Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: 2 K 278/02
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 II 1
VwGO § 61 2
BauGB § 1 VII
BauGB § 10 III 1
BauGB § 215 I
1. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist beteiligungsfähig und deshalb auch im Normenkontrollverfahren antragsbefugt.

2. Der Bebauungsplan muss "ausgefertigt" sein, bevor er "bekanntgemacht" wird.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 K 278/02

Datum: 16.06.2005

Tatbestand:

Die Gesellschafter der Antragstellerin sind im Grundbuch ... in Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen als Eigentümer des Grundstücks der Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück A (M-Straße ...), das im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... der Antragsgegnerin "Gewerbegebiet ..." liegt, und zwar am nordwestlichen Rand an der Bundesstraße ..., und auf dem mittlerweile ein Verbrauchermarkt (M-Markt) errichtet wurde.

Bereits am 04.07.1991 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans. Der erste Entwurf vom 03.09.1991, der in der Zeit vom 16.09.1991 bis 15.10.1991 ausgelegen hatte, sah für den Bereich des heutigen Flurstücks A ein Sondergebiet "Einkaufszentrum" sowie jeweils eine getrennte Ein- und Ausfahrt zu der unmittelbar nördlich des Grundstücks verlaufenden Bundesstraße vor. Auf dem in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogenen Teil der Bundesstraße waren zum Zwecke der Einfahrt in das Grundstück eine Rechtsabbiegespur für den aus Richtung Westen und eine Linksabbiegespur für den aus Richtung Osten kommenden Verkehr eingezeichnet. An der Grundstücksausfahrt sollte eine Einfahrt in die Bundesstraße nur nach rechts möglich sein. Von dem westlich gelegenen Planbereich, der durch vier Planstraßen von der Bundesstraße aus über einen Kreuzungsknoten erschlossen werden sollte, wird das Grundstück durch den ...bach getrennt. Von der Planstraße A sollte eine mit "Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastende Fläche" abzweigen, die über den ...bach zum jetzigen Flurstück A führt. In der Begründung zum Planentwurf wird unter Punkt 4.8 zu dem Problem der Zu- und Ausfahrten ausgeführt, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs werde ein Zu- und Ausfahrtsverbot an der klassifizierten "M-Straße" festgesetzt; um jedoch auch eine den zukünftigen Nutzungen angemessene Erschließung der an der M-Straße gelegenen Bauflächen zu ermöglichen, würden für das Sondergebiet (Einkaufszentrum und Tankstelle) eine Einfahrt und eine Ausfahrt sowie für die an der M-Straße gelegene gewerbliche Baufläche (Automobilvertretung) eine Einfahrt ausgewiesen. Für eine weitere an der Bundesstraße gelegenen Fläche sah der Planentwurf ein Gewerbegebiet, für die übrigen Flächen eingeschränkte Gewerbegebiete vor, auf denen die Nutzung durch Einzelhandelsbetriebe ausgeschlossen ist.

In einem Schreiben vom 10.11.1994 teilte die Antragsgegnerin der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, ..., mit, sie baue zusammen mit der Straßenbauverwaltung die B ... aus. In diesem Zusammenhang sei auch die Grundstückszufahrt zum "M-Markt" neu zu gestalten. Da die Maßnahme "Ausbau des Knotens M-Markt" als gesonderte Grundstückseinfahrt zum Grundstück der Antragstellerin zu werten sei, sei sie anteilig an den Ausbaukosten zu beteiligen. Gleichzeitig werde auf eine gesonderte Brückenbaumaßnahme über den ...bach verzichtet, da die Zufahrt so gestaltet werde, dass eine problemlose An- und Abfahrt zu ihrem Grundstück (Links- / Rechtsabbiegespur) möglich sei.

