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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 23.05.2003
Aktenzeichen: 2 L 119/00
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 51 I
AuslG § 53
1. Die Asylantragstellung im Bundesgebiet und ein längerer Auslandsaufenthalt führen bei einer Rückkehr nach Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu politischer Verfolgung.

2. Die Zugehörigkeit zu Exilorganisationen oder die Teilnahme an Demonstrationen sind nicht generell geeignet, politische Verfolgung in Togo beachtlich wahrscheinlich zu machen. Notwendig ist eine Prüfung im Einzelfall.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 119/00

Datum: 23.05.2003

Tatbestand:

Die ... Klägerin ist togoische Staatsangehörige. Nach ihren Angaben reiste sie am 15.04.1997 nach Zwischenaufenthalten in Malta und Moskau in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte ... ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) ... führte die Klägerin zur Begründung ihres Asylbegehrens im Wesentlichen aus: Am 13. Januar jeden Jahres fänden in Togo die Jubelfeiern für Eyadéma statt, und alle Leute würden aufgefordert, daran teilzunehmen. Sie sei Mitglied der Partei UFC und habe anderen Leuten gesagt, sie sollten an diesem Demonstrationsmarsch zu Ehren des Präsidenten nicht teilnehmen. Als sie vor dem Marsch von ihrer Arbeit auf dem Markt nach Hause zurückgekehrt sei, habe sie sich mit ihrem Kind zusammen schlafen gelegt. Plötzlich sei an der Tür geklopft worden, und Männer in Zivil seien hineingestürmt. Sie hätten sie geschlagen und mitgenommen. Sie sei in ein dunkles Zimmer gesperrt worden, wo sie etwa zwei Monate lang geblieben und von Soldaten in Uniform vergewaltigt worden sei. Eines Tages sei dann ein Soldat zu ihr gekommen und habe gesagt, es sei ganz schlimm und brutal, was die anderen mit ihr machten. Er habe sie aus ihrer Zelle geholt und ihr geholfen, über die Gefängnismauer zu klettern. Es sei nachts gewesen, und sie sei eine Weile durch den Busch gelaufen. Dann habe sie sich ein Taxi genommen, mit dem sie zu ihrem Cousin gefahren sei. Dieser habe sie am 13.04.1997 mit seinem PKW nach Cotonou in Benin gefahren. Dort habe sie am nächsten Tag ein Flugzeug der Fluggesellschaft Aeroflot bestiegen und sei mit diesem nach Düsseldorf geflogen. Ihr Cousin habe alles für sie organisiert, so dass sie selbst keine Einzelheiten zu ihrer Ausreise sagen könne.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 24.07.1997 den Asylantrag der Klägerin ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1; 53 AuslG nicht vorliegen. Gleichzeitig wurde sie zur Ausreise aufgefordert und ihr für den Fall der Nichtbefolgung der Ausreiseaufforderung die Abschiebung nach Togo angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe ein persönliches Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft machen können. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Bundesamtsbescheids Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 07.08.1997 unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben und im Hinblick auf den in ihrem Heimatland erlittenen sexuellen Missbrauch und den in der Bundesrepublik Deutschland nachfolgenden Schwangerschaftsabbruch eine psychologische Stellungnahme des Diplompsychologen B., ... e. V., ... vorgelegt. In diesem Gutachten stellt der Gutachter fest, dass die Klägerin ein deutliches Rückzugsbedürfnis habe, unter periodisch wiederkehrenden Kopf-, Rücken-, Bauch-, Kiefer- und Augenschmerzen und Verdauungsproblemen leide und abklingend reaktiv depressiv im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung sei. Dies beruhe - so der Gutachter - auf einer zweimonatigen Folterhaft, Mehrfachvergewaltigungen durch fünf bis sechs Soldaten in direkter Folge und mindestens zehn Mal während der zwei Monate. Weiter habe die Klägerin eine Abtreibung einer vergewaltigungsbedingten Schwangerschaft in der Bundesrepublik Deutschland hinter sich und sei durch die tendenzielle vorurteilsbefangene und Gewalttraumatisierung ignorierende Bundesamtsbehandlung im Asylverfahren sowie ca. vier tendenziell brachiale Polizeigroßeinsätze in der Gemeinschaftsunterkunft Halle/Wettin zum Zwecke der staatlichen Drogenbekämpfung retraumatisiert.

Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, sie sei während ihres Gefängnisaufenthalts mehrfach vergewaltigt worden und deswegen schwanger geworden. Die Schwangerschaft habe sie nach ihrer Einreise unterbrechen lassen. Von dieser Schwangerschaft habe sie bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt noch nichts gewusst. In Togo habe sie ihre inzwischen achtjährige Tochter zurücklassen müssen. Am 13.01.1997 sei sie verhaftet worden. An diesem Tag gegen 21.00 Uhr seien drei Leute zu ihr ins Haus gekommen und hätten nach dem Namen Isabelle gefragt. Sie sei mit den drei Männern, die in Zivil gekleidet gewesen seien, mitgegangen und habe dann gemerkt, dass das Auto, mit dem die drei gekommen seien, ein Militärfahrzeug gewesen sei. Sie sei dann dort draußen verhaftet worden. Sie sei ins Gefängnis gebracht worden, an dessen Namen sie sich nicht erinnern könne. Es sei zu dieser Zeit dunkel gewesen. Bei dem Gefängnis habe es sich um ein Gendarmeriegefängnis gehandelt. Wegen der in dem Gefängnis erlittenen Misshandlungen und Vergewaltigungen sei sie psychisch krank. Sie gehöre in Bielefeld dem Generalsekretariat der UFC und der Organisation Solidarität International an. In der UFC sei sie sogar stellvertretende Generalsekretärin.

Mit Urteil vom 21.02.2000 (Az: A 1 K 496/97) hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne schon deswegen kein Asyl beanspruchen, weil sie ihre Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Luftwege/Seewege nicht habe nachweisen können. Im Übrigen habe sie ein persönliches Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft machen können. Eine zielgerichtete politische Verfolgung sei im Übrigen in Togo gegenwärtig nicht mehrfeststellbar. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Der Senat hat auf den Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 20.01.2003 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungshindernissen zugelassen und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Zur Begründung ihrer Berufung nimmt die Klägerin Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern, soweit die Klage auch wegen der Abschiebungshindernisse abgewiesen worden ist,

und die Beklagte - unter Aufhebung ihres Bescheids vom 24. Juli 1997 insoweit - zu verpflichten, festzustellen, dass einer Rückführung der Klägerin nach Togo Abschiebungshindernisse entgegen stehen,

und zwar in erster Linie nach § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes und hilfsweise nach § 53 des Ausländergesetzes.

Die Beklagte und der Beteiligte haben sich nach Anhörung nicht geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der Sitzung vom 23.05.2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte und der Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren; denn auf die Folgen ihres Ausbleibens sind sie in der ihnen rechtzeitig zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO).

