Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: 1 L 275/02
Rechtsgebiete: MOG, VO (EWG) 3887/92 (alt), VO (EWG) 3887/92 (neu), VwVfG


Vorschriften:

MOG § 10 I
VwVfG § 48 IV
VO (EWG) 3887/92 (alt) Art. 14
VO (EWG) 3887/92 (neu) Art. 14
VwVfG § 48 IV 4
1. Die in § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG i. V. m. § 48 Abs. 2 - 4 VwVfG getroffene Regelung über die Rücknahme begünstigender Bescheide und die dabei gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG zu beachtende Jahresfrist wird durch die in Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 i. d. F. vom 23. Dezember 1992 vorgesehene Verpflichtung zur Zurückzahlung zu Unrecht erhaltener Zuwendungen nicht verdrängt.

2. Der durch Verordnung Nr. 1678/98 vom 29. Juli 1998 in Art. 14 der o .g. Verordnung neu geregelte Vertrauensschutz findet auf Fälle, in denen die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG vor Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1678/98 bereits abgelaufen war, keine Anwendung. Es bleibt dahingestellt , ob die Neuregelung die nationalen Vorschriften über die Rücknahme begünstigender Bescheide, einschließlich des § 48 Abs. 4 VwVfG nunmehr verdrängt.

3. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG wird auch durch die Kenntnis der Widerspruchsbehörde in Lauf gesetzt.

4. Wenn die Widerspruchsbehörde in Kenntnis von einer Zuwendung entgegenstehenden Tatsachen die Ausgangsbehörde zur Aufhebung eines Zuwendungsbescheides anweist, statt ihn selbst aufzuheben, so ist die Ausgangsbehörde zur Vermeidung der Rechtsnachteile des § 48 Abs. 4 VwVfG gehalten, dies innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Widerspruchsbescheides zu tun.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 275/02

Datum: 04.09.2003

Gründe:

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme eines Zuwendungsbescheides.

Durch Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 3. November 1994 wurde dem Kläger eine Beihilfezahlung gemäß Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 vom 30. Juni 1992 (ABl. L 181/12) in Höhe von insgesamt 79.858,12 DM bewilligt. Dabei entfiel auf die beantragte Stilllegung von Flächen eine Beihilfe von 18.035,52 DM.

Mit Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 31. März 1995 wurde der Bewilligungsbescheid vom 3. November 1994 in Höhe von 18.035,52 DM aufgehoben: Die von dem Kläger als Stilllegungsfläche angegebene Fläche von 22,73 ha sei auch Gegenstand des von der Agrargenossenschaft (...) eingereichten Förderantrages. Die teilweise Aufhebung erfolge im Hinblick auf eine Klärung des Nutzungsrechts für die in Rede stehenden Flächen.

Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium B-Stadt durch Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 1996 zurück und hob den Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 31. März 1995 auf. Im Tenor des Widerspruchsbescheides heißt es weiter: "Bei Beachtung der nicht realisierten anteiligen konjunkturellen Flächenstilllegung ist die mit dem Bewilligungsbescheid vom 3. November 1994 gewährte Flächenbeihilfe insgesamt zurückzufordern". Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus: Mit dem nun vorliegenden Landpachtvertrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben vom 15. März 1996 sei das Nutzungsrecht für die in Rede stehenden 22,73 ha der Agrargenossenschaft (...) zugesprochen worden. Der bis zur zivilrechtlichen Klärung des strittigen Nutzungsrechts ergangene Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 31. März 1995 sei damit zu Recht ergangen. Das Amt C-Stadt sei verpflichtet, nach dieser abgeschlossenen zivilrechtlichen Klärung des Nutzungsrechts den Widerruf des gesamten Bewilligungsbescheides vom 3. November 1994 auszusprechen. Da die Zuwendungsvoraussetzungen zur Gewährung der Ausgleichszahlung für die 22,73 ha Stilllegungsfläche bereits im Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorgelegen hätten, sei der Zuwendungsbescheid von Anfang an rechtswidrig gewesen.