Nach einem veränderten Entwurf vom März 1998, der in der Zeit vom 12.08.1998 bis 14.09.1998 ausgelegen hatte, sollte das Sondergebiet weiterhin eine Ein- und Ausfahrt zur Bundesstraße erhalten; Rechts- und Linksabbiegespuren zur Zufahrt waren allerdings auf der Bundesstraße nicht mehr eingezeichnet. Gegenüber dem ersten Entwurf war - neben weiteren Änderungen - anstelle der über den ...bach führenden "mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastenden Fläche" eine öffentliche Straßenverkehrsfläche vorgesehen. In der Begründung dieses Entwurfs wurde ausgeführt, seit der Aufstellung des ersten Planentwurfs seien Bauvorhaben nach § 33 BauGB und Erschließungsmaßnahmen nach § 125 BauGB genehmigt worden; da nunmehr die Erschließungsanlagen in der Örtlichkeit vorhanden seien, eine geometrisch einwandfreie Planungsgrundlage vorliege und das nördliche Drittel des Plangebiets bereits bebaut sei, seien die Planaussagen in Teilbereichen überarbeitet bzw. aktualisiert worden.

In dieser Fassung beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 13.07.2000 den Bebauungsplan mit der Maßgabe, dass im südwestlichen Bereich nur nicht störende Gewerbebetriebe im Sinne des § 6 Abs. 1 BauNVO zulässig sind. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin fertigte den Bebauungsplan am 04.09.2000 aus. Bereits am 14.08.2000 wurde der Beschluss in der Mitteldeutschen Zeitung - Lokalteil Quedlinburg "Quedlinburger Harzbote" - bekannt gemacht.

Am 04.07.2002 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt sie vor:

Die nunmehr geplante verkehrliche Anbindung des Sondergebiets würde ihr Grundstück entwerten und wegen der komplizierten Abfahrtssituation mögliche Kunden abschrecken. Der Wegfall der Abbiegespuren auf der B ... und der Lichtzeichenanlage führe dazu, dass künftiger Verkehr von Osten in den Verkehrsspitzenzeiten nur noch eingeschränkt nach links auf ihr Grundstück abbiegen könne. Dadurch sei ihr Grundstück nur noch wie ein "Hinterhofgrundstück" erschlossen. Dies führe zu einer massiven Beeinträchtigung ihres bei der Abwägung zu berücksichtigenden Interesses an einer adäquaten Nutzung ihres Gewerbegrundstücks und des dort ansässigen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der hohe Besatz an Einzelhandelsflächen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin die unabdingbare Notwendigkeit begründe, die Konkurrenzfähigkeit der bereits vorhandenen Einzelhandelsflächen zu gewährleisten, deren Attraktivität sich maßgeblich über eine kundenfreundliche Erschließungssituation definiere. Die Antragsgegnerin habe ihr die Erschließung von der B ... durch entsprechende Sonderspuren für Rechts- und Linksabbieger unter anderem im Schreiben vom 10.11.1994 zugesichert.