Gegenstand der Berufung ist aufgrund ihrer eingeschränkten Zulassung durch Beschluss von 20.01.2003 nur noch das auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gemäß §§ 51 Abs. 1, 53 des Ausländergesetzes - AuslG - (= Art. 1 des Gesetzes vom 09.07.1990 [BGBl I 1354], geändert durch Gesetz vom 30.06.1993 [BGBl I 1062], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361 <368>]), gerichtete Verpflichtungsbegehren der Klägerin.

Die so statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, für ihre Person das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG (dazu I.) oder, hilfsweise, das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (dazu II.) für Togo festzustellen. Insoweit ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 24.07.1997 auch in dem für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - i. d. F. d. Bek. v. 27.07.1993 [BGBl I 1361], geändert durch Gesetz vom 02.08.1993 [BGBl I 1442], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361, 371]), rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

I. Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Das Verbot des § 51 Abs. 1 AuslG schützt damit - ebenso wie Art. 16a Abs. 1 GG - den Personenkreis der politisch Verfolgten und dient der Umsetzung des Art. 33 Nr. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) vom 28.07.1951 (BGBl II 1953, S. 59).

Die Erfordernisse des § 51 Abs. 1 AuslG sind mit den Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter deckungsgleich, soweit es um die Frage der politischen Verfolgung geht (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 26.10.1993 - BVerwG 9 C 50.92 -, NVwZ 1994, 500 m. w. N.). Auch gilt für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG der gleiche Prognosemaßstab wie für eine Verfolgungsgefahr i. S. d. Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391). Ist der Ausländer danach schon in seinem Heimatland verfolgt worden, genießt er bereits dann einen Schutzanspruch, wenn im Fall seiner Rückkehr Verfolgungsmaßnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. nur BVerwG, Urt. v. 18.02.1997 - BVerwG 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97; BVerfG, Beschl. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u. a. -, BVerfGE 54, 341). Ist er dagegen unverfolgt ausgereist, wird ihm Schutz nur dann gewährt, wenn ihm bei der Rückkehr ins Heimatland politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1992 - BVerwG 9 C 21.92 -, BVerwGE 91, 150 [154]).

Dies setzt voraus, dass bei qualifizierender Betrachtungsweise die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - BVerwG 9 C 118.90 -, BVerwGE 89, 162 [169]; Urt. v. 14.12.1993 - BVerwG 9 C 45.92 -, DVBl. 1994, 524 [525]). Entscheidend ist eine wertende Betrachtungsweise, die auch die Schwere des befürchteten Verfolgungseingriffs berücksichtigt. Je gravierender die möglichen Rechtsverletzungen sind, desto weniger kann es dem Betroffenen zugemutet werden, sich der Verfolgungsgefahr auszusetzen. Die für eine Verfolgung sprechenden Umstände müssen nach ihrer Intensität und Häufigkeit von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer, der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG begehrt, die begründete Furcht ableiten lässt, selbst ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Letztlich maßgebend ist der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Rückkehr (BVerwG, Urt. v. 23.02.1988 - BVerwG 9 C 32.87 -, Buchholz 402.25 [AsylVfG] § 1 Nr. 80; BVerwG, Urt. v. 23.07.1991 - BVerwG 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367 [377]). Bestimmend hierfür ist eine objektive Beurteilung der Verfolgungsgefahr. Bei der Entscheidung, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint, sind die Zahl der Referenzfälle stattgefundener politischer Verfolgung, das Vorhandensein eines feindseligen Klimas und die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen (BVerwGE 89, 162 m. w. N.).

1. Von diesem generellen und nicht von dem "herabgestuften" Wahrscheinlichkeitsmaßstab ("nicht auszuschließende" Verfolgung) ist auszugehen, weil die Klägerin nach Überzeugung des Senats unverfolgt aus Togo ausgereist ist.

Die von ihr im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens vorgetragene Verfolgungsgeschichte ist unglaubhaft; denn die geschilderten Umstände ihrer Verhaftung, ihres zweimonatigen Gefängnisaufenthalts und ihrer Flucht sind in wesentlichen Punkten widersprüchlich: So behauptete die Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt, am 13.01.1997 seien plötzlich Männer in Zivil in ihr Haus gestürmt und hätte sie geschlagen und mitgenommen, während sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vortrug, drei Männer seien in ihr Haus gekommen und hätten zunächst nach einer Frau namens Isabelle gefragt. Sie habe dann die Männer begleitet und erst draußen bemerkt, dass es sich um Militärangehörige gehandelt habe, die sie festgenommen hätten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.05.2003 schilderte die Klägerin ihre Verhaftung wiederum anders, indem sie behauptete, eine Woche, nachdem sie auf einer Versammlung der UFC die Leute aufgefordert habe, nicht an der Jubelfeier für Eyadéma teilzunehmen, seien Leute der RPT einfach in ihr Haus gekommen, weil die Tür offen gestanden habe. Einer der Leute habe sie so geschlagen, dass sie ohnmächtig geworden und erst im Gefängnis wieder aufgewacht sei. Diese Erzählung fügt sich in keiner Weise in die bisher geschilderte Verfolgungsgeschichte ein; denn wenn die Klägerin tatsächlich ohnmächtig gewesen ist, kann sie die Feststellung, dass die Leute sie mit einem Militärfahrzeug abgeholt haben, nicht mehr getroffen haben. Auch die Flucht aus dem Gefängnis konnte die Klägerin nicht widerspruchsfrei schildern; denn sie behauptete erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung, sie habe sich die Flucht durch "Liebe" erkauft, während sie vorher behauptet hatte, der Soldat habe ihr allein aus Mitleid geholfen. Schließlich behauptete die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung, sie sei nach ihrer Flucht über die Gefängnismauer eine Weile durch den Busch gelaufen, während sie in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2003 vortrug, sie sei nur eine kurze Strecke gelaufen. Es mag zwar sein, dass Folteropfer unmittelbar im Anschluss an ihre Misshandlung keine Einzelheiten über den Kern ihres erlittenen Verfolgungsschicksals machen können und wollen. Indes hat die Klägerin bis zum heutigen Tag, also immerhin fast sechs Jahre nach der angeblichen Vergewaltigung und trotz einer psychologischen und anwaltlichen Betreuung keine substantiierten Angaben zu den Erlebnissen in Togo und ihrer Flucht ins Bundesgebiet gemacht. Insoweit bleibt auch nach der mündlichen Verhandlung am 23.05.2003 unklar, warum und unter welchen Umständen die Klägerin inhaftiert worden ist, wie der Klägerin ohne Schwierigkeiten die Flucht aus dem ihr nicht bekannten Gefängnis gelungen sein soll und wie sie ihre Ausreise über den Benin organisiert hat. Auch die psychologische Stellungnahme des Diplom-Psychologen B. ... ist nicht geeignet, dem Vortrag der Klägerin die notwendige Authentizität zu vermitteln; denn sie bestätigt nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass die Klägerin in Togo mehrfach vergewaltigt worden ist und tatsächlich eine zweimonatige Folterhaft erlitten hat. Vielmehr kann die Annahme des Diplom-Psychologen Bennemann nur auf den Angaben der Klägerin bzw. auf Vermutungen basieren, da er selbst nicht Zeuge der Geschehnisse in Togo gewesen sein kann. Bezüglich der Ereignisse in Togo ist das Vorbringen der Klägerin aber - wie oben erläutert - in sich so widersprüchlich und verworren, dass gegen ihre Glaubwürdigkeit erhebliche Zweifel bestehen.

