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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: 1 K 93/03
Rechtsgebiete: LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-KAG § 5 III
1. Die Bemessung von Grundgebühren für zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke nach der Anzahl der Wohneinheiten trägt als Wahrscheinlichkeitsmaßstab dem unterschiedlichen Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen hinreichend Rechnung.

2. Der dem Wohneinheitenmaßstab zugrunde liegenden Annahme, wonach die Höchstlastkapazität der Abwasserbeseitigungseinrichtung sich an dem Typus einer durch zwei Personen belegten Wohneinheit orientiert, wird die sachliche Grundlage nur entzogen, wenn in mehr als 10 v. H. der Veranlagungsfälle Wohneinheiten erfasst werden, die zum Bewohnen durch 2 oder mehr Personen weder bestimmt noch geeignet sind. Auf die tatsächliche Belegungsdichte kommt es nicht an.

3. Das Verhältnis zwischen der Höhe der Gebühr und der damit abgegoltenen für jede Wohneinheit vorzuhaltende Höchstlastkapazität, ist auch dann nicht unausgewogen i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA, wenn die Wohnungen in mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern tatsächlich eine geringere Belegungsdichte aufweisen als dies bei Einfamilienhäusern der Fall ist. Denn trotz der geringeren tatsächlichen Belegungsdichte ist die Vorhalteleistung, die der Antragsgegner für jede Wohneinheit erbringt, darauf ausgerichtet, dass die Wohnung, auch wenn sie sich in Großwohnanlagen befindet, geeignet und bestimmt sind, als Unterkunft für mehr als eine Person zu dienen.

4. Es ist nicht sachwidrig, wenn bei den Grundgebühren die Wohnzwecken dienenden Grundstücke nach Wohneinheiten und damit nach einem anderen Maßstab veranlagt werden als Grundstücke, die nach der Nutzungsart anderen als Wohnzwecken dienen. Während der Abwasseranfall bei der Wohnnutzung nachhaltig von der Anzahl der Personen geprägt ist, die in dem angeschlossenen Haus wohnen, wird die Abwassermenge bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken prägend bestimmt die Art der gewerblichen oder industriellen Nutzung.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 K 93/03

Datum: 01.04.2004

Gründe:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festsetzung des Grundgebührenmaßstabes in der Beitrags- und Gebührensatzung des Antragsgegners. Sie ist Eigentümerin von Grundstücken im Verbandsgebiet des Antragsgegners und wird von diesem zur Zahlung von Gebühren nach Maßgabe der von ihr angegriffenen Satzung herangezogen. Die Grundstücke sind mit Mehrfamilienhäusern bebaut, in denen insgesamt 2.408 Wohneinheiten untergebracht sind.

