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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.01.2005
Aktenzeichen: 1 M 74/04
Rechtsgebiete: LSA


Vorschriften:

LSA § 177 2
LSA § 178 1
LSA § 182 I
Die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer auf Antrag einer Gemeinde von der Wasserbehörde erteilten Verfügung, mit der der Grundstückseigentümer verpflichtet wird, das unterirdische Durchleiten von Abwasser in geschlossenen wasserdichten Leitungen und die Unterhaltung der Leitungen gegen Entschädigung zu dulden, ist auf den Einwand beschränkt, dass das Vorhaben auf andere Weise zweckmäßig und ohne erhebliche Mehrkosten durchgeführt werden kann. Ob die Errichtung einer Abwasserleitung überhaupt sinnvoll ist, unterliegt einer gerichtlichen Prüfung nicht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 M 74/04

Datum: 19.01.2005

Gründe:

Die mit der Beschwerdebegründung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung Anlass nicht.

Gemäß §§ 178 Satz 1, 177 Satz 2 WG LSA kann der Unternehmer zur Abwasserbeseitigung von Grundstückseigentümern verlangen, dass sie das ober- und unterirdische Durchleiten von Abwasser in geschlossenen wasserdichten Leitungen und die Unterhaltung der Leitungen gegen Entschädigung dulden, wenn das Unternehmen anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichen Mehrkosten durchgeführt werden kann, der hierdurch zu erwartende Nutzen den Schaden der Betroffenen erheblich übersteigt und keine wasserwirtschaftlichen Nachteile zu erwarten sind.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand, die Überleitung des Abwassers von A-Stadt zur Kläranlage in F-Dorf sei unzweckmäßig, weil die mit dieser Maßnahme verbundenen Kosten zu einer erheblichen Erhöhung des Gebührenbedarfs führen werde, der letztlich von den Gebührenschuldnern zu tragen sei. Nach der Regelung im Gesetz kann der Grundstückseigentümer gegenüber der Wasserbehörde, die nach § 182 Abs. 1 WG LSA über den Duldungsanspruch zu befinden hat, nur Einwände gegen die Trassenführung erheben. Denn indem die Regel in § 177 Satz 2 WG LSA darauf abstellt, ob das Vorhaben auch auf andere Weise zweckmäßig und ohne erhebliche Mehrkosten durchgeführt werden kann, beschränkt sie für die Frage, ob die Duldung erteilt werden kann, die Prüfung darauf, wie das Vorhaben durchgeführt werden darf. Ob das Vorhaben überhaupt sinnvoll ist, ist demgegenüber nicht von Belang. Deshalb kann der betroffene Grundstückseigentümer nicht einwenden, er halte das Vorhaben an sich nicht für zweckmäßig, weil das Abwasser auch in A-Stadt selbst gereinigt werden könnte, wenn dort eine Kläranlage gebaut würde. Die Antragstellerin kann gegen diese Würdigung nicht geltend machen, dass der zu erwartende Nutzen den Schaden der Betroffenen nicht erheblich übersteige, weil die mit dem Vorhaben verbundenen Investitionskosten zu einer starken Erhöhung der Gebühren führen werde. Indem der zu erwartende Nutzen - der dauerhaft gesicherte Anschluss der Stadt A-Stadt an eine zentrale öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage - dem Schaden für die Betroffenen gegenübergestellt wird, stellt der Gesetzgeber nicht auf die für die Benutzer der Einrichtung entstehenden Mehrkosten ab, sondern auf die Belastungen, die für den Grundstückseigentümer mit der Inanspruchnahme seines Grundstücks verbunden sind. Diese Belastungen bestehen bei der im vorliegenden Fall vorgesehenen unterirdischen Durchleitung auf einer Länge von 42 m darin, dass ein Schutzstreifen von jeweils 3 m rechts und links der Leitung von einer Bebauung und Bepflanzung mit tiefwurzelndem Großgrün freizuhalten ist. Eine solche Belastung fällt für das im Außenbereich befindliche und deshalb einer Bebauung im Grundsatz ohnehin entzogene Grundstück (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB) nicht wesentlich ins Gewicht, zumal die unterirdische Leitungsführung der bisher ausgeübten landwirtschaftlichen Nutzung der Fläche in dem bisherigen Umfang nicht entgegensteht. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass auf dem 21.730 m² großen Grundstück der Antragstellerin ein Revisionsschacht errichtet werden sollte, wäre damit lediglich eine Fläche von 3 x 3 m einer Bewirtschaftung entzogen. Dass die damit verbundenen Einbußen und Erschwernisse auch unter Berücksichtigung des zu erwartenden Nutzens unverhältnismäßig sind, macht die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht geltend.

Unbegründet ist der Einwand der Antragstellerin, die Inanspruchnahme des Grundstücks führe zu einer Enteignung i. S. d. Art. 18 Abs. 3 Satz 1 VerfLSA. Denn das Eigentum an dem Grundstück wird durch den Umstand, dass die Antragstellerin das unterirdische Durchleiten von Abwasser zu dulden hat, nicht entzogen. Die Antragstellerin ist nur in den Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt. Dabei handelt es sich lediglich um konkretisierende Inhaltsbestimmungen des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 2 VerfLSA) hinzunehmen sind.

Dass mit dem Vorhaben wasserwirtschaftliche Nachteile zu erwarten sind, macht die Antragstellerin auch mit der Beschwerde nicht geltend.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig i. S. d. § 161 Abs. 3 VwGO, weil sie mangels eigenen Antrags nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt gewesen ist und das Beschwerdeverfahren auch sonst nicht gefördert hat. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG a. F. Dabei erscheint es angemessen, für das Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom hälftigen Auffangwert auszugehen. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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