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Gericht: Oberverwaltungsgericht Saarland
Urteil verkündet am 22.08.2003
Aktenzeichen: 3 Q 71/01
Rechtsgebiete: SAWG, KrW-/AbfG, Afallrichtlinie 75/442/EWG
Vorschriften:
SAWG § 13 | |
KrW-/AbfG § 3 I | |
KrW-/AbfG § 4 IV | |
KrW-/AbfG § 6 II | |
Afallrichtlinie 75/442/EWG I | |
Afallrichtlinie 75/442/EWG III |
2. Abfälle zur thermischen Verwertung sind nach der für das deutsche Recht im Wege europarechtskonformer Auslegung maßgebenden Rechtsprechung des EuGH aus 2003 Abfälle, die eine sinnvolle Aufgabe erfüllen, nämlich zur Energieerzeugung dienen und dadurch eine Primärenergiequelle ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätte eingesetzt werden müssen.
3. Ein Ersatzbrennstoff liegt nach der EuGH-Rechtsprechung nur bei Verfahren mit einer vollständigen Austauschbarkeit von Abfall und Primärbrennstoff vor.
4. Bei der Verbrennung von Abfällen auf dem Rost einer Müllverbrennungsanlage scheidet es ökologisch, ökonomisch und nach dem Anlagenzweck der Mineralisierung aus, mangelnden Müll durch Rohstoffe zu ersetzen.
5. Bei der Verbrennung von industriellen Sonderabfällen auch mit hohem Heizwert in einer Hausmüllverbrennungsanlage liegt generell ein Beseitigungsvorgang vor, der der Andienungspflicht an den Träger der Sonderabfallentsorgung unterliegt.
3 R 1/03 3 Q 71/01
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Andienungspflicht für industriellen Sonderabfall aus der Stahlindustrie
hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Neumann, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Philippi und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Nalbach aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2003 für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.8.2001 - 1 K 12/01 - wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die in dem Betrieb der Stahlindustrie der Klägerin anfallenden ölverschmutzten Betriebsmittel (ölverschmutzte Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung) Abfälle zur Verwertung oder Abfälle zur Beseitigung sind und ob eine Zuweisungsentscheidung der Beklagten ergehen durfte.
Die Klägerin organisiert die Entsorgung ihrer ölverschmutzten Betriebsmittel privatwirtschaftlich so, dass die Abfälle in einem ersten Schritt der Konditionierung bei der Firma S. unter Aussonderung metallhaltiger Teile vorbehandelt werden und dann in einem zweiten Schritt nach Auskunft der Firma S. im Müllheizkraftwerk Wuppertal verbrannt werden. Nach einem vorliegenden Laborergebnis (Behördenakte Bl. 15) beträgt der Heizwert 29.600 kJ/kg.
Die Beklagte als Trägerin der saarländischen Sonderabfallentsorgung ist der Auffassung, dass es sich um Sonderabfälle zur Beseitigung handelt, deren Entsorgungsweg öffentlich-rechtlich durch die Andienungspflicht nach § 13 des Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetzes zu organisieren ist.
Mit Zuweisungsbescheid vom 14.3.2000 (Behördenakte Bl. 18) wies die Beklagte die Abfälle derselben Firma zu, indes auf öffentlich-rechtlicher Grundlage. Der Bescheid selbst ist gebührenfrei, indessen Grundlage für eine öffentlich-rechtliche Kostenabrechnung einschließlich eines Zuschlags zur Abgeltung der Aufwendungen der Beklagten durch Ausführungsbescheide.
Die Klägerin legte gegen den Zuweisungsbescheid mit Schreiben vom 29.3.2000 Widerspruch mit der Begründung ein, es handele sich um besonders überwachungsbedürftigen Abfall zur Verwertung und nicht zur Beseitigung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4.1.2001 wies das Ministerium für Umwelt den Widerspruch zurück. Die Widerspruchsbehörde ist der Auffassung, es handele sich hier um Sonderabfall zur Beseitigung. Für die Abgrenzung komme es auf die gesamte Entsorgungsmaßnahme, nicht die einzelnen Teilschritte an. Die Verwertung der Metallkomponenten sei nur ein Teilschritt. Der überwiegende Anteil des Gemischs werde verbrannt. Dies sei nach den konkreten Umständen Beseitigung und nicht energetische Verwertung. Zwar werde der Mindestheizwert von 11.000 kJ/kg nach § 6 II Nr. 1 KrW-/AbfG erreicht. Zusätzlich sei aber eine zweistufige Prüfung erforderlich, ob der Abfall als Ersatzbrennstoff genutzt werde (§ 4 IV 1 KrW-/AbfG) und die Nutzung der Hauptzweck sei (§ 4 IV 2 KrW-/AbfG). Beides sei zu verneinen. Für den Einsatz als Ersatzbrennstoff reiche es nicht aus, dass die bei der Verbrennung in einer Müllverbrennungsanlage freiwerdende Energie gezielt zur Fernwärme genutzt werde. Vielmehr liege eine Nutzung als Ersatzbrennstoff nur dann vor, wenn in der Stützfeuerung der Müllverbrennungsanlage Heizöl durch Altöl ersetzt werde. Die bloße Mitverbrennung auf dem Rost stelle eine Abfallbeseitigung dar.
Unabhängig davon liege der Hauptzweck der Maßnahme nicht in der Verwertung, sondern in der Beseitigung zum Zweck der Schadstoffbeseitigung. Für die Abgrenzung des Hauptzwecks stelle das Gesetz in § 4 IV Satz 3 KrW-/AbfG auf Art und Ausmaß der Verunreinigungen ab. Das Gesetz enthalte aber keine Grenzwerte, ab welcher Belastung eine Beseitigung vorliege. Vielmehr verlange es eine Abwägung zwischen Nutzungsgehalt und Schadstoffgehalt des Abfalls. Ziehe man zur Konkretisierung als Vergleichsmaßstab Kohle heran, liege die heizwertspezifische Schadstoffbelastung des Abfalls deutlich über der der Kohle. Nach der erforderlichen Abwägung überwiege mithin der Beseitigungszweck wegen des Schadstoffgehalts, und deshalb unterliege der Sonderabfall zur Beseitigung der Andienungspflicht gegenüber der Beklagten.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 8.1.2001 hat die Klägerin am 31.1.2001 Klage erhoben.
Zur Begründung hat sie dargelegt, ihre ölverschmutzten Betriebsmittel seien Abfälle zur Verwertung. Der Heizwert der Abfälle liege nach dem Laborergebnis bei 29.600 kJ/kg und damit weit über der Mindestgrenze von 11.000 kJ/kg. Die hochenergetischen ölhaltigen Betriebsmittel sorgten als Ersatzbrennstoffe dafür, dass der minderenergetische Müll gleichmäßig verbrenne. Von einem hohen Schadstoffpotenzial der ölverschmutzten Abfälle könne nach dem Laborergebnis keine Rede sein und darüber hinaus erfolge im Müllheizkraftwerk Wuppertal ausweislich der vorgelegten Umwelterklärungen von 1997 und 1999 eine schadlose Verwertung der Abfälle. Mithin sei der Hauptzweck der Maßnahme die energetische Verwertung des Abfalls.
Die Klägerin hat beantragt,
den Zuweisungsbescheid der Beklagten vom 14.11.2000 (gemeint: 14.3.2000) und den Widerspruchsbescheid vom 4.1.2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie geltend gemacht, es handele sich um Abfälle, die zu ihrer Beseitigung verbrannt würden. Auf die Mindestvoraussetzungen für eine energetische Verwertung allein komme es nicht an. Da es sich um feste Abfälle handele, sei nur zu prüfen, ob sie ein Ersatzbrennstoff für Kohle seien. Dies sei aber nicht der Fall. Der Heizwert von Kohle werde nicht erreicht. Darüber hinaus seien die Emissionen bei Abfällen deutlich höher als bei Kohle. Deshalb handele es sich um Sonderabfall zur Beseitigung, der der Andienungspflicht unterliege.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 6.8.2001 - 1 K 12/01 - der Klage stattgegeben.
Es hat sich auf den ausführlich begründeten Rechtsstandpunkt gestellt, es liege Sonderabfall zur Verwertung vor. Primär sei der hier vorliegende hohe Heizwert das wesentliche Kriterium für das Vorliegen eines Ersatzbrennstoffs und den Hauptzweck der energetischen Verwertung. Dagegen habe die Schadstoffbelastung nur untergeordnete Bedeutung und auf den Vergleich mit der Schadstoffbelastung von Kohle komme es nicht an. Ebensowenig komme es auf die technischen Einzelheiten der Verbrennung innerhalb der Stützfeuerung oder auf dem Rost an. Ein Ersatzbrennstoff sei der Stoff, der an Stelle von Kohle oder Öl konkret zur Herstellung von Strom und Wärme genutzt werde. Das sei hier der Fall, und deshalb liege Abfall zur Verwertung vor, der der Andienungspflicht an die Beklagte nicht unterliege.
Dem Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat der Senat unter dem Gesichtspunkt besonderer rechtlicher Schwierigkeiten mit Beschluss vom 25.2.2003 stattgegeben.
Die Beklagte hat die Berufung fristgerecht begründet. Sie setzt sich im Grundsätzlichen mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts auseinander.
Das Verwaltungsgericht nehme in einer äußerst umstrittenen Frage eine unrichtige Weichenstellung vor. Der Heizwert des Abfalls sei nach der eindeutigen Regelung des § 6 II KrW/AbfG nur eine Mindestvoraussetzung und reiche deshalb zur Annahme einer Verwertung nicht aus. Zusätzlich komme es nach der gesetzlichen Regelung auf den Hauptzweck der Maßnahme an. Das Verwaltungsgericht sehe aber letztlich in dem Heizwert des konkreten Abfalls das maßgebliche Kriterium.