Zur Begründung des am 07. März 2003 gestellten Normenkontrollantrages trägt die Antragstellerin vor, der Maßstab für die in der Satzung bestimmte Grundgebühr, der für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke eine Bemessung nach der Anzahl der Wohneinheiten, für anderweitig genutzte Grundstücke hingegen nach der Nenngröße der Wasserzähler gestaffelte Grundgebührensätze vorsehe, sei ungerecht. Er führe zu einer Privilegierung von Eigentümern von Einfamilienhäusern gegenüber Eigentümern von "Großwohnanlagen", weil sich in Einfamilienhäusern durchschnittlich vier Personen aufhielten, während in einer Wohneinheit einer Großwohnanlage "durchschnittlich maximal" zwei bis drei Personen wohnten. Im Landkreis (...) liege die Belegungsdichte bei 2,11 Personen je Wohneinheit. Im Stadtgebiet der Mitgliedsgemeinde (...) betrage die Belegungsdichte für die insgesamt 16.440 Wohnungen 2,16 Personen je Wohneinheit. In den von der Antragstellerin unterhaltenen Großwohnanlagen mit insgesamt 2.048 Wohnungen hingegen werde eine Wohneinheit von durchschnittlich 1,586 Personen bewohnt, so dass der Maßstab in mehr als 10 v. H. der Fälle signifikant von der durchschnittlichen Belegung einer Wohneinheit abweiche. Die Verwendung eines Wohneinheitenmaßstabes sei nur in dörflichen Gebieten mit einer homogen strukturierten Nutzung zulässig. Zudem würden die Eigentümer von "Großwohnanlagen" gegenüber Eigenheimbesitzern überproportional belastet, weil eine Bemessung nach Wohneinheiten nicht berücksichtige, dass die Zusammenfassung mehrerer Wohneinheiten zu einer Wirtschaftseinheit für den Antragsgegner eine Aufwandsminderung bei der Veranlagung und Einziehung der Gebühren bewirke.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 12 Abs. 2 der Satzung des Antragsgegners über die Erhebung von Beiträgen, Kostenerstattungen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung der Gemeinden des Abwasserverbandes (...) (Beitrags- und Gebührensatzung) vom 13. Dezember 2001 (Amtblatt des Landkreises (...) Nr. 23/2001, S. 19) für nichtig zu erklären. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, er habe sich für eine Bemessung nach Wohneinheiten entschieden, weil die von der Antragstellerin bevorzugte Bemessung nach dem Nenndurchfluss des Wasserzählers als ungerecht empfunden worden sei. Denn der kleinste Hausanschluss finde sowohl in Einfamilienhäusern als auch in Mehrfamilienhäusern mit bis zu sechs Wohnungen Verwendung.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet, weil die angegriffene Satzung nicht ungültig i. S. d. § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO ist. Der vom Antragsgegner in § 12 Abs. 2 BGS gewählte Maßstab für die Grundgebühr verstößt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG LSA und Art. 3 Abs. 1 GG.

1) Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA erfolgt die Bemessung der Gebühren unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung. Werden sie nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, so darf seine Anwendung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA nicht dazu führen, dass die Gebühren in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung stehen. Diese landesgesetzliche Ausprägung des Äquivalenzprinzips gilt nicht nur für die Bemessung verbrauchsabhängiger Abwassergebühren, sondern auch für die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Erhebung der hier im Streit stehenden verbrauchsunabhängigen Grundgebühren. Den Anforderungen der § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG LSA trägt der vom Antragsgegner gewählte Maßstab hinreichend Rechnung.

a) Die Bemessung von zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken nach der Anzahl der Wohneinheiten trägt i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA als Wahrscheinlichkeitsmaßstab dem unterschiedlichen Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen hinreichend Rechnung. Sie ist von der zulässigen Erwägung getragen, dass das mögliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung mit der Zahl der Wohneinheiten steigt (vgl. OVG LSA, Urt. v. 30.01.2003 - 1 L 362/01 - UA S. 7 f.). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese Art der Bemessung als Wahrscheinlichkeitsmaßstab geeignet, die aus der Annahme- und Reinigungsbereitschaft folgende abrufbare Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität sachgerecht zu erfassen. Es ist nicht sachwidrig, wenn der Antragsgegner das Maß der möglichen Inanspruchnahme seiner zentralen Abwasserbeseitigungsanlage bei Wohngrundstücken nach der Anzahl der Wohneinheiten bemisst. Der mögliche Abwasseranfall und damit die vom Antragsgegner vorzuhaltende Höchstlastkapazität (vgl. dazu: BVerwG, KStZ 1987, 11 <12>) werden bei Wohngrundstücken, anders als bei einer gewerblichen Nutzung maßgeblich davon bestimmt, wie viele Personen sich auf einem angeschlossenen Grundstück für gewöhnlich aufhalten können. Diese Anzahl lässt sich typisierend nach der Anzahl der Wohneinheiten bemessen. Dem liegt die Erfahrungstatsache zugrunde, dass die Zahl der Personen, die sich üblicherweise auf einem Grundstück aufhalten können, größer ist, je mehr selbständige Haushalte in einem Wohnzwecken dienenden Gebäude untergebracht werden können.

