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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 2 L 176/02
Rechtsgebiete: BauNVO


Vorschriften:

BauNVO § 1 Abs. 4
BauNVO § 6 Abs. 1
BauNVO § 8 Abs. 1 Nr. 2
1. Ein Verstoß gegen die Anforderungen an die Bauvorlagen kann nur dann zum Erfolg einer Nachbarklage führen, wenn aufgrund dessen die Baugenehmigung, etwa wegen fehlender Bestimmtheit, auch materiell rechtswidrig wird und insofern Rechte des Nachbarn verletzt. Bauvorlagen können auch noch im Lauf des Widerspruchsverfahrens nachgereicht oder vervollständigt werden.

2. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb zu den "das Wohnen nicht wesentlich störenden" Gewerbebetrieben im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO gehört, ist in der Regel nicht von den konkreten Verhältnissen des jeweiligen Betriebes, sondern von einer (begrenzt) typisierenden Betrachtungsweise auszugehen. Die typisierende Betrachtungsweise verbietet sich hingegen, wenn der Betrieb zu einer Branche gehört, bei der die üblichen Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine vom nicht wesentlich störenden bis zum störenden oder gar bis zum erheblich belästigenden Betrieb reichende Bandbreite aufweisen; bei solchen Vorhaben sind der Zulässigkeitsprüfung stets die konkreten Verhältnisse des Betriebs zu Grunde zu legen

3. Getreidelager zählen nicht zur Gruppe der Betriebe, bei der eine typisierende Betrachtungsweise vorgenommen werden kann, da von ihnen wesentliche Störungen ausgehen können, aber nicht zwangsläufig müssen.

4. Bestimmte Grenzwerte, die zum Schutz der Nachbarschaft vor wesentlichen Störungen durch Geräusche in einem Mischgebiet nicht überschritten werden dürfen, sind weder in § 6 BauNVO noch an anderer Stelle normativ festgelegt. Einen Anhaltspunkt geben allerdings die in der TA Lärm für den äquivalenten Dauerschallpegel in einem solchen Gebiet bestimmten Immissionsrichtwerte.

5. Die Mindestanforderung an den Grad der Wohnruhe im Mischgebiet ist die Gewährleistung eines ungestörten Feierabends und einer auskömmlichen Nachtruhe; Entsprechendes gilt für die Wochenenden und Feiertage, an denen ebenfalls ein gesteigertes Ruhebedürfnis besteht.

6. Eine Baugenehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt.

7. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden.


Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte (Teil-)Baugenehmigung zur Nutzung von zwei Silos als Getreidelager.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks der Gemarkung C-Stadt, Flur 30, Flurstück 477/33 (C-Straße), das mit einem Wohnhaus bebaut ist und im rückwärtigen östlichen Teil gärtnerisch genutzt wird. Weiter in östlicher Richtung in etwa 50 bzw. 90 m Entfernung zur östlichen Grundstücksgrenze und etwa 80 bzw. 120 m Entfernung zum Wohngebäude befinden sich auf dem Flurstück 35/1 zwei etwa 20 bis 25 m hohe Hochbehälter mit einem Durchmesser von jeweils etwa 50 m, die ursprünglich zur Zuckereinlagerung genutzt wurden.

Sämtliche Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 23.09.1998 beschlossenen und am 14.10.1998 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. 15-94 der Stadt C-Stadt (Gewerbe- und Industriegebiet C-Stadt-Nord), der für das Grundstück der Kläger ein Mischgebiet und für das mit den Silos bebaute Grundstück ein "eingeschränktes Gewerbegebiet" (GEe 1) vorsieht. Nach Nr. 1 der textlichen Festsetzungen ist in diesem eingeschränkten Gewerbegebiet ein flächenbezogener Schallleistungspegel von tagsüber 60 dB (A) und nachts 40 dB (A) einzuhalten. Nach Nr. 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind in eingeschränkten Gewerbegebieten nur Betriebe zulässig, die hinsichtlich ihres Störgrades als nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO einzuordnen sind. Ferner sind dort Betriebe unzulässig, die verfahrensbedingt geruchsintensive Stoffe ableiten, sowie Betriebe, von denen ein Gefährdungspotenzial ausgeht. Der etwa 30 bis 60 m breite Bereich zwischen dem Flurstück 35/1 und den Wohngrundstücken an der H. Straße wurde als Mischgebiet ausgewiesen.

Nach der 2. Änderung des Bebauungsplans vom 22.11.2000, bekannt gemacht am 13.12.2000, wurde der Bereich zwischen den Wohngrundstücken an der H. Straße und dem Flurstück 35/1 als eingeschränktes Mischgebiet ausgewiesen, in dem nur Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 BauNVO zulässig und die allgemein zulässigen Nutzungen nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 und 8 BauNVO unzulässig sind. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen sind dieselben flächenbezogenen Schallleistungspegel wie in der ursprünglichen Fassung bestimmt. Nr. 5 lässt nach wie vor nur nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zu.

Unter Datum vom 03.12.1998 erstellte der TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt im Auftrag der Fa. Altmärker Zuckerhandel GmbH, die die beiden Silos bereits als Getreide- und Futtermittellager genutzt hatte, ein schalltechnisches Gutachten, das eine Überschreitung der zulässigen Immissionsanteile im Wesentlichen durch den Betrieb der lüftungstechnischen Anlagen (Dachventilator, Kühlluftgebläse) feststellte.

Mit Schreiben vom 09.07.1999 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, im Fall der Übernahme sei geplant, die Tanks weiterhin zum Zweck der Lagerung von Getreide und anderen Agrargütern zu nutzen. Dabei sei ihr bewusst, dass es offenbar in der Vergangenheit Beschwerden der Anwohner über angebliche Lärmbelästigungen gegeben habe. Sie werde aber dafür Sorge tragen, dass bei dem Betrieb der Anlage die gesetzlich vorgegebenen Werte eingehalten würden. Sie bitte um Mitteilung, ob der Beklagte mit der von ihr vorgesehenen Nutzung einverstanden sei.

