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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 1 M 338/03
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 13a I 1
1. Ein persönlicher Stundungsgrund i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA liegt vor, wenn der Abgabenschuldner wegen einer vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit stundungsbedürftig und stundungswürdig ist.

2. Stundungswürdig ist nicht, wer auf eine Vielzahl von Gebührenbescheiden nicht vollständig zahlt, obwohl er in Bezug auf die einzelnen Bescheide nicht geltend macht, die Zahlung sei ihm aus wirtschaftlichen Gründen im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht möglich. Er kann sich nach Jahren nicht darauf berufen, die Rückstände seien nunmehr so hoch, dass die sofortige Begleichung der Schuld unmöglich sei.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 M 338/03

Datum: 25.11.2004

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwände, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

1) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch i. S. d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zusteht, weil die Voraussetzungen für eine Stundung nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht vorliegen. Danach können Ansprüche aus dem Abgabeschuldverhältnis ganz oder teilweise nur gestundet werden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Eine solche über die mit jeder Einziehung von Abgabeansprüchen hinausgehende besondere Härte kann in persönlichen oder sachlichen Gründen liegen.

a) Ein persönlicher Stundungsgrund liegt vor, wenn der Steuerschuldner wegen einer vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit stundungsbedürftig und zudem stundungswürdig ist (Fritsch, in Pahlke/Koenig <-Hrsg.>, AO, zu § 222 Rdnr. 41).

aa) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass die Antragstellerin nicht stundungswürdig ist. Denn ihr Verhalten lässt erkennen, dass sie nicht zahlungswillig ist. Sie hat von Anbeginn an keinerlei Anstrengungen erkennen lassen, die erhöhten Abwassergebühren zu zahlen. Vielmehr hat sie sich, wie der Inhalt ihres Schreibens vom 15. Mai 1999 betreffend den Gebührenbescheid vom 05. Mai 1999 zeigt, von Anfang an geweigert, den auf die Erhöhung von 16,16 DM/m³ auf 26,20 DM/m³ entfallenden Mehrbetrag zu zahlen. Dabei hat sie nicht geltend gemacht, sie sei nicht in der Lage, den Differenzbetrag von 381,52 DM zu zahlen. Vielmehr hat sie ausgeführt, sie könne die zu erwartende jährliche Mehrbelastung, die sie mit 23.600,-- DM angab, nicht tragen. Darauf jedoch kommt es nicht an. Sie hätte vielmehr zunächst alles ihr Zumutbare unternehmen müssen, um die Zahlungen jeweils im Zeitpunkt der Fälligkeit zu bewirken. Dass sie dies nicht getan, sondern anstelle dessen im unbegründeten Vertrauen darauf, der Antragsgegner werde ihrem Antrag entsprechen und den Gebührensatz entgegen der satzungsrechtlichen Lage für sie im Wege der Billigkeit bei 16,16 DM/m³ Abwasser belassen, bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts erhebliche Rückstände hat auflaufen lassen, kann ihr nunmehr nicht zum Vorteil gereichen. Es kommt nicht darauf an, ob die Antragstellerin nunmehr außer Stande ist, sämtliche Rückstände unverzüglich und in einem Zahlbetrag zu begleichen. Ein Abgabenschuldner, der - wie die Antragstellerin - über Jahre hinweg auf eine Vielzahl von Gebührenbescheiden nicht (vollständig) zahlt, obwohl er in Bezug auf die einzelnen Bescheide nicht geltend macht, die Zahlung sei ihm aus wirtschaftlichen Gründen im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht möglich, kann sich nicht nach Jahren darauf berufen, die Rückstände seien nunmehr so hoch, dass die sofortige Begleichung der Schuld unmöglich sei. Die Antragstellerin durfte auch nicht darauf vertrauen, dass der Antragsgegner ihrem auf den Gebührenbescheid vom 15. Mai 1999 gestellten Antrag, die Gebührenschuld teilweise zu erlassen, stattgeben werde. Der Erlass einer Abgabenschuld darf nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht gewährt werden, wenn nicht die Einziehung nach Lage des Einzelfalles unbillig ist. Die Einziehung wäre indes nicht unbillig gewesen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die Antragstellerin nicht in der Lage gewesen ist, auch den nach Maßgabe des Bescheides vom 05. Mai 1999 fälligen, auf die Gebührenerhöhung entfallenden Differenzbetrag von 381,52 DM zu zahlen.