Die angeblichen Vorfälle in Togo scheiden damit sowohl als Hinweis auf eine bereits erlittene, wie auch als Anlass für eine künftige politische Verfolgung aus, so dass für die Prognose, ob der Klägerin aufgrund einer möglicherweise vermuteten oppositionellen Haltung zum herrschenden Regime bei der Rückkehr nach Togo Verfolgung droht, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen ist.

2. Der nicht vorverfolgt ausgereisten Klägerin droht im Falle ihrer Rückkehr nach Togo (2.1.) keine Verfolgung mit der einen Schutzanspruch auslösenden beachtlichen Wahrscheinlichkeit, und zwar weder wegen ihrer Asylantragstellung (2.2.) noch ihrer exilpolitischen Betätigung in Deutschland (2.3.).

Der Senat hat mit Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt, dass Menschenrechtsverletzungen und politische Verfolgung von Gegnern des togoischen Staatspräsidenten nicht von vornherein in jedem Fall ausgeschlossen sind, dass aber die einen Schutzanspruch auslösende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer solchen Verfolgung nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall gegeben ist. Der Senat schätzt die politische Situation in Togo dabei wie folgt ein: "Die Republik Togo bietet nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht die Gewähr für eine lückenlose Achtung der Menschenrechte. Der derzeitige Staatspräsident General Gnassingbé Eyadéma gelangte am 13.01.1967 durch einen Militärputsch an die Macht. Seither steht Togo unter seiner faktischen Alleinherrschaft. Diese hatte bis 1991 offen diktatorische Züge; es existierte nur eine Partei, die Einheitspartei RPT (Rassemblement du Peuple Togolais). Demokratische Strukturen gab es bis dahin nicht. Eine politische Opposition war verboten und wurde verfolgt. Zahlreiche politische Gegner wurden während dieser Zeit inhaftiert und gefoltert. Erst im Oktober 1990 begann, ausgelöst von Studentenprotesten, ein Demokratisierungsprozess, der eine grundlegende Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung in Togo einleitete. Eine Verfassung, die die Grundlagen für die Errichtung eines der Demokratie und den Menschenrechten verpflichteten Rechtsstaats schuf, trat am 14.10.1992 in Kraft (Auswärtiges Amt [AA], Lagebericht vom 02.10.2002).

Charakteristisch für Togo ist allerdings immer noch die große Diskrepanz zwischen den formellen Rechten und ihrer Beachtung im Alltag. Das gilt insbesondere für die Menschenrechtslage. So gibt es zwar eine Reihe von Oppositionsparteien; der Staatspräsident beschneidet aber deren Einflussmöglichkeiten vor allem mit Hilfe von Armee und Sicherheitskräften. Diesbezüglich kann zunächst auf die Ausführungen im grundlegenden Urteil des Senats vom 27. November 1997 (Az: A 2 S 14/97) verwiesen werden, das die wesentlichen Entwicklungen des Demokratisierungsprozesses vor den Präsidentschaftswahlen im Jahre 1998 berücksichtigt.

Trotz internationaler Proteste hat sich das in Togo herrschende Klima subtiler politischer Einschüchterung verbunden mit schwersten Menschenrechtsverletzungen auch nach den Präsidentschaftswahlen vom 21.06.1998 nicht geändert. Schon im Vorfeld der Wahl kam es zu vereinzelten Übergriffen der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle und die europäischen Wahlbeobachter. Als sich bei Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der UFC (Union des Forces du Changement), Gilchrist Olympio, abzeichnete, wurde die weitere Auszählung unterbrochen und eine angebliche absolute Mehrheit des bisherigen Amtsinhabers Eyadéma verkündet. Die Wahl wird allgemein und insbesondere von der Europäischen Union als manipuliert und undemokratisch angesehen (vgl. AA, Lagebericht vom 10.02.1999; UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg). Nach den bekannten Unruhen im Anschluss an die Präsidentschaftswahl hat es noch weitere Zwischenfälle gegeben, die die nach wie vor prekäre Sicherheitslage für Oppositionelle in Togo kennzeichnen. Am 16.08.1998 kam es an verschiedenen Orten in Togo zu mehreren bewaffneten Zwischenfällen. Während die Regierung behauptete, togoische Exilanten seien mit Waffengewalt von Ghana aus nach Togo eingedrungen, erklärten alle Oppositionsparteien übereinstimmend, mit den Zwischenfällen nichts zu tun zu haben. Am selben Tag wurden die Parteizentrale sowie Häuser von führenden Mitgliedern der UFC und Parteibüros der PDR zerstört (Institut für Afrika-Kunde [IfA], Auskunft vom 16.12.1998 an OVG RP; AA, Lagebericht vom 10.02.1999; UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg). Im September 1998 wurde das Haus eines Abgeordneten der CAR (Comité d'Action pour le Renouveau) beschossen und das CAR-Mitglied Koffi Matthieu Kegbe verstümmelt und getötet (IfA, a.a.O.; UNHCR, a.a.O.). Die Oppositionsparteien berichten seither über zunehmend politische Verfolgung ihrer aktiven Mitglieder in vielen Landesteilen (AA, Lagebericht vom 10.02.1999). Auch die europäischen Wahlbeobachter waren Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Die von den Vereinten Nationen und der Organisation für Afrikanische Einheit eingesetzte Untersuchungskommission zur Überprüfung der von amnesty international (ai) erhobenen Vorwürfe kam in ihrem im Februar 2001 veröffentlichten Bericht zu dem Ergebnis, dass im Jahr 1998 systematisch Menschenrechtsverletzungen begangen worden sind (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Auch der im Juli 1999 mit großen Hoffnungen begonnene innertogoische Dialog zwischen Vertretern der Regierung und der Oppositionsparteien, unter Beteiligung von vier ausländischen Mittlern, brachte keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess. In einem von Regierung und Opposition am 29.07.1999 unterzeichneten Rahmenabkommen (Accord-Cadre) war insbesondere die Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes und die Einsetzung einer paritätisch besetzten "Unabhängigen Nationalen Wahlkommission" (CENI) vereinbart worden, die nicht nur die Wahlen beaufsichtigen, sondern auch organisieren sollte. Das in langwierigen Verhandlungen ausgehandelte und von der Nationalversammlung verabschiedete neue Wahlgesetz wurde am 08.02.2002 von der Nationalversammlung jedoch in wesentlichen Punkten einseitig geändert, mit der Folge, dass die Oppositionsparteien eine Teilnahme an Parlamentswahlen unter diesen Bedingungen überwiegend ablehnten (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Bis zum heutigen Tage ist Togo ein Staat, der von Gewalt, Willkür, Unberechenbarkeit und Schikane vor allem gegenüber den oppositionellen Kräften im Lande geprägt ist: Am 24.02.2001 wurde eine Demonstration der Partei CAR, die zuvor vom Innenminister verboten worden war, unter Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas aufgelöst. Studentendemonstrationen wurden am 11.04., 03.05. und 02.06.2001 von Sicherheitskräften aufgelöst. Am 04.05.2001 wurde eine Versammlung der Oppositionspartei CAR (Comité d'Action pour le Renouveau) in Niamtougou (Nordtogo) von mit Steinen und Knüppeln bewaffneten RPT-Anhängern verhindert und das Versammlungslokal demoliert. Am 11.08. und 18.08.2001 wurden Demonstrationen für die Freilassung von Rechtsanwalt Agboyibo, der am 03.08.2001 von einem der RPT angehörenden Einzelrichter der Diffamierung des damaligen Premierministers Kodjo für schuldig befunden und zu sechs Monaten Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt worden war, von Sicherheitskräften unter Einsatz von Tränengas aufgelöst. Am 06.09.2001 wurden Vertreter der Oppositionspartei CPP (Convergence Patriotique Panafricaine) in Tchitchao von RPT-Anhängern mit Eisenstangen angegriffen und z. T. schwer verletzt, als sie versuchten, ein lokales CPP-Büro einzurichten (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Zwar ordnete der togoische Präsident Eyadéma im März 2002 die Haftentlassung des prominenten Oppositionsführers Yaovi Agboyibo an (Frankfurter Rundschau vom 16.03.2002); die großen Oppositionsparteien Togos boykottierten aber dennoch die Abstimmung bei den Parlamentswahlen vom 27.10.2002 und kritisierten deren mangelnde Transparenz. Bei der Parlamentswahl in Togo hatte die Regierungspartei einen eindeutigen Sieg davongetragen. Die RPT gewann bei der Abstimmung nach offiziellen Angaben 72 der 81 Parlamentssitze; vier kleinere Oppositionsparteien und ein unabhängiger Abgeordneter teilen sich die neun übrigen Mandate (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002).