Zu Gunsten ihrer Rechtsposition führt die Beklagte die neuere Rechtsprechungsentwicklung im deutschen und vor allem im europäischen Abfallrecht an.
So habe das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem neueren Urteil vom 3.5.2002 - 19 K 1787/01 - in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass die Verbrennung von Abfällen in einer Sonderabfallverbrennungsanlage wegen anteilig geringer Stromumsatzerlöse keine Verwertung sei.
Wesentlich sei vor allem die europäische Rechtsentwicklung zum Begriff des Abfalls zur Verwertung oder Beseitigung. Eine Klarstellung sei in dem Urteil des EuGH vom 13.2.2003 - C-458/00 - nunmehr erfolgt. In dieser Sache gehe es um den Export von kommunalen Abfällen aus Luxemburg in eine Müllverbrennungsanlage der Stadt Straßburg. Der EuGH habe eine Beseitigung angenommen. Maßstab sei danach, ob der Hauptzweck auf Erfüllung einer sinnvollen Aufgabe im Sinne des Ersatzes einer Primärenergiequelle gerichtet sei. Ein Ersatzbrennstoff läge vor, wenn bei fehlender Versorgung mit Abfällen der Betrieb der Anlage unter Verwendung einer Primärenergiequelle hätte fortgesetzt werden müssen. Dies treffe auf keine Abfallverbrennungsanlage in Nordrhein-Westfalen zu. Weiter seien die Kriterien der Energieerzeugung des EuGH nicht für die konkreten Abfälle nachgewiesen. Die bereits vorliegende europarechtliche Weichenstellung bestätige mithin den Rechtsstandpunkt der Beklagten.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 6.8.2001 - 1 K 12/01 - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt im Einzelnen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Die ölverschmutzten Abfälle seien Abfall zur Verwertung. Sie hätten kein relevantes Schadstoffpotenzial, seien aber energiereich. Nach dem Hauptzweck der konkreten Maßnahme liege damit eine energetische Verwertung vor.
Dies werde auch nicht durch die neuere Rechtssprechungsentwicklung in Frage gestellt. Insbesondere betreffe das von der Beklagten angeführte Urteil des VG Stuttgart vom 3.5.2002 einen wesentlich anderen Sachverhalt in Form einer Sonderabfallanlage, die weniger Energie erzeuge als das Müllheizkraftwerk Wuppertal. Die neuere Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2003 führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Verwendung der Abfälle im Müllheizkraftwerk erfolge als Mittel der Energieerzeugung. Durch die Verbrennung werde nach der Umwelterklärung 2000 nur Fremdenergie von 6200 MWh verbraucht, aber 190.862 MWh erzeugt und überwiegend in Höhe von 156.971 MWh abgegeben. Die Umweltkennzahlen für 2002 bestätigten dies. Die Verwertungsanforderungen des EuGH seien erfüllt, da der größere Teil der Abfälle verbraucht und der größere Teil der Energie genutzt werde. Auf Heizwert, Schadstoffgehalt und Vermischung komme es nicht an. Da die Verwertung nach den Kriterien des EuGH feststehe, komme es auch nicht auf Hilfskriterien wie die Frage der Vergütung oder den Austausch von Müll gegen andere Energieträger an. Maßgebend sei die feststehende Hauptverwendung der gut brennbaren Abfälle als Mittel der Energieerzeugung. Die Klage sei nach wie vor begründet.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts-, Widerspruchs- und Behördenakten des vorliegenden Verfahrens und des Parallelverfahrens 3 R 2/03 verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts ist entgegen der Meinung der Klägerin durch die neuere EuGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2003 überholt.
Die angefochtene Zuweisung legt den Entsorgungsweg der ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin zutreffend öffentlich-rechtlich fest. Es liegt ein Zwangsentsorgungsweg vor. Rechtsgrundlage ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, § 13 I und II 1 des Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetzes (SAWG) vom 26.11.1997 (Amtsbl. S. 1352). § 13 I SAWG lautet:
Sonderabfälle, die behandelt, gelagert oder abgelagert werden sollen, sind dem Träger der Sonderabfallentsorgung anzudienen; andienungspflichtig sind die Erzeuger und Besitzer von Sonderabfällen.
§ 13 II 1 SAWG als Rechtsgrundlage der Maßnahme lautet:
Der Träger der Sonderabfallentsorgung weist die ihm ordnungsgemäß angedienten Abfälle im Sinne des Abs. 1 einer dafür zugelassenen, aufnahmebereiten Anlage zur Entsorgung zu.
Die Zuweisung ist nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts ohne Rückwirkung erfolgt. Sie führt hier abgesehen von der Festlegung eines Zwangsentsorgungswegs nach § 15 SAWG zu einer Umgestaltung der Rechtsbeziehungen im Sinne einer Kostenabrechnung unmittelbar zwischen dem Betreiber der Entsorgungsanlage und dem Träger der Sonderabfallentsorgung (§ 15 I 2 SAWG) und anschließender Gebührenerhebung des Trägers der Sonderabfallentsorgung.
§ 15 I 1 SAWG; Gebührenhöhe von 7 % des Entsorgungsaufwands nach § 7 I der Verordnung über die Entsorgung von Sonderabfällen vom 15.06.1998 (Amtsbl. S. 581).
Die Gebührenerhebung ist Gegenstand besonderer Ausführungsbescheide. Wegen der fortbestehenden Rechtsgrundlage für die Ausführungsbescheide tritt keine Erledigung der Zuweisung durch Zeitablauf ein.
Die Sonderabfälle im Sinne der Andienungspflicht des § 13 I SAWG sind nach der Definition in § 1 II SAWG besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung, nicht aber zur Verwertung. Sie verbleiben nicht innerhalb des Wirtschaftskreislaufs.
Der Landesgesetzgeber durfte die Andienungspflicht auch nicht auf Sonderabfälle zur Verwertung ausdehnen. Insofern besteht eine bundesrechtliche Sperre in § 13 IV 1 bis 3 KrW-/AbfG. Abfälle zur Verwertung können nur dann einer Andienungspflicht der Länder unterliegen, wenn dies nach § 13 IV 3 KrW-/AbfG durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung bestimmt ist. Eine solche Rechtsverordnung ist bisher nicht erlassen.
Hösel/von Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, Stand November 2002, § 13 Rdnr. 31; Frenz, KrW-/AbfG, 3. Aufl. 2002, § 13 Rdnr. 109.
§ 17 SAWG, der vorsorglich die Andienungspflicht auf besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Verwertung nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach § 13 IV KrWG/AbfG erstreckt, läuft also derzeit leer.
Die Beklagte kann als die im Saarland bestimmte Trägerin der Sonderabfallentsorgung § 1 der Verordnung über die Entsorgung von Sonderabfällen vom 15.6.1998 (Amtsbl. S. 581) den Entsorgungsweg also nur unter öffentlich-rechtlicher Verantwortung mit zusätzlichen Verwaltungskosten festlegen, wenn die ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin Sonderabfälle zur Beseitigung und nicht zur Verwertung sind. Für den Abfallbegriff verweist die saarländische Regelung des § 1 I und II SAWG auf Bundesrecht.
Die bundesrechtliche Einstufung der ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin als Sonderabfälle zur Verwertung oder Beseitigung ist mithin entscheidungserheblich. Der Rechtsstreit erfordert also zunächst die beiden Schritte, festzustellen, dass es sich hier überhaupt um Abfall und sodann Sonderabfall handelt, was unstreitig ist. Im dritten Schritt geht es sodann um den zentralen Streit der Beteiligten, den dualen Abfallbegriff. vgl. zu diesem Begriff Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21-22.
Der duale Abfallbegriff unterscheidet mit weitreichenden Konsequenzen danach, ob Abfälle innerhalb des Wirtschaftskreislaufs gehalten und damit verwertet werden oder aus den Kreislauf herausgenommen und dadurch beseitigt werden. Das macht eine Klärung des deutschen Abfallbegriffs auf der Grundlage des europäischen Abfallbegriffs und der neuen europäischen Rechtsprechung aus dem Jahr 2003 notwendig. Die europäische Rechtsentwicklung hat die deutsche Rechtsentwicklung einschließlich der Schaukeltheorie und der "Stromumsatztheorie" des zwischen den Beteiligten streitigen Urteils des VG Düsseldorf vom 3.5.2002 - 19 K 1787/01 - überholt und ist der Weichenstellung zugrundezulegen.
A
Die ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin sind nach der Verweisung des saarländischen Rechts in § 1 I SAWG Abfälle im Sinne des Entledigungsbegriffes des § 3 I 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz KrW-/AbfG in der im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 3.5.2000 (BGBl. I S. 632). Der saarländische Abfallbegriff folgt dem bundesdeutschen Abfallbegriff.
Da das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nach der amtlichen Anmerkung zur Umsetzung der europarechtlichen Abfallrichtlinie 75/442/EWG vom 15.7.1975 (Amtsbl. L 194 vom 25.7.1975, S. 47) in Form der Änderungsrichtlinie 91/156/EWG vom 18.3.1991 (Amtsbl. L 78, S. 33) dient, folgt der deutsche Abfallbegriff innerhalb der Grenzen des Umsetzungsspielraums des nationalen Gesetzgebers dem europarechtlichen Abfallbegriff. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind genaue Zielanforderungen in den Richtlinien von den Mitgliedstaaten ebenso genau umzusetzen.
EuGH, Urteil vom 18.6.2002 - C-60/01 -, DVBl. 2002, 1612-1613/1614.