Der Bebauungsplan sei auch deshalb unwirksam, weil die Antragsgegnerin darin eingeschränkte Gewerbegebiete (GEe) unter völligem Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben festgesetzt habe, ohne dass besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigten. Soweit die Antragsgegnerin im südlichen Plangebiet großräumig unter dem Planzeichen "GEee" eingeschränkte Gewerbegebiete des Inhalts festgesetzt habe, dass dort nur "nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe im Sinne des § 6 Abs. 1 BauNVO" zulässig seien, sei dies ebenfalls rechtlich nicht zulässig.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan Nr. ... "Gewerbegebiet ..." der Antragsgegnerin vom 13. Juli 2000 ... für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert: Die ursprüngliche Planung aus dem Jahr 1991 habe kein mit dem Straßenbauamt Halberstadt abgestimmtes Kreuzungskonzept mit Lichtsignalanlage vorgesehen, sondern ebenfalls nur eine separate Zu- und Ausfahrt zur B ... Im damaligen Entwurf seien - lediglich nachrichtlich - Rechts- und Linksabbiegespuren in der Verkehrsfläche der B ... dargestellt gewesen, um den Verkehrsfluss zu veranschaulichen. Von Seiten der Antragstellerin habe es keinerlei Hinweise oder Anregungen zu diesem Entwurf gegeben. Die mit der Verkehrsplanung befassten Träger öffentlicher Belange hätten lediglich darauf verwiesen, dass die verhältnismäßig enge Abfolge von Knoten problematisch sei. Dem habe sie dadurch Rechnung getragen, dass sie im zweiten Entwurf vom März 1998, zu dem sich die Antragstellerin ebenfalls nicht geäußert habe, und im Bebauungsplan die ursprünglich gekennzeichneten Abbiegespuren nicht mehr dargestellt habe. Das Straßenbauamt Halberstadt habe in seiner Stellungnahme vom 29.09.1998 die nunmehr dargestellten Ein- und Ausfahrtsmöglichkeiten wegen der Staugefahr auf der B ... schon als zu weit gehend angesehen. Im beschlossenen Bebauungsplan habe sich gegenüber dem ersten Entwurf an der Art der Anbindung des Sondergebiets im Wesentlichen nichts geändert. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf die Errichtung eines zusätzlichen Kreuzungsbauwerks mit der B .... Die geplante Kreuzung zur Haupterschließung des Plangebiets sei inzwischen fertiggestellt, der Erschließungsbereich des Flurstücks A mit der B ... hingegen noch nicht. Im Übrigen seien auch die Gewerbegebietsfestsetzungen rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen; diese sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag, über den gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist zulässig.

Insbesondere ist die Antragstellerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts für das hier in Rede stehende Normenkontrollverfahren nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig.

Nach dieser Regelung sind Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine solche Vereinigung sein. Die Gesellschaft tritt auf Grund des Gesamthandprinzips als handlungsfähige Gruppe im Rechtsverkehr auf und erlangt damit Rechtsfähigkeit jedenfalls dann, wenn Rechte oder Pflichten der Gesamthand in Rede stehen (SächsOVG, Urt. v. 02.07.2002 - 3 B 767/00 -, SächsVBl 2002, 269). Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 29.01.2001 - II ZR 331/00 -, NJW 2001, 1056) kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, das heißt soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegen stehen, jede Rechtsposition einnehmen. Die Antragstellerin ist Trägerin einer der Gesamthand zustehenden Rechtsposition. Dabei kann offen bleiben, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ungeachtet ihrer (möglicherweise) nach wie vor fehlenden Grundbuchfähigkeit Grundstückseigentümerin sein kann (bejahend: OVG NW, Urt. v. 07.05.2002 - 15 A 5299/00 -, NVwZ-RR 2003, 149; VG Potsdam, Urt. v. 09.01.2004 - 12 K 527/99 -, NVwZ-RR 2004, 785: ablehnend: VG Chemnitz, Beschl. v. 10.03.2005 - 1 K 536/03 -, Juris; VG Aachen, Urt. v. 16.02.2005 - 6 K 2019/99 -, Juris; jew. m. w. Nachw.). Anerkannt ist jedenfalls, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Bauherrengemeinschaft im Streit um die Erteilung einer Baugenehmigung beteiligungsfähig ist, da sie Trägerin der Erlaubnis sein kann, ein Grundstück zu bebauen (VGH BW, Beschl. v. 22.12.1992 - 8 S 2794/92 -, NVwZ-RR 1993, 334; HessVGH, Beschl. v. 23.01.1997 - 4 TG 4829/96 -, NJW 1997, 1938; SächsOVG, Beschl. v. 16.07.2001 -, NJW 2002, 1361). Entsprechendes muss für ein (Normenkontroll-)Verfahren gelten, in dem die "bauherrenfähige" Gesellschaft letztlich um die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks streitet (SächsOVG, Urt. v. 26.11.2002 - 1 D 36/01 -, UPR 2004, 450).