2.2. Unter Berücksichtigung dieser politischen Verhältnisse begründen dennoch allein die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland und der langjährige Auslandsaufenthalt keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung der Klägerin im Falle ihrer Rückkehr nach Togo.

In seinem Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - hat der Senat zur Rückkehrgefährdung togoischer Asylbewerber aufgrund der Asylantragstellung grundsätzlich ausgeführt:

"Auch in seinem neuesten Lagebericht vom 02.10.2002 stellt das Auswärtige Amt hinsichtlich der Behandlung von Rückkehrern nach Togo fest, dass nach den Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit die togoischen Behörden um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht seien, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Das bei der Einreise auf dem Flughafengelände durchgeführte Personenfeststellungsverfahren diene vorrangig der Klärung der Staatsangehörigkeit. Auch nach dem Deutschlandbesuch von Staatspräsident Eyadéma im Oktober 2000, bei dem es zu Protestdemonstrationen gekommen war, sei keine Änderung der Behandlung von Rückkehrern festgestellt worden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass Grenzkontroll- oder andere Beamte Rückkehrer in Einzelfällen unkorrekt behandeln würden. Gegenüber dem Auswärtigen Amt sei in mehreren Fällen vorgetragen worden, verschiedene aus Deutschland rückgeführte togoische Staatsangehörige seien nach ihrer Rückkehr Opfer staatlicher Repressionen geworden. Allen konkret vorgetragenen Behauptungen dieser Art sei das Auswärtige Amt nachgegangen. In keinem Fall hätten sich solche Behauptungen bei der Nachprüfung bestätigt. Eine Asylantragstellung allein löse nach den dem Auswärtigen Amt vorliegenden Erkenntnismitteln keine Repressionen aus.

Demgegenüber halten sowohl das Institut für Afrikakunde als auch amnesty international auch heute noch an ihrer Einschätzung fest, allein die Stellung eines Asylantrags und der längere Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründeten für einen Togoer die Gefahr staatlicher Repressionsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo. Begründet wird das mit ihnen bekannt gewordenen und in den Auskünften namentlich aufgeführten Fällen von Misshandlungen von in den Jahren nach 1995 aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschobenen Togoern im Anschluss an deren Rückkehr nach Togo (siehe ai, "Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen an togoischen Staatsangehörigen, die im Jahre 1998 aus Deutschland nach Togo abgeschoben wurden" vom 19.01.1999, "Togo - Staatlicher Terror" vom 05.05.1999, Auskunft vom 12.07.2000 an VG Hamburg, sowie IfA, Auskunft vom 17.01.2000 an VG Oldenburg).

Allerdings ließen sich die von amnesty international in ihren Berichten genannten Fälle von aus Deutschland und der Schweiz abgeschobenen Asylbewerbern nicht verifizieren. Offenbar hat auch amnesty international insoweit keine näheren Informationen; denn die übrigen in den Berichten erwähnten Fälle werden im Gegensatz dazu sehr detailliert dargestellt. Auch der Fall des im Januar 1998 abgeschobenen und angeblich festgenommenen ehemaligen Gewerkschafters O.-A. Djeri lässt sich nicht bestätigen. Das Auswärtige Amt hat diesen Fall überprüft, wobei die Angaben des Betroffenen widersprüchlich waren (Lageberichte vom 25.4.2001 und vom 23.11.2001). Den Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei den Ermittlungen, den amnesty international in dem Bericht vom 05.05.1999 gegen das Auswärtige Amt erhebt, hält der Senat angesichts unterschiedlicher Angaben Djeris, dessen Rechtsanwalt bei den Befragungen anwesend war, für unberechtigt. Auch aus den sonstigen vom Verwaltungsgericht herangezogenen Quellen - einschließlich der Stellungnahmen des UNHCR, der UN/OAU-Untersuchungskommission und des Instituts für Afrika-Kunde - lässt sich kein konkreter Fall von politischer Verfolgung eines aus Europa abgeschobenen togoischen Asylbewerbers verifizieren (so auch VGH BW, Urt. v. 22.11.2000 - A 13 S 1205/97 -).

Der Senat folgt daher der Einschätzung des Auswärtigen Amtes, dass die Asylantragstellung und Abschiebung allein nicht bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen gegenüber dem betroffenen togoischen Staatsangehörigen durch togoische Sicherheitskräfte nach sich ziehen; denn die Berichterstattung des Auswärtigen Amtes beruht auf einer verlässlichen und umfangreichen Informationsbasis, die die Deutsche Botschaft in Lomé im Rahmen ihrer Kontakte und Recherchen erlangt hat. Es werden dabei sämtliche vor Ort zur Verfügung stehenden Quellen ausgewertet. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen. Weitere Informationsquellen sind Oppositionskreise, Rechtsanwälte, Botschaften westlicher Partnerstaaten, internationale Organisationen, wie z. B. UNHCR oder IKRK, Regierungskreise sowie abgeschobene Personen. Darüber hinaus tauscht das Auswärtige Amt regelmäßig mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen und dem UNHCR Informationen über die Lage aus (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Allein die kurzfristige Ingewahrsamnahme am Flughafen im Rahmen eines Personenfeststellungsverfahrens stellt schon von der Intensität dieser Maßnahme her keine politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG dar."

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest, da im vorliegenden Fall keine neuen Erkenntnisse vorliegen, die dieses Ergebnis in Frage stellen könnten.

2.3. Der Klägerin droht im Falle ihrer Rückkehr nach Togo auch nicht wegen ihrer exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass einem togoischen Staatsangehörigen wegen seiner bloßen Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder einer Exilorganisation sowie einer damit verbundenen "nicht exponierten" Parteiarbeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung bei seiner Rückkehr nach Togo droht. Vielmehr ist stets nach den Umständen des Einzelfalls über die Gefahr der politischen Verfolgung bei einer Rückkehr zu entscheiden. Dabei kann nicht schematisch auf eine "aktive" oder "nicht aktive" Betätigung für derartige Organisationen abgestellt werden. Vielmehr muss angesichts der komplexen Situation eine umfassende Würdigung und Gesamtschau vorgenommen werden. Dabei sind die Asylantragstellung und die Dauer des Auslandsaufenthaltes nur einige der Risikofaktoren; zu bewerten sind ferner der Umfang und die Exponiertheit der exilpolitischen oder oppositionellen Betätigung, die Bedeutung sowie der Bekanntheitsgrad der Exilorganisation, eine eventuelle Medienberichterstattung in der Bundesrepublik Deutschland und der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass die Betätigung von dem Regime in Togo wahrgenommen wird. Der Senat führt dazu in seinem Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - folgendes aus:

"Zunächst ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die togoische Regierung die exilpolitische Szene in der Bundesrepublik Deutschland durch ihre Botschaft aufmerksam beobachtet. Die aus der Sicht der togoischen Regierung wegen der Einstellung der Entwicklungshilfe gespannten deutsch-togoischen Beziehungen werden zum Teil auch dem Wirken dieser Organisationen in Deutschland angelastet (UNHCR vom 19.06.1998 an VG Weimar). Das Regime nutzt insoweit auch eigene Informanten; allerdings ist das Regime technisch nicht in der Lage, die exilpolitischen Tätigkeiten der mehr als 11.000 Togoer, die sich in Deutschland aufhalten, wirklich systematisch zu erfassen (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die in Deutschland tätigen togoischen exilpolitischen Organisationen von dem Regime nahe stehenden Kreisen infiltriert sind (AA, Auskunft vom 17.02.1998 an das VG Hamburg; UNHCR vom 19.06.1998 an das VG Weimar; ai vom 11.10.1999 an das VG Hamburg). Der UNHCR weist in seiner Stellungnahme vom 28.07.2000 an das VG Oldenburg darauf hin, dass durch den Zuzug einer Reihe besonders profilierter togoischer Oppositioneller in die Bundesrepublik Deutschland seit 1998 das Interesse der togoischen Regierung an den exilpolitischen Aktivitäten in der Bundesrepublik noch gewachsen sein dürfte.

Die bloße Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation zieht aber dennoch nach wie vor nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen in Togo nach sich. Dies ist zunächst aus dem Umstand zu schließen, dass nahezu jeder togoische Asylbewerber, wie dem Senat aus den bisherigen anhängigen Verfahren togoischer Staatsangehöriger bekannt ist, einer, häufig sogar mehreren Exilorganisationen angehört. Damit bilden diese Asylbewerber einen hohen Anteil der Rückkehrer nach Togo. Aus den vorstehenden Ausführungen zu 2.2. ergibt sich aber, dass nach dem erfolglosen Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende Togoer obwohl sie in aller Regel einer exilpolitischen Organisation angehört haben, bisher keinen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren.

Dass die bloße Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung begründet, kann ferner aus dem Vergleich mit der Gefährdungslage, der ein Togoer bei einem entsprechenden politischen Engagement in Togo ausgesetzt ist, abgeleitet werden. Allerdings wird die Verfolgungsgefahr für einen zurückkehrenden Togoer schon dadurch herabgesetzt, dass die Exilorganisationen im europäischen Ausland trotz der möglichen Beeinflussung der öffentlichen Meinung in den westlichen Aufnahmeländern zu Ungunsten des Eyadéma-Regimes als Bedrohungsfaktor für den Herrschaftsanspruch des Regimes nur eine untergeordnete Rolle spielen können. Die Verfolgungsgefahr wird noch weiter dadurch gemindert, dass auch den interessierten togoischen Stellen bekannt sein dürfte, dass häufig ohne ernsthafte politische Ambitionen in Exilorganisationen mitgearbeitet wird, allein um die Chancen im Asylverfahren zu verbessern. Hinsichtlich der Reaktion des togoischen Regimes auf eine oppositionelle politische Betätigung in Togo führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 02.10.2002 unverändert aus, dass Personen unbehelligt blieben, die lediglich Mitglied in einer Oppositionspartei (oder auch Verwandte eines Oppositionsmitglieds) waren. Hinsichtlich der Gefährdung von bloßen Mitgliedern von oppositionellen Parteien in Togo ist ferner zu berücksichtigen, dass in Togo seit Juni 1991 wieder eine große Zahl von Oppositionsparteien zugelassen ist und diese auch politisch tätig sind. Wie oben dargelegt, ist die innenpolitische Lage, verglichen mit der Situation im Anschluss an die manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998, infolge des politischen Dialogs des Präsidenten und der Regierungspartei RPT mit den Führern der Opposition, darunter Gilchrist Olympio, durch eine gewisse Entspannung gekennzeichnet. Eine generelle, gewissermaßen "automatisch" an die Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder an die Verwandtschaft mit einem Mitglied einer Oppositionspartei anknüpfende Verfolgung findet daher in Togo nach wie vor nicht statt (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Anderenfalls hätte angesichts der großen Zahl von Oppositionsparteien und ihrer Mitglieder eine Massenverfolgung in Togo einsetzen müssen, für die es in den dem Senat vorliegenden Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte gibt.

Führt allein die Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei in Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungsmaßnahmen, so kann für die bloße Mitgliedschaft in einer oppositionellen Exilorganisation, deren politische Ziele mit denen der in Togo zugelassenen Parteien identisch sind oder die gar vorwiegend den kulturellen, gesellschaftlichen oder sonstigen Interessen ihrer Mitglieder dienen, nichts anderes gelten; denn, wie oben dargelegt, stellen die exilpolitischen Organisationen für das herrschende Regime eine geringere Gefahr dar als die in Togo tätige politische Opposition. Begründet danach die Zugehörigkeit zu einer exilpolitischen Organisation als solche nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung, so gilt dies auch für Tätigkeiten, die mit dieser Mitgliedschaft gewissermaßen im Rahmen der "gewöhnlichen Parteiarbeit" ohne weiteres verbunden sind, wie z. B. die bloße Teilnahme an Versammlungen und Parteiveranstaltungen sowie die Weitergabe von Informationen innerhalb der Organisation (ebenso BayVGH, Urt. v. 25.06.1996 - 25 BA 96.31447 - und OVG NW, Urt. v. 26.08.1996 - 23 A 286/85A. -).

Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen begründet auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einer exilpolitischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo; denn zunächst ist auf die inhaltlich unveränderte Darstellung des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 02.10.2002) zu verweisen, wonach es für die Verfolgungsmaßnahmen in Togo nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität ankommt. Dies muss aus den oben ausgeführten Gründen - erst recht - für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen gelten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass - wie sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln entnehmen lässt (Bundesverwaltungsamt vom 26.10.1999 an das OVG SH) -, bei den togoischen Exilorganisationen die Zahl der Funktionärsstellen in Relation zur Mitgliederzahl hoch ist und diese Stellen einer häufigen Rotation unterworfen sind. Wenn aber der ganz überwiegende Teil der togoischen Asylbewerber, die nach dem Abschluss des Asylverfahrens aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben werden, nicht nur einer exilpolitischen Organisation angehört, sondern - vorübergehend - eine zumindest der Bezeichnung nach bedeutsame Funktion wahrgenommen haben, es aber an Referenzfällen für eine politische Verfolgung von zurückkehrenden Asylbewerbern fehlt, so ist daraus zu schließen, dass allein das Innehaben einer Funktionsstellung innerhalb der Organisation von den togoischen Behörden nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen wird.

Der Vergleich mit den Folgen eines politischen Engagements in Togo, wie sie sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln entnehmen lassen, zeigt auch auf, unter welchen Voraussetzungen eine exilpolitische Betätigung die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung für den Fall der Rückkehr nach Togo zu begründen vermag. Wegen einer politischen Tätigkeit in Togo sind in erster Linie solche Personen gefährdet, deren politisches Engagement vom Staatspräsidenten und den ihn stützenden Kreisen als konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruchs des Regimes eingeschätzt wird. Dies gilt nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.10.2002 für politisch aktive Mitglieder der Opposition und aus politischen Gründen desertierte Angehörige der Sicherheitskräfte. Bei den verfolgten aktiven Mitgliedern der Opposition kommt es, wie bereits dargelegt, nicht auf den Rang in der Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an. Für den Bereich der exilpolitischen Betätigung ist hieraus zu schließen, dass togoische Staatsangehörige grundsätzlich nur in besonderen Konstellationen, bei denen die politischen Aktivitäten über die Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation hinausgehen, d. h. sie wegen des Grads ihrer politischen Aktivität besonders hervorgetreten sind und sie aufgrund dieser politischen Tätigkeit aus Sicht des Regimes eine ernstzunehmende Bedrohung für den Machtanspruch des Regimes darstellen, die Gefahr einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo angenommen werden kann.

Dass für aus dem Ausland zurückkehrende Togoer grundsätzlich nur dann die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung wegen ihrer exilpolitischen Tätigkeit besteht, wenn sie aufgrund besonderer Umstände eine konkrete Gefahr für die Herrschaft des Präsidenten und der ihn stützenden Kreise darstellen, ergibt sich auch aus der politischen und wirtschaftlichen Lage, in der sich der Präsident und sein Regime seit Jahren befinden. Alles beherrschender Grundsatz der Politik des Regimes ist die Aufrechterhaltung der eigenen Herrschaft über Togo. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Machtanspruch unter allen Umständen durchgesetzt wird, selbst wenn hierdurch die Beziehungen zu den USA und zu den Staaten der Europäischen Union mit der Folge belastet werden, dass finanzielle Hilfen der potentiellen Geberländer weiterhin ausgeschlossen bleiben. Dies zeigt sich z. B. am Ausgang der Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998; denn als sich bei der Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der Opposition (Olympio Gilchrist) abzeichnete, wurde die laufende Auszählung der Stimmen trotz der Anwesenheit von europäischen Wahlbeobachtern, die massiven Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt waren, abgebrochen. Die Vorsitzende der Wahlkommission, Frau Awa Nana, wurde zum Rücktritt gezwungen, so dass schließlich Eyadéma vom Innenminister zum Sieger der Wahlen erklärt werden konnte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Das vom Regime dominierte Verfassungsgericht bestätigte die Gültigkeit der Wahl, die von den Staaten der Europäischen Union einhellig als manipuliert bewertet wird (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die offenkundige Verfälschung der Präsidentschaftswahlen und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch togoische Sicherheitskräfte anlässlich der Niederwerfung des politischen Protestes gegen die Wahlmanipulationen im Sommer 1998 waren entsprechend der Ankündigung, die Wahlen als Test für die Beachtung der demokratischen Grundsätze anzusehen, Anlass für die Staaten der Europäischen Union - mit Ausnahme Frankreichs -, die seit Februar 1993 suspendierte Entwicklungshilfe nicht wieder aufzunehmen (IfA vom 16.12.1998 an das OVG RP und UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg).

Die Aufrechterhaltung des Herrschaftsanspruchs des Regimes ist aber durch die wirtschaftliche Situation des Landes gefährdet. Die wirtschaftliche Lage Togos hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich von 430 US-$ (1990) auf 320 US-$ (1999) verringert. Nach Schätzungen der Weltbank lebten 1999 43 % der Togoer unterhalb der Armutsgrenze; 1990 betrug dieser Anteil nur 32 % (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die desolate wirtschaftliche Lage kann den Herrschaftsanspruch des Regimes insbesondere dann gefährden, wenn sich das Regime nicht mehr auf die Sicherheitskräfte - Verwaltung, Polizei und Armee - verlassen kann. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.11.2000 ist zu entnehmen, dass das Regime nicht mehr in der Lage ist, die Gehälter an Angestellte im öffentlichen Dienst, an einfache Beamte und an Pensionäre pünktlich auszuzahlen; die Gehaltszahlungen erfolgen vielmehr mit monatelangen Rückständen. Das Militär ist hiervon - noch - nicht betroffen. Zur Verbesserung der desolaten wirtschaftlichen Lage ist das Land dringend auf wirtschaftliche Hilfe, insbesondere auf die Wiederaufnahme der seit Februar 1993 suspendierten Entwicklungshilfe, durch die hierzu allein fähigen westlichen Staaten angewiesen. Um aber die Chancen auf die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe nicht zu gefährden, muss das Regime seinerseits auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer besondere Rücksicht nehmen. Das Regime muss der Forderung der USA und der Staaten der Europäischen Union nach Einhaltung der demokratischen Grundprinzipien und der Achtung der Menschenrechte entsprechen, soweit dies sein Machtanspruch zulässt. Da die westlichen Länder ihrerseits auch ein erhebliches Interesse an der Rückführung von solchen togoischen Staatsangehörigen haben, die ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen haben, muss das Regime im Interesse der Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den westlichen Geberländern von der politischen Verfolgung von eigenen Staatsangehörigen absehen, die nach der Durchführung eines Asylverfahrens nach Togo zurückkehren. Diese Rücksichtnahme auf die Interessen derjenigen Staaten, auf deren Hilfestellung das Regime letztendlich auch zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft angewiesen ist, wird nur dann zurückgestellt, wenn der Betreffende aufgrund einer besonderen Konstellation eine konkrete Gefährdung des eigenen Herrschaftsanspruchs darstellt. Dies ist z. B. bei einem aus politischen Gründen desertierten Soldaten gegeben, weil dieser dem Bereich des wichtigsten Herrschafts- und Unterdrückungsinstruments des Regimes zuzurechnen ist. Die Rücksichtnahme auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer zeigt sich z. B. am Verfahren der Personenkontrolle am Flughafen. Das Auswärtige Amt weist in den Lageberichten seit Jahren unverändert darauf hin (vgl. zuletzt Lagebericht vom 02.10.2002), die togoischen Behörden seien um eine korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Auch der oben dargestellte politische Dialog des Regimes mit der gemäßigten Opposition (zuletzt im Mai 2002 in Paris), der zwar bis zum heutigen Tage keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess Togos brachte, ist eine Reaktion des Regimes auf die ständigen Forderungen der Staaten der Europäischen Union nach einer tatsächlichen demokratischen Entwicklung in Togo, die insbesondere nach den Repressionsmaßnahmen gegen die Opposition im Anschluss an die zu Gunsten Eyadémas manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998 erhoben worden waren. Im Oktober 1998 richteten der Ministerrat und die Kommission der Europäischen Union gemeinsam einen schriftlichen Appell an den togoischen Außenminister, in dem die togoische Regierung zur Wiederherstellung rechtsstaatlicher und ziviler Verhältnisse in Togo und zur Darlegung derjenigen Maßnahmen aufgefordert wurde, die sie zur Erreichung dieser Ziele zu ergreifen gedenke. Am 20.11.1998 kam es zu einem ersten Gespräch des Präsidenten Eyadéma mit führenden Vertretern der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition, in dem Eyadéma auch seine Bereitschaft zu einem Gespräch mit dem prominentesten Oppositionspolitiker, Olympio Gilchrist, erklärte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Da sich die Opposition nicht mit ihrer Forderung durchsetzen konnte, die Parlamentswahlen erst nach der Beendigung des politischen Dialogs zwischen dem Präsidenten und der Opposition abzuhalten, boykottierte die Opposition die Parlamentswahlen vom März 1999 (AA, Lagebericht vom 15.11.2000) und vom Oktober 2002 (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002)."

Im Falle der Klägerin liegt eine besondere Konstellation, die nach den vorstehenden Ausführungen die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung begründet, nicht vor.

Die Organisation Solidarität International (SI) ist schon keine Exilorganisation einer der Oppositionsparteien Togos, sondern ein Zusammenschluss von Flüchtlingen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Mitgliedschaft in diesem Verein kann von den togoischen Behörden nicht wirklich als Gefährdung ihrer Macht im Lande angesehen werden, da die Vereinigung nicht gezielt gegen das togoische Regime agiert. Damit ist der Verein aber mit einer typischen togoischen Oppositionspartei, die sich vorwiegend mit der schwierigen politischen Gesamtsituation in Togo auseinander setzt, nicht zu vergleichen. Hinzu kommt, dass nahezu jeder togoische Asylbewerber, wie dem Senat aus den bisherigen anhängigen Verfahren togoischer Staatsangehöriger bekannt ist, einer, häufig sogar mehreren Exilorganisation(en) angehört. Bisher liegen aber - wie oben bereits ausgeführt - keine Nachweise vor, dass nach erfolglosem Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende togoische Staatsangehörige, obwohl sie einer exilpolitischen Organisation angehört hatten, staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Soweit die Klägerin sich exilpolitisch in Deutschland in der Partei UFC (Union des Forces du Changement) engagiert hat, führen auch diese exilpolitischen Aktivitäten nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer politischen Verfolgung in Togo.

Die UFC ist die wichtigste Oppositionspartei in Togo mit Gilchrist Olympio als Parteichef. Sie setzt sich für die Menschenrechte und die Pressefreiheit in Togo ein. Sie hat als Ziele die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit in Togo, den Rückzug des Staatschefs aus seinen militärischen Funktionen sowie die Beendigung der über die Medien und das Internet geführten Desinformationskampagne. Ferner setzt sie sich für die Sicherstellung eines korrekten Wahlvorgangs unter internationaler Kontrolle und für den vollen Respekt der togoischen Verfassung ein (Bundesamt, Togo-Information, Teil 1 Allgemeine Lage, August 2001, S. 25)

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich sogar die Oppositionsparteien in Togo als solche aktiv betätigen können, wie der Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im Herbst 2002 gezeigt hat. Es ist davon auszugehen, dass diese Parteien viele tausend Mitglieder haben, die sich in Togo selbst kritisch mit dem herrschenden Regime auseinander setzen, ohne deswegen systematisch verfolgt oder menschenrechtswidrig behandelt zu werden. Zwar wird von gelegentlichen Übergriffen gegen führende Funktionäre von Oppositionsparteien berichtet (AA, Lagebericht vom 02.10.2002); eine solche Funktion bekleidet die Klägerin aber in den o. g. Vereinigungen nicht.

Vor diesem Hintergrund ist auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einem Auslands-Verein - wie hier u. U. die Funktion der Klägerin als stellvertretende Generalsekretärin der UFC in Bielefeld - dahingehend zu beurteilen, dass eine solche Funktion nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo begründet; denn für die in Togo zu befürchtenden Repressionen kommt es nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Dies gilt aus den oben genanten Gründen erst recht für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen. Die politischen Aktivitäten der Klägerin zeichnen sich aber weder inhaltlich noch von ihrem Umfang her durch spektakuläre Aktionen aus, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden sind. Die Teilnahme der Klägerin an der Protest- und Informationsversammlung am 28.06.2001 auf dem Kirchplatz in Rheda-Wiedenbrück, an der Informationsversammlung der Organisation Perspective-Togo e. V. am 18.08.2001 in Dortmund, an einer Veranstaltung zum 11. Jahrestag der Volkserhebung in Togo in Recklinghausen am 06.10.2001, an einem Seminar der togoischen Flüchtlinge und Exilbürger vom 20.04. bis 21.04.2002 in Duisburg und an einem von der UFC aus Anlass des 43. Jahrestages der politischen Unabhängigkeit in Togo organisierten Marsch am 26.04.2003 in Recklinghausen begründen nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo; denn unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin ist davon auszugehen, dass ihre Aktivität bei diesen Veranstaltungen über die Anwesenheit als Teilnehmer nicht hinausgegangen ist. Sie hat sich mithin auf den Veranstaltungen in keiner Weise von den übrigen Teilnehmern unterschieden oder sonst in irgendeiner Weise profiliert.

Soweit die Klägerin auf ein Schreiben vom 08.05.2003 verweist, war dieses an den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen gerichtet und enthielt keinen Hinweis auf die Klägerin, so dass nicht davon auszugehen ist, dass dieses Schreiben überhaupt den togoischen Behörden bekannt geworden ist. Im Übrigen dürfte das Schreiben von der togoischen Regierung schon deswegen nicht als Angriff auf den Herrschaftsanspruch des Präsidenten Eyadéma und seinen unmittelbaren persönlichen Bereich angesehen werden, weil das Schreiben sich in erster Linie gegen die Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland und speziell gegen die Asylpraxis gegenüber togoischen Asylbewerbern in Nordrhein-Westfalen richtete. Eine ernsthafte Bedrohung des Machtanspruchs Eyadémas kann in diesem Schreiben mithin nicht gesehen werden, zumal die im Zusammenhang mit dem Streik geäußerte Kritik am Regime in Togo hauptsächlich in der Tagespresse Nordrhein-Westfalens erwähnt wurde.

Führen mithin weder die Asylantragstellung und der langjährige Auslandsaufenthalt noch die exilpolitischen Aktivitäten der Klägerin zu der Annahme, dass sie im Falle ihrer Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein wird, liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG nicht vor.

II. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG liegen ebenfalls nicht vor. Nach § 53 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter unterworfen zu werden. Dieses Abschiebungshindernis setzt eine individuell-konkrete Gefahr voraus, eine generelle Gefahr genügt nicht. Dem Ausländer, um dessen Rückführung es geht, muss zunächst der Zugriff des anderen Staates und im Falle des Zugriffs die in dieser Vorschrift bezeichnete inkriminierte Behandlung drohen (vgl. die Begründung zu § 53 Abs. 1 des Gesetzentwurfes, BT-Drs. 11/6321 S. 75). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Soweit sich die Klägerin auch in diesem Zusammenhang auf das von ihr zur Begründung ihres Asylantrags vorgetragene angebliche Verfolgungsgeschehen beruft, ergibt sich hieraus für sie nicht die konkrete Gefahr, der Folter unterworfen zu werden, weil dieses Vorbringen - wie oben dargelegt - unglaubhaft ist. Sonstige Umstände, welche die konkrete Gefahr der Folter begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Asylantragstellung und ihre exilpolitischen Aktivitäten begründen - wie bereits ausgeführt - eine derartige Gefahr nicht.

Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 2 und 3 AuslG scheiden schon nach dem Vorbringen der Klägerin offensichtlich aus. Weder hat sie behauptet, dass sie in Togo wegen einer Straftat gesucht wird und insoweit die Gefahr der Todesstrafe besteht (§ 53 Abs. 2 S. 1 AuslG), noch ist gegen sie ein Auslieferungsverfahren anhängig (§ 53 Abs. 3 AuslG). Auch die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung der Klägerin im Sinne von § 53 Abs. 4 AuslG wegen der Asylantragstellung oder ihrer exilpolitischen Aktivitäten besteht aus den oben unter Pkt. 2. genannten Gründen nicht.

Schließlich sind auch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht gegeben, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden kann, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ohne Rücksicht darauf ab, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 330). Eine Aussetzung der Abschiebung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kommt jedoch nicht in Betracht, wenn die geltend gemachten Gefahren nicht landesweit drohen und der Ausländer sich ihnen durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann (BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 330). Für die Annahme einer "konkreten" Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG genügt ebenso wenig wie im Asylrecht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr ist der Begriff der "Gefahr" im Sinne dieser Vorschrift im Ansatz kein anderer als der im asylrechtlichen Prognosemaßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" angelegte, wobei allerdings das Element der "Konkretheit" der Gefahr für "diesen" Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation statuiert. Die besondere Schwere eines drohenden Eingriffs in geschützte Rechtsgüter ist auch bei § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG im Rahmen der gebotenen "qualifizierenden" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes vermittels des Kriteriums, ob die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung "beachtlich" ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24, 26 im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 05.11.1991, BVerwGE 89, 162; BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 330). Gemessen daran liegen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Durchführung der Abschiebung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht vor. Eine der Klägerin drohende individuell-konkrete Gefahr im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ist nicht glaubhaft gemacht; insbesondere drohen der Klägerin bei einer Abschiebung nach Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Asylantragstellung und ihrer exilpolitischen Aktivitäten Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 51 Abs. 1 AuslG Bezug genommen. Auch für das Vorliegen einer allgemeinen "extremen Gefahrenlage", bei welcher der Ausländer im Falle seiner Abschiebung grundsätzlich sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, 328; Urt. vom 29.03.1996, NVwZ-Beilage 1996, 57, 58 und vom 19.11.1996, NVwZ 1997, 685, 687f.) oder der extremen Gefahr ausgesetzt würde, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben (BVerwG, Urt. v. 02.09.1997 - BVerwG 9 C 40.96 -) und die daher in verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG - ausnahmsweise - ein zwingendes Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz1 AuslG begründet (vgl. BVerwG, Urteile v. 17.10.1995, 29.3.1996,19.11.1996 und 2.9.1997 a.a.O.) fehlt jeder Anhaltspunkt. Auch die von der Klägerin behauptete psychische Erkrankung führt nicht zur Annahme einer "Extrem-Gefahr" im Falle ihrer Rückkehr nach Togo; denn diese Erkrankung besteht nach den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 23.05.2003 offensichtlich nicht mehr, da sie weder in Sachsen-Anhalt noch in Nordrhein-Westfalen eine regelmäßige ärztliche, insbesondere psychiatrische Behandlung oder Hilfe von Beratungsstellen in Anspruch genommen hat oder diese zukünftig benötigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG; die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat von keiner Entscheidung im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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