Am 23.07.1999 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine Teilbaugenehmigung zur Nutzung der beiden Silos zur Einlagerung von Getreide bis 150 Tonnen täglich, die folgende Nebenbestimmungen enthält:

1. Entsprechend den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind die maximal zulässigen flächenbezogenen Schallleistungspegel tagsüber von 60 dB/A einzuhalten.

2. Ein Befüllen der Tanks in den Nachtstunden (22.00 - 6.00 Uhr) ist unzulässig und darf nicht vorgenommen werden.

3. Die maximal zulässige tägliche Befüllmenge wird, wie mit Herrn W. abgestimmt, auf 150 t Getreide festgesetzt.

4. Hinsichtlich des vorhandenen Dachlüfters ist eine Minderung der Geräuschemission von De ( 20 dB zu erreichen.

Im Hinblick auf das Alter des derzeitigen Ventilators wird eine Neuanschaffung eines Ventilators empfohlen, der bei Betrieb eine Schallleistung von Lw = 80 dB/A nicht überschreiten sollte.

5. Für das mobile Kühllüftungsgebläse ist eine Minderung von De ( 15 dB zu erreichen. Es ist zu prüfen, ob durch den Betreiber ein anderes (gekapseltes) Kühlluftgebläse eingesetzt werden kann, das eine Schallleistung von Lw = 85 dB (A) nicht überschreitet.

Hiergegen erhoben die Kläger am 17.08.1999 Widerspruch und gaben zur Begründung an, die Teilbaugenhemigung sei bereits formell rechtswidrig, weil die Beigeladene keine Bauvorlagen eingereicht habe. Sie sei auch materiell rechtswidrig, weil die Getreideein- und -auslagerung, die auch an Wochenenden erfolge, Lärmspitzen von 80 dB/A und gewaltige Staubemissionen hervorrufe. Zudem stelle der Getreidestaub aufgrund der Explosionsgefahr ein erhebliches Gefährungspotenzial dar.

Am 15.03.2000 reichte die Beigeladene einen (förmlichen) Bauantrag zur "Umnutzung der Zuckertanks zum Lagern von Getreide und Agrarerzeugnissen" sowie weitere Bauvorlagen beim Beklagten ein. Der Betrieb sollte in der Zeit von 7.00 bis 17.00 Uhr erfolgen. Unter Punkt 6.1 (Luftverunreinigung) war das Kästchen "Staub" angekreuzt und näher als "Getreidestaub" bezeichnet. Als Lage der Emissionsöffnungen war "3,0 m x 4,0 m", und als Maßnahmen zur Verminderung der Emission "Abdeckung/Absaugung" angegeben. Unter Punkt 6.2 (Geräusche) wurde angeführt, dass zur Tageszeit Einzelgeräusche, ein allgemeines Betriebsgeräusch und gelegentlicher Verkehrslärm auf dem Grundstück entstehen. Die Lage der Geräuschquellen solle "zwischen den Silozellen" liegen; Maßnahmen zur Verminderung der Geräusche sollten durch "Kapselung/Schalldämpfer" erfolgen. In einer von der Beigeladenen am 19.06.2000 nachgereichten "Stellungnahme zur Teilbaugenehmigung" wird u. a. folgendes ausgeführt:

"...Der in der Auflage angeführte Dachlüfter ist außer Betrieb, dieser wurde elektrisch demontiert. Sollte es erforderlich sein, werden Ventilatoren eingesetzt, die dann so installiert werden, dass der vorgegebene Schallpegel von 60 dB nicht überschritten wird.

Das angeführte Kühlluftgebläse ist von uns nicht in Betrieb genommen worden. Sollte dies aber aus betrieblichen Gründen erforderlich werden, werden wir uns entsprechend der Angaben wie in Auflage 4 verhalten.

Die einzulagernden Agrargüter werden mit LKWs angeliefert. Im Einfahrtsbereich des Grundstücks ist ein Verwaltungsgebäude mit Sozialräumen und Fuhrwerkswaage sowie Labor zur Qualitätsfeststellung geplant. Daraufhin werden die Fahrzeuge im Bereich der bestehenden Silos über die vorhandene Schüttgosse entleert. Die Produkte gelangen über langsam laufende Einzugskettenförderer sowie über ein Becherwerk weiter über Fallrohre auf ein Transportband, welches das Produkt an seine Lagerstelle befördert. Des Weiteren können Fahrzeuge in die Silos (ca. 2.000 m²) einfahren, um das anzuliefernde Produkt vor Ort direkt oder über ein Förderband abzukippen. Bei der Anlieferung von Paletten oder Big-Bags werden diese mit Gabelstaplern von den Fahrzeugen abgesetzt und an den Lagerort gebracht. Bei der Auslagerung/Verladung werden die Produkte mit einem Radlader oder Flurförderfahrzeug mit Leichtgutschaufel auf den Förderweg gebracht, im weiteren Verlauf wird analog der Einlagerung verfahren." Im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 20.06.2000 führte der Beklagte zwischen 12.59 Uhr und 13.10 Uhr "Orientierungsmessungen" durch. An der Grundstücksgrenze des Betriebes zum Grundstück H. Straße 36 betrug der Mittelungspegel 55,1 dB(A), am Vorplatz der Terrasse (Oberkante Kellergeschoss) dieses Grundstücks 47,3 dB (A) und auf der Terrasse (Fensterhöhe) dieses Grundstücks 49,9 dB (A).