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die streitige Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen eines Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird (BVerwG, Urt. v. 30.04.2004 - BVerwG 4 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1120; Urt. v. 24.09.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215 [2.]). In Betracht kommt nicht nur eine Verletzung des Grundeigentums (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - BVerwG4 CN 7.96 -, NVwZ 1998, 732), sondern darüber hinaus auch eine Verletzung des in § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuchs i. d. F. d. Bek. v. 27.08.1997 (BGBl I 2141, ber.: BGBl. 1998 I 137)) - BauGB -, normierten drittschützenden Abwägungsgebots (BVerwG, Urt. v. 30.04.2004, a. a. O.; Urt. v. 24.09.1998, a. a. O.). Macht der Antragsteller eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend, so muss er allerdings einen eigenen Belang als verletzt benennen, der für die Abwägung überhaupt zu beachten war; nicht jeder private Belang ist in der Abwägung zu berücksichtigen, sondern nur ein solcher, der in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat (BVerwG, Urt. v. 30.04.2004, a. a. O.; Urt. v. 24.09.1998, a. a. O.). Setzt ein Bebauungsplan eine bestimmte Gebietsart nach der Baunutzungsverordnung i. d. F. d. Bek. v. 23.01.1990 (BGBl I 132) - BauNVO -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.04.1993 (BGBl I 466), fest, so gehört zu den abwägungserheblichen Interessen das Interesse, ein im Plangebiet belegenes Grundstück für die in diesem Baugebiet zulässigen Zwecke nutzen zu können; mit ihm verbunden ist das Interesse an einer ausreichenden Erschließung, da sich ohne sie die festgesetzte Nutzung nicht verwirklichen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.01.1992 - BVerwG 4 NB 2.90 -, NVwZ 1992, 974). Das Interesse an einer ausreichenden (wegemäßigen) Erschließung der Baugrundstücke ist offensichtlich und deshalb auch ohne entsprechende Anregungen und Bedenken der Grundstückseigentümer als abwägungserheblicher Belang von der Gemeinde zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.01.1992, a. a. O.).

Im konkreten Fall macht die Antragstellerin als "Bauherrin" geltend, "ihr" Grundstück werde durch die im Bebauungsplan vorgesehenen Verkehrsflächen und Zufahrten zum Sondergebiet wegen der eingeschränkten Ein- und Ausfahrtsmöglichkeit unmittelbar von bzw. zu der vorbei führenden Bundesstraße nicht ausreichend erschlossen. Damit macht sie einen abwägungsrelevanten Belang geltend. Ob die im Bebauungsplan vorgesehene wegemäßige Erschließung tatsächlich für die zulässige Nutzung des Grundstücks ausreicht und ob das Interesse der Antragstellerin an einer besseren direkten Anbindung des Grundstücks an die B ... bei der Abwägung (hinreichend) berücksichtigt wurde, ist indessen eine Frage der Begründetheit des Normenkontrollantrags.

Der Antrag ist auch fristgerecht (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Satzung in der Mitteldeutschen Zeitung - Lokalteil Quedlinburg "Quedlinburger Harzbote" - am 13.07.2000 gestellt worden.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

Der angegriffene Bebauungsplan weist einen Verfahrensfehler auf, die zu seiner Unwirksamkeit führt. Er wurde nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht.

Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Bekanntmachung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 27.08.1997 (a. a. O. ) ist bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Erteilung der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans ortsüblich bekannt zu machen. Im konkreten Fall wurde der Bebauungsplan zwar am 14.08.2000 gemäß § 18 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 02.09.1994, zuletzt geändert durch Satzung vom 28.06.2000, in der Mitteldeutschen Zeitung - Lokalteil Quedlinburg "Quedlinburger Harzbote" - bekannt gemacht. Jedoch muss ein Bebauungsplan vor seiner Bekanntmachung, das heißt vor dem Bekanntmachungsakt, ausgefertigt sein (BVerwG, Beschl. v. 27.01.1999 - BVerwG 4 B 129.98 -, NVwZ 1999, 878; Beschl. v. 09.05.1996 - BVerwG 4 B 60.96 -, NVwZ-RR 1996, 630). Im Beschluss vom 09.05.1996 hat das BVerwG hierzu ausgeführt:

