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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 25.06.2007
Aktenzeichen: 1 M 110/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 79 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 79 Abs. 2 S.1
VwGO § 80 Abs. 5
Richtiger Antragsgegner ist in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Ausgangsbehörde auch dann, wenn erst die Widerspruchsbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
Gründe:

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

Das Verwaltungsgericht hat den auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Widerrufsbescheid der Landeshauptstadt A-Stadt vom 20. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 23. April 2007 gerichteten Antrag zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin wendet hiergegen ohne Erfolg ein, der Antragsgegner sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts passiv legitimiert, weil dieser in seinem Widerspruchsbescheid die sofortige Vollziehung angeordnet habe. Unabhängig davon, dass es der Beschwerdebegründung insoweit schon an der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gebotenen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fehlt, greift der Einwand auch in der Sache nicht durch.

Richtiger Antragsgegner ist in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Ausgangsbehörde auch dann, wenn - wie hier -erst die Widerspruchsbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat (vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 15. Januar 2001- 1 BS 333/00 -, NVwZ-RR 2002, 74; OVG Brandenburg, Beschluss vom 6. Juli 1998 - 4 B 131/097 -, VIZ 1999, 539; HessVGH, Beschluss vom 28. November 1998 - 8 TH 3971/88 -, NVwZ 1990, 677; Nds. OVG, Beschluss vom 21. November 1988 - 3 B 167/88 -, NJW 1989, 2147; BayVGH, Beschluss vom 27. Juni 1984 - 14 CS 84 A.1057 -, BayVBl. 1984, 598; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 2. Dezember 1985 - 5 S 2879/85 -, juris; a. A. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 14. März 1995 - 25 B 98/95 -, NJW 1995, 2242; vgl. m. w. N. zum Streitstand auch Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 80 RdNr. 140). Das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist ungeachtet seiner prozessualen Selbständigkeit dem Verfahren zur Hauptsache zugeordnet und stellt im Verhältnis zu diesem ein Nebenverfahren dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1982 - 4 ER 401/81 -, NVwZ 1982, 370), in dem - nur - um die sofortige Vollziehbarkeit eines in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsaktes gestritten wird (vgl. Nds. OVG a. a. O.). Der akzessorische Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zum Hauptsacheverfahren lässt es als geboten erscheinen, den Antragsgegner in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend den für das Hauptsacheverfahren geltenden Regelungen zu bestimmen. Ist dementsprechend die Anfechtungsklage gegen einen von der Widerspruchsbehörde geänderten Verwaltungsakt nach §§ 78 Abs. 1 Nr. 2, 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 8 AG VwGO LSA gegen die Behörde zu richten, die den (Ausgangs-)Verwaltungsakt erlassen hat, so kann für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines hiergegen gerichteten Rechtsbehelfs nichts anderes gelten, selbst wenn erst die Widerspruchsbehörde den Verwaltungsakt für sofort vollziehbar erklärt hat. Für die gegenteilige Auffassung, die in diesem Fall die Widerspruchsbehörde als passiv legitimiert ansieht, spricht auch nicht die Regelung in§ 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach ein Widerspruchsbescheid alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein kann, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die über den Widerspruch entscheidende Behörde ändert zum einen am Inhalt des Verwaltungsaktes nichts (HessVGH, a. a. O., OVG Brandenburg, a. a. O.); zum anderen folgt hieraus nur für den Fall einer isolierten Anfechtung des Widerspruchsbescheides, dass die Widerspruchsbehörde richtiger Klagegegner ist (vgl. zu § 78 Abs. 2 VwGO Kopp/Schenke, VwGO, § 78 Abs. RdNr. 13). Soweit schließlich die Passivlegitimation der Widerspruchsbehörde darauf gestützt wird, dass sich § 78 Abs. 1 VwGO der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen lasse, dass richtiger Verfahrensgegner derjenige sei, dem das streitige Verwaltungshandeln zuzurechnen sei und der über den Verfahrensgegenstand verfügen könne (vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand April 2006, § 80 RdNr. 321), überzeugt dies nicht. Denn schon bei Anfechtung eines durch die Widerspruchsbehörde geänderten Verwaltungsaktes insgesamt greift dieser Gedanke nicht. Im Übrigen geht es im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich nicht um die isolierte Betrachtung der - von der Widerspruchsbehörde erlassenen und ihr zuzurechnenden -Vollziehungsanordnung als solcher, sondern um die Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes, wobei dessen Rechtmäßigkeit in der Regel eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Sächs. OVG, a. a. O.).

Ist hiernach der Eilantrag schon nicht gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet, kann die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts keinen Erfolg haben, ohne dass es auf die weiteren Einwände der Antragstellerin, insbesondere zu ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, noch ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 47.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 07./08. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war der dort für ein Verfahren um eine Gemeinschaftslizenz vorgeschlagene Betrag zu halbieren (Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



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