Die dagegen erhobene Klage (A 3 K 625/96) wurde zurückgenommen und das Klageverfahren mit Beschluss vom 3. Dezember 1998 eingestellt.

Durch Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung C-Stadt vom 18. Dezember 1998 wurde der Bewilligungsbescheid des Amtes (...) vom 3. November 1994 zurückgenommen und die ausgezahlte Beihilfe in Höhe von 79.858,12 DM nebst Zinsen zurückgefordert: Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens habe das Regierungspräsidium B-Stadt abschließend festgestellt, dass der Bewilligungsbescheid vom 3. November 1994 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Der Rücknahme stehe der Eintritt einer Verjährung nicht entgegen.

Mit seiner nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,

den Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung C-Stadt vom 18. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums B-Stadt vom 22. Februar 2000 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 10. April 2002 hat das Verwaltungsgericht B-Stadt - 3. Kammer - die Klage abgewiesen. Das Gericht hat die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides bejaht und die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG als gewahrt angesehen.

Mit seiner dagegen vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger unter anderem geltend, dass die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG nicht eingehalten worden sei. Nach dem Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 1996 sei das Regierungspräsidium B-Stadt zu dem Ergebnis gekommen, dass die gesamte Bewilligung nebst Zinsen zurückzufordern sei. Der Rücknahmebescheid sei dagegen erst am 18. Dezember 1998 ergangen. Auf den Ausgang des seinerzeit anhängigen Klageverfahrens sei es nicht angekommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgericht B-Stadt - 3. Kammer - vom 10. April 2002 abzuändern und nach seinem Klageantrag zu erkennen.

Der Beklagte tritt dem Begehren entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat Erfolg.

Der Rücknahme des Bewilligungsbescheides des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 3. November 1994 steht die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG entgegen.

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation i. d. F. vom 2. Mai 1996 (BGBl. I, S. 656) - MOG - sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 und § 49 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sind anzuwenden.

§ 10 Abs. 1 Satz 1 MOG ist vorliegend einschlägig. Diese Regelung wird nicht durch vorrangiges Gemeinschaftsrecht verdrängt. Die in Art. 14 Abs. 1 der - hier noch anzuwendenden - Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 i. d. F. vom 23. Dezember 1992 (ABl. L 391/36) ausgesprochene Verpflichtung des Betriebsinhabers, zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzuzahlen, beinhaltet lediglich eine an die Mitgliedstaaten gerichtete europarechtliche Verpflichtung, eine unrechtmäßige Beihilfegewährung rückabzuwickeln, und überlässt die Modalitäten der Aufhebung und Rückforderung dem nationalen Recht (VGH München, U. v. 11.10.2002 - 19 B 00.2401 -, RdL 2003, S. 220 m. w. N.). Ist Art. 14 Abs. 1 der Verordnung demnach als bloße allgemeine Handlungsanweisung an den nationalen Gesetzgeber zu verstehen, geht schon vom Ansatz her die Auffassung des Beklagten fehl, dass (schon) diese gemeinschaftsrechtliche Bestimmung eine verbindliche und abschließende Regelung über die Rückforderung von Beihilfen einschließlich des Vertrauensschutzes beinhaltet und damit der von § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG in Bezug genommenen Vorschrift des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG vorgeht.