Die Bemessung der Grundgebühr nach Wohneinheiten trägt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch dem unterschiedlichen tatsächlichen Nutzungsmaß bei Einfamilienhäusern einerseits und großflächigen mehrgeschossigen Mietwohnungsobjekten andererseits hinreichend Rechnung (a. A.: LG Stendal, Urt. v. 14.02.2002 - 22 S 173/01 - UA S. 15 f.). Zu Unrecht meint die Antragstellerin, der Antragsgegner dürfe nicht einen einheitlichen Maßstab wählen, weil sich in einer Wohneinheit durchschnittlich 2,11 Personen aufhalten, während in den 2.408 Wohneinheiten der Antragstellerin nur 1,586 Personen lebten, so dass selbst unter Berücksichtigung des Leerstandes (vgl. § 12 Abs. BGS) in mindestens 10,05 v. H. aller Grundgebührenfälle pro Wohneinheit nur 1, 586 Personen zu verzeichnen seien. Dieser erheblichen Abweichung vom Regelfall müsse der Antragsgegner nach Auffassung der Antragstellerin zur Vermeidung der Nichtigkeit des Maßstabes durch einen Großwohnanlagenrabatt Rechnung tragen. Mit diesem Vorbringen verkennt die Antragstellerin, dass die Grundgebühr nicht nach Art und Maß der Benutzung, sondern nach Art und Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung der Einrichtung zu bemessen ist. Die Vorhalteleistung jedoch erbringt der Antragsgegner unabhängig von der tatsächlichen Belegungsdichte einer Wohneinheit, so dass es insoweit keiner weiteren Sachaufklärung der genauen durchschnittlichen Belegung pro Wohneinheit bedarf. Geht man von einer durchschnittlichen Belegung einer Wohneinheit mit jedenfalls etwa mehr als zwei Personen aus, so darf er eine Bemessung der Grundgebühr nach Wohneinheiten ohne weitere Differenzierung vornehmen, solange nicht in seinem Verbandsgebiet in mehr als 10 v. H. der Veranlagungsfälle Wohneinheiten erfasst werden, die zum Bewohnen durch zwei oder mehr Personen weder bestimmt noch geeignet sind. Ist eine Wohneinheit, etwa wegen der geringen Grundfläche und einer unzureichenden Anzahl an abgeschlossenen Räumen ungeeignet, von mehr als einer Person bewohnt zu werden, und überschreitet die Anzahl dieser nur unterdurchschnittlich nutzbaren Wohneinheiten die Bagatellgrenze von 10 v. H., so wird die dem Maßstab zugrunde liegende Annahme, wonach die Höchstlastkapazität der Abwasserbeseitigungseinrichtung sich an dem Typus einer durch zwei Personen belegten Wohneinheit orientiert, die sachliche Grundlage entzogen. Dass ein solcher Ausnahmefall hier vorliegen könnte, ist weder ersichtlich noch von der Antragstellerin geltend gemacht worden.