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2000 wies das Regierungspräsidium Magdeburg den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Widerspruchsbehörde aus, auf eventuelle Verstöße im Zusammenhang mit den Bauvorlagen könnten sich die Kläger nicht berufen. Das Vorhaben der Beigeladenen entspreche dem Bebauungsplan Nr. 15-94. Die maßgeblichen Schallleistungspegel würden nicht überschritten. Dies ergebe sich sowohl aus dem Gutachten des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt vom 03.12.1998, das sogar von einer wesentlich höheren täglichen Einlagerungsmenge ausgegangen sei, als auch aus den am 20.06.2000 durchgeführten Schallmessungen. Den im Gutachten festgestellten Überschreitungen durch die lüftungstechnischen Anlagen habe der Beklagte durch entsprechende Auflagen in der Teilbaugenehmigung Rechnung getragen. Beweise über die Nichteinhaltung von hinzunehmenden Grenzwerten einer Staub- und/oder Lärmbelästigung hätten die Kläger nicht vorgelegt.

Bereits am 15.06.2000 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Magdeburg (Untätigkeits-)Klage erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen: Der Betrieb der Zuckerfabrik sei Ende 1991 eingestellt und die Betriebsgebäude seien nahezu vollständig abgerissen worden. Eines der beiden Silos habe die Fa. Altmärker Zuckerhandel GmbH bereits 1994 zur Getreideeinlagerung genutzt; dabei sei es zu erheblichen Überschreitungen der zulässigen Immissionswerte gekommen. Bei der aufgrund der Teilbaugenehmigung im Sommer und Herbst 1999 von der Beigeladenen vorgenommene Getreideeinlagerung seien (erneut) erhebliche Lärmbelästigungen entstanden, die insbesondere durch den Betrieb des Ventilators zur Belüftung des Getreides, durch die Entleerung der Fahrzeuge mittels Kreiskolbengebläse und durch das ständige Ein- und Ausschalten der wartenden LKWs hervorgerufen worden seien. Darüber hinaus sei es zu erheblichen Staubbelästigungen durch das Abkippen des Getreides in die Silos, das Entleeren mittels Fallrohren auf die offenen LKWs und das teilweise Zerfahren des Getreides durch den an- und abfahrenden LKW-Verkehr gekommen. Bei dem Betrieb der Beigeladenen handele es sich damit um einen "wesentlich störenden Gewerbebetrieb", der nach den Festsetzungen des Bebauungsplans unzulässig sei. Konkrete Auflagen zur Verringerung der Lärm- und Staubemissionen enthalte die Teilbaugenehmigung nicht. In Betracht komme insbesondere eine Verlegung der Einfahrtstore auf die der Wohnbebauung abgewandte, östliche Seite der Silos und die Auflage, das Getreide nur innerhalb der Silos abzukippen. Auch sei ein Betriebsverbot an Sonn- und Feiertagen erforderlich. Im Übrigen bestünden auch Bedenken an der Wirksamkeit des Bebauungsplans im Hinblick darauf, dass die Stadt C-Stadt kein schalltechnisches Gutachten eingeholt und im Westen des Plangebiets eine Mischgebietsfläche festgesetzt habe, obwohl zu einem großen Teil Flächen mit reiner Wohnbebauung vorhanden seien.

Die Kläger haben beantragt,

1. die Teilbaugenehmigung des Beklagten vom 23.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Magdeburg vom 07.09.2000 aufzuheben,

2. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die erteilte Teilbaugenehmigung vom 23.07.1999 um Auflagen bezüglich aktiver und passiver Lärmschutzmaßnahmen und Auflagen zur Verringerung von Staubimmissionen zu ergänzen, durch die die Einhaltung der nach dem Bebauungsplan 15-94 "Gewerbe- und Industriegebiet C-Stadt-Nord" geltenden Immissionswerte und sonstigen textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sowie die Einhaltung der nach der TA Luft geltenden Staubemissionswerte und Vorgaben bezüglich Lagerung, Transport, Be- und Entladung staubender Güter gewährleistet wird,

3. höchst hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die erteilte Teilbaugenehmigung vom 23.07.1999 um Auflagen bezüglich aktiver und passiver Lärmschutzmaßnahmen und Auflagen zur Verringerung von Staubimmissionen zu ergänzen, durch die die Einhaltung der Orientierungswerte gemäß TA Lärm sowie die nach der TA Luft geltenden Staubemissionswerte und Vorgaben bezüglich Lagerung, Transport, Be- und Entladung staubender Güter gewährleistet wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, das Gutachten des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt könne als Grundlage für die Bewertung der Lärmimmissionen herangezogen werden, da es für die streitbefangenen Silos unter Annahme einer täglichen Menge von sogar 1.000 Tonnen Getreide erstellt worden sei. Da weder der Dachventilator noch das Kühlgebläse betrieben würden, seien die im Gutachten festgestellten Überschreitungen der Immissionswerte unerheblich. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Silos im Jahr 1999 nur an 11 Tagen gefüllt worden seien, was über Schläuche mittels eines Kreiskolbengebläses in geschlossene LKW erfolge.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Auflagen seien ausreichend, um die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorgaben des Bebauungsplans herbeizuführen. Die Festsetzungen im Bebauungsplan seien ihrerseits ausreichend, um die vorgefundene Gemengelage angemessen planerisch zu bewältigen. Durch den flächenbezogenen Schallleistungspegel, der den Schutzansprüchen eines Mischgebiets entspreche, könne eine verträgliche Nachbarschaft zwischen der bestehenden gemischten Bebauung und der Wohnbebauung einerseits und der gewerblich-industriellen Bebauung andererseits gewährleistet werden. Das Vorhaben sei auch nicht rücksichtslos. Die Getreideeinlagerung erfolge nur in saisonalen Spitzenzeiten, wenn das Getreide anderenorts nicht sachgemäß untergebracht werden könne.

Mit Urteil vom 26.02.2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen handele es sich um einen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO, der in dem eingeschränkten Gewerbegebiet planungsrechtlich zulässig sei. In der mündlichen Verhandlung habe die Beigeladene dargelegt, dass während der Getreideernte lediglich in der saisonalen Spitzenzeit Getreide eingelagert werde. Eine Auslagerung erfolge durchschnittlich zwei- bis dreimal die Woche während des ganzen Jahres. Der hervorgerufene Lärm überschreite nicht die durch die Baugenehmigung auf der Grundlage des Bebauungsplans festgesetzten Werte. Das Gutachten des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt könne verwendet werden, weil sich nur der Nutzer, nicht aber die Betriebsart geändert habe. Da die lüftungstechnischen Anlagen nicht betrieben würden, sei das Gericht der Überzeugung, dass die durch den Bebauungsplan vorgegebenen Werte eingehalten würden. Zudem sei die täglich einzulagernde Menge wesentlich geringer als im Gutachten angenommen. Dies werde auch durch die vom Beklagten durchgeführten Orientierungsmessungen bestätigt. Aufgrund der Wiege- und Auslieferungsprotokolle sei das Gericht ferner der Überzeugung, dass mit gravierenden Belästigungen während der Ein- und Auslagerungszeiten nicht zu rechnen sei. Die von den Klägern bemängelte Staubbelästigung werde durch die Entleerung der Fahrzeuge mittels Kreiskolbengebläses über Schläuche weitestgehend reduziert. Der Vertreter der Beigeladenen habe in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Be- und Entladungen des Getreides in der Regel zu etwa 2/3 von Kesselwagen und zu 1/3 von offenen Wagen erfolgten. Da es sich bei dem Getreide um bereits vorgereinigtes Getreide mit einem geringen Staubanteil von 0,1 % handele, sei nach Auffassung des Gerichts nicht mit einer erheblichen Belästigung der Kläger durch Staubentwicklung zu rechnen. Dies werde auch durch vom Vertreter des Beklagten überreichte Erklärungen weiterer Nachbarn bestätigt, nach deren Angaben es nur gelegentlich zu geringen Staubentwicklungen komme, insbesondere wenn Getreide auf offene LKWs verladen werde und der Wind aus Richtung Osten komme. Diese Beeinträchtigungen seien hinzunehmen. Daher sei es auch nicht unverhältnismäßig, dass die Beigeladene ihren Betrieb auch an Wochenenden und Feiertagen fortsetzen könne. Weiterer Maßnahmen zum Schutz vor Lärm und Staub bedürfe es mithin nicht.

Die vom Senat mit Beschluss vom 23.09.2004 zugelassene Berufung haben die Kläger wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht habe sich mit den rechtlichen Voraussetzungen für einen "wesentlich störenden Gewerbebetrieb" nicht auseinandergesetzt. Selbst wenn auf die konkrete, anhand der Ausführung des Betriebs zu beurteilende Störanfälligkeit abzustellen sein sollte, könne nicht die tatsächliche Ausführung des Betriebs maßgeblich sein, wie die Beigeladene sie in der mündlichen Verhandlung dargestellt habe, sondern nur der Betreib, wie der Beklagte ihn im angefochtenen Bescheid genehmigt habe. Hinsichtlich der Lärm- und Staubemissionen enthalte die Baugenehmigung keine (ausreichenden) Auflagen. Auf die nachgereichten Bauvorlagen könne nicht abgestellt werden, weil sie erst nach Erteilung der Teilbaugenehmigung eingereicht worden seien. Zudem habe das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Ohne weitere gutachterliche Stellungnahme habe das Verwaltungsgericht nicht beurteilen können, wie sich eine geringere Einlagerungsmenge als im TÜV-Gutachten vorausgesetzt, auf die konkreten Immissionswerte auswirke. Der Umstand, dass der Dachventilator und das Kühlluftgebläse (derzeit) nicht betrieben würden, ändere nichts daran, dass ihr Betrieb nicht ausgeschlossen sei. Die "Orientierungsmessungen" des Beklagten seien nicht ohne weiteres verwertbar, da nicht ersichtlich sei, wie diese zustande gekommen seien. Am Tag der Messung hätten im Übrigen überhaupt keine Einlagerungen stattgefunden. Das Be- und Entladen der LKWs sei in der Baugenehmigung uneingeschränkt und damit ohne Rücksicht auf Staubanteile oder die Staubentwicklung zugelassen. Der Einsatz des Kreiskolbengebläses zur Verringerung der Staubimmissionen bewirke wiederum erhebliche Lärmbelästigungen.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und

1. die Teilbaugenehmigung des Beklagten vom 23.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Magdeburg vom 07.09.2000 aufzuheben,

2. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die erteilte Teilbaugenehmigung vom 23.07.1999 um Auflagen bezüglich aktiver und passiver Lärmschutzmaßnahmen und Auflagen zur Verringerung von Staubimmissionen zu ergänzen, durch die die Einhaltung der nach dem Bebauungsplan 15-94 "Gewerbe- und Industriegebiet C-Stadt-Nord" geltenden Immissionswerte und sonstigen textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sowie die Einhaltung der nach der TA Luft geltenden Staubemissionswerte und Vorgaben bezüglich Lagerung, Transport, Be- und Entladung staubender Güter gewährleistet wird,

3. höchst hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die erteilte Teilbaugenehmigung vom 23.07.1999 um Auflagen bezüglich aktiver und passiver Lärmschutzmaßnahmen und Auflagen zur Verringerung von Staubimmissionen zu ergänzen, durch die die Einhaltung der Orientierungswerte gemäß TA Lärm sowie die nach der TA Luft geltenden Staubemissionswerte und Vorgaben bezüglich Lagerung, Transport, Be- und Entladung staubender Güter gewährleistet wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor: Die Auflage Nr. 4 der Teilbaugenehmigung gebe konkret vor, in welchem Maß eine Minderung der Geräuschemissionen vorzunehmen und zu erreichen sei. Es sei nicht erforderlich vorzugeben, in welcher Form oder mit welchen konkreten Mitteln dies zu erfolgen habe. Nachdem die Beigeladene den Dachventilator von der elektrischen Zuleitung abgetrennt und somit außer Betrieb genommen habe, sei diese Auflage erfüllt. Die Forderung nach einem Ausbau wäre unverhältnismäßig. Entsprechendes gelte für die Auflage Nr. 5. Durch den LKW-Verkehr werde laut Gutachten des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt der maßgebliche Immissionsrichtwert nicht überschritten, so dass auch der Verkehr als "nicht wesentlich störend" anzusehen sei. Um eine eventuelle unzumutbare Staubbelästigung auszuschließen, werde geprüft, ob eine entsprechende Regelung in die abschließende Baugenehmigung aufzunehmen sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor, eine Wiederinbetriebnahme des Dachventilators und des Kühlluftgebläses sei nicht vorgesehen. Grenzwertüberschreitungen seien bei der genehmigten Getreideeinlagerung von 150 Tonnen täglich nicht zu erwarten. Sollte es dennoch dazu kommen, könne die Beklagte eine Lärmreduzierung durch einfache bauaufsichtliche Maßnahmen erreichen. Es komme zu keiner übermäßigen Staubentwicklung, was auch eine Befragung der anderen Anwohner ergeben habe.

Der Berichterstatter hat die Grundstücke der Kläger und der Beigeladenen sowie deren nähere Umgebung am 30.08.2005 in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom selben Tag Bezug genommen.

Die Beigeladene hat am 15.06.2006 ein weiteres Gutachten der Firma TÜV Nord Umweltschutz GmbH & Co. KG vom 16.12.2005 vorgelegt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen; denn sie ist mit dem Hauptantrag begründet. Die angefochtene Teilbaugenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dies ist allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil die Genehmigung (ursprünglich) ohne förmlichen Bauantrag und ohne die erforderlichen Bauvorlagen erteilt wurde. Die Bauvorlagen bestimmen zwar den Inhalt einer Baugenehmigung und sind daher Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung. Ein Verstoß gegen die Anforderungen an die Bauvorlagen kann aber nur dann zum Erfolg einer Nachbarklage führen, wenn aufgrund dessen die Baugenehmigung, etwa wegen fehlender Bestimmtheit, auch materiell rechtswidrig wird und insofern Rechte des Nachbarn verletzt (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.02.2007 - 5 S 2826/06 -, BauR 2007, 761, m. w. Nachw.). Mängel der Bauvorlagen sind kein selbständiger Grund für eine Anfechtung der Genehmigung (Beschl. d. Senats v. 03.08.2004 - 2 M 84/04 - Juris). Es genügt, wenn die Bauvorlagen nachgereicht oder vervollständigt werden. Es spricht auch nichts dagegen, dass dies noch im Lauf des Widerspruchsverfahrens erfolgen kann, da der Widerspruchsbescheid einem Verwaltungsakt die maßgebliche Gestalt gibt (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). So liegt es hier. Die Beigeladene reichte während des Widerspruchsverfahrens am 15.03.2000 einen förmlichen Bauantrag sowie noch fehlende Bauvorlagen nach. Eine daraufhin erteilte Baugenehmigung kann von einem Nachbarn nur dann mit Erfolg angegriffen werden, wenn entweder wegen nach wie vor gegebener Ungenauigkeiten oder Widersprüchlichkeit der ihr zu Grunde gelegten Darstellungen eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nicht geprüft oder zuverlässig ausgeschlossen werden kann oder das Vorhaben auch in der eindeutig genehmigten Form drittschützende Vorschriften verletzt (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 17.10.2003 - 2 B 8.01 -, BauR 2004, 987).

Die Genehmigung verstößt zum Nachteil der Kläger gegen drittschützende Bestimmungen des Bauplanungsrechts.

Der genehmigte Betrieb der beiden Getreidelager dürfte allerdings nicht gegen die textlichen Festsetzung Nr. 2 des Bebauungsplans Nr. 15-94 der Stadt C-Stadt (Gewerbe- und Industriegebiet C-Stadt-Nord) bzw. Nr. 5 der 2. Änderung des Plans verstoßen, nach der im Plangebiet nur "nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO" zulässig sind, und der nach der Begründung zum Bebauungsplan (vgl. Nr. 1.4 lit. c) nachbarschützende Wirkung zukommen dürfte. Dies gilt jedenfalls hinsichtlich der von ihm ausgehenden Geräuschemissionen.

Die beiden Silos zur Lagerung von Getreide stellen einen "Gewerbebetrieb" dar. Sie sind zwar - auch - als "Lagerhäuser" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO anzusehen. Aus dem Umstand, dass die Begriffe "Gewerbebetrieb" und "Lagerhaus" oder "Lagerplatz" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO und § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO genannt werden, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Lagerhäuser und -plätze nicht zugleich "Gewerbebetriebe" im Sinne dieser Regelungen sein dürfen; die besondere Erwähnung der Lagerhäuser und -plätze deutet lediglich darauf hin, dass bei ihnen ein bestimmter Zweck des Gewerbes im Vordergrund steht (BVerwG, Urt. v. 08.11.2001, a. a. O.). Die Stadt C-Stadt hat im Bebauungsplan Lagerhäuser zwar nicht (ausdrücklich) als im eingeschränkten Gewerbegebiet unzulässig ausgeschlossen. Auch bleibt, wenn der Ortsgesetzgeber im eingeschränkten Gewerbegebiet lediglich das Wohnen wesentlich störender Gewerbebetriebe ausgeschlossen hat, die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO getroffene Aussage, wonach in einem Gewerbegebiet auch "Lagerplätze, Lagerhäuser und öffentliche Betriebe" zulässig sind, im Grundsatz unberührt. Im Hinblick auf die von der Gemeinde mit der Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets verfolgten Zwecke ist jedoch anzunehmen, dass auch für diese Anlagen die gleiche Schranke gelten soll, also auch diese Anlagen das Wohnen nicht wesentlich stören dürfen (vgl. VGH BW, Urt. v. 17.09.1999 - 8 S 2042/99 -, BRS 62 Nr. 77).

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb zu den "das Wohnen nicht wesentlich störenden" Gewerbebetrieben im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO gehört, ist in der Regel nicht von den konkreten Verhältnissen des jeweiligen Betriebes, sondern von einer (begrenzt) typisierenden Betrachtungsweise auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 22.11.2002 - 4 B 72.02 -, BauR 2004, 645, m. w. Nachw.) gibt es neben den Betrieben, die nach ihrer Art ohne weiteres in einem Mischgebiet unzulässig sind, auch solche, die wegen der mit ihnen typischerweise verbundenen Störungen grundsätzlich als gebietsunverträglich einzustufen sind und nur bei Vorliegen atypischer Umstände zulassungsfähig sein können. Die typisierende Betrachtungsweise verbietet sich hingegen, wenn der Betrieb zu einer Branche gehört, bei der die üblichen Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine vom nicht wesentlich störenden bis zum störenden oder gar bis zum erheblich belästigenden Betrieb reichende Bandbreite aufweisen; bei solchen Vorhaben sind der Zulässigkeitsprüfung stets die konkreten Verhältnisse des Betriebs zu Grunde zu legen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 13.12.2006 - 1 ZB 04.3549 -, Juris, m. w. Nachw.).

Getreidelager zählen nach Auffassung des Senats nicht zur Gruppe der Betriebe, bei der eine typisierende Betrachtungsweise vorgenommen werden kann, da von ihnen wesentliche Störungen ausgehen können, aber nicht zwangsläufig müssen (a. A. allerdings: BayVGH, Urt. v. 22.10.2001 - 14 N 98.1992 -, Juris, zu einem Lagerhaus mit einer Reinigungs- und Trocknungsanlage für Getreide). Die Zulässigkeit von Lagerhäusern ist bauplanungsrechtlich zwar im Allgemeinen unproblematisch, weil sie in der Regel nur geringfügig Immissionen verursachen und auch sonst kaum störend wirken (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 8 RdNr. 9.2). Allerdings kann man bei der Frage des Typisierungserfordernisses nicht auf den allgemeinen Begriff "Lagerhaus" oder "Lager" zurückgreifen, da eine solche Einordnung zu schematisch wäre; vielmehr ist auf den Typus der Lagerhalle abzustellen, wie er im Bauantrag seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. VG München, Urt. v. 15.06.1998 - M 8 K 96.4766 -, Juris). Bei Getreidelagern kommt es für die Frage, ob von ihnen das Wohnen wesentlich Störungen ausgehen, maßgeblich auf den konkreten Betriebsablauf an, insbesondere auf den bei der Anlieferung und Abfuhr entstehenden LKW-Verkehr, die Betriebzeiten, die Art und Weise der Ein- und Auslagerung und die technischen Anlagen zur Belüftung und/oder Trocknung.

Greift demnach die typisierende Betrachtungsweise nicht, ist der Störgrad des konkreten Betriebs bei funktionsgemäßer Nutzung einzelfallbezogen festzustellen. Bestimmte Grenzwerte, die zum Schutz der Nachbarschaft vor wesentlichen Störungen durch Geräusche in einem Mischgebiet nicht überschritten werden dürfen, sind weder in § 6 BauNVO noch an anderer Stelle normativ festgelegt. Einen Anhaltspunkt geben allerdings die in der TA Lärm für den äquivalenten Dauerschallpegel in einem solchen Gebiet bestimmten Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) am Tage und 45 dB(A) in der Nacht. Die TA Lärm sowie andere vergleichbare technische Regelwerke wie die DIN 18.005 oder die VDI 2058 enthalten jedoch nur Orientierungs- oder Richtwerte. Die im Einzelfall zu beachtende Grenze ist nicht schematisch nach diesen Richtwerten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 33.83 -, BVerwGE 77, 285 [287); Urt. vom 20.10.1989 4 C 12.87 -, BVerwGE 84, 31 [39 ff.); Beschl. v. 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, NVwZ 1991, 881).

Nimmt man die Richtwerte der TA Lärm als Orientierungshilfe, dürfte ein mit der Wohnnutzung unverträglicher Störgrad des Getreidelagers nicht erreicht sein. Bereits dem Gutachten des TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt vom 03.12.1998, an dessen Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel bestehen, ist zu entnehmen, dass bei der An- und Abfahrt von 40 LKWs (80 Bewegungen), dem Betrieb des Dachventilators und des Kühlluftgebläses (bei geöffnetem Tor) über den gesamten Tageszeitraum sowie dem Betrieb eines Förderbands außerhalb der Silos für 4 Stunden ein maximaler Schallleistungspegel von 50 dB (A) tags und bei einem Nachtbetrieb des Dachventilators und des Kühlluftgebläses bei einer offenen Torfläche von 2 m² ein Pegel von 44 dB (A) nachts erreicht wird (vgl. S. 7 f. sowie Anlage 4, S. 1 und 2) Damit werden die für Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte der Nr. 6. 1 lit. c) der TA Lärm von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts an den beiden Immissionsorten an den Gebäuderückseiten der am nächsten gelegenen Wohnbebauung an der H. Straße eingehalten.

Allerdings ergibt sich aus den allgemeinen Anforderungen an die Wohnruhe trotz eines minderen Schutzes der Wohnnutzung in einem Mischgebiet eine relativ weitgehende Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Wohnen; für die Wohnnutzung sind Störungen und Belästigungen insbesondere dann nicht mischgebietsverträglich, wenn sie sich bis in die Freizeit, vor allem in die Zeit der Nachtruhe erstrecken (vgl. Bielenberg in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 6 RdNr. 11). Die Mindestanforderung an den Grad der Wohnruhe im Mischgebiet ist die Gewährleistung eines ungestörten Feierabends und einer auskömmlichen Nachtruhe; Geräusche, die am Tag als übliche, unvermeidbare Ruhestörungen hingenommen werden können, werden in den Abend- und Nachstunden regelmäßig als spürbare Beeinträchtigungen empfunden (Bielenberg, a. a. O.; Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 6 RdNr. 2, m. w. Nachw.). Der geminderte Schutz der Wohnruhe beschränkt sich also grundsätzlich auf die Tageszeit und insbesondere auf die übliche Arbeitszeit. Entsprechendes gilt für die Wochenenden und Feiertage, an denen ebenfalls ein gesteigertes Ruhebedürfnis besteht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 26.01.1978 - 1 A 149/76 -, BRS 33 Nr. 47, S.105). Diese Zeiten werden allgemein als Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses außerhalb der Nachtzeit angesehen und sind üblicherweise auch weitgehend von Arbeitslärm frei (BVerwG, Urt. v. 19.01.1989 - 7 C 77.87 -, BVerwGE 81, 197 [205 f.]). Im konkreten Fall kommt hinzu, dass gerade der rückwärtige Bereich des Grundstücks der Kläger in besonderer Weise schutzbedürftig ist. Das Erscheinungsbild der näheren Umgebung wird dadurch geprägt, dass der Bereich hinter den zur Straße hin orientierten Wohnhäusern von Bebauung weitgehend frei ist. Dieser Bereich bildet daher eine rückwärtige Ruhezone für die entlang der Straße vorhandenen Wohnhäuser.

Aber auch wenn man zu dem ermittelten Dauerschallpegel von 50 dB (A) tags den Zuschlag nach Nr. 6.5 der TA Lärm von 6 dB (A) für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit (werktags von 6 bis 7 Uhr und von 20 bis 22 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 6 bis 9 Uhr, von 13 bis 15 Uhr und von 20 bis 22 Uhr) hinzurechnet, wäre der Tages-Richtwert von 60 dB (A) für Mischgebiete eingehalten und selbst der Tagesrichtwert für allgemeine Wohngebiet von 55 dB (A) nur um 1 dB (A) überschritten.

Ob auch die bei der Ein- und Auslagerung des Getreides regelmäßig entstehenden Staubemissionen, hinsichtlich derer die angefochtene Teilbaugenehmigung keine Auflagen enthält, nach den örtlichen Gegebenheiten das Wohnen nicht wesentlich stören, erscheint fraglich, bedarf aber keiner abschließenden Bewertung.

Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt jedenfalls, so wie es derzeit genehmigt ist, gegen die Festsetzung in Nr. 1 des Bebauungsplans Nr. 15-94 der Stadt C-Stadt (Gewerbe- und Industriegebiet C-Stadt-Nord) bzw. Nr. 4 der 2. Änderung des Plans vom 22.11.2000. Darin ist für das eingeschränkte Gewerbegebiet GEe 1 ein flächenbezogener Schallleistungspegel (FSP) von 60 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts festgesetzt. (Noch) beachtliche Mängel des Bebauungsplans, die zu seiner Unwirksamkeit insgesamt oder zur Unwirksamkeit der hier in Rede stehenden Festsetzung führen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der FSP, der auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 BauNVO (Gliederung des Baugebiets nach den Eigenschaften eines Betriebs) in einem Bebauungsplan festgesetzt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.1990 - 4 N 6.88 -, NVwZ 1991, 881), steuert die zulässige, von einem Flächenelement emittierte Schallleistung, indem dieser (Betriebs-)Fläche ein Kontingent an den an dem betreffenden Schutzobjekt zulässigen Gesamtimmissionen zugewiesen wird. Dieses Kontingent wird bei dem FSP durch Rückrechnung unter Anwendung aller Einflussgrößen der Schallausbreitung ermittelt (vgl. hierzu im Einzelnen: Tegeder, Geräusch-Immissionsschutz in der Bauleitplanung, UPR 1995, 210 [212]). Auch dieser Festsetzung kommt nach der Begründung des Bebauungsplans (S. 10) die Wohnnachbarschaft schützende Wirkung zu. Dort heißt es, durch die in den eingeschränkten Gewerbegebieten festgesetzten flächenbezogenen Schallleistungspegel, die den Schutzansprüchen eines Mischgebiets entsprechen, könne die verträgliche Nachbarschaft zwischen der bestehenden, gemischten Wohnbebauung einerseits und der gewerblichen/industriellen Bebauung andererseits gewährleistet werden.

Nach den beiden vorliegenden Gutachten vom 03.12.1998 und 16.12.2005 ergibt sich für den Betrieb der Siloanlagen ein Immissionsanteil von 48 dB (A) tags und 28 dB (A) nachts. Im ersten Gutachten wurde festgestellt, dass diese Werte nicht eingehalten, sondern Werte von 50 dB (A) tags und 44 dB (A) nachts erreicht werden. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass diese Überschreitung im Wesentlichen auf den Betrieb der lüftungstechnischen Anlagen zurückzuführen sei. Nach dem neuen Gutachten soll zwar der Wert nunmehr eingehalten werden. Dies hat seine Ursache offenbar darin, dass der ursprünglich vorhandene Dachventilator mittlerweile außer Betrieb genommen wurde und daher derzeit - rein tatsächlich - als Geräuschquelle ausscheidet und der Gutachter davon ausgegangen ist, dass das mobile Kühlluftgebläse nur bei geschlossenen Silotoren betrieben wird (vgl. S. 9 des Gutachtens).

Diese Anlagen können indes für die Einhaltung der Grenzwerte nicht außer Acht gelassen werden, auch wenn sie derzeit tatsächlich nicht oder nur zeitweise betrieben werden. Dies gilt insbesondere für das Kühlluftgebläse, das auch im neuen Gutachten Berücksichtigung findet. Während dieses Gutachten (Seiten 9 und 10) zwar voraussetzt, dass das Getreide nach der Einlagerung über ein Belüftungssystem mit dem mobilen Trockengebläse bei geschlossenem Tor getrocknet wird und die Geräuschemissionen der äußeren Hülle der Silos bei Innenarbeiten (beim Einsatz des Trocknungsgebläses) vernachlässigt werden können, ging das Gutachten vom 03.12.1998 (Seite 4) noch davon aus, dass die - direkt zur Wohnnachbarschaft zeigenden - Tore der Silos zur Versorgung des Gebläses mit Frischluft etwa 1 bzw. 2 m² geöffnet werden und das Gebläse auch in der Nacht (22 bis 6 Uhr) zum Einsatz kommt. Dem kann die Beigeladene nicht entgegenhalten, sie betreibe das Gebläse gar nicht. Sein Betrieb ist in der Baugenehmigung erlaubt, und zwar auch in der Nacht (22 bis 6 Uhr). Die zeitliche Einschränkung in der Auflage Nr. 2 bezieht sich nur auf das Befüllen der Tanks. In der am 19.06.2000 nachgereichten Stellungnahme zum Bauantrag hat die Beigeladene lediglich ausgeführt, das Gebläse sei "nicht in Betrieb genommen worden", schloss eine Inbetriebnahme bei Vorliegen betrieblicher Gründe aber nicht aus. Die Angaben unter Nr. 3.2 der Betriebsbeschreibung zur Lüftung betrafen die Arbeitsräume des Verwaltungsgebäudes bzw. Sozialtrakts. Der Dachventilator kann trotz elektrischer Demontage wieder in Betrieb gesetzt werden. Auch dies wäre durch die Baugenehmigung gedeckt.

Soweit das Tor, wie im letzten Gutachten angenommen, bei Betrieb des Gebläses geschlossen bleibt und der Dachventilator nicht wieder in Betrieb genommen wird, kann zwar davon ausgegangen werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzten FSP eingehalten werden. Dies müsste aber durch entsprechende Auflagen zur Baugenehmigung sichergestellt werden. Die angefochtene Teilbaugenehmigung enthält zwar - entsprechend dem Vorschlag am Ende des Gutachten vom 03.12.1998 - die Auflage Nr. 4, dass hinsichtlich des vorhandenen Dachlüfters eine Minderung der Geräuschemission von De ( 20 dB zu erreichen ist, sowie die Auflage Nr. 5, dass für das mobile Kühlluftgebläse eine Minderung von "De ( 15 dB" zu erreichen und zu prüfen ist, ob durch den Betreiber ein anderes (gekapseltes) Kühlluftgebläse eingesetzt werden kann, das eine Schallleistung von Lw = 85 dB (A) nicht überschreitet. Dies genügt indes nicht, um eine Einhaltung der maßgeblichen Werte zu gewährleisten.

Eine Baugenehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt (Beschl. d. Senats v. 03.08.2004 - 2 M 84/04 - , Juris; NdsOVG; Urt. v. 29.08.1995 - 1 L 3462/94 - BauR 1996, 79). Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (Beschl. d. Senats v. 03.08.2004, a. a. O.; BayVGH, Urt. v. 18.07.2002 - 1 B 98.2945 -, BRS 65 Nr. 190). Das bedeutet zwar nicht, dass jede Baugenehmigung für gewerbliche Vorhaben auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (Beschl. d. Senats v. 03.08.2004, a. a. O.: NdsOVG, Beschl. v. 10.07.1997 - 1 L 2812/97 - Juris).

So liegt es hier. Die angefochtene Baugenehmigung erlaubt die Wiederinbetriebnahme des Dachventilators und den regelmäßigen Einsatz des Kühlluftgebläses, was - bei offenem Silotor - zur Folge hat, dass Geräuschbelastungen entstehen können, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenzwerte reichen. Der Beklagte könnte dieser Situation auf einfache Weise mit Auflagen dergestalt Rechnung tragen, dass der (alte) Deckenventilator nicht wieder in Betrieb genommen und das mobile Kühlluftgebläse nur bei geschlossenem Tor betrieben werden darf. Die Einhaltung einer solchen Auflage wäre auch verhältnismäßig einfach kontrollierbar.

Dem von der Beigeladenen hilfsweise gestellten Beweisantrag musste der Senat nicht nachgehen. Für seine Entscheidung sind die Lärmemissionen, die beim Befüllen der Silos mit 150 t Getreide täglich ausgehen, unerheblich. Der Senat nimmt eine Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten FSP nur im Fall des Einsatzes der lüftungstechnischen Anlagen an, der nach der angegriffenen Teilbaugenehmigung zeitlich unbegrenzt zulässig ist. Dabei entstehen Emissionen, die unabhängig von der Menge des angelieferten Getreides sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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