Davon ausgehend bereitet in einem ersten Schritt die Qualifizierung der ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin als Abfall keine Schwierigkeiten. Die europarechtliche Regelung in Art. 1 a der zitierten Abfallrichtlinie mit der Definition
"Abfall": Alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss, ist im deutschen Recht inhalts- und nahezu wortgleich in § 3 I 1 KrW-/AbfG wie folgt umgesetzt:
Abfälle im Sinne dieses Gesetzes sind alle beweglichen Sachen, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.
Die insoweit genau gefasste Richtlinie ist ebenso genau umgesetzt. Aus dem Anhang I der Richtlinie kommt hier insbesondere die Abfallgruppe Q 9 in Betracht in Form von Rückständen von Verfahren zur Bekämpfung der Verunreinigung, die wörtlich übereinstimmend in die Abfallgruppe Q 9 des Anhangs I des KrW-/AbfG umgesetzt ist. Die neuere Rechtsprechung des EuGH hat die Abgrenzung zwischen Abfall und Erzeugnis noch veranschaulicht durch den Hinweis, nach dem gesunden Menschenverstand sei Abfall das, was zu Boden fällt, wenn ein Material oder ein Gegenstand bearbeitet wird.
EuGH, Urteil vom 18.4.2002 - C-9/00 -, NVwZ 2002, 1362, Rdnr. 32, betreffend die Einordnung von Granitresten bei der Granitbearbeitung in der Rechtssache der Firma Palin Granit.
Auf die ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin wie die Aufsaug- und Filtermaterialien, die Wischtücher und Schutzkleidung trifft diese konkrete Betrachtung des EuGH zu. Abfall im Rechtssinn ist dabei - wie vorweg klarzustellen ist - nicht nur der einzelne Stoff wie etwa ein einzelner ölverschmierter Filter, sondern auch das gesamte Gemisch.
vgl. für das deutsche Recht BVerwG, Urteil vom 15.6.2000 - 3 C 4/00 -, NVwZ 2002, 1178, 1179, und für das Gemeinschaftsrecht Art. 3 I lit.a, 3. Spiegelstrich der Abfallrichtlinie 75/442/EWG, dort zur Beseitigung von Stoffen in Abfällen, sowie Urteil des EuGH vom 13.2.2003 - C - 228/00 -, Rdnr. 47, NVwZ 2003, 455.
Das gesamte von der Klägerin jeweils entsorgte Gemisch ihrer ölverschmutzten Betriebsmittel ist Abfall. Die Klägerin macht auch selbst nicht geltend, das Gemisch ihrer ölverschmutzten Betriebsmittel sei ein von ihr hergestelltes Nebenprodukt, vielmehr ist die Einordnung als Abfall und damit der erste Schritt der Subsumtion zwischen den Beteiligten unstreitig.
B.
Auch die Einordnung des Gemischs als Sonderabfall im Sinne besonders überwachungsbedürftigen Abfalls in einem zweiten Schritt nach § 1 SAWG, § 3 VIII, § 41 KrW-/AbfG i.V.m. § 1 der Bestimmungsverordnung vom 10.9.1996 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22.12.1998 (BGBl. I S. 3956) in Verbindung mit der Anlage 1, Teil 2, ist zu bejahen, da die von vornherein deklarierte Abfallschlüsselnummer 150299 D 1 die hier einschlägigen Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung mit schädlichen Verunreinigungen umfasst und das Vorliegen von Sonderabfall zwischen den Beteiligten bereits seit dem Widerspruchsverfahren unstreitig ist. Ein durchgreifender Konflikt mit europäischem Recht liegt bei dieser Einstufung nicht vor. Nach Art. 1 IV der Richtlinie über gefährliche Abfälle 91/689 EWG vom 12.12.1991 idF. der Änderungsrichtlinie 94/31/EG vom 27.6.1994 sind gefährliche Abfälle diejenigen, die entweder im europäischen Abfallverzeichnis vom 22.12.1994 aufgeführt sind (dies ist nicht der Fall, da die Schlüsselnummer 15 fehlt) oder die nach Auffassung eines Mitgliedstaates die Gefährlichkeitsmerkmale nach Anhang III wie etwa H 5 (gesundheitsschädlich) aufweisen, was hier nach Maßgabe der Bestimmungsverordnung der Fall ist. Soweit in der Einstufung als Sonderabfall (statt nur Abfall) eine Schutzverstärkung des Niveaus des Umweltschutzes in Deutschland liegen sollte, unterliegt dies jedenfalls nicht durchgreifenden Bedenken.
vgl. allgemein Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl. 2000, Art. 176 EGV Rdnr. 3.
Der Senat geht daher von der unstreitigen Einordnung als Sonderabfall aus.
C
Der zentrale Streit der Beteiligten betrifft die Frage, ob das rechtlich zu beurteilende Abfallgemisch der Klägerin nach dem Gesamtkonzept der Entsorgungsmaßnahme bundesrechtlich Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung ist.
Die hierzu erforderliche Abgrenzung zwischen Abfall zur Verwertung und Abfall zur Beseitigung ist nicht nur in Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art über die Andienung von Sonderabfall von Bedeutung, sondern steuert auch als zentrale Weichenstellung die Abfallströme in Deutschland zur privaten Verwertung im Sinne der Privatautonomie wie bei Waren innerhalb des Wirtschaftskreislaufs oder zur öffentlich-rechtlichen Verantwortung für die Beseitigung sowie die europäischen Abfallströme zur weitgehenden Exportfähigkeit verwertbarer Abfälle oder zur eingeschränkten Exportfähigkeit zu beseitigender Abfälle nach Maßgabe der europäischen Abfallverbringungsverordnung Nr. 259/93 vom 01.02.1993 in der Fassung der Änderungsverordnung Nr. 2408/98 vom 6.11.1998 (Amtsbl. L 298/19).
Bevor die Lösung des Auslegungsproblems und der Subsumtion in Angriff genommen wird, soll zunächst zusammenfassend die bisherige Rechtslage dargestellt werden (unter I), sodann die neue Rechtsprechung des EuGH aus den Jahren 2002/2003 (unter II) und daraus sollen die Konsequenzen auf Europarechtsebene (unter III) und innerstaatlicher Rechtsebene (unter IV) gezogen werden.
I.
Der Ausgangspunkt der Schwierigkeiten liegt im europäischen Recht und zwar noch vor der Klärung durch die neue Rechtsprechung des EuGH aus den Jahren 2002 und 2003. Die Abfallrichtlinie 75/424/EWG vom 15.7.1975 (Amtsbl. L 194, S. 47) in der Fassung der Änderungsrichtlinie 91/692/EWG vom 23.12.1991 (Amtsbl. L 377, S. 48) und der Entscheidung der Kommission 96/350/EG vom 24.05.1996 (Amtsbl. L 135/32) hat den dualen Abfallbegriff im Sinne von Abfall zur Beseitigung oder Verwertung eingeführt (Art. 1 lit.e und f, Art. 3 und 4) und dabei lediglich auf die Verfahrenskataloge im Anhang II A und II B verwiesen. Entscheidend ist, dass zwar der duale Abfallbegriff auf Gemeinschaftsebene mit einer Umsetzungspflicht für die Mitgliedstaaten eingeführt wurde, indessen dieser zentrale Begriff in der Abfallrichtlinie nicht normativ definiert ist. Ein gemeinsames Abgrenzungskriterium für die Verfahrenskataloge von Verwertung und Beseitigung fehlt.
Diese schon ursprüngliche Definitionslücke machte die erforderliche Umsetzung in das deutsche Recht relativ schwierig und hat letztlich zum Misslingen der Umsetzung beigetragen.
Der deutsche Gesetzgeber hat ebenso wie der Richtliniengeber auf eine ausdrückliche und allgemeingültige Definition des Verwertungsbegriffs verzichtet. Die bloße tautologische Erklärung in § 3 I 2 KrW-/AbfG Abfälle zur Verwertung sind Abfälle, die verwertet werden; Abfälle, die nicht verwertet werden, sind Abfälle zur Beseitigung enthält nicht einmal einen konkreten Versuch zur inhaltlichen Bestimmung des dualen Abfallbegriffs.
Für die hier einschlägige Unterscheidung zwischen energetischer Verwertung und Beseitigung hat der deutsche Gesetzgeber ohne allgemeingültige Verwertungsdefinition insgesamt vier Kriterien aufgestellt, die dann entscheiden sollen, ob eine energetische Verwertung vorliegt oder nicht. Im praktischen Ergebnis entscheidet danach die energetische Qualität der einzelnen Abfallstoffe, nicht das Verfahren der Abfallbehandlung über die Frage der Verwertung.
Nach § 4 IV 1 KrW-/AbfG muss es sich bei der energetischen Verwertung um den Einsatz von Abfällen als Ersatzbrennstoff handeln; es muss also eine Substitution stattfinden. Der Einsatz als Ersatzbrennstoff muss sodann der Hauptzweck der Maßnahme sein (§ 4 IV 2 KrW-/AbfG).
Als stoffliches Sonderkriterium gegenüber der Abfallrichtlinie bestimmt § 6 II 1 Nr. 1 KrW-/AbfG, dass eine energetische Verwertung nach § 4 IV nur dann zulässig ist, wenn der Heizwert des Abfalls mindestens 11.000 kJ/kg beträgt und nach den Nrn. 2 bis 4 weitere Energienutzungsvoraussetzungen erfüllt sind.
Als viertes Kriterium stellt der deutsche Gesetzgeber in § 4 IV 3 KrW-/AbfG auf den Verunreinigungsgehalt des Abfalls ab und bestimmt:
Ausgehend vom einzelnen Abfall, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, bestimmen Art und Ausmaß seiner Verunreinigungen sowie die durch seine Behandlung anfallenden weiteren Abfälle und entstehenden Emissionen, ob der Hauptzweck auf die Verwertung oder die Behandlung gerichtet ist.
