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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 22.02.2005
Aktenzeichen: 2 L 23/02
Rechtsgebiete: GG, LSA-DenkmSchG


Vorschriften:

GG Art. 14 I 2
LSA-DenkmSchG § 9 I
LSA-DenkmSchG § 10 IV
1. §§ 9 Abs. 1; 10 Abs. 4 DenkmSchG LSA sind verfassungsgemäß.

2. Unzumutbar sind Erhaltungsmaßnahmen, welche so unwirtschaftlich sind, dass die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden.

3. Dem Eigentümer kann nicht angesonnen werden, ein Objekt zu erhalten, das "nur noch" Denkmal ist und damit ausschließlich dem Wohl der Allgemeinheit dient.

4. Der Erhaltungszustand eines Kulturdenkmals hat grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Denkmaleigenschaft nicht mehr unter Wahrung der Identität erhalten werden kann oder wenn feststeht, dass das Denkmal in naher Zukunft unabwendbar untergehen wird.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 23/02

Datum: 22.02.2005

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf §§ 154 Abs. 2; 159 uns 162 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 1 S. 1 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die als Zulassungsgrund allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Zur Frage der Berücksichtigung von Eigentümerinteressen im Rahmen des Schutzes von Kulturdenkmälern hat das Bundesverfassungsgericht am 02.03.1999 entschieden: "Der Schutz von Kulturdenkmälern ist ein legitimes gesetzgeberisches Anliegen, Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtfertigt. ... Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines geschützten Denkmals kann nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers des Grundstücks und Gebäudes Rechnung getragen werden; dessen Eigentum daher einer gesteigerten Sozialbindung unterliegt. ... Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