Dass die Anwendung einer Jahresfrist, wie sie in § 10 MOG i. V. m. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG normiert ist, vom Grundsatz her mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, entspricht auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. insbesondere U. v. 21.9.1983 - Rs 205-215/82 -, NJW 1984, S. 2024; vgl. auch Stelkens u. a., VwVfG, 6. Auflg., § 48, Rdn. 237; Ehlers, GewArch 1999, S. 305, 309 f.). Aus der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 2000 (- 2 BvR 1210/98 -, NJW 2000, S. 2015) folgt nichts Abweichendes. Gegenstand dieser Entscheidung ist die auf der Grundlage eines Beihilfeaufsichtsverfahrens nach Art. 88 EG erfolgte Rücknahme einer gemeinschaftswidrig gewährten staatlichen Beihilfe. Setzt die nationale Behörde mit den Mitteln des § 48 VwVfG die Entscheidung der Kommission um, findet § 48 Abs. 4 VwVfG keine Anwendung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflg., § 48, Rdn. 135). Demgegenüber geht es vorliegend um eine - nach Auffassung des Beklagten - zu Unrecht aufgrund von Gemeinschaftsrecht gezahlte Beihilfe.

Auch durch den in Art. 14 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887 i. d. F. der Verordnung (EG) Nr. 1678/98 vom 29. Juli 1998 (ABl. L 212/23) gemeinschaftsrechtlich normierten Vertrauensschutz wird die über § 10 MOG anzuwendende Ausschlussfristregelung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht verdrängt. Nach Art. 14 Abs. 4 der Verordnung gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 nicht, wenn die Zahlung auf einem Irrtum der zuständigen Behörde selbst oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber, der seinerseits in gutem Glauben gehandelt und alle Bestimmungen der geltenden Verordnung eingehalten hat, billigerweise nicht erkannt werden konnte. Geht der Irrtum jedoch auf sachliche Tatbestände zurück, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt nach Art. 14 Abs. 4 Unterabsatz 2 die vorgenannte Regelung nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist. Art. 14 Abs. 4 der Verordnung findet vorliegend jedoch keine Anwendung; denn die zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 ergangene Verordnung (EG) Nr. 1678/98 ist nach Art. 2 der Verordnung erst am 6. August 1998 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt aber war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, wie aus den nachstehenden Ausführungen folgt, bereits abgelaufen. Für Vorgänge, bei denen sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungsverordnung eine Rücknahmeentscheidung bereits wegen Versäumung der Ausschlussfrist als rechtsfehlerhaft darstellt, kommt der Änderung keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Die Änderung des Gemeinschaftsrechts zielt nach den der Verordnung vorangestellten Erwägungen vielmehr auf eine zukünftige einheitliche Handhabung des Vertrauensgrundsatzes ("...Grundsatz des Vertrauensschutzes in der Gemeinschaft einheitlich gehandhabt wird, sollte festgelegt werden, unter welchen Bedingungen dieser Grundsatz ... geltend gemacht werden kann"). Unter Vertrauensschutzgesichtspunkten abgeschlossene und auf der Grundlage zuvor einschlägiger nationaler Regelungen beurteilte Vorgänge werden durch die gemeinschaftsrechtliche Rechtsänderung nicht berührt.

Findet damit Art. 14 Abs. 4 der Verordnung Nr. 3887/92 i. d. F. der Verordnung (EG) Nr. 1678/98 von vornherein keine Anwendung, bedarf es keiner vertiefenden Auseinandersetzung mit der Frage, ob diese Bestimmung überhaupt Vorrang gegenüber der Ausschlussfristregelung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG genießt (so Auslegungsvermerk des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 6.10.2000 - 412-4001/17 -).

Entgegen der Auffassung des Beklagten, der stattdessen die gemeinschaftsrechtlichen Verjährungsbestimmungen für anwendbar hält, wird § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG auch nicht durch Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 (ABl. L 312/1) aufgehoben. Die Frage, ob die Verfolgung einer Unregelmäßigkeit verjährt ist, betrifft einen anderen Regelungsbereich als die Fragestellung, ob eine Behörde, die zu einem bestimmten Zeitpunkt über eine umfassende Kenntnis der eine Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen verfügt, im Interesse der Rechtssicherheit gezwungen ist, innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG eine abschließende Entscheidung zu erlassen. Dass eine derartige nationale Ausschlussfristregelung - ungeachtet gemeinschaftsrechtlicher Verjährungsbestimmungen - keinen rechtlichen Bedenken begegnet, ist in der bereits angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sind vorliegend auch gegeben.. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt kann hiernach nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhalten hat, welche dessen Rücknahme rechtfertigen, zurückgenommen werden. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwGE 70, 356 <362>).

Vorliegend hat die den Beginn der Jahresfrist bestimmende behördliche Kenntnis hinsichtlich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendigen Tatsachen mit Zugang des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums B-Stadt vom 30. Oktober 1996 vorgelegen. Diese Entscheidung, die dem C. Flurneuordnung C-Stadt am 14. November 1996 zugegangen ist, enthält bereits eine abschließende Prüfung der Rücknahmevoraussetzungen und spricht die das Amt bindende Verpflichtung aus, den Bewilligungsbescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 3. November 1994 insgesamt aufzuheben. Eine weitergehende und ggf. unter Mitwirkung des Klägers (§ 28 VwVfG) erfolgende behördliche Sachaufklärung - insbesondere hinsichtlich der Ermittlung von Ermessenserwägungen - war schon vom Ansatz her entbehrlich. Denn § 10 MOG schließt den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 entsprechend ("bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der betreffende Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet") ein Ermessen der Behörde aus. Auch zu der Frage eines möglichen Vertrauensschutzes nach § 48 Abs. 2 VwVfG hat ausweislich der Ausführungen in der vorgenannten Widerspruchsentscheidung eine hinreichende Erkenntnisgrundlage bestanden.

Das am 12. Dezember 1996 von dem Kläger anhängig gemachte Klageverfahren - A 3 K 625/96 - hat auf den Fristablauf keine Auswirkung. Die Frist nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist zwingend und im Interesse der Rechtssicherheit darauf gerichtet, die Verwaltung zu einer Entscheidung über die Rücknahme zu veranlassen. Ist vorliegend aber die Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG mit dem Zugang der Widerspruchsentscheidung des Regierungspräsidiums B-Stadt vom 30. Oktober 1996 in Gang gesetzt worden, weil dadurch ein hinreichender Kenntnisstand für eine Rücknahmeentscheidung begründet worden ist, wird der Fristablauf durch das angeführte Klageverfahren nicht hinausgeschoben.

Fehlt die Auffassung des Beklagten, der Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung (...) vom 31. März 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums B-Stadt vom 30. Oktober 1996 sei infolge Klagerücknahme bestandskräftig geworden, so dass der gegen den Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung C-Stadt vom 18. Dezember 1998 gerichtete Widerspruch wegen Verfristung unzulässig sei. Erst der Bescheid des Amtes vom 18. Dezember 1998 spricht dem Kläger gegenüber die Rücknahme des (gesamten) Bewilligungsbescheides aus. Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums B-Stadt vom 30. Oktober 1996 beinhaltet mit Wirkung dem Kläger gegenüber lediglich die Aufhebung der teilweisen Aufhebung des Bewilligungsbescheides durch Bescheid des Amtes (...) vom 31. März 1995. Die darüber hinaus angeordnete Verpflichtung des Amtes, den Bewilligungsbescheid vollständig aufzuheben, ist nicht als Verwaltungsakt, sondern vielmehr als bloße (verwaltungsinterne) Weisung des Regierungspräsidiums gegenüber dem Amt zu qualifizieren, die den Kläger nicht beschwert. Dabei kann dahinstehen, aus welchen Gründen nicht das Regierungspräsidium selbst im Rahmen einer zulässigen Verböserung der behördlichen Ausgangsentscheidung und im Interesse einer ökonomischeren Verfahrensweise den Bewilligungsbescheid vollständig aufgehoben hat. Vorliegend besitzt jedenfalls erst die Umsetzung der Weisung durch Erlass des Rücknahmebescheides des Amtes vom 18. Dezember 1998 Außenwirkung gegenüber dem Kläger. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch des Klägers ist demnach keinesfalls verfristet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück