokuments befindet sich bei den Akten. Selbst wenn man nicht von einer bewussten und planmäßigen Täuschung oder Verschleierung der Staatsangehörigkeit ausgehen wollte, die letztlich in dem Sinne auch "zielführend" gewesen ist, unterliegt es keinen Zweifeln, dass die Kläger sich ohne weiteres - ebenfalls - türkische Papiere hätten besorgen können, um in die Türkei zurückzukehren, wo sie in den Personenstandsregistern als türkische Staatsangehörige registriert sind. Das gilt insbesondere auch für die Klägerin zu 2), wobei sich nicht erschließt, inwiefern der in der Antragsschrift enthaltene Hinweis auf die zwischenzeitliche Vorlage eines - wie auch immer erlangten - libanesischen Passes eine andere Beurteilung rechtfertigen sollte. Auch die Klägerin zu 2) war schon zum Zeitpunkt ihres Aufenthalts in der Türkei und zwar bereits seit 1982, also vor der 1984 erfolgten Eheschließung in Ü, im türkischen Personenstandsregister eingetragen, was ihr von Anfang an bekannt sein musste und worauf sie nach Abschluss des Asylverfahrens 1997 hätte hinweisen beziehungsweise - bezogen auf die Schaffung einer Ausreisemöglichkeit - hätte zurückgreifen können. Stattdessen haben die Kläger "Weltbürgerpässe" vorgelegt, bei denen es sich nach Aussage des Landeskriminalamts (A-Stadt) um "Phantasieprodukte" handelte.

Erst die Hilfe sonstiger Ausländerbehörden und schließlich der Deutschen Botschaft in Ankara förderte dann die Identitäten und früheren Anschriften der Kläger in der Türkei zu Tage. Vor diesem Tatsachenhintergrund kann nicht davon gesprochen werden, dass die Kläger - speziell die Kläger zu 1) und 2) - ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Ausreisepapieren oder bei der Klärung ihrer Staatsangehörigkeit im Verständnis der Ziffer 3 der Altfallregelung (1999) genügt haben. Auch insoweit kann daher nicht von "ernstlichen Zweifeln" an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ausgegangen werden.

Die Zulassung des Rechtsmittels ist auch nicht durch den wohl auf den § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zielenden Vortrag der Kläger gerechtfertigt, das Verwaltungsgericht habe eine "Überraschungsentscheidung" getroffen, weil das Vorliegen der in Bezug auf die Ableistung des Wehrdienstes in der türkischen Armee durch den Kläger zu 1) 1986/87 "zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemachten" Auskunft der Deutschen Botschaft (Ankara/Türkei) vom 27.10.2004 ihnen nicht bekannt gegeben worden sei. Darin liege eine Verletzung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 1 VwGO). Der in dieser Argumentation liegende "Rückzug ins Formale" ist nicht mehr nachzuvollziehen. Die Kläger, insbesondere der Kläger zu 1) selbst, stellen überhaupt nicht in Abrede, dass der unter Ziffer 1. dieses Schreibens der Botschaft mitgeteilte "Ermittlungsstand" richtig ist, dass der Kläger zu 1) vom 4.3.1986 bis zum 6.9.1987 seinen Wehrdienst in der Provinz A in der Osttürkei geleistet hat. Auch aus dem Antragsvorbringen erschließt sich nicht, was die Kläger, die im Übrigen ohnedies auf eine mündliche Verhandlung und damit auf die Erörterung ihrer Sache verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), insoweit hätten einwenden wollen. Sogar in der Begründung der vorliegenden Klage wird der Wehrdienst erwähnt, indem darauf verwiesen wird, dass der Kläger zu 1) "im Zusammenhang mit der Ableistung des Militärdienstes in der Türkei" darauf hingewiesen habe, dass er verheiratet sei. In der beigefügten Stellungnahme des Klägers zu 1) in seinem Strafverfahren findet sich ebenfalls eine Schilderung der Umstände seines Militärdienstes. Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht - ohne dass es nach dem Gesagten wesentlich darauf ankäme - den Militärdienst des Klägers zu 1) als einen unter mehreren Aspekten zusätzlich ("darüber hinaus") dafür angeführt, weshalb - und daran kann in der Tat kein Zweifel bestehen - die türkischen Behörden diesen als türkischen Staatsbürger betrachten. Schließlich findet sich das Schreiben der Botschaft in den Ausländerakten, die von dem Beklagten zur Gerichtsakte gereicht wurden und gegen deren Verwertbarkeit ohnehin keine durchgreifenden Bedenken bestehen.

Vor dem Hintergrund lässt sich weder aus den weiteren Darlegungen der Kläger zu den angeblichen Umständen ihrer Registrierung in der Türkei noch aus den sonstigen Ausführungen zu der vermeintlich unrichtigen "Anwendung" der Altfallregelung in ihrem Fall hinsichtlich der Behandlung der Klägerin zu 2) als "Einzelperson" oder als "allein stehende Frau mit minderjährigen Kindern" auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 VwGO schließen. Auch der von den Klägern am Ende der Antragsbegründung aufgeworfenen Frage, ob - wie das Verwaltungsgericht in den Raum gestellt hat - allein schon die Stellung eines Asylantrages für die im Jahre 2000 geborene Klägerin zu 9) zu einem Zeitpunkt, als die übrigen Kläger vollziehbar ausreisepflichtig waren, einen Ausschlussgrund für die Anwendung der Altfallregelung auf die Kläger erfüllt, muss nicht nachgegangen werden. Dass das vom Wortlaut her der Fall ist, ist übrigens ebenso wenig zweifelhaft wie der Umstand, dass der diesbezügliche Hinweis auf den Stichtag für die Erfüllung der positiven Integrationsanforderungen (19.11.1999) wenig überzeugend erscheint. Im Übrigen käme es aus den eingangs genannten Gründen auch in dem Zusammenhang allein auf die tatsächliche Handhabung durch den Beklagten an.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 GKG, wobei für jeden der (neun) Kläger der so genannte Auffangwert in Ansatz zu bringen ist.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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