Bei den beiden letzten stofflichen Kriterien - dem Mindestheizwert von 11.000 kJ/kg und dem Verunreinigungsgehalt - handelt es sich um deutsche Sonderkriterien, die nicht in gleicher Weise in allen Mitgliedstaaten gelten. Insbesondere divergieren bei den Kriterien der Mitgliedstaaten Mindestheizwerte von 5.000 kJ/kg in Frankreich gegenüber 21.000 kJ/kg in England.
vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 26.9.2002 - C-228/00 - in der Rechtssache der belgischen Zementwerke, Rdnr. 51; die Divergenz wird dort als unannehmbar bezeichnet.
Solange der zentrale duale Abfallbegriff auf der Gemeinschaftsebene weder normativ noch nach dem Richterrecht des EuGH festgelegt war, war der Weg des deutschen Gesetzgebers, die erforderliche Abgrenzung mit nur in Deutschland geltenden stofflichen Sonderkriterien vorzunehmen, ungeachtet des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts durchaus berechtigt, führte aber notwendigerweise zu Begriffsdivergenzen zwischen den Mitgliedstaaten.
In der Sache selbst erschwerte die wenig durchdachte gesetzgeberische Grenzziehung der Rechtsprechung eine klar handhabbare Lösung.
Die autarke Auslegung der deutschen Kriterien legte folgendes Konzept nahe: Bei einem Abfallgemisch kommt es auf das Gesamtkonzept der Entsorgung an. Entscheidend ist dabei der Hauptzweck der Maßnahme. Im Hauptzweck muss der Abfall gerade als Ersatzbrennstoff eingesetzt werden, also verwendbare Rohstoffe ersetzen. Dafür ist ein Mindestheizwert von 11.000 kJ/kg zwar erforderlich, aber nicht ausreichend. Zusätzlich ist auf die Verunreinigung im Sinne eines Gefährlichkeitskriteriums abzustellen. Während der Gesetzgeber beim Heizwert eine ausdrückliche Grenze festgelegt hat, hat der Gesetz- und Verordnungsgeber dagegen bei dem Gefährlichkeitskriterium keine Grenzziehung festgelegt, ab der Beseitigung vorliegt. Mangels einer klaren Grenze hat sich die deutsche Rechtsprechung ursprünglich mit einer Schaukeltheorie im Sinne einer Schadstoffschaukel als Klärungsversuch beholfen: Je stärker die Abfälle verunreinigt sind, um so eher ist thermische Behandlung im Sinne der Abfallbeseitigung anzunehmen.
vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 6.5.1998 - 7 M 3055/97 -, NVwZ 1998, 1202 - 1204; besonders prägnant Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21 - 25.
Die Schaukeltheorie als Abwägung stofflicher Eigenschaften konnte naturgemäß aber eine klare Grenzziehung nicht ersetzen und führte letztlich zu unklaren Ergebnissen; gerade deshalb hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung die Schaukeltheorie verworfen, die die Widerspruchsbehörde noch im Jahr 2001 angewendet hat.
Auch in den Niederlanden bestand eine Art Schaukeltheorie, bei der ein steigender Mindestheizwert mit steigendem Chlorgehalt als Verwertungskriterium festgelegt war.
Vgl. die Sachverhaltwiedergabe im Urteil des EuGH vom 03.04.2003 - C - 116/01 -, NVwZ 2003, 585, betreffend exportierten niederländischen Abfall.
Als weiterer Klärungsversuch ohne eindeutiges Ergebnis kann die "Stromerlöstheorie" des VG Stuttgart angesehen werden, wonach der Anteil der Stromerlöse am Gesamtumsatz der Anlage ohne Angabe eines Grenzwerts entscheidend sein soll.
VG Stuttgart, Urteil vom 3.5.2002 - 19 K 1787/01 -, S. 9 des amtl. Umdrucks, wonach ein Stromerlös von 1 % bis maximal 3,5 % des Gesamtumsatzes zur Bejahung der Verwertung nicht ausreicht.
Die dargelegten Klärungsversuche sind durch die neuere Rechtsprechung des EuGH aus den Jahren 2002/2003 insgesamt überholt. Die stofflichen Kriterien sind jetzt durch verfahrensspezifische Kriterien abschließend ersetzt.
So die überzeugende Gesamtwürdigung der Urteile des EuGH vom 13.2.2003, - C-288/00 -, NVwZ 2003, 455, und - C-458/00 -, NVwZ 2003, 457, in der Anmerkung von Giesberts, DVBl. 2003, 514, 515.
Dies soll im Einzelnen dargelegt werden.
II.
Durch die Rechtsprechung auf der Europarechtsebene in den Jahren 2002/2003 ist es zu einer wesentlichen Änderung des Begriffs des Abfalls zur Verwertung mit Konsequenzen für das deutsche Recht gekommen.
Zwar hat der Richtliniengeber nach wie vor keine normative Definition des dualen Abfallbegriffs im Sinne der Verwertung oder Beseitigung nach Art. 1 der Abfallrichtlinie 75/424/EWG vom 15.7.1975 (Amtsbl. L 194, S. 47) in Form der Änderungsrichtlinie 91/692/EWG vom 23.12.1991 (Amtsbl. L 377, S. 48) und der Entscheidung der Kommission 96/350/EG vom 24.05.1996 (Amtsbl. L 135/32) vorgelegt. Durch richterliche Auslegung des EuGH ist indessen der duale Abfallbegriff auf Gemeinschaftsebene schrittweise - zunächst für die stoffliche Verwertung - geklärt.
EuGH, Urteil ASA vom 27.2.2002 - C-6/00 -, betreffend die Verwendung gefährlicher Abfälle als Bergversatz, NVwZ 2002, 579, Rdnr. 69.
Der EuGH hat in dieser ersten Entscheidung aus dem Jahr 2002 im Sinne einer Positivformel klargestellt, dass die Abfälle zur Verwertung eine sinnvolle Aufgabe erfüllen müssen, und negativ klargestellt, dass es auf die Gefährlichkeit der Abfälle nicht ankommt. Wesentlich ist, dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen, indem sie andere Materialien ersetzen, die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen, wodurch natürliche Rohstoffquellen erhalten werden können. Die Positivformel des EuGH ist in einem Fall der stofflichen Verwertung entwickelt worden, ist aber ganz allgemein gefasst und trifft in gleicher Weise auf stoffliche wie auf energetische Verwertung zu. Die vorausgesetzte sinnvolle Aufgabe hält die Abfälle innerhalb des Wirtschaftskreislaufs.
Damit ist die Rechtslücke bei dem allgemeinen Verwertungsbegriff seit 2002 geschlossen.
Der EuGH hat nunmehr im Jahr 2003 erstmals zwei Fälle zur thermischen Verwertung entschieden und dabei auf der Grundlage seiner allgemeinen Positivformel für die Verwertung die thermische Verwertung verfahrensspezifisch definiert.
EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - C - 228/00 -, betreffend den Einsatz deutschen Abfalls in Zementöfen der belgischen Zementindustrie, NVwZ 2003, 455, sowie EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - C - 458/00 -, betreffend die Verbrennung von Luxemburger Hausmüll in einer Straßburger Müllverbrennungsanlage, NVwZ 2003, 457.
Dabei ist der EuGH übereinstimmend mit den Schlussanträgen des Generalanwalts zu dem Ergebnis gekommen, dass unabhängig vom Mindestheizwert des Abfalls verfahrensspezifisch die Verbrennung von Abfällen zur Befeuerung von Zementöfen Abfallverwertung ist, die Verbringung in eine Müllverbrennungsanlage mit Energierückgewinnung dagegen Abfallbeseitigung mit dem Hauptzeck der Mineralisierung.
EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - C 228/00 -, Belgische Zementindustrie, betreffend eine Kommissionsklage gegen Deutschland, Rdnr. 53 bis 55; Schlussanträge des Generalanwalts vom 26.9.2002 - C 228/00 -, Rdnr. 57; EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - C - 458/00 -, Luxemburger Hausmüll, betreffend eine Kommissionsklage gegen Luxemburg, Rdnr. 44, und übereinstimmend Schlussanträge des Generalanwalts vom 26.9.2002 - C - 458/00 -, Rdnr. 47.
Bei der Fortentwicklung seiner Rechtsprechung zur thermischen Verwertung legt der EuGH in seinen beiden Urteilen vom 13.2.2003 zur belgischen Zementindustrie (Rdnr. 45) und zum Luxemburger Hausmüll (Rdnr. 36) zunächst seine bisherige allgemeine Verwertungsdefinition der Abfallrichtlinie zugrunde:
Entscheidend dafür, dass eine Abfallverwertungs- maßnahme vorliegt, ist nach Art. 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie sowie nach ihrer vierten Begründungserwägung nämlich, dass es ihr Hauptzweck ist, die Abfälle für einen sinnvollen Zweck einzusetzen, also andere Materialien zu ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätten eingesetzt werden müssen, und dadurch natürliche Rohstoffquellen zu erhalten (Urteil ASA, Rdnr. 69).
Auf dieser Grundlage definiert der EuGH in seinen Urteilen zur belgischen Zementindustrie (Rdnr. 46) und zum Luxemburger Hausmüll (Rdnr. 37) speziell die thermische Verwertung im Sinne der Richtlinie übereinstimmend wie folgt:
Die Verbrennung von Abfällen stellt daher eine Verwertungsmaßnahme dar, wenn es ihr Hauptzweck ist, die Abfälle für einen sinnvollen Zweck, nämlich zur Energieerzeugung einzusetzen und dadurch eine Primärenergiequelle zu ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätte eingesetzt werden müssen.