Zwar mag es dem Antragsgegner freistehen, anstelle der von ihm vorgenommenen Bemessung nach gestaffelten Wohneinheiten einen anderen Maßstab, etwa die von der Antragstellerin bevorzugte Bemessung nach der Nenngröße der Wasserzähler oder der Anzahl der Wohnräume (vgl. Kirchmer/u. a., KAG LSA 2. Auflage, zu § 5 Anm. 2.7 <181>), zu wählen. Macht er davon jedoch keinen Gebrauch und wählt er - wie hier - einen Maßstab, der ebenfalls geeignet ist, die Unterschiede im Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen sachgerecht zu erfassen, so ist die nach seinem Ermessen bestimmte Wahl des Maßstabes von den Gerichten wie auch der Antragstellerin hinzunehmen, weil es nicht Aufgabe der Gerichte ist, dem Satzungsgeber die Verwendung eines zweckmäßigeren oder vermeintlich gerechteren Maßstabes vorzuschreiben. Der Maßstab muss nur gewährleisten, dass die Unterschiede im Maß der verbrauchsunabhängigen Vorhalteleistungen in sachgerechter Weise zum Ausdruck gebracht werden (BVerwG, Beschl. v. 01.12.2003 - 9 B 29/03 - BA S. 2). Ist dies - wie hier - gesichert, kann dahinstehen, ob es möglich, wünschenswert oder zweckmäßig wäre, das Maß der Inanspruchnahme noch genauer zu erfassen, als es dem Antragsgegner mit dem von ihm gewählten Maßstab gelingt. In diesem Fall ist der Antragsgegner zu einer weiteren Differenzierung rechtlich nicht verpflichtet.

b) Die Bemessung nach Wohneinheiten verstößt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gegen § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA, weil die Grundgebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung steht. Der Einwand der Antragstellerin, der Antragsgegner habe bei der Wahl des Maßstabes unberücksichtigt gelassen, dass die Eigentümer von Großwohnanlagen maßgeblich zu einer Kostenreduzierung beitragen, weil sie anstelle der Mieter der Wohnungen herangezogen werden und damit für den Abwasserbeseitigungspflichtigen eine Inkassofunktion wahrnehmen und zudem das Ausfallrisiko zu tragen haben, falls der jeweilige Mieter die Kosten nicht tragen könne (so auch: LG Stendal, a. a. O.), ist unbegründet. Erleichterungen, die bei der Gebührenabrechnung damit verbunden sein mögen, dass anstelle vieler einzelner Kostenschuldner ein Gebührenschuldner tritt, wirken sich in erster Linie auf die laufenden Betriebskosten aus und lassen die Höhe der invariablen Kosten weitestgehend unberührt. Vor allem aber lässt § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA es ausdrücklich zu, die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen. Entscheidet sich der Satzungsgeber dazu, Art und Umfang der Inanspruchnahme bei der Bemessung der Grundgebühr nach dem Maß der aus der Lieferbereitschaft folgenden, abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltenden Höchstlastkapazität zu orientieren, so kommt es für die Bemessung von Grundgebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung allein auf das potenzielle Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Wohneinheit, also das wahrscheinliche Maß an Abwasser an, mit dem die Einrichtung nach gewöhnlichen Umständen durch eine Wohneinheit belastet wird. Das Verhältnis zwischen der Höhe der Gebühr und der damit abgegoltenen Leistung, nämlich der für jede Wohneinheit vorzuhaltenden Höchstlastkapazität, ist auch dann nicht unausgewogen i. S. d. § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA, wenn die Wohnungen in mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern der Antragstellerin tatsächlich eine geringere Belegungsdichte aufweisen, als dies bei Einfamilienhäusern der Fall ist. Denn trotz der geringeren tatsächlichen Belegungsdichte ist die Vorhalteleistung, die der Antragsgegner für jede Wohneinheit erbringt, darauf ausgerichtet, dass die Wohnung, auch wenn sie sich in Großwohnanlagen befindet, geeignet und bestimmt ist, als Unterkunft für mehr als eine Person zu dienen. Der Einwand der Antragstellerin, für die Abrechnung der Grundgebühr bei Großwohnanlagen entstehe dem Antragsgegner ein geringerer Aufwand, liegt neben der Sache, weil es bei der Prüfung, ob ein Grundgebührenmaßstab gegen § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA verstößt, nicht auf das Maß des Aufwands (für die Abrechnung), sondern allein darauf ankommt, ob die Höhe der Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zum Maß der erbrachten (Vorhalte-)Leistung steht.

