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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 11 L 1/07
Rechtsgebiete: BBG


Vorschriften:

BBG § 54 S. 3
BBG § 77 Abs. 1 S. 2
Außerdienstliches Fehlverhalten eines Polizeibeamten als Dienstvergehen (widerrechtliche Benutzung einer behördlichen Ausnahmegenehmigung).
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 11 L 1/07

Datum: 21.03.2007

Gründe:

Der ausschließlich auf den Zulassungsgrund der §§ 64 Abs. 2 BDG, 124 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO gestützte Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet:

Das Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen. Insbesondere ist die Qualifizierung des Verhaltens der Klägerin als ein - einheitliches - Dienstvergehen i. S. v. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dem - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Klägerin in 17 Fällen ihr privates Fahrzeug unter widerrechtlicher Verwendung einer der Stadt D. für dienstliche Zwecke ausgestellten Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 1 StVO auf dem Bahnhofsvorplatz in D. abgestellt hat. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts dahin gehend an, dass es sich dabei um ein außerdienstliches Fehlverhalten der Klägerin i. S. v. §§ 54 Satz 3, 77 Abs. 1 Satz 2 BBG handelt.

Mit Recht ist das Verwaltungsgericht - unter zutreffender Interpretation der auch von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Mai 2001 (1 D 20.00 - juris -) davon ausgegangen, dass das Verhalten der Klägerin geeignet ist, Achtung und Vertrauen in die Integrität des Beamtentums (§ 54 Satz 3 BBG) zu beeinträchtigen. Das Verhalten der Klägerin lässt ohne weiteres Rückschlüsse darauf zu, dass sie auch die ihr im Rahmen ihres konkret-funktionellen Amtes obliegenden Dienstpflichten unzureichend erfüllen wird. Dabei kann es dahinstehen, ob die Überwachung der Sicherheit und Ordnung auf dem Bahnhofsvorplatz in D. zum Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei, d. h. der Dienstbehörde der Klägerin und damit zum spezifischen Aufgabenbereich der Klägerin selbst gehörte. Der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens zu dem konkret-funktionellen Amt der Klägerin als Polizeibeamtin ergibt sich bereits daraus, dass die Polizei für die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zuständig ist. Das Bundesverwaltungsgericht (a. a. O., S. 7) hat dazu ausdrücklich festgestellt, von einer Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens in die Integrität eines Beamten sei dann auszugehen, wenn ein mit der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten betrauter Polizeibeamter selbst eine Straftat begehe. Entsprechendes hat nach Auffassung des beschließenden Senats auch für den Fall zu gelten, dass ein Polizeibeamter Ordnungswidrigkeiten jedenfalls von einem derartigen Gewicht oder einer solchen Häufigkeit begeht, dass diese nicht als bloße "Bagatellen" zu bezeichnen sind. Wegen der insoweit bestehenden Vorbildfunktion von Polizeibeamten hat der Senat schon grundsätzlich Zweifel an der von der Klägerin vertretenen Auffassung, wonach Ordnungswidrigkeiten von Polizeibeamten "nichts Ungewöhnliches" sein sollen. Der hierin liegende Versuch einer Bagatellisierung des eigenen Fehlverhaltens geht indes offensichtlich fehl:

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ist bei der Würdigung ihres Verhaltens nicht allein auf die Parkverstöße als solche abzustellen, sondern vor allem darauf, dass die Klägerin in immerhin 17 Fällen von einer - für sie erkennbar - ausschließlich zu dienstlichen Zwecken der Stadt D. erstellten Ausnahmegenehmigung Gebrauch gemacht hat, offensichtlich um die fälligen Parkgebühren zu sparen bzw. sich einem Bußgeldverfahren zu entziehen. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass es der Klägerin als Beamtin des gehobenen Polizeidienstes völlig klar war, dass sie die der Stadt D. erteilte Ausnahmegenehmigung sowohl verbotswidrig als auch zu eigennützigen Zwecken verwendet hat. Dieses in nicht geringem Umfang wiederholte Verhalten lässt erhebliche Zweifel an der Rechtstreue der Klägerin aufkommen, welche ihrerseits zumindest Rückschlüsse auf mögliche Defizite auch im engeren dienstlichen Bereich zulassen.

Danach ist das Verhalten der Klägerin als eine außerdienstliche Pflichtwidrigkeit i. S. v. § 54 Satz 3 BBG anzusehen. Zudem liegen auch die für die Annahme eines Dienstvergehens erforderlichen Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG vor, denn das Verhalten der Klägerin ist nach den Umständen in besonderem Maße zu einer Ansehens- und Vertrauensbeeinträchtigung des Polizeidienstes geeignet. Das Verhalten der Klägerin überschreitet sowohl in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung inne wohnende Maß an disziplinarer Relevanz deutlich. Es handelte sich eben gerade nicht um bloßes (gelegentliches) "Falschparken", sondern um die erkennbar verbotswidrige, eigennützige Verwendung einer zu ausschließlich dienstlichen Zwecken ausgestellten behördlichen Genehmigung. Ein derartiges, wiederholtes außerdienstliches Fehlverhalten eines Polizeibeamten ist geeignet, Achtung und Vertrauen in Bezug auf das Ansehen des Beamtentums insgesamt, gerade aber auch in Bezug auf das konkret-funktionelle Amt einer Polizeibeamtin zu beeinträchtigen. Die Öffentlichkeit, insbesondere diejenigen Bürgerinnen und Bürger, welche ihr Fahrzeug unter ordnungsgemäßer Bezahlung der Parkgebühren auf dem Bahnhofsvorplatz abgestellt hatten, hätten keinerlei Verständnis, wenn sie wüssten, dass dort eine Polizeibeamtin "kostenfrei" parkt, weil sie in unberechtigter Weise eine dienstliche Ausnahmegenehmigung benutzt.

Danach war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge gemäß §§ 77 Abs. 4 BDG, 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Gebührenfreiheit des gerichtlichen Verfahrens folgt aus § 78 Abs. 1 Satz 1 BDG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 64 Abs. 2 BDG, 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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