Die beiden praktisch wesentlichen Hürden für die Verwertung liegen darin, dass sie eine quantifizierbare Energieerzeugung erfordern und zusätzlich eine qualifizierte Ersatzfunktion.
Der EuGH hat sich in den beiden neuen Urteilen aus dem Jahr 2003 damit befasst, was unter Energieerzeugung zu verstehen ist. Diese Abgrenzung hat der EuGH in seinem Urteil zur belgischen Zementindustrie (Rdnrn. 42 und 43) klargestellt. Nach Art. 1 lit. f der Abfallrichtlinie 75/442/EWG vom 15.7.1975 in Verbindung mit Nr. R 1 des Anhangs II B bedeutet die thermische Verwertung die Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung.
Der EuGH geht in seinem Urteil vom 13.2.2003 zur belgischen Zementindustrie bei der Abgrenzung der Energieerzeugung in zwei Schritten vor. In einem ersten Schritt (Rdnr. 42) verlangt er, dass das Verfahren - nicht die einzelnen Abfälle - tatsächlich ein Mittel der Energieerzeugung ist. Positiv ist dafür nur erforderlich, dass durch die Verbrennung der Abfälle mehr Energie erzeugt und erfasst wird als beim Verbrennungsvorgang verbraucht wird und dass außerdem ein Teil des bei dieser Verbrennung gewonnenen Energieüberschusses tatsächlich als Verbrennungswärme oder Elektrizität genutzt wird. Dagegen kommt es auf andere Kriterien wie den Heizwert der Abfälle, den Schadstoffgehalt der verbrannten Abfälle oder die Frage der Vermischung der Abfälle für die Verwertungseinstufung nicht an (Rdnr. 47). Insbesondere wird das von Deutschland der Kommission im Rechtsstreit entgegengehaltene Kriterium des Mindestheizwerts ausdrücklich verworfen (Rdnr. 53).
In einem neueren Urteil vom 03.04.2003 zu einem kombiniert thermisch-stofflichen Verfahren verwirft der EuGH die niederländische Schaukeltheorie, die auf Chlorgehalt und Mindestheizwert beruht.
Urteil des EuGH vom 03.04.2003 - C-116/01 - betreffend den Export niederländischen vorbehandelten Abfalls in die belgische Zementindustrie zur Nutzung als Brennstoff und zusätzlich Klinkerrohstoff aus der entstehenden Verbrennungsasche.
In einem zweiten Schritt befasst sich der EuGH in seinem Urteil vom 13.02.2003 zur belgischen Zementindustrie (Rdnr. 43) mit der Frage, ob die Energieerzeugung die Hauptverwendung ist (Rdnr. 43). Dafür stellt der EuGH die in einer modernen Verbrennungsanlage erfüllbaren Kriterien auf, dass der größere Teil der Abfälle bei dem Vorgang verbraucht und der größere Teil der freigesetzten Energie erfasst und genutzt werden muss (Rdnr. 43). Neben dem Energieüberschuss wird also noch ein Verbrauchsüberschuss und ein Nutzungsüberschuss verlangt. Die Kriterien des EuGH zur Verwertung gelten in gleicher Weise für eingesetzten Hausmüll wie für Sonderabfall, da wie dargelegt das deutsche Schadstoffkriterium ausscheidet (Rdnr. 47).
Abgesehen von der Hauptverwendung als Mittel der Energieerzeugung muss nach der neuen Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2003 anlagebezogen eine streng verstandene Ersatzfunktion vorliegen.
Die Verbrennung von Abfällen muss eine Primärenergiequelle ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätte eingesetzt werden müssen.
Urteile des EuGH vom 13.2.2003 - C - 228/00 -, Rdnr. 46, im Fall belgische Zementindustrie und übereinstimmend - C 458/00 -, Rdnr. 37, zum Luxemburger Hausmüll.
Die Ersetzung einer Primärenergiequelle muss nach dem Urteil zur belgischen Zementindustrie, Rdnr. 46, Hauptzweck der Maßnahme sein. Wesentliche Konsequenzen hat das erstmals 2003 erkennbare Verständnis des EuGH von einem Ersatzbrennstoff, das der Auslegung des Generalanwalts folgt und deutlich von der bisherigen Betrachtung im deutschen Recht abweicht. Ausgehend von dem deutschen Recht wurde der Begriff Ersatzbrennstoff (§ 4 IV 1 KrW-/AbfG) bisher übereinstimmend mit der Betrachtung des Verwaltungsgerichts in einer durchaus sinnvollen Auslegungsmöglichkeit einseitig betrachtet: Dann käme es nur darauf an, dass Primärenergiequellen wie Öl oder Kohle einseitig durch Abfälle ersetzt werden, die den gleichen Zweck der Energieerzeugung erfüllen; ein "Rückersatz" der Abfälle durch Primärenergiequellen ist irrelevant. Bei dieser Auslegung wären energiereiche Abfälle Ersatzbrennstoff, gleichgültig ob sie in einem industriellen Ofen der Zementproduktion oder in einer Hausmüllverbrennungsanlage mit Energiegewinn verbrannt werden. Das Ergebnis des Energiegewinns ist gleich.
Die neue Rechtsprechung des EuGH wird indessen von einer ganz anderen Auffassung der Ersatzfunktion geprägt. Der EuGH versteht übereinstimmend mit der Auffassung des Generalanwalts, dem er folgt, den Begriff Ersatz nicht im Sinne eines einseitigen Ersatzes, sondern einer zweiseitigen Austauschbarkeit. Es kommt also nicht allein darauf an, ob Primärenergiequellen in der Anlage durch Abfälle ersetzt werden, sondern im Sinne einer vollständigen Austauschbarkeit darauf, ob bei mangelnder Versorgung mit Abfällen dieselbe Anlage nach ihrem Zweck mit einer Primärenergiequelle weiterbetrieben würde. Anders ausgedrückt: der Industrieprozess muss zwingend ablaufen, gleichgültig, ob ausreichend Abfälle vorhanden sind oder nicht. Dies hat der EuGH in seinem Urteil vom 13.2.2003 - C - 458/00 - zum Luxemburger Hausmüll entschieden, und die Tragweite dieses Kriteriums für beide entschiedenen Fälle ergibt sich noch deutlicher und pointierter aus den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 26.9.2002, denen der EuGH gefolgt ist.
In seinem Urteil zum Luxemburger Hausmüll (Rdnr. 44) lehnt der EuGH eine Verwertung von Abfällen in einer Hausmüllverbrennungsanlage ab und führt bezogen auf einen Anhaltspunkt zum Hauptzweck der Verwertung der Abfälle aus:
Ein solcher hätte darin bestehen können, dass die fraglichen Abfälle für eine Anlage bestimmt gewesen wären, deren Betrieb ohne die Versorgung mit Abfällen unter Verwendung einer Primärenergiequelle hätte fortgesetzt werden müssen ...
Der EuGH argumentiert mithin ausdrücklich im Sinne einer Austauschbarkeit von Abfall und Rohstoff in derselben Anlage. Im Rechtsfall Luxemburger Hausmüll argumentiert der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vom 26.9.2002 - C - 458/00 -, Rdnr. 42, mit der Vertauschbarkeit der Brennstoffe in der Anlage:
Wie ich in meinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache ausgeführt habe, ist die entscheidende Frage die, ob die Abfälle für einen realen Zweck verwendet werden; anders ausgedrückt, wenn die Abfälle für eine bestimmte Maßnahme nicht verfügbar wären, würde die Maßnahme gleichwohl mit anderem Material durchgeführt werden?
Bei Abfällen, die in einer für die Verbrennung erstellten Anlage verbrannt werden, wird diese Frage von dem Generalanwalt nach dem Anlagenzweck mit einem klaren Nein beantwortet. Wären nämlich keine Abfälle vorhanden, würde keine Verbrennung vorgenommen. Unter ausdrücklicher Gegenüberstellung der beiden Fälle führt der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen zum Luxemburger Hausmüll (Rdnr. 47) zu der Verwendung von Abfall in Zementwerken aus:
Würde man sich fragen, ob die Maßnahme, falls die Abfälle für den betreffenden Vorgang nicht zur Verfügung stünden, trotzdem unter Verwendung eines anderen Materials durchgeführt würde, so wäre diese Frage im Falle von Abfällen zur Verwendung als Brennstoff in einem Zementwerk zweifellos zu bejahen. In Ermangelung von Abfällen würde das Werk nämlich einen anderen Brennstoff verwenden.
Dieser klaren Weichenstellung nach dem Anlagenzweck - Zementproduktionsöfen müssen auch bei Unterversorgung mit Abfällen laufen, Abfallverbrennungsanlagen zur Mineralisierung des Abfalls nicht - hat sich der EuGH angeschlossen, und allein durch dieses Kriterium wird die im Ergebnis unterschiedliche Betrachtung von Einsatz in Zementöfen (Verwertung) und Einsatz in Abfallverbrennungsanlagen (Beseitigung) eindeutig erklärt. Der Anlagenzweck der Zementproduktion erfordert die Betriebsfortsetzung auch bei fehlenden Abfällen, der Anlagenzweck der Müllverbrennung nicht. Es handelt sich entgegen der Meinung der Klägerin auch nicht um ein Hilfskriterium, sondern ein Hauptkriterium. Maßgebend ist die Austauschbarkeit von Müll und Rohstoff im Verfahren. Das Kriterium der Austauschbarkeit stellt klar, dass ein zwingender Produktionsprozess ablaufen muss, der auch ohne Abfälle stattfinden müsste. Nur dann werden die Abfälle innerhalb des Wirtschaftskreislaufs verwertet.
In die Betrachtungsweise des EuGH fügt es sich auch ein, dass es für die ausnahmsweise Verwertung in Hausmüllverbrennungsanlagen genügen kann, wenn der Anlagenbetreiber den Erzeuger der Abfälle für deren Lieferung bezahlen muss.
EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - C - 458/00 -, Rdnr. 44; ebenso zur Richtung des Zahlungsvorgangs als wichtigem Gesichtspunkt Schlussanträge des Generalanwalts in der Sache Luxemburger Hausmüll vom 26.9.2002 - C - 458/00 -, Rdnr. 45.
Dieses wirtschaftliche Kriterium der Vergütungsrichtung steht in einem inneren Zusammenhang mit dem vom EuGH verlangten Wertkriterium der Austauschbarkeit des Ersatzbrennstoffs: Ist dem Anlagenbetreiber der Produktionsprozess so viel wert, für die Anlieferung der zu verbrennenden Abfälle wie für ein Wirtschaftsgut zu zahlen, liegt es für ihn auch wirtschaftlich nahe, bei einer Unterversorgung mit Abfällen die Kosten eines Primärenergiestoffs zu tragen. Diese Ausnahmekonstellation läuft aber bei Müllverbrennungsanlagen auf eine Umwidmung des Geschäftszwecks der Anlage hinaus, denn beim vollständigen Ersatz von Müll durch Rohstoffe läge entgegen der Genehmigungslage überhaupt keine Müllverbrennungsanlage mehr vor.
Ein solcher Ausnahmefall war im Urteil Luxemburger Hausmüll von der Kommission nicht vorgetragen (Rdnr. 44), und er ist auch hier nicht vorgetragen. Maßgebend ist dann die Weichenstellung des EuGH für den Regelfall, dass die Verbrennung in einer Hausmüllverbrennungsanlage ein Beseitigungsverfahren ist und der Mineralisierung dient (Rdnr. 39 des Luxemburg-Urteils). Rohstoffe müssen nicht mineralisiert werden und werden deshalb in aller Regel nicht auf dem Rost einer Müllverbrennungsanlage verbrannt.
Für die dargelegte Abgrenzung zwischen Verwertung und Beseitigung legt der EuGH das abschließende Gesamtkonzept einschließlich der darauf abzielenden Zwischenschritte der Vorbehandlung zugrunde. Dies ergibt sich daraus, dass er der Frage der vorausgehenden Vermischung der Abfälle vor der Verbrennung keine Bedeutung beimisst.
EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - C - 228/00 -, Rdnr. 47, betreffend den Fall der belgischen Zementindustrie.
Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt im Fall der belgischen Zementwerke waren die Abfälle in einem ersten Schritt der Konditionierung - wie hier - zu einem Brennstoff verarbeitet und insbesondere mit Sägemehl vermischt worden.
Detaillierte Sachverhaltsangabe zu den vorausgehenden Verarbeitungsschritten in den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 26.9.2002 zu den belgischen Zementwerken - C - 228/00 -, Rdnrn. 25 und 26; zur Vorbehandlung der hier einschlägigen ölverschmutzten Betriebsmittel durch Aussonderung von Metallteilen als Störstoffen und Konditionierung mit Sägemehl, vgl. Auskunft der S. an das VG vom 23.07.2001, Akte 1 K 12/91, Bl. 97.
Dagegen betrifft die übereinstimmende fast gleichzeitige neue Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG zur Maßgeblichkeit des ersten Schritts nach Abfallexport mehrere Abfallbehandlungsverfahren hintereinander und nicht die hier betrachtete bloße Vorbehandlung, die nach dem Hauptzweck zu beurteilen ist.
EuGH, Urteil vom 03.04.2003 - C-116/01-, betreffend Export nach Belgien, NVwZ 2003, 585, Rdnr. 40 und 42; BVerwG, Urteil vom 13.03.2003, BVerwG 7 C 1.02 -, DÖV 2003, 633, betreffend Shredderexport nach Italien, S. 11 des amtl. Umdrucks zum mehraktigen Entsorgungsverfahren.
Hier ist Hauptzweck der Vorbehandlung die Vorbereitung des Verbrennungsvorgangs.
Zu dem maßgeblichen Entsorgungsverfahren der Verbrennung kommt es mithin auf der Europarechtsebene darauf an, ob die Verbrennung der Abfälle eine Verwertungsmaßnahme darstellt, weil es ihr Hauptzweck ist, die Abfälle für einen sinnvollen Zweck, nämlich zur Energieerzeugung einzusetzen und dadurch eine Primärenergiequelle zu ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätte eingesetzt werden müssen. Die Energieerzeugung muß mit einem Ersatzbrennstoff erfolgen. Zusammengefasst sieht der EuGH eine Fortsetzung des Wirtschaftskreislaufs vor allem darin, dass die Abfälle unabhängig von ihrer Qualität in einem industriellen Produktionsprozess, der zwingend ablaufen muss, verwertet werden.
Die ursprüngliche Definitionslücke in der Abfallrichtlinie ist damit durch die Rechtsprechung des EuGH aus den Jahren 2002/2003 auf der Europarechtsebene geschlossen.
Dies hat Konsequenzen für die Lösung des vorliegenden Falles, die zunächst auf Europarechtsebene (unten III.) und sodann für die innerstaatliche Ebene (unten IV.) darzustellen sind.
III.
Auf der Europarechtsebene ist der Streit der Beteiligten zu entscheiden, ob das Verbrennungsverfahren einschließlich der Vorbereitung der Verbrennbarkeit eine Verwertung oder eine Beseitigung darstellt. Der Zwischenschritt einer Konditionierung durch Verarbeitung und Entfernung metallhaltiger Teile dient wie dargelegt dazu, die Verbrennung erst möglich zu machen und hat keine selbständige Bedeutung.
Ebenso zum Konditionierungsverfahren vor der Verwertung oder Beseitigung Kropp, NVwZ 2003, 430-434, in Kenntnis der EuGH-Urteile.
Das haben die Beteiligten in dem Rechtsstreit bisher so gesehen und dies ändert sich auch auf der Europarechtsebene nicht.
Eine erste Hürde für die Verwertung liegt darin, dass eine Hauptverwendung als Mittel der Energieerzeugung vorliegen muss. Dies ist übereinstimmend mit dem Rechtsstandpunkt der Klägerin für ihre ölverschmutzten Betriebsmittel bei der abschließenden Verbrennung im Müllheizkraftwerk Wuppertal zu bejahen. Da der EuGH in seinen Urteilen aus 2003 auf das Verfahren als Mittel der Energieerzeugung abstellt, Urteil vom 13.2.2003 - C - 228/00 -, belgische Zementindustrie, Rdnr. 42 kommt es nach Ansicht des Senats auf die technischen Daten der Anlage an. Ist das Verfahren nach Rdnr. 42 im Urteil belgische Zementindustrie tatsächlich ein Mittel der Energieerzeugung, kann es nicht mehr auf die Eigenschaften jedes einzelnen Abfalls ankommen. Die Kriterien sind aber auch bei einer nur hilfsweise durchgeführten Betrachtung der konkreten Abfälle erfüllt.
Vorausgesetzt wird für das Verfahren der Energieerzeugung nur, dass durch die Verbrennung der Abfälle mehr Energie erzeugt und erfasst wird als beim Verbrennungsvorgang verbraucht wird und dass ein Teil des bei dieser Verbrennung gewonnenen Energieüberschusses tatsächlich genutzt wird. Zur Beurteilung der technischen Verhältnisse des Müllheizkraftwerks Wuppertal legt der Senat insbesondere dessen vereinfachte Umwelterklärung 1999 zugrunde (Akte 3 R 2/03, dort in der VG-Akte 1 K 13/01, Bl. 65) sowie die später vorgelegte Umwelterklärung 2000 und die vergleichbaren Umweltkennzahlen für 2002. Im Jahr 2000 wurde bei einem Heizöleinsatz von 620.839 Litern (Umwelterklärung 2000, S. 35) und damit nach der Umrechnung der Klägerin einem Einsatz an Fremdenergie von 6200 MWh eine Gesamtenergie von 190.862 MWh erzeugt (Umwelterklärung 2000, S. 25). Dies belegt einen Energieüberschuss. Dies gilt eindeutig auch - wegen des überdurchschnittlich hohen Heizwerts - für die konkreten ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin.
Im Sinne der europarechtlichen Rechtsprechung liegen auch die Kriterien für eine Hauptverwendung als Mittel der Energieerzeugung vor.
Vorausgesetzt wird zum einen, dass der größere Teil der Abfälle bei dem Verbrennungsvorgang verbraucht wird. Nach der dargelegten vereinfachten Umwelterklärung 1999 wurden 360.800 t Abfälle mit einer verbleibenden Rohasche von 86.807 t verbrannt; mithin blieb nur 24 % der Abfallmasse als unbrennbar übrig und 76 % der Abfälle wurden für die Energieerzeugung verbraucht. Aus den entsprechenden Zahlen aus der Umwelterklärung 2000 (S. 35) ergibt sich bei einer verbrannten Abfallmenge von 379.556 t und Rohasche von 92.213 t ebenfalls ein Verbrauch von rund 76 % der Abfälle; aus den Umweltkennzahlen für 2002 (Abfallmenge 360.667 t, Rohasche 104.147 t) ein Verbrauch von 71 %. Der überdurchschnittliche Heizwert der Abfälle der Klägerin schließt es aus, dass sie unterdurchschnittlich verbrennen und überwiegend Asche werden.