Der Senat hat wiederholt ausgeführt, dass es rechtsstaatlich geboten ist, Bebauungspläne auszufertigen... Durch die Ausfertigung soll sichergestellt werden, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans übereinstimmt. Durch die förmliche und amtliche Veröffentlichung dagegen soll es dem Normadressaten ermöglicht werden, vom Erlass und Inhalt des Bebauungsplans Kenntnis zu nehmen. Nicht zu verkennen ist freilich, dass § 12 BauGB (nunmehr § 10 BauGB) mittelbar geeignet ist, einen Hinweis auf die zeitliche Abfolge von Ausfertigung und Verkündung zu geben. Die Ausfertigung erweist sich danach als ein Verfahrensschritt, der der Bekanntmachung vorauszugehen hat. Die Verkündung bildet den Schlusspunkt des Rechtssetzungsvorgangs, denn sie stellt den für die Hervorbringung der Norm notwendigen letzten Akt dar (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 31.85 und 29.86 - BVerwGE 75, 262 und 271). Nach § 12 Satz 4 BauGB (nunmehr § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB) tritt der Bebauungsplan unbeschadet des Erfordernisses, dass er in der Folgezeit zu jedermanns Einsicht bereitgehalten wird, mit der Bekanntmachung in Kraft. Es versteht sich von selbst, dass er die ihm durch diese Vorschrift vermittelte rechtliche Verbindlichkeit nur erlangen kann, wenn sämtliche formellen Gültigkeitsbedingungen, die sich aus dem Bundes- und Landesrecht ergeben, bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt worden sind....

Im konkreten Fall hat indes der Bürgermeister der Antragsgegnerin den Bebauungsplan ausweislich der Originalurkunde erst am 04.09.2000 und damit 3 Wochen nach der Bekanntmachung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), in der zuletzt durch Gesetz vom 26.04.1999 (LSA-GVBl., S. 152) geänderten Fassung, ausgefertigt. Anhaltspunkte dafür, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Ausfertigung erfolgt sein könnte, lassen sich den vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Bebauungsplan nach der Ausfertigung nochmals veröffentlicht wurde.

Solange aber die Änderung der Satzung nicht ausgefertigt war, konnte keine ordnungsgemäße Bekanntmachung erfolgen (OVG SH, Urt. v. 19.06.1996 - 1 L 262/95 -, BRS 58 Nr. 42; VGH BW, Beschl. v. 25.01.1995 - 3 S 3125/94 -, BRS 57 Nr. 86, m. w. Nachw.). Der Bekanntmachungsfehler ist nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB und § 214 Abs. 1 Nr. 4 des Baugesetzbuchs in der durch Gesetz vom 24.06.2004 (BGBl I 1359), geänderten Fassung - BauGB 2004 - nicht unbeachtlich und wird dies auch nicht durch Fristablauf (§ 215 Abs. 1 BauGB und § 215 Abs. 1 BauGB 2004) geheilt. Die Antragsgegnerin hat nur die Möglichkeit, die Satzungsänderung durch erneute Bekanntmachung nach § 214 Abs. 4 BauGB 2004 ggfs. mit Rückwirkung in Kraft zu setzen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.05.1996, a. a. O.).

Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist der Senat allerdings darauf hin, dass der angegriffene Bebauungsplan materiell nicht deshalb abwägungsfehlerhaft sein dürfte, weil darin die von der Antragstellerin gewünschte Erschließung in Form einer direkten Anbindung des Sondergebiets an die B ... durch einen mit einer Lichtsignalanlage ausgestatteten Kreuzungsknoten nicht vorgesehen ist.