bb) Ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Antragstellerin in dem für das Verpflichtungsbegehren auf Gewährung der Stundung maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Oktober 2003 eine Stundungsbedürftigkeit vorgelegen haben soll. Die Antragstellerin macht zwar geltend, ihr seien in den Jahren 2001 und 2002 erhebliche Einnahmeausfälle entstanden. Dabei ist indes schon nicht plausibel, warum der Antragstellerin - wie sie mit der Beschwerde geltend macht - durch das Elbhochwasser bereits im Jahr 2001 erhebliche Einnahmeverluste entstanden sein sollen. Denn das Elbhochwasser ereignete sich erst im August 2002. Das kann indes dahingestellt bleiben, weil die Antragstellerin nicht erläutert, warum es ihr auch im Oktober 2003 nicht möglich gewesen sein soll, sich auf die im Jahr 1999 erfolgte Gebührenerhöhung einzustellen. Vielmehr macht sie mit der Beschwerde selbst geltend, sie zahle seit März 2003 die erhöhte Gebühr. Schließlich bestehen Zweifel an der Stundungsbedürftigkeit, weil sie nach ihrem eigenen Vorschlag, nämlich der Anschlussnahme an die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage des Antragsgegners in erheblichem Umfang Anschlussbeiträge und Grundstücksanschlusskosten zu tragen hätte, die zu tragen sie nach ihren Angaben in der Beratung am 25. Juni 2002 auch in der Lage sei. Kann sie jedoch einmalige Beiträge und Anschlusskosten in erheblichem Umfang tragen, so bleibt unklar, warum sie nicht in der Lage sein will, die Gebühren zu zahlen.

b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt ein sachlicher Stundungsgrund nicht vor. Sachliche Stundungsgründe sind von den persönlichen weitgehend unabhängige objektive Umstände, die zur Fälligkeit als solcher oder zur Fälligkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt geführt haben (Fritsch, a. a. O., Rdnr. 46). Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass auch die Erhöhung eines Gebührensatzes zu einer für den Abgabenschuldner nicht vorhersehbaren erheblichen Mehrbelastung führen kann, die für ihn eine erhebliche Härte bedeutet, weil er sich darauf nicht einstellen und Vorsorge treffen konnte. Das rechtfertigt indes im vorliegenden Fall eine Stundung nicht. Zwar mag die Gebührenerhöhung für die Antagstellerin im Mai 1999 nicht vorhersehbar gewesen sein. Indes fehlt es an einer erheblichen Mehrbelastung. Denn die Mehrbelastung belief sich nach dem Gebührenbescheid vom 05. Mai 1999 auf 381,52 DM. Warum diese Mehrbelastung im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht tragbar gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Wenn sich die Antragstellerin auf diese neue Lage in der Folgezeit nicht eingestellt hat, weil sie in nicht schutzwürdiger Weise (s. o.) darauf vertraute, dass ihrem Antrag auf teilweisen Erlass im Billigkeitswege stattgegeben werde, so hat sie dieses Unterlassen selbst zu vertreten. Ohne Erfolg macht sie in diesem Zusammenhang geltend, sie könne sich nicht kurzfristig auf die neue Lage einstellen, weil sie mit "vielen" Nutzern des Campingplatzes langfristige Verträge geschlossen habe, die eine kurzfristige Erhöhung des Mietzinses nicht zulasse. Zum einen hat die Antragstellerin diesen Vortrag durch Vorlage geeigneter Unterlagen nicht glaubhaft gemacht. Zum anderen bleibt unklar, warum sie den Fehlbedarf nicht durch eine Erhöhung der Miete gegenüber den übrigen Gästen hat umlegen können, mit denen eine vergleichbare langfristige Vertragsbindung nicht besteht. Jedenfalls lässt der Vortag der Antragstellerin nicht erkennen, dass sie dies überhaupt versucht hätte.

2) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, sie habe einen Anspruch auf Erlass der rückständigen Gebührenschuld. Denn entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt der Erlass nicht im freien Ermessen des Antragsgegners, sondern ist nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nur unter der Voraussetzung möglich, dass die Einziehung im Zeitpunkt der Fälligkeit nach Lage des Einzelfalles unbillig wäre. Diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor (s. o.). Ist dem Antragsgegner die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen von der Einziehung abzusehen, nach dem Gesetz nicht eröffnet, weil die Voraussetzungen des § 13 a Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht vorliegen, so kann die Versagung der Billigkeitsmaßnahme auch nicht ermessensfehlerhaft sein.

Der Einwand, die Versagung des Gebührenerlasses sei rechtswidrig, weil die Entscheidung über einen Verzicht nach § 6 Nr. 14 der Verbandssatzung die Verbandsversammlung zu entscheiden habe, ist ebenfalls unbegründet. Zum einen spricht einiges dafür, dass der Verbandsversammlung vorbehalten nur die einen Verzicht aussprechende Entscheidung ist. Denn nur durch eine den Verzicht aussprechende Entscheidung werden die haushaltswirtschaftlichen Belange der Mitgliedsgemeinden nachhaltig berührt. Wird ein Verzicht hingegen - wie hier - nicht ausgesprochen, so kann dem Verband ein Einnahmeausfall, der durch von den Mitgliedsgemeinden aufzubringende Umlagen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA auszugleichen wäre, nicht entstehen. Doch selbst wenn die Beteiligung der Verbandsversammlung zu Unrecht unterblieben sein sollte, wäre dies - wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorhebt - nach den §§ 127 AO, 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA unschädlich, weil eine andere Entscheidung in der Sache nicht hätte getroffen werden können (s. o.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts verwiesen. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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