Weiterhin muss der größere Teil der freigesetzten Energie erfasst und genutzt werden. Sowohl der Erfassungsgrad als auch der Nutzungsgrad der Energie müssen also überwiegend sein. Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach der Auskunft des Anlagenbetreibers vom 9.5.2000 (Akte 3 R 2/03, dort in der VG-Akte 1 K 13/01, Bl. 52) beträgt der Feuerungswirkungsgrad als Maß für die Energieerfassung der Anlage mehr als 75 %, wie dies im deutschen Recht verlangt wird. Die geringere Anforderung des EuGH eines überwiegenden Erfassensgrades der freigesetzten Energie - praktisch ein Feuerungswirkungsgrad von über 50 % - ist damit eindeutig ebenfalls erfüllt. Dies gilt anteilig auch für die Abfälle der Klägerin.
Weiterhin muss auf der Europarechtsebene auch der Nutzungsgrad der Energie überwiegend sein. Nach der dargelegten vereinfachten Umwelterklärung 1999 ist auch dies der Fall. Die mit der Anlage erzeugten 188.923 MWh elektrische Energie werden in Höhe von 128.911 MWh und damit anteilig zu 68 % abgegeben. Für 2002 sind es nach den vorgelegten Umweltkennzahlen bei 116.924 MWh abgegebener und 166.237 MWh erzeugter elektrischer Energie etwa 70 %. Damit steht auch ein überwiegender Nutzungsgrad insgesamt und anteilig für die Abfälle der Klägerin fest.
Die - für ein modernes Müllheizkraftwerk erfüllbaren - Verwertungskriterien des EuGH für die Hauptverwendung als Mittel der Energieerzeugung sind für das Verfahren und für die konkreten Abfälle der Klägerin übereinstimmend mit ihren Darlegungen zu bejahen. Auf den Mindestheizwert kommt es dabei ebensowenig an wie auf den Schadstoffgehalt oder auf die Frage der vorausgehenden Vermischung, wie sie zu Recht betont.
Die zweite wesentliche Hürde für die Bejahung einer Verwertung liegt aber in der Erfüllung einer qualifizierten Ersatzfunktion im Sinne eines vollen Austauschs von Primärenergiequelle und Abfall. Diese Ersatzfunktion ist keine spezielle Voraussetzung der Verbrennung, sondern folgt aus dem allgemeinen Verwertungsbegriff der Richtlinie, der für stoffliche und thermische Verwertung gilt.
EuGH, Urteil vom 13.02.2003 - C-228/00 -, Rdnrn. 44 bis 46 und übereinstimmend Urteil vom 13.02.2003 - C-458/00-, Rdnrn. 35 bis 37.
Entgegen der Meinung der Klägerin ist die Ersatzfunktion also kein untergeordnetes Hilfskriterium der Verbrennung, sondern entspricht dem übergeordneten Begriff der Verwertung.
Konkret betrachtet werden die festen Abfälle der Klägerin auf dem Rost des Müllheizkraftwerks Wuppertal verbrannt.
Zur Verbrennung der Abfälle auf einer Walzenrostfeuerung vgl. die Umwelterklärung 1997 des Müllheizkraftwerks Wuppertal, in der Akte 3 R 2/03, dort die VG-Akte 1 K 13/01, Bl. 53.
Im Ergebnis zu Recht hat bereits die Widerspruchsbehörde das Vorliegen eines Ersatzbrennstoffs bei der Verbrennung auf der Rostfeuerung verneint. Zwar kann ein einseitiger Ersatz der Primärenergiequellen durch Abfälle festgestellt werden. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, werden die Abfälle hier mit demselben Ergebnis einer Energieerzeugung verbrannt, wie dies auch bei Verwendung einer Primärenergiequelle und damit von Kohle oder Öl geschehen wäre. Austauschbar sind die Abfälle und die Primärenergiequellen aber in einem Müllheizkraftwerk auf der Rostfeuerung eindeutig nicht. Ohne die Versorgung mit Abfällen würden sicher nicht Rohstoffe wie Kohle auf dem Müllrost verbrannt. Dies wäre weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll und scheidet auch nach dem Anlagenzweck aus. Ökologisch scheidet ein "Rückumtausch" von Abfällen in Primärenergiequellen wie Kohle deshalb aus, weil bei dieser Methode die Primärenergiequellen nicht geschont würden, sondern gerade umgekehrt verstärkt verbraucht würden. Ökonomisch ist der Ersatz von Abfällen etwa durch Kohle für ein Müllheizkraftwerk deshalb nicht sinnvoll, weil der Betreiber statt Einnahmen für die Abfallentsorgung zu erhalten seine Energiequellen dann selbst bezahlen müsste. Der Anlagenzweck einer Müllverbrennungsanlage erfordert die Mineralisierung von Abfällen; Kohle braucht nicht mineralisiert zu werden. Der Anlagenzweck könnte nicht aufrechterhalten werden. Allenfalls ein Mischheizkraftwerk, das beliebig gemischt Kohle und Müll verbrennt, würde den Bewertungskriterien des EuGH im Sinne voller Austauschbarkeit genügen. Im Müllheizkraftwerk Wuppertal geht es aber nach der vorgelegten Umwelterklärung 1997 (VG-Akte 1 K 12/01, Bl. 33/34) um die thermische Behandlung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gwerbeabfällen, Kohle gehört zu den aufgeführten Einsatzstoffen nicht. Nach dem im Müllheizkraftwerk Wuppertal durchgeführten Verfahren werden auf dem Müllrost keine Rohstoffe wie Kohle verbrannt, was in der mündlichen Verhandlung unstreitig war.
Weiter muss gesehen werden, dass das vom EuGH und vom Generalanwalt betrachtete Kriterium der Zahlungsrichtung hier gegen eine Verwertung und für eine Beseitigung spricht. Nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten müssen die Erzeuger und Besitzer verbrennungsgeeigneter Abfälle für die Abfallentsorgung in Haus- oder Sondermüllverbrennungsanlagen relativ hohe Preise zahlen.
Wittholm, DVBl. 2001, 1648-1650, dort verglichen mit den attraktiveren Preisen, die die Abfallerzeuger für die Entsorgung in den Zementwerken zahlen müssen.
Auch das in den Akten vorliegende Ökopol-Gutachten von Dezember 1998 kommt zu dem Ergebnis, dass die Erzeuger ölhaltiger Betriebsmittel den Anlagenbetreibern der Müllverbrennung für den Verbrennungsvorgang bezahlen müssen und die gesamte Entsorgungskette für die ölhaltigen Betriebsmittel einschließlich der Vorbehandlung mit einer Metallverwertung im Gesamtergebnis für den Erzeuger ökonomisch negativ ist.
Ökopol-Gutachten von Dezember 1998, von der Beklagten zur Akte 3 R 2/03 gereicht, dort Seite 13 und Seite 15.
Für den vorliegenden konkreten Fall und das Müllheizkraftwerk Wuppertal behauptet die Klägerin keine andere Zahlungsrichtung.
Auf der europäischen Rechtsebene ist der vom EuGH nunmehr geklärte Verwertungsbegriff bei dem Gesamtentsorgungskonzept der ölverschmutzten Betriebsmittel der Klägerin eindeutig nicht erfüllt. Nach dem Gesamtkonzept der Entsorgung wird kein Ersatzbrennstoff hergestellt, der von dem Anlagenbetreiber gegen einen Primärbrennstoff ausgetauscht würde oder von ihm wie ein Wirtschaftsgut bezahlt würde. Hauptzweck ist die Mineralisierung. Ein Abfall zur Verwertung scheidet mithin auf der Europarechtsebene aus.
IV.
Dies hat Konsequenzen für das deutsche Recht.
Die Definition des EuGH für die thermische Verwertung ist sowohl nach der grundsätzlichen Rechtsprechung des EuGH als auch des Bundesverwaltungsgerichts für die deutsche Rechtsordnung wie eine Rechtsänderung maßgebend. Da die EuGH-Urteile aus 2003 die europäische Abfallrichtlinie auslegen, gelten sie nicht nur für die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen nach der europäischen Verbringungsverordnung, sondern auch für innerdeutsche Sachverhalte.
Anmerkung Giesberts zu den EuGH-Urteilen, DVBl. 2003, 514, 516.
Die Kriterien der EuGH-Urteile aus 2003 sind eindeutig, so dass ein weiterer Konkretisierungsbedarf nicht besteht.
Anmerkung Giesberts zu den EuGH-Urteilen, DVBl. 2003, 514, 516.
Die Verwertungskriterien binden die Mitgliedsstaaten.
EuGH, Urteil vom 03.04.2003 - C-116/01- zum niederländischen Müllexport, Rdnr. 55.
Damit sind Konsequenzen für das deutsche Abfallrecht zu ziehen.
Schink, UPR 2003, 121-125.
Der EuGH hat seine Definition aus der europäischen Abfallrichtlinie 75/442/EWG vom 15.7.1975 (Amtsbl. L 194, S. 47) abgeleitet. Der EuGH stellt in Rdnr. 44 des Urteils belgische Zementindustrie ausdrücklich fest:
Diese Auslegung entspricht dem Verwertungsbegriff der Richtlinie.
Diese Richtlinie ist durch das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz umgesetzt. Nach der europarechtlichen Rechtsprechung muss sich im Rahmen der Umsetzung ein Gericht bei der Auslegung nationalen Rechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der umgesetzten Richtlinie ausrichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen.
EuGH, Urteil vom 11.7.2002 - C - 62/00 -, Rdnr. 24; ebenso zur Notwendigkeit einer gemeinschaftskonformen Auslegung Geiger, EUV/EGV, 3. Auflage 2000, Artikel 10 EGV Rdnr. 44.
Das Gebot der europarechtskonformen Auslegung gilt uneingeschränkt, also zugunsten wie zu Lasten des Bürgers.
Greift die gemeinschaftskonforme Auslegung nicht, ist der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts maßgebend, wobei innerstaatliche Gültigkeitsprüfungen wie die staatliche Kontrolle durch ein Verfassungsgericht außer Betracht bleiben müssen.
Geiger, EUV/EGV, Artikel 10 EGV Rdnr. 32.
Auch nach Umsetzung kann sich der Einzelne auf eine vollständige Anwendung der hinreichend genauen Richtlinie berufen.
EuGH, Urteil vom 11.07.2002 - C-62/00 -, 26 und 27 Rdnrn.
Der Rechtsauffassung des EuGH muss also im umgesetzten deutschen Recht unmittelbar Rechnung getragen werden.
Übereinstimmend damit tritt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Norm eine neue Rechtslage ein.
BVerwG, Urteil vom 23.1.1992 - BVerwG 3 C 33.89 -, BVerwGE 89, 320 - 327.
Da der EuGH in seinem Urteil vom 13.2.2003 - C - 228/00 - im Fall der belgischen Zementindustrie die Kriterien des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zum Mindestheizwert (§ 6 II 1 Nr. 1 KrW-/AbfG) sowie zum Feuerungswirkungsgrad (§ 6 II 1 Nr. 2 KrW-/AbfG) ebenso verworfen hat wie das Verunreinigungskriterium (§ 4 IV 3 KrW-/AbfG) und das Vermischungsverbot mit hochbrennbaren Abfällen (§ 4 IV 3 KrW-/AbfG), können diese Kriterien zu Lasten des Verwertungsrechts des Bürgers nicht mehr angewandt werden.
vgl. im Urteil des EuGH vom 13.2.2003 zur belgischen Zementindustrie - C - 228/00 -, Rdnr. 16 zur Aufzählung der geprüften Kriterien des Mindestheizwerts, des Feuerungswirkungsgrades, der Verunreinigungen und der Vermischung oder Konditionierung mit hochbrennbaren Abfällen; sinngemäße Verwerfung des Feuerungswirkungsgrades von mindestens 75 % in Rdnr. 43 mit der europarechtlichen Anforderung der Erfassung des größeren Teils der freigesetzten Energie; ausdrückliche Verwerfung der Kriterien des Heizwerts der Abfälle, des Schadstoffgehalts der verbrannten Abfälle sowie der Frage der Vermischung der Abfälle in Rdnr. 47; nochmals ausdrückliche Verwerfung des Kriteriums des Mindestheizwertes in Rdnr. 53.
Andere als die von ihm zugelassenen Kriterien hat der EuGH ausdrücklich verworfen.
Urteil des EuGH vom 13.2.2003 - C-228/00 -, Rdnr. 47; ebenso Anmerkung Giesberts, DVBl. 2003, 514, 516.
Daraus folgt, dass die noch im Widerspruchsbescheid angewandte Schaukeltheorie im Sinne einer Abwägung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls von Heizwert und Schadstoffgehalt europarechtlich überholt ist und vom Verwaltungsgericht zu Recht verworfen wurde. Dies folgt eindeutig aus dem dritten einschlägigen Urteil des EuGH vom 03.04.2003, wonach die in den Niederlanden bezogen auf Chlorgehalt und Mindestheizwert geltende Schaukeltheorie verworfen wird und den Mitgliedstaaten Kriterien nur übereinstimmend mit der Richtlinienauslegung zugestanden werden.
Urteil des EuGH vom 03.04.2003 - C-116/01 - betreffend niederländischen Müllexport nach Belgien zur kombinierten thermischen und stofflichen Behandlung, NVwZ 2003, 585, Rdnrn. 52 und 55.
Die deutschen Sonderkriterien für die Verwertungsabgrenzung sind mithin nach der EuGH-Rechtsprechung überholt.
Schink, UPR 2003, 121, 125.
Ebenso wenig kommt es auf das vom VG Stuttgart im Urteil vom 3.5.2002 - 19 K 1787/01 - aufgestellte Kriterium des Stromerlöses an. Schließlich führt auch das Vorliegen von Sonderabfällen wie hier zu keiner anderen Abgrenzung gegenüber Hausmüll, da der Schadstoffgehalt für die Verwertungsdefinition auszuscheiden hat. Sonderabfälle sind also in der Verwertungsabgrenzung weder bevorzugt noch benachteiligt. Statt dessen kommt es zugunsten des Bürgers auf die erleichterten europarechtlichen Verwertungskriterien für die Energieerzeugung an, die nach den zutreffenden Ausführungen der Klägerin erfüllt sind. Die europarechtlichen Darlegungen des Senats gelten hier entsprechend.
Die darin liegende Erweiterung des Verwertungsbegriffs mit Direktwirkung auch für das umgesetzte deutsche Abfallrecht führt aber zugunsten der Klägerin nicht weiter.
Fallentscheidend ist hier die qualifizierte Auslegung, die der EuGH wie dargelegt an das Vorliegen eines Ersatzbrennstoffs im Sinne einer vollen Austauschbarkeit stellt und die nach dem Gebot der europarechtskonformen Auslegung selbst zu Lasten des Bürgers für das deutsche Recht gilt.
Die maßgebende, nunmehr europarechtlich auszulegende deutsche Vorschrift in § 4 IV 1 Halbsatz 1 KrW-/AbfG lautet:
Die energetische Verwertung beinhaltet den Einsatz von Abfällen als Ersatzbrennstoff.
Was mit "Ersatz" gemeint ist, hat der deutsche Gesetzgeber nicht näher festgelegt, überlässt es mithin der Auslegung der Gerichte.
Die bisherige Interpretation dieser Vorschrift in der deutschen Kommentierung war verwertungsfreundlich. Für einen Ersatzbrennstoff war einseitig nur erforderlich, dass Abfälle anstelle von Primärstoffen wie Öl oder Gas eingesetzt wurden.
Frenz, KrW-/AbfG, 3. Auflage 2002, § 4 Rdnr. 64; sinngemäß bereits Kunig u.a., KrW-/AbfG 1998, § 4 Rdnr. 37, im Sinne eines ersatzweisen Einsatzes für primäre Rohstoffe; vgl. auch Hösel/von Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, Stand: 2002, § 4 Rdnr. 27, im Sinne eines Ersatzes fossiler oder radioaktiver Energiequellen durch Verbrennung von Abfällen mit dem Ziel der Energiegewinnung.
Die nur einseitig bestehende Ersatzfunktion wäre übereinstimmend mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu bejahen.
Diese Interpretation der deutschen Vorschrift lässt sich indessen nach dem Urteil des EuGH vom 13.2.2003 - C - 458/00, Rdnr. 44, in der Sache Luxemburger Hausmüll nicht mehr aufrechterhalten. Der Wortlaut "Ersatzbrennstoff" in der deutschen Vorschrift des § 4 IV 1 Halbsatz 1 KrW-/AbfG lässt das bisherige Verständnis eines einseitigen Ersatzes wie das neue europäische Verständnis eines austauschbaren Ersatzes in gleicher Weise zu. Nach dem Gebot der gemeinschaftskonformen Auslegung muss dieses neue Verständnis zugrundelegelegt werden, ohne dass es auf die Frage einer Direktwirkung -hier gegen den Bürger- ankommt. Mithin ist auch für das deutsche Recht eine qualifizierte Ersatzfunktion im Sinne eines vollständigen Austauschverhältnisses innerhalb der Anlage zu fordern. Anlagebezogen führt die EuGH-Rechtsprechung zu einheitlichen Ergebnissen für den Anlagenbetrieb ungeachtet individueller Heizwertunterschiede der Abfälle. Die Auslegung des EuGH schafft mithin auch für das deutsche Recht die Rechtsklarheit, die die Schaukeltheorie nicht herbeiführen konnte. Der deutsche Begriff des Ersatzbrennstoffs ist exakt so zu verstehen ist wie der europäische Begriff. Ein "Rücktausch" der Abfälle auf dem Müllrost gegen Primärstoffe wie Kohle scheidet vernünftigerweise ökologisch, ökonomisch und nach dem Anlagenzweck aus. Nach dem unstreitigen Ergebnis der mündlichen Verhandlung wird auf dem Rost des Müllheizkraftwerks Wuppertal keine Kohle verbrannt. Der Anlagenzweck der Müllverbrennung im Sinne einer Mineralisierung des Mülls entfiele beim Einsatz von Kohle. Die Entsorgung der ölverschmierten Abfälle der Klägerin als Abfallverbrennung der vorbehandelten Abfälle im Müllheizkraftwerk Wuppertal kann nach dem Ergebnis europarechtskonformer Auslegung nur als Beseitigungsverfahren eingestuft werden. Die Abfälle der Klägerin werden ohne Austauschfunktion aus dem Wirtschaftskreislauf herausgenommen und beseitigt.
Daher liegen bundesrechtlich Sonderabfälle zur Beseitigung vor, die die Beklagte zu Recht der Andienungspflicht nach § 13 SAWG unterworfen hat.
Deshalb ist unter Abänderung des stattgebenden Urteils des Verwaltungsgerichts der Berufung der Beklagten stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision ist nach § 132 II Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache - der Reichweite der EuGH-Entscheidungen für das Bundesrecht - zuzulassen.
Beschluss
Der Streitwert des vor dem 01.01.2002 anhängig gewordenen Rechtsmittelverfahrens wird gemäß den §§ 73, 25, 20, 13, 14 GKG auf 20.000,-- DM festgesetzt; der Senat folgt insoweit der Begründung des Verwaltungsgerichts, das das wirtschaftliche Interesse der Klägerin, von der Zwangsfestlegung des Entsorgungsweges sowie indirekt von zusätzlichen Gebührenbescheiden verschont zu werden, bedeutungsgemäß mit 20.000,-- DM bewertet hat.
Diese Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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