Das Gebot des § 1 Abs. 6 BauGB, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat oder in sie Belange nicht eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie hätten eingestellt werden müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten oder öffentlichen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen ist, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot allerdings genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Diese Grundsätze gelten sowohl für den Abwägungsvorgang als auch für das Abwägungsergebnis (BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 - BVerwG IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309, 314; Urt. v. 01.11.1974 - BVerwG IV C 38.71 -, BVerwGE 47, 144). Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses.

Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Abwägung insbesondere die in § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB genannten "Belange des Verkehrs" berücksichtigt, die - wie bereits dargelegt - unter anderem das Interesse der Grundstückseigentümer an einer ausreichenden wegemäßigen Erschließung ihrer Grundstücke umfassen. Sie hat insbesondere das Bedürfnis gesehen, für das Sondergebiet eine direkte Zufahrtsmöglichkeit von der B ... sowie eine - wenn auch eingeschränkte - Auffahrmöglichkeit auf die B ... einzurichten. Hierzu hat sie in der Begründung zum Bebauungsplan vom Juni 2000 unter Nr. 4.1 (Erschließung, Straßen und Wege) ausgeführt:

"Die Hauptanbindung des Gebiets erfolgt über den Knoten an der M-Straße (B ...). Darüber hinaus erhält die SO-Fläche eine gemeinsame Zufahrt für den Verbrauchermark und die Tankstelle; letztere erhält zusätzlich eine Ausfahrt für Rechtsabbieger auf die B ... Mit Ausnahme des Richtung Osten fahrenden Tankstellenverkehrs wird der restliche Verkehr, der auf die Sonderbaufläche entfällt, über eine Brücke über den ...bach auf die Planstraße A, den Knoten und so wieder auf die B ... geführt."

Das private Interesse der Antragstellerin an einer besseren unmittelbaren Anbindung des Sondergebiets an die B ... in Form eines weiteren Knotens mit einer Lichtsignalanlage musste die Antragsgegnerin hingegen nicht in ihre Abwägung einstellen. Weder hat die Antragstellerin während des Planaufstellungsverfahrens Einwendungen gegen die in beiden Planentwürfen vom 03.09.1991 und vom März 1998 dargestellte Form der Erschließung des Sondergebiets erhoben, noch musste sich der Antragsgegnerin die von der Antragstellerin gewünschte Form der Erschließung aufdrängen.

Dem kann die Antragstellerin insbesondere nicht entgegen halten, die ursprünglichen Planungen hätten ein mit der Straßenbauverwaltung abgestimmtes Kreuzungskonzept vorgesehen. Der Planentwurf vom 03.09.1991 sah gerade keinen weiteren Kreuzungsknoten mit Lichtsignalanlage vor. Es waren darin lediglich (nachrichtlich) Rechts- und Linksabbiegespuren eingezeichnet, die im Bebauungsplan voraussichtlich nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Gemäß § 17 Abs. 3 FStrG kann zwar eine Gemeinde eine Bundessstraße durch Bebauungsplan anstelle einer sonst erforderlichen Planfeststellung ändern. Auch können nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB in einem Bebauungsplan Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen festgesetzt werden. Verkehrslenkende Maßnahmen wie die Untergliederung der Fahrbahn in einzelne Fahr(bahn)streifen dürften aber nicht darunter fallen (vgl. OVG RP, Urt. v. 14.11.1990 - 10 C 10236/90 -, NVwZ-RR 1992, 342; Bracher, in: Gelzer/ Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 6. Aufl., RdNr. 306). Entsprechendes dürfte für die Anlegung von Fahrstreifen mit Richtungspfeilen für Recht- bzw. Linksabbieger gelten; bei denen es sich um straßenverkehrsrechtliche Festsetzungen (§ 41 Abs. 3 Nrn. 3 und 5, Zeichen 297, 295, 340 StVO) handelt, die in die Kompetenz der Straßenverkehrsbehörde fallen (vgl. SächsOVG, Urt. v. 29.04.2004 - 1 D 40/01 -).

