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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: 2 W 38/05
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 34
1. § 34 BauGB regelt die Zulässigkeit von Bauvorhaben vor dem Hintergrund des Eigentumsrechts des Bauwilligen, das eine umfassende echte Abwägung mit Ergebnisalternativen weder vorsieht noch zulässt, sondern bei Einfügen des Bauvorhabens in die nähere Umgebung bauplanungsrechtlich einen Genehmigungsanspruch begründet.

2. Ein Grundstückseigentümer kann nur die Einhaltung von Abstandsflächen zur Grenze seines eigenen Grundstücks verlangen, also nicht dadurch, dass er selbst ohne Grenzabstand ein Gebäude errichtet hat, auf dem eine über das Nachbargrundstück reichende Überdachung - in wessen Eigentum auch immer - aufliegt, die für den Bau eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück erforderliche Abstandsfläche ausdehnen und dadurch die Baufreiheit des Nachbarn auf dessen eigenem Grundstück einschränken.


Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11. November 2005 - 5 F 26/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren tragen die Antragstellerinnen zu 1. und 2. zu je 1/5, der Antragsteller zu 3. zu 1/2 und die Antragsteller zu 4. bis 6. zu je 1/30.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und - unter entsprechender Abänderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts - für das erstinstanzliche Verfahren auf 19.375,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Antragsteller wehren sich mit ihrer Beschwerde gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen (Teilbaugenehmigung und abschließende Baugenehmigung) für die Errichtung eines Geschäftshauses auf dem C -Platz in C-Stadt. Dabei handelt es sich bei der Antragstellerin zu 1. um eine Sonder- und Teileigentümergemeinschaft, zu deren Mitgliedern die Antragsteller zu 2. bis 6. zählen und in deren Eigentum u.a. das Gebäude T straße 34 und die Pavillongruppe am B platz stehen. Die Antragstellerin zu 2. hat nach den vorgelegten Unterlagen kein Sonder- oder Teileigentum am Gebäude T straße 34, jedoch Sondereigentum an Geschäftsräumen der Pavillongruppe. Der Antragsteller zu 3. ist Sonder- und Teileigentümer bezüglich Wohnungen bzw. nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen in dem genannten Gebäude, die Antragsteller zu 4. bis 6. sind Miteigentümer an Teileigentum betreffend dasselbe Gebäude.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11.11.2005, mit dem ihr Antrag auf

1. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 6.9.2005 gegen die der Beigeladenen erteilte Teilbaugenehmigung vom 30.8.2005 - Az.: - für Erd-, Kanal- und Gründungsarbeiten für den Neubau eines Geschäftshauses auf dem C -Platz/ B platz in C-Stadt,

2. auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels gegen die faktische Teileinziehung des C -Platzes/ B platzes

3. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels gegen die abschließende Baugenehmigung vom 7.9.2005 zur Errichtung eines Geschäftshauses auf dem C -Platz/ B platz zurückgewiesen wurde, ist - einschließlich ihrer Begründung - fristgerecht eingegangen und auch ansonsten zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Die Antragsteller begründen ihre Beschwerde im Wesentlichen damit, dass ihr ausgedehntes Wohn- und Geschäftshaus durch das Bauvorhaben von der gezielt geplanten und verwirklichten Platzrandlage gröbst rücksichtslos in den "Hinterhof" verwiesen würde. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bestehe nach § 212 a I BauGB kein materiellrechtlicher Vorrang des Bauherrn, zunächst bauen zu dürfen, und sei bei der Auslegung eines Rechtssatzes, ob er drittschützend sei, keine Zurückhaltung vorgeschrieben. Das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller stütze sich auf zwei Rechtssätze, für die die drittschützende Wirkung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitestgehend geklärt sei, nämlich auf den Anspruch auf Abwägung und den Anspruch auf Erhaltung des Gebietscharakters, hier mit der Besonderheit, "ob er auch auf die Erhaltung freier Flächen erstreckt" sei, die wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen seien. Vorliegend habe die Antragsgegnerin in den rings umbauten C -Platz/ B platz ein "Fensterloch" geschnitten und dieses dann als Baufläche behandelt. Dessen besondere Zweckbestimmung sei es jedoch, öffentlicher Platz zu sein, der überwiegend für den fußläufigen Verkehr und für Markt und marktähnliche Veranstaltungen bestimmt und rings mit Geschäftshäusern bebaut sei. Diese Zweckbestimmung sei Nutzungsart im Sinne des Bundesbodenrechts, also auch von § 34 I BauGB. Diese Umwandlung der besonderen Zweckbestimmung in eine Baufläche sei auch nicht deshalb dem Eilrechtsschutz entzogen, weil das Verwaltungsgericht der Umwandlung keinen VA-Charakter entnehmen könne, sondern effektiver Rechtsschutz sei auch im Eilrechtsschutz zu gewähren. Das Eilrechtsschutzbegehren der Antragsteller sei denn auch darauf gerichtet, dass die Umwandlung dieser Zweckbestimmung vorläufig nicht faktisch verwirklicht werde, gleichgültig als was diese Umwandlung rechtlich qualifiziert werde. Die Regelungsbefugnisse des Gerichts nach § 80 V 3 VwGO analog gingen weit. Entgegen der erstinstanzlichen Annahme hätten sich die Antragsteller keines Anspruchs auf Bauleitplanung berühmt, vielmehr hätten sie einen Anspruch auf gerechte Abwägung geltend gemacht. Das Abwägungsgebot sei keine Spezialität des Bauplanungsrechts, sondern Ausformung des jeder staatlichen Planung zugrunde liegenden in Art. 20 III GG bestimmten Rechtsstaatsgebots. Diesen Anspruch der Antragsteller habe die Antragsgegnerin verletzt. Dass die Pflicht, den Gebietscharakter zu erhalten, drittschützend sei, sei in der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Die besondere Zweckbestimmung einer Fläche sei Art der Bodennutzung. Die genannte besondere Zweckbestimmung der Fläche erlaube erst funktionsgerecht die vorhandene Platzrandbebauung. Das beabsichtigte Kaufhaus beseitige den Geschäftshäusern der Antragsteller als "optische Sperre" das "Gesehen werden können". Mit Schriftsatz vom 12.1.2006 haben die Antragsteller ihre Beschwerdebegründung ergänzt. Im Zusammenhang mit der Herstellung des T straßen-Zentrums der Antragsteller habe die Antragsgegnerin den Platz und die Fußgängerzone ausdrücklich als "öffentliche Verkehrsfläche" behandelt. Dies sei die bodenrechtliche Funktion des betreffenden Ausschnitts aus der Erdoberfläche. Das Bundesbodenrecht verlange weder die landesfachrechtliche Sicherung einer bodenrechtlichen Funktion eines Ausschnitts aus der Erdoberfläche noch setze es diese voraus, vielmehr regele es abschließend das bodenrechtliche Dürfen für jeden Ausschnitt aus der Erdoberfläche, ohne eine Einbeziehung von Landesrecht - hier: Straßenfachrecht - vorzusehen. Aneinandergrenzende Flächen stünden bodenrechtlich in einer Wechselbeziehung, wie vorliegend Platz und Platzrandbebauung. Das Bodenrecht liefere ein Konfliktlösungsschema. Die "Eigenart der Umgebung" bestehe auch aus den den Baugrundstücken erst deren Bebaubarkeit vermittelnden Verkehrs- und Platzflächen. Die Überdachung der Fußgängerzone, die zur schadlosen Entwässerung der Oberfläche des Fußgängerdurchgangs vom C -Platz/ B platz Richtung Norden und auch Richtung Westen gebaut worden sei, sei abstandsflächenrechtlich auch dem Gebäude der Antragsteller zuzurechnen. Sie ruhe statisch auf dem Gebäude der Antragsteller und sei keine selbständige bauliche Anlage im Sinne des § 13 I 1 LBO, sondern wesentlicher Bestandteil der Anliegergrundstücke im Sinne des § 94 I 1 BGB. Würde das Gebäude beseitigt, verlöre sie ihre Stütze; zudem entwässere sie durch das Gebäude der Antragsteller. Das Bauvorhaben reiche bis etwa eineinhalb Meter an die Überdachung heran. Daher könnten sich die Antragsteller auf ein abstandsflächenrechtliches Abwehrrecht berufen. Die Behauptung, die Antragsgegnerin sei Eigentümerin der Überdachung, werde bestritten; nach der gesetzlichen Regelung des BGB spreche alles dafür, dass dies nicht sein könne.

Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, durch das gemäß § 146 IV 6 VwGO der gerichtliche Prüfungsrahmen festgelegt wird, hat es bei dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis zu bleiben. Wie in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, auf den vorab Bezug genommen werden kann, ausgeführt ist, liegen die Voraussetzungen für eine Anordnung der kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§§ 80 II 1 Nr. 3 VwGO, 212a I BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung nicht vor, wenn bei überschlägiger Rechtskontrolle nicht zumindest gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung feststellbar sind. Dieser Kontrollmaßstab entspricht der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes und trägt der eigentumsgrundrechtlichen Position sowohl des Nachbarn als auch des benachbarten Bauherrn angemessen Rechnung.

Hiervon ausgehend bleiben die Aussetzungsanträge der Antragsteller ohne Erfolg. Vorliegend spricht nichts mit Gewicht dafür, dass die Antragsteller durch die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen - Teil- und abschließende Baugenehmigung - in eigenen Rechten verletzt sind.

Soweit die Antragsteller sich weiterhin gegen die "faktische Einziehung" des C -Platzes/ platzes mit ihrem Antrag zu 2. wenden, ist dieser bereits nicht statthaft. Ein Aussetzungsantrag nach § 80 V VwGO setzt das Vorliegen eines Verwaltungsaktes voraus, an dem es vorliegend fehlt. Weder B platz noch C -Platz sind straßenrechtlich dem Verkehr gewidmet worden. Eine (Teil-)Einziehung war daher weder für die bauliche Nutzung eines Teils dieses öffentlichen Geländes erforderlich, noch ist eine solche tatsächlich erfolgt. Auch in der Beschwerde haben die Antragsteller nicht dartun können, worin der für einen Antrag nach § 80 V VwGO erforderliche Verwaltungsakt liegen soll; dies haben die Antragsteller, deren Antrag sich bezeichnenderweise gegen eine "faktische", eben auf keinen - auch keinen konkludenten - Verwaltungsakt gegründete Einziehung richtet, vielmehr dahinstehen lassen. Im Übrigen wäre auch nicht erkennbar, dass sie durch die Einschränkung des Gemeingebrauchs an beiden Plätzen, die um die Grundfläche des genehmigten Neubaus - von einer Größe von zusammen 3900 qm um 600 qm - verkleinert, aber keineswegs ihrer Funktion beraubt werden, in eigenen Rechten verletzt sein könnten.

Auch die Aussetzungsanträge zu 1. und 3. greifen nicht durch. Wie die Antragsteller klargestellt haben, rügen sie mit ihrer Beschwerde nicht eine unterlassene Bauleitplanung, auf die ohnehin kein Anspruch besteht. Sie sind vielmehr der Meinung, sie hätten einen Anspruch auf gerechte Abwägung aus dem in Art. 20 III GG enthaltenen Rechtsstaatsgebot, der vorliegend verletzt sei. Außerdem sei ihr Anspruch auf Wahrung des Gebietscharakters bezogen auf die Erhaltung freier Flächen verletzt. Beide Rechtssätze seien nachbarschützend.

Beide geltend gemachten Ansprüche können den Antragstellern nur im Rahmen des geltenden Bauplanungs- und Bauordnungsrechts zustehen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.9.1998 - 4 CN 2/98 -, auf das sich die Antragsteller zur Begründung eines Abwägungsanspruchs stützen, trägt ihre Argumentation nicht, denn dieses betrifft allein das früher in § 1 VI BauGB und nunmehr unverändert in § 1 VII BauGB enthaltene Abwägungsgebot im Rahmen der Bauleitplanung, die vorliegend nicht in Rede steht. Auch das rechtsstaatliche Abwägungsgebot kann nur gegebenenfalls ergänzend neben das einfache Bundes- oder Landesrecht treten, soweit dessen Regelungen seine Reichweite nicht ausschöpfen. Dies ist jedoch bei den Regelungen des § 34 BauGB, die die Zulässigkeit von Bauvorhaben vor dem Hintergrund des Eigentumsrechts des Bauwilligen regeln, das eine umfassende echte Abwägung mit Ergebnisalternativen weder vorsieht noch zulässt, sondern bei Einfügen des Bauvorhabens in die nähere Umgebung bauplanungsrechtlich einen Genehmigungsanspruch begründet, nicht der Fall.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegen das Grundstück der Eigentümergemeinschaft (Fl.Nr. 3520/ 17) und das aus Vorhabengrundstück und verbliebenen kommunalen Platzflächen bestehende Grundstück (Fl.Nr. 3520/ 5) im nicht beplanten Innenbereich der Antragsgegnerin, so dass die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 34 BauGB zu beurteilen ist. Nach § 34 II BauGB beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, entspricht, nach seiner Nutzungsart allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ist mit den Beteiligten davon auszugehen, dass die nähere Umgebung von der Art der Nutzung als - faktisches - Kerngebiet zu qualifizieren ist. Dass das Vorhaben der Beigeladenen in einem solchen von der Art der baulichen Nutzung gemäß § 34 II BauGB i.V.m. § 7 BauNVO zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht festgestellt und das wird letztlich von den Antragstellern auch gar nicht in Abrede gestellt. Daher kann der geltend gemachte Gebietserhaltungsanspruch durch die erteilten Baugenehmigungen nicht verletzt sein. Außerdem ist angesichts der somit anzunehmenden Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung für den auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützten Einwand der Antragsteller, das Bauvorhaben füge sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht in die Umgebung ein, da es dem Vorhabengrundstück seine bodenrechtliche Funktion als Teil eines öffentlichen Platzes entziehe, kein Raum. Im Übrigen kann bei der Prüfung der Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung nur der Bebauung der näheren Umgebung, nicht aber der "bodenrechtlichen Funktion" der Platzfläche Bedeutung zukommen, da es - wie das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung ausgeführt hat - genügt, wenn ein Vorhaben mit der vorhandenen Bebauung in dem Sinne vereinbar ist, dass seine Ausführung keinen bodenrechtlich relevanten Widerspruch hervorruft; insofern gelte - zumal vor dem Hintergrund des Art. 14 I GG -, dass ein Vorhaben der vorhandenen Bebauung nicht (positiv) zu entsprechen brauche, sondern für seine Zulässigkeit ausreiche, dass es ihr nicht widerspreche.

Darüber hinaus kann sich ein nachbarlicher Abwehranspruch im Rahmen des § 34 BauGB nur über das Rücksichtnahmegebot ergeben. Allerdings ist zu sehen, dass ein Vorhaben, das in Übereinstimmung mit städtebaulichen Vorgaben steht, nur ganz ausnahmsweise an den Anforderungen des Rücksichtsnahmegebotes scheitern kann.

Nach § 34 I BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 34 II BauGB vorliegen, beurteilt sich die Art der Nutzung ausschließlich nach der BauNVO, während für das Maß der Nutzung (Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung) auf § 34 I BauGB abzustellen ist. Das Bauvorhaben überschreitet hinsichtlich des Maßes der genehmigten Nutzung nicht den Rahmen der näheren Umgebung, die durch ein sechsgeschossiges Bankgebäude (T straße 30), den dreigeschossigen Komplex eines Modemarktes (T straße 32), das fünfgeschossige Gebäude der Antragstellerin zu 1. (T straße 34) und den zweigeschossigen Pavillonbereich (T straße 36 a bis d) sowie die viergeschossige (T straße 21, 23, 27) bzw. dreigeschossige (T straße 29, 31) bzw. fünfgeschossige (T straße 33, 35, 37) Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite der T straße geprägt ist.

Das Bauvorhaben, das sich hinsichtlich seiner äußeren Gestaltung nicht deutlich von der Umgebung unterscheiden wird, stellt sich auch nicht als rücksichtslos dar, da zum einen - wie noch auszuführen ist - die erforderliche Abstandsfläche gewahrt ist - und zum anderen von dem Bauvorhaben aller Wahrscheinlichkeit nach keine erdrückende Wirkung ausgehen wird, auch wenn der Eindruck einer gewissen Enge bei den Durchgängen zwischen den einzelnen Bereichen des Talzentrums - auch bedingt durch die Überdachungen - entstehen oder sich verstärken mag, wenn die angrenzenden freien Platzflächen teilweise entfallen und durch das Geschäftsgebäude der Beigeladenen ersetzt werden. Die Beigeladenen haben folglich auch keine erdrückende Wirkung gerügt, sondern sich auf die optische Sperrwirkung für potentielle Kundenblicke aus Richtung des C -Platzes berufen, die durch das Bauvorhaben bewirkt werde. Dieses "Gesehen werden können", das im Grunde die Nutzungsmöglichkeit eines Lagevorteils ohne entsprechende Rechtsposition darstellt, ist jedoch nicht schutzwürdig, zumal es in der gegebenen Situation eingeschränkt erhalten bleibt und etwa durch Werbemaßnahmen ausgeglichen werden kann und zudem der Blick von der T straße über den B platz nicht beeinträchtigt sein dürfte.

Das Bauvorhaben verletzt auch keine - nachbarschützenden - Abstandsflächenvorschriften im Sinne des § 7 LBO 2004. Dabei kann hinstehen, ob die Antragsteller überhaupt die Einhaltung von Abstandsflächen hinsichtlich ihres Gebäudes T straße 34 verlangen können, nachdem dieses Gebäude selbst auf der Grundstücksgrenze steht (vgl. § 7 I LBO 2004). Dass der Abstand zwischen den Gebäuden der Antragstellerin zu 1. (T straße 34 und Pavillon am B platz) und dem genehmigten Gebäude der Beigeladenen selbst keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen. Soweit sie jedoch die Ansicht vertreten, zur Berechnung der Einhaltung der Abstandsflächen sei die auf dem Anwesen T straße 34 aufliegende Überdachung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen und danach halte das Bauvorhaben den erforderlichen Abstand nicht ein, kann ihnen nicht gefolgt werden. Konkret kommt auf der Grundlage dieses Vortrags der Antragsteller für eine Abstandsflächenverletzung nur die westliche, zum Durchgang zur U straße gerichtete Gebäudeecke des Bauvorhabens, an der der Abstand zwischen Überdachung und Vorhabengebäude an der engsten Stelle nur 2,55 m betragen wird, in Betracht. Sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegnerin nehmen für sich in Anspruch, Eigentümer der Überdachung an der dem C -Platz zugewandten Seite des Gebäudes T straße 34 zu sein. Es bestehen zwar erhebliche Zweifel daran, dass die Überdachung mehr als nur ein vorübergehender Bestandteil des Gebäudes der Antragsteller im Sinne des § 95 II BGB ist, nachdem die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Antragsteller die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Überdachung über im Eigentum der Antragstellerin zu 1. stehenden Flächen stets bei der Antragsgegnerin gesehen habe und sie zudem der Ankündigung, dass die Antragsgegnerin möglicherweise die Überdachung im Zusammenhang mit der Umsetzung des besten Entwurfs des Wettbewerbs zur Neugestaltung des C -Platzes beseitigen werde, nicht entgegengetreten ist. Die Eigentumsfrage kann indes dahinstehen, denn unstreitig und aus den von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25.1.2006 vorgelegten Planunterlagen ersichtlich erstreckt sich die Überdachung an dieser Stelle - und auch noch weiter in dem Durchgang bis zur U straße - vollständig über kommunales Eigentum, das bis zur entsprechenden Gebäudeaußenwand des Bauvorhabens reicht. Ein Grundstückseigentümer kann aber nur die Einhaltung von Abstandsflächen zur Grenze seines eigenen Grundstücks verlangen, also nicht dadurch, dass er selbst ohne Grenzabstand ein Gebäude errichtet hat, auf dem eine über das Nachbargrundstück reichende Überdachung - in wessen Eigentum auch immer - aufliegt, die für den Bau eines Gebäudes auf dem Nachbargrundstück erforderliche Abstandsfläche ausdehnen und dadurch die Baufreiheit des Nachbarn auf dessen eigenem Grundstück einschränken.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 II, 159 VwGO, 100 ZPO zurückzuweisen, wobei sich der Ausspruch hinsichtlich der Beigeladenen, die im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 III VwGO), aus § 162 III VwGO ergibt.

Der Streitwertfestsetzung folgt für das Beschwerdeverfahren aus §§ 63 II, 47, 53 III, 52 I, II GKG 2004, wobei der Senat den einzelnen Anträgen kein eigenständiges Gewicht beimisst. Sie ist an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 orientiert und unter Berücksichtigung des aufs Ganze gesehen nicht allzu hoch zu veranschlagenden Interesses der Antragstellerin zu 1. als Wohnungseigentümergemeinschaft am vorliegenden - das Geschäftsinteresse in den Vordergrund rückenden - Verfahren mit der Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Betrages von 7.500,- EUR erfolgt. Für die übrigen Antragsteller leitet der Senat auf der Grundlage des Streitwertkatalogs den Streitwert aus den aus der Teilungserklärung ersichtlichen Anteilen als Teileigentümer ab und legt ihn für die Antragstellerin zu 2. ebenfalls auf die Hälfte eines Hauptsachestreitwerts von 7.500,- EUR, für den Antragsteller zu 3. auf die Hälfte eines Hauptsachestreitwerts von 20.000,- EUR und für die Antragsteller zu 4. bis 6. als Miteigentümer auf die Hälfte eines Hauptsachestreitwerts von 3.750,- EUR fest. Eine entsprechende Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung ist von Amts wegen vorzunehmen.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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