2) Zu Unrecht wendet die Antragstellerin ein, die für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke vorgesehene Verteilung der invariablen Kosten nach Grundeinheiten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dem Satzungsgeber ist auch insoweit bei der Wahl und Ausgestaltung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ein weites Ermessen eingeräumt (vgl. Kirchmer/ u. a., a. a. O.). Der Gleichheitssatz begrenzt dieses Ermessen erst, wenn ein sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung fehlt. Wegen der Binnendifferenzierung nach Wohneinheiten für die Wohnbebauung wird hierzu auf das Vorstehende verwiesen (s. o.: Nr. 1). Es ist jedoch auch nicht sachwidrig, wenn der Antragsgegner bei den Grundgebühren die Wohnzwecken dienenden Grundstücke nach Wohneinheiten und damit nach einem anderen Maßstab veranlagt als Grundstücke, die nach der Nutzungsart anderen als Wohnzwecken dienen. Denn während der Abwasseranfall bei der Wohnnutzung nachhaltig von der Anzahl der Personen geprägt ist, die in dem angeschlossenen Haus wohnen, wird die Abwassermenge bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken maßgeblich bestimmt nicht nur durch die Anzahl der dort beschäftigten Personen, sondern in Verschmutzungsgrad und Menge prägend durch die Art der gewerblichen (Wäscherei oder Tischlereibetrieb) oder industriellen Nutzung (Getränkeabfüllbetriebe, Molkereien, Papierfabriken auf der einen oder Automobilwerk auf der anderen Seite). Es ist deshalb sachgerecht, wenn der Antragsgegner abweichend von der Regelung für Wohngrundstücke in § 12 Abs. 2 BGS bei sonstigen Nutzungsarten gemäß § 12 Abs. 6 Satz 1 BGS auf die Nennleistung der verwendeten Wasserzähler nach Maßgabe der in § 12 Abs. 6 Satz 3 BGS vorgesehenen Staffelung abstellt. Dass die Nennleistung der Wasserzähler grundsätzlich geeignetes Kriterium für die Bemessung der Vorhalteleistung einer zentralen Abwasserbeseitigungsanlage ist (vgl. zur Wasserversorgung: BVerwG, KStZ, 1982, 31), wird auch von der Antragstellerin, die diesen Maßstab auch für die auf ihren Grundstücken ausgeübte Wohnnutzung angewandt wissen will, nicht in Frage gestellt.

Der Bemessung der Grundgebühren für zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke nach Wohneinheiten hängt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht davon ab, ob es sich bei dem Verbandsgebiet um eine in der Bebauung homogene dörfliche Struktur oder wie hier um ein Einzugsgebiet handelt, das neben den dörflichen Siedlungsgebieten auch das Stadtgebiet von (...) umfasst. Zu Unrecht beruft sich die Antragstellerin zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig zum dortigen Kommunalabgabenrecht (OVG SH, GemHH 1995, 17). Denn der dort entschiedene Fall unterscheidet sich von der satzungsrechtlichen Ausgestaltung, die der Maßstab in der Beitrags- und Gebührensatzung des Antragsgegners erfahren hat, weil der Antragsgegner nicht einen einheitlichen Grundgebührenmaßstab gewählt hat, der nur an die Zahl der Wohnungen, Gewerbebetriebe und landwirtschaftlichen Betriebe anknüpft (so aber bei: OVG SH, a. a. O. <18>). Sieht eine Satzung - wie dort - einen einheitlichen Maßstab ungeachtet der auf den angeschlossenen Grundstücken vorgefundenen unterschiedlichen Nutzungsarten vor, so spricht Überwiegendes dafür, dass eine solche pauschalierende Bemessung nur dann mit dem Gebot vereinbar ist, die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen, wenn die unterschiedlichen tatsächlich ausgeübten Nutzungen jeweils mit einem vergleichbar hohen Maß an Abwasseranfall einhergehen. Diese Annahme wiederum erscheint grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn das Einzugsgebiet weitgehend homogen strukturiert ist. Anders jedoch verhält es sich hier. Denn der Antragsgegner unterscheidet zwischen Wohnnutzungen, die er nach § 12 Abs. 2 BGS nach der Anzahl der Wohneinheiten erfasst, und sonstigen Nutzungsarten, die er gemäß § 12 Abs. 6 Satz 1 BGS nach der Nennleistung der Wasserzähler veranlagt. Damit jedoch trägt er den an die unterschiedlichen Nutzungsarten anknüpfenden Unterschieden im Maß der Inanspruchnahme bereits hinreichend Rechnung. Einer weiteren Differenzierung, etwa nach der Anzahl der Personen, bedarf es nicht. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die von der Antragstellerin bevorzugte und in der Rechtsprechung gebilligte Bemessung nach dem Nenndurchfluss des Wasserzählers eine gegenüber der Bemessung nach Wohneinheiten pauschalere Regelung darstellt. Verwendete man jenen Maßstab, so führte dies dazu, dass Wohnnutzungen in Einfamilienhäusern und Wohnnutzungen in Mehrfamilienhäusern mit bis zu sechs Wohneinheiten gleich behandelt würden, obwohl die für ein Mehrfamilienhaus vorzuhaltende Höchstlastkapazität wegen der größeren Anzahl von Personen, denen es als Wohnung dienen kann, größer ist als bei Einfamilienhäusern. Verstößt aber die Bemessung einer Grundgebühr nach der Nennweite des Wasserzählers grundsätzlich weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG LSA, so gilt entsprechendes erst Recht für die differenziertere Bemessung nach der Anzahl der Wohneinheiten.

Art. 3 Abs. 1 GG zwingt den Antragsgegner nicht dazu, den Maßstab für Wohngrundstücke über die Bemessung nach Wohneinheiten hinaus differenzierter auszugestalten (vgl. OVG Brandenburg, Urt. v. 22.05.2002 - 2 D 78/00.NE - UA S. 26). Insbesondere ist es aus Rechtsgründen nicht geboten, über die Anzahl der Wohneinheiten hinaus eine Differenzierung nach der Größe der Wohneinheit oder Anzahl der Wohnräume vorzunehmen (OVG Brandenburg, a. a. O.; a. A.: BayVGH, BayVBl. 2002, 635). Zwar kann neben der Anzahl der Wohneinheiten auch die Größe der jeweiligen Wohneinheit ein Anhaltspunkt für die gewöhnlich dort wohnenden Personen und damit für die voraussichtliche Abwassermenge darstellen. Abgesehen davon, dass es schon aus Praktikabilitätsgründen und dem auch im Interesse der Gesamtheit aller Gebührenschuldner liegenden Interesse an der Verwendung eines möglichst einfachen, leicht handhabbaren und ohne nennenswerten Aufwand verlässlich überprüfbaren Maßstabes gerechtfertigt erscheint, auf eine nähere Differenzierung zu verzichten, ist eine nähere Differenzierung nach der Wohnungsgröße der Wohneinheit jedenfalls nicht notwendig, weil sie keinen genügend sicheren Anhaltspunkt für das Maß der Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigungseinrichtung bietet. Denn einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass die Anzahl der Bewohner mit der Größe der Wohnung steigt, gibt es in dieser Allgemeinheit nicht. Ob eine Wohnung von bestimmter Größe unter gewöhnlichen Umständen von einer Person, einer Familie oder einem Familienverband bewohnt wird, hängt von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, den Wohngewohnheiten, dem Wohnumfeld und einer Vielzahl von weiteren sozialen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Bestimmungsfaktoren ab, die zu berücksichtigen ein Satzungsgeber kaum in der Lage, jedenfalls aber nicht verpflichtet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt. Inhalt und Schranken von Art. 3 Abs. 1 GG sowie des als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Äquivalenzprinzips sind, soweit sie bundesrechtlicher Natur und damit revisibel sind, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

Ende der Entscheidung

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