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf das an ihre Rechtsvorgängerin, ..., gerichtete Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.11.1994 stützen. Darin ist zwar von einem "Ausbau des Knotens M-Markt" als gesonderter Grundstückseinfahrt zum Grundstück der Antragstellerin die Rede, der eine "problemlose An- und Abfahrt" ermöglichen solle. Unabhängig davon, dass darin von einer Kreuzung mit Lichtzeichenanlage nicht die Rede ist, war jedenfalls nach dem Inhalt des zweiten Planentwurfs vom März 1998 klar, dass ein solcher "Knoten" nicht mehr vorgesehen war; auch waren darin keine Abbiegspuren mehr eingezeichnet. Gegen diesen zweiten Entwurf hat die Antragstellerin keine Einwände im Planaufstellungsverfahren erhoben.

Die Antragsgegnerin dürfte nicht verpflichtet gewesen sein, bei der Abwägung auch ohne entsprechende Einwendungen, Hinweise oder Anregungen die Möglichkeit der Errichtung eines weiteren Kreuzungsknotens unmittelbar an der Zufahrt zum Sondergebiet zu berücksichtigen; denn die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung des Sondergebiets und insbesondere des in Rede stehenden Grundstücks über die unmittelbar an der B ... liegende Ein- und Ausfahrt einerseits und über den Kreuzungsknoten mit der B ..., die Planstraße A und die Brücke über den ...bach andererseits ist ausreichend. Es muss grundsätzlich (nur) eine Erschließungssituation geschaffen werden, die eine den Planvorstellungen entsprechende Nutzung der Grundstücke zulässt (vgl. OVG RP, Urt. v. 29.11.1989 - 10 C 18/89 -, NVwZ-RR 1990, 271). Das Grundstück der Antragstellerin kann allein über den geplanten Knoten, die Planstraße A und die Brücke über den ...bach ohne weiteres angefahren werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das (zu erwartende) Verkehrsaufkommen, das von den im Sondergebiet zugelassenen Nutzungen hervorgerufen wird, diese Erschließung sprengen würde. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der - wenn auch eingeschränkten - Einfahrt unmittelbar von der B ... Der einzelne Gewerbetreibende kann nicht verlangen, dass sein Grundstück eine Erschließung erhält, die eine besonders günstige Anbindung an den Durchgangsverkehr und damit stärkere "Kundenströme" gewährleistet. Er hat im Regelfall nicht einmal einen Anspruch darauf, dass eine vorhandene Wettbewerbssituation nicht verschlechtert wird; gegenüber solchen Interessen verhält sich das Bauplanungsrecht neutral (BVerwG, Beschl. v. 26.02.1997 - BVerwG 4 NB 5.97 -, NVwZ 1997, 683; Beschl. v. 16.01.1990 - BVerwG 4 NB 1.90 -, NVwZ 1990, 555). Eine Planung, die allein dem Zweck diente, die Wettbewerbslage der Grundstückseigentümer im Sondergebiet gegenüber anderen zu sichern oder zu verändern, wäre sogar für die städtebauliche Entwicklung oder Ordnung nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB (vgl. NdsOVG, Urt. v. 05.12.2001 - 1 K 473/99 -, BRS 64 Nr. 27; OVG Bremen, Urt. v. 21.09.1999 - 1 A 186/99 -, BRS 62 Nr. 11).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Beschluss

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat - hat am 16. Juni 2005 beschlossen:

Der Streitwert wird auf 30.000,00 € (dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3.12.2001 (BGBl I 3638 [3639]). Der Senat bemisst die sich aus dem Antrag der Antragsteller für sie ergebende Bedeutung der Sache nach Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1329]), der für Normenkontrollen gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert zwischen 7.500, - und 60.000,- € vorsieht. Der Senat hält vorliegend unter Berücksichtigung der Bedeutung des Bebauungsplans für die Antragstellerin einen Streitwert von 30.000,- € für angemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück