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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 03.12.2007
Aktenzeichen: 1 M 179/07
Rechtsgebiete: BJagdG, WaffG


Vorschriften:

BJagdG § 17 Abs. 1 Nr. 1
BJagdG § 18
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 b
WaffG § 36 Abs. 1
1. Die Vorschriften des Waffengesetzes zielen darauf, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.

2. Die geforderte gesicherte Verwahrung dient nicht nur dazu, unbefugt in der Wohnung befindlichen Personen den Zugriff zu erschweren, sondern sie gewährleistet ebenso, dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also Familienangehörige, Besucher und Gäste, nicht unkontrolliert an Waffen und Munition gelangen können.

3. Auch bei einem nur kurzfristigen Versäumnis besteht die Gefahr, dass Waffen und Munition in die Hände Nichtberechtigter gelangen. Diese Gefahr wiegt besonders schwer, wenn gleichzeitig Zugriff auf Waffen und Munition besteht.


Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

Soweit der Antragsteller meint, das Verwaltungsgericht habe zutreffend darauf verwiesen, dass die Differenzen zwischen ihm und seiner Ehefrau unter Umständen dazu führen, dass die Ehefrau die Situation nutzen und ihm Schaden zufügen würde, greift er schon keine Erwägung des Verwaltungsgerichts an. Im Übrigen ist diese Behauptung auch unzutreffend, denn das Verwaltungsgericht hat diese Differenzen ausdrücklich nicht gewürdigt, weil es nach seiner Rechtsauffassung für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Antragstellers nicht auf die im gerichtlichen Verfahren nachgetragenen Tatsachen ankam.

Der Einwand des Antragstellers, dem Verwaltungsgericht könne nicht gefolgt werden, soweit dieses darauf abgestellt habe, Mitarbeiter des Zolls hätten durch Aktenvermerke und Fotos dokumentiert, dass Munition nicht sachgerecht gelagert worden sei, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht bezieht sich insoweit ausschließlich auf die Munition, die mit den beiden Waffen - der Bockdoppelflinte und dem Repetiergewehr mit Schalldämpfer - offen neben dem Waffenschrank stehend vorgefunden worden ist. Was die sonstigen möglichen Munitionsfunde an anderer Stelle angeht, hat das Verwaltungsgericht es offen gelassen, ob auch insoweit von einer unsachgemäßen Lagerung von Munition auszugehen sei, und es für unerheblich gehalten, dass der Kläger dies mit der Behauptung bestritten hat, es habe sich nur um Munitionsschachteln mit abgeschossenen Patronenhülsen gehandelt, die er zum Wiederauffüllen gesammelt habe. Auf die Frage, ob dieses Vorbringen des Antragstellers - wovon in dem streitbefangenen Bescheid ausgegangen wird - als bloße Schutzbehauptung zu werten ist, kam es für das Verwaltungsgericht nicht an. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen des Antragstellers insbesondere zur Üblichkeit und Wirtschaftlichkeit des Wiederladens von Patronenhülsen ist daher unerheblich.

Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller dagegen, dass das Verwaltungsgericht eine nicht sorgfältige Verwahrung (im Sinne des § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG) von Waffen und Munition darin gesehen hat, dass der Antragsteller die Bockdoppelflinte, das Repetiergewehr mit Schalldämpfer nebst Munition unbeaufsichtigt neben den Waffenschrank gestellt hat. Eine sorgfältige Verwahrung verlangt nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592, 2003 I S. 1957, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. November 2007, BGBl. I S. 2557), dass Waffenbesitzer die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um zu verhindern, dass Schusswaffen oder Munition abhanden kommen oder dass Dritte diese Gegenstände unbefugt an sich nehmen. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG dürfen Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis erfolgt, das dort im Einzelnen bestimmte Anforderungen erfüllt. Die Vorschriften des Waffengesetzes zielen darauf, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dies hat auch für die Verwahrung von Waffen und Munition zu gelten (vgl. zu § 42 Abs. 1 WaffG a. F.: BVerwG, Beschluss vom 26. März 1997 - 1 B 9.97 -, m. w. N.). Dabei dient die geforderte gesicherte Verwahrung nicht nur dazu, unbefugt in der Wohnung befindlichen Personen den Zugriff zu erschweren, sondern sie gewährleistet ebenso, dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also Familienangehörige, Besucher und Gäste, nicht unkontrolliert an Waffen und Munition gelangen können (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 3. Dezember 2003 - AN 15 K 03.00325 -, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 9. August 2006 - 3 L 56/06 -, juris; vgl. zu Sorgfaltspflichten in einer ehelichen Wohnung auch BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1978 - I C 94.76 -, NJW 1979, 1564).

Diesen Sorgfaltspflichten genügte der Antragsteller nicht, als er die Waffen und die Munition insbesondere für seine im Haus anwesende, nicht waffenbesitzberechtigte Ehefrau frei zugänglich stehen ließ. Demgegenüber kann der Antragsteller nicht geltend machen, dass die von ihm geschilderten Umstände, unter denen er die Waffen und Munition ungesichert und unbeaufsichtigt gelassen haben will, den Schluss auf ein unrechtmäßiges Verhalten nicht zuließen. Dabei kann die Glaubhaftigkeit seines Vortrages, an der insbesondere aus den vom Antragsgegner benannten Gründen gezweifelt werden kann, dahinstehen. Denn dass es sich um seine verschlossene Wohnung handelte, in der er nach seinem Vortrag die für eine Trainingsschießveranstaltung bereitgestellten Waffen und Munition nur für kurze Zeit zurückgelassen haben will, um sein entfernter geparktes Fahrzeug vor sein Wohngebäude zu fahren, lässt den Vorwurf einer unsorgfältigen Verwahrung nicht entfallen. Auch bei einem nur kurzfristigen Versäumnis besteht nämlich die Gefahr, dass diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16. Februar 2002 - 17 L 35/01 -, juris). Die hiermit verbundenen Gefahren sind zudem dann besonders groß, wenn - wie hier - gleichzeitig Zugriff auf Waffen und Munition besteht, so dass die Waffe in kürzester Zeit einsatzbereit sein könnte. Ferner überzeugt der Einwand des Antragstellers nicht, er habe nach pflichtgemäßer Abwägung der möglichen Risiken keine Alternative gesehen, die an ihn gestellten Sicherheitsvorkehrungen zu erfüllen. Wenn der Antragsteller - wie er im Übrigen nur unsubstantiiert behauptet - wegen der Menge der zu transportierenden Gegenstände mindestens zweimal zum Fahrzeug hätte laufen müssen und ihm dies wegen der Entfernung des Fahrzeuges und der Zeit, die der erste Teil der Waffen und Munition hätte im Fahrzeug liegen müssen, nicht verantwortbar erschien, hätte er die Waffen für Dritte unzugänglich - etwa in dem vorhandenen Waffenschrank - verwahren müssen, um zunächst das Auto vor die Wohnung zu fahren. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Anforderungen des Verwaltungsgerichts seien überzogen und müssten dazu führen, dass allen Inhabern von waffenrechtlichen Genehmigungen die Zuverlässigkeit abzuerkennen sei, lassen seine Ausführungen ein unzureichendes Risikobewusstsein erkennen, welches ebenfalls die Annahme der Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu tragen vermag. Es ist mit den oben beschriebenen Sorgfaltsanforderungen an die Verwahrung von Waffen und Munition gerade nicht zu vereinbaren, diese zum Gebrauch bereit zu legen und - aus welchem Grund auch immer - unbeaufsichtigt zu lassen, wenn andere Hausbewohner völlig ungehindert den Raum betreten können, in dem sich die bereit gestellten Gegenstände befinden. Die Pflicht zu einer Sicherung vor dem Zugriff Dritter setzt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht erst dann ein, wenn eine unbestimmte Anzahl von Personen Zutritt zu dem Raum erlangen kann. Unter welchem Gesichtspunkt die an ihn gestellten Sorgfaltspflichten einen Eingriff in sein "Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung" darstellen sollen, ist im Übrigen weder dargelegt noch ersichtlich.

Dass der Antragsteller keine Gewähr für eine sorgfältige Verwahrung von Waffen und Munition bietet, dürfte sich überdies - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankommt - auch aus den vom Antragsgegner am 6. Juni 2007 getroffenen Feststellungen ergeben. Die nach der Trennung von seiner Ehefrau in der früheren gemeinsamen Wohnung in einem unverschlossenen Holzschrank und einem ersichtlich zugänglichen Dachbodenraum vorgefundene große Menge an Munition zeigt, dass der Antragsteller seinen waffenrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht zuverlässig nachkommt. Unabhängig von den eingewandten Schwierigkeiten des Antragstellers, die Wohnung noch betreten zu dürfen, fehlt es an jeder nachvollziehbaren Begründung für die völlig ungesicherte Aufbewahrung der Munition.

Die Beschwerde greift die verwaltungsgerichtliche Entscheidung weiter zu unrecht an, soweit es um den Vorwurf geht, der Antragsteller habe für das Repetiergewehr mit Schalldämpfer keine waffenrechtliche Erlaubnis besessen. Er habe sich die Waffe von Herrn D. übergeben lassen, ohne sich - wie durch § 12 Abs. 1 Nr. 1 WaffG geboten - davon zu überzeugen, dass dieser die erforderliche Erlaubnis zum Besitz innehat. Der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass er ungeprüft davon ausgegangen sei, dass diese Voraussetzungen für den - nach § 1 Abs. 4 WaffG i. V. m. Anlage 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3 und §§ 2 Abs. 2, 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG i. V. m. Anlage 2 Unterabschnitt 1 erlaubnispflichtigen - Schalldämpfer vorgelegen haben, hält der Antragsteller lediglich unsubstantiiert entgegen, es habe sich zumindest davon überzeugt, dass "Herr D. im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis bezüglich dieser Waffe gewesen" sei. Im Übrigen führt er nur aus, es sei "einem Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht ohne weiteres nachvollziehbar ..., worum (?) eine Waffenbehörde einem anderen Waffenbesitzer für eine bestimmte Waffe eine Erlaubnis erteilt hat". Zu einer Prüfung bezüglich der - nicht gegebenen - Berechtigung des Herrn D. zum Besitz des Schalldämpfers äußert sich der Antragsteller hingegen nicht.

Soweit der Antragsteller sich schließlich wegen der hiermit für ihn verbundenen Nachteile gegen die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung wendet, bleibt die Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg. Ist davon auszugehen, dass die Einziehung des Jagdscheins wegen Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu Recht erfolgt ist, überwiegt das Interesse der Allgemeinheit, den Antragsteller im Hinblick auf die hiermit verbundenen erheblichen Gefahren vorläufig von der Ausübung der Jagd auszuschließen, seine privaten Interessen bis zur Bestandskraft der Verfügung im Besitz des Jagscheins zu verbleiben.

Soweit der Antragsteller mit dem am 9. November 2007 und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bei Gericht eingegangene Schriftsatz vom 8. November 2007 sein fristgerechtes Beschwerdevorbringen nochmals erläutert bzw. verdeutlicht (vgl. - zum Berufungszulassungsrecht - OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 24.04.1998 - 24 B 236/98 -, juris), ergeben sich hieraus keine Gesichtspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich an Ziffer 20.3 des Streitwertkataloges Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wurde der dort für den Entzug des Jagdscheins vorgeschlagene Betrag von 8.000 € halbiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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