Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Beschluss verkündet am 17.01.2005
Aktenzeichen: 3 Q 34/04
Rechtsgebiete: VwGO, KSVG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
KSVG § 21 a
KSVG § 21 a Abs. 2 Satz 2
KSVG § 21 a Abs. 3
KSVG § 21 a Abs. 4
KSVG § 21 a Abs. 4 Nr. 3
KSVG § 21 a Abs. 4 Satz 3
KSVG § 21 a Abs. 7 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2004 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 93/02 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 4.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Mit Urteil vom 12.3.2004 hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen den Beschluss des Beklagten vom 31.1.2002 festzustellen, das zum Eigenbetrieb "Heidebad" der Gemeinde Sch. gehörende Hallenbad ab dem 1.4.2002 zu schließen. Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil kann nicht entsprochen werden.

Das Vorbringen des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages, das den Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in dem vorliegenden Zulassungsverfahren begrenzt, rechtfertigt die erstrebte Rechtsmittelzulassung weder auf der Grundlage der von ihm angeführten Zulassungstatbestände des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO noch in Anwendung von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf den sich der Kläger ebenfalls beruft.

Das gilt zunächst, soweit der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht sei der Auffassung, dem Bürgerbegehren stehe der Unzulässigkeitstatbestand des § 21 a Abs. 4 Nr. 3 KSVG entgegen, und ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Würdigung sowie besondere Schwierigkeiten und die grundsätzliche Bedeutsamkeit der Sache unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt geltend macht. Der Kläger übersieht nämlich, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Vereinbarkeit des Bürgerbegehrens mit § 21 a Abs. 4 Nr. 3 KSVG zwar erörtert, aber nicht abschließend entschieden hat. Das zeigen bereits die einleitenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Rahmen der Überprüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens anhand des Ausschlusskatalogs des § 21 a Abs. 4 KSVG. Dort heißt es, bevor § 21 a Abs. 4 Nr. 3 KSVG näher abgehandelt wird: "Der Durchführung des Bürgerbegehrens... dürfte hier allerdings bereits der Negativkatalog des § 21 a Abs. 4 KSVG entgegenstehen" (Seite 15 des Urteilsabdruckes). Diese eine abschließende Festlegung vermeidende Formulierung findet sich dann mehrfach im weiteren Gang der Erörterung ("Deshalb dürfte das Negativmerkmal des § 21 a Abs. 4 Nr. 3 auch dann erfüllt sein..." sowie "Mithin dürften vorliegend ganz wesentliche, wenngleich mittelbare Auswirkungen... dazu führen, dass jedenfalls das Negativmerkmal des § 21 a Abs. 4 Nr. 3 KSVG erfüllt ist." - jeweils Seite 17 des Urteilsabdrucks -). Dass sich das Verwaltungsgericht einer definitiven Aussage zur Vereinbarkeit des Bürgerbegehrens mit § 21 a Abs. 4 Nr. 3 KSVG enthalten hat, belegt schließlich der Satz, "Letztlich kann dies aber offen bleiben" (Seite 18 des Urteilsabdrucks), mit dem es im Anschluss an die Erörterung von § 21 a Abs. 4 Satz 3 KSVG die Prüfung der Frage einleitet, ob das Bürgerbegehren den Anforderungen von § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG Rechnung trägt.

Handelt es sich danach bei den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Frage der Vereinbarkeit des Bürgerbegehrens mit § 21 a Abs. 4 Nr. 3 KSVG nicht um ein entscheidungstragendes Element des erstinstanzlichen Urteils, so kann mit der Problematisierung dieser - sich endgültiger Aussagen gerade enthaltenden - Erörterung die Zulassung der Berufung nicht herbeigeführt werden.

Gestützt hat das Verwaltungsgericht die Abweisung der von dem Kläger erhobenen Feststellungsklage hingegen auf die Erwägung, das umstrittene Bürgerbegehren sei deswegen unzulässig, weil es keinen den Anforderungen von § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG genügenden Kostendeckungsvorschlag enthalte. Die hier gegen erhobenen Einwendungen des Klägers führen indes ebenfalls nicht zu der erstrebten Rechtsmittelzulassung. Denn bereits jetzt steht, ohne dass es noch der Durchführung eines Berufungsverfahrens und in dessen Rahmen der Beantwortung rechtsgrundsätzlicher Fragen bedarf, fest, dass das Verwaltungsgericht das in Rede stehende Bürgerbegehren zu Recht unter dem Gesichtspunkt von § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG beanstandet und aus diesem Grunde die mit der Klage erstrebte Feststellung abgelehnt hat.

Nach der zuletzt genannten Regelung muss das Bürgerbegehren unter anderem einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme enthalten. Außerdem muss es nach näherer Maßgabe von § 21 a Abs. 3 KSVG von einer bestimmten Anzahl von Bürgern unterzeichnet sein. Es liegt auf der Hand, dass das Erfordernis eines nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Kostendeckungsvorschlages den Zweck verfolgt, den zur Unterzeichnung aufgerufenen Bürgerinnen und Bürgern die unter Umständen erheblichen finanziellen Auswirkungen der Maßnahme, aber auch ihre Verantwortung im Hinblick darauf bewusst zu machen, dass der mittels eines zulässigen Bürgerbegehrens herbeigeführte Bürgerentscheid gemäß § 21 a Abs. 7 Satz 1 KSVG einem Gemeindratsbeschluss gleichsteht und vor Ablauf von zwei Jahren nur unter qualifizierten Voraussetzungen abgeändert werden kann (§ 21 a Abs. 7 Satz 3 KSVG). Diese Zweckbestimmung lässt sich § 21 a KSVG ohne weiteres entnehmen. Über sie besteht denn auch Einigkeit in der vom Verwaltungsgericht bereits zitierten Rechtsprechung zu inhaltsgleichen Regelungen in den Gemeindeordnungen anderer Länder und in der von ihm gleichfalls angeführten Literatur. Aus dem offenkundigen Zweck der gesetzlichen Regelung hat das Verwaltungsgericht zutreffend im Einklang mit der von ihm angeführten Rechtsprechung und Literatur abgeleitet, dass die geforderte Aussage über die Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme transparente und vertretbare Angaben verlangt. Dem Verwaltungsgericht ist ferner jedenfalls für den Regelfall und auch für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt darin beizupflichten, dass dem nur Rechnung getragen ist, wenn der Vorschlag zum einen die zu erwartenden Kosten der begehrten Maßnahme, bei künftigen Kosten auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Prognose, und zum anderen die zu ihrer Deckung vorgesehenen Mittel angibt und beziffert. Das zeigt schon der Wortlaut der gesetzlichen Regelung, in dem von "Deckung der Kosten" die Rede ist und der dadurch deutlich macht, dass der Vorschlag grundsätzlich zwei Elemente umfassen muss: Eine Aussage über die Kosten der erstrebten Maßnahme und eine Aussage über ihre Deckung. Ob Ausnahmefälle denkbar sind, in denen auf die regelmäßig gebotene nähere Konkretisierung der Kosten verzichtet werden kann, etwa wenn sie der zu ihrer Deckung vorgeschlagene Betrag eindeutig und für jedermann offenkundig übersteigt, kann dahinstehen. Denn von einer solcher Sondersituation kann bei der hier den Gegenstand des Bürgerbegehrens bildenden Maßnahme der Weiterführung des gemeindlichen Hallenbades keine Rede sein. Diese Maßnahme ist gerade unter dem Kostenaspekt nicht zuletzt deshalb recht komplex, weil sie zum einen - einmalige - Herstellungs- bzw. Renovierungsaufwendungen und zum anderen wiederkehrende jährliche Folgekosten (Aufwendungen zur Deckung der Defizite aus dem laufenden Betrieb des Bades) mit sich bringt. Für sie gilt nicht nur unter dem Aspekt der gebotenen Transparenz, sondern auch mit Blick auf das in § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG enthaltene Erfordernis, der Kostendeckungsvorschlag müsse nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbar sein, wie auch sonst für den Regelfall, dass das Bürgerbegehren die zu erwartenden Kosten (gegliedert in einmalige Herstellungs- und Anschaffungskosten und prognostisch abzuschätzende laufende Kosten) beziffert und ihnen - ebenfalls beziffert - die vorgeschlagenen Deckungsbeträge gegenüberstellt. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass die Anforderungen an die Bezifferung der zu erwartenden Kosten und Deckungsbeiträge nicht überspannt werden dürfen, sondern insoweit, nicht zuletzt, um den Prognosen von der Natur der Sache her innewohnenden Unsicherheiten Rechnung zu tragen, in der Größenordnung vertretbare, nicht völlig unplausible oder willkürliche Kostenschätzungen als ausreichend anzusehen sind, ist dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, dass der vom Kläger unterbreitete Vorschlag den gesetzlichen Anforderungen eindeutig nicht genügt. Er enthält, was das Verwaltungsgericht mit Recht in den Vordergrund gestellt hat, keinerlei Angaben zu Art und Höhe der zu erwartenden Kosten vgl. zu diesem Erfordernis auch OVG Münster, Urteil vom 28.1.2003 - 15 A 203/02 - NVwZ - RR 2003, 584, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.8.2003 - 10 ME 82/03 - NVwZ - RR 2004, 62, jeweils zu den § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG inhaltsgleichen Regelungen des nordrheinwestfälischen und des niedersächsischen Kommunalrechts.

Der Vorschlag des Klägers beschränkt sich vielmehr darauf, teils beziffert, teils unbeziffert Vorschläge zur Deckung dieser der Höhe nach ungenannt bleibenden Kosten zu unterbreiten. Dadurch fehlt es nicht nur an einer nachvollziehbaren - bezifferten - Aussage über Art und Höhe der zu erwartenden Kosten, die es den angesprochenen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichte, sich ihre eigene Meinung darüber zu bilden, ob die Annahmen des Bürgerbegehrens realistisch sind. Es bleibt ferner unklar, wie hoch die Beträge sind, die nach Einschätzung des Bürgerbegehrens zur Kostendeckung aufgebracht werden können, und ob diese ausreichen. Dass dem Kläger, dem Angaben über die Investitionen für den Umbau des Kulturhauses in H. und die Ersparnisse bei Einstellung des Ringbusverkehrs möglich waren, nicht in der Lage gewesen wäre, Angaben zu den zu erwartenden Kosten der Fortführung des Hallenbades zu machen, ist im Übrigen weder aufgezeigt noch erkennbar, zumal ein von einem seiner Vertretungsberechtigten ausgearbeitetes und mit der Klageschrift vorgelegtes "Konzept zur Erhaltung des Hallenbades" hierzu Zahlen nennt. Auch kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die - bezifferten - Deckungsvorschläge (Einsparungen durch den Verzicht auf den Umbau des Kulturhauses H. und auf den Ringbus "Primsschnurrer") erhielten gleichsam immanent die Aussage, dass mit diesen Beträgen die zu erwartenden Kosten des Weiterbetriebes des Hallenbades gedeckt werden könnten. Denn einer solchen Aussage fehlt es ohne eine vertretbare Abschätzung der Höhe der zu erwartenden Kosten an der gebotenen Transparenz und Nachvollziehbarkeit. So durfte der Kläger beispielsweise nicht unterstellen, dass die zur Unterzeichnung aufgerufenen Bürgerinnen und Bürger Kenntnisse von der Höhe der vorzunehmenden Instandhaltungs- und Renovierungsaufwendungen oder von der Höhe der auf den Betrieb des Hallenbades entfallenden und von der Gemeinde auszugleichenden Verluste des laufenden Bäderbetriebes haben. Dass hier die gebotene Transparenz und Nachvollziehbarkeit fehlt, wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass der Kläger zur Deckung der laufenden Kosten des Betriebes des Hallenbades auf mögliche Ersparnisse in Höhe von 74.000,-- Euro durch Einstellung des Ringbusverkehrs verweist, während nach Angaben des Beklagten jährlichen Einnahmen aus dem Betrieb des (Frei- und Hallenbad umfassenden) Heidebades in Höhe von 80.000,-- Euro Ausgaben (ohne Berücksichtigung der Darlehensverbindlichkeiten) in Höhe von 550.000,-- Euro gegenüberstanden, von denen zwischen 55 % bis 59 % (rund 258.000,-- Euro bis 277.000,-- Euro) auf den Betrieb des Hallenbades entfielen. Hinzu kommt vorliegend, dass zur Kostendeckung außer den beiden - bezifferten - Vorschlägen auch zwei Ansätze - "zum Beispiel Investor suchen, Sauna, Solarium" und "Einsparungen durch eine Straffung der Organisation des Bäderbetriebes" - angeführt werden, bei denen völlig offen bleibt, welche Deckungsbeiträge der Kläger realistischer Weise erwartet. Der Hinweis in dem Bürgerbegehren, diese "zur Finanzierung der Maßnahme" unterbreiteten Vorschläge seien der Gemeindeverwaltung bekannt, vermag die insoweit gebotene Angabe nicht zu ersetzen, denn wie bereits dargelegt, besteht der Zweck des nach § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG geforderten Vorschlages zur Deckung der zu erwartenden Kosten darin, den zur Unterzeichnung des Bürgerbegehrens aufgerufenen Bürgerinnen und Bürgern die finanziellen Auswirkungen der Maßnahme vor Augen zu führen. Auch bleibt ohne Abschätzung der Höhe der zu erwartenden Kosten letztlich unklar, ob der Kläger von einer Kostendeckung durch die bezifferten Deckungsvorschläge ausgeht oder weitere Deckungsbeiträge durch die - unbezifferten - Vorschläge für erforderlich hält. Zusammenfassend ist danach festzuhalten, dass der Kostendeckungsvorschlag des Klägers weder Aussagen über die Höhe der zu erwartenden Kosten enthält, noch - mangels Bezifferung der finanziellen Auswirkungen eines Teiles seiner Vorschläge - erkennen lässt, welche Höhe die Deckungsbeiträge letztlich erreichen sollen, mit denen er kalkuliert. Daher hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Bürgerbegehren mangels eines den Anforderungen des § 21 a Abs. 2 Satz 2 KSVG genügenden Kostendeckungsvorschlages für unzulässig erachtet.

Für die erstrebte Rechtsmittelzulassung ist demnach kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14, 25 Abs. 2 GKG in der bis zum 1.7.2004 geltenden Fassung, die hier noch Anwendung findet, weil der Zulassungsantrag am 23.4.2004 und damit vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1.7.2004 bei Gericht eingegangen ist (vgl. Art. 1 § 72 Nr. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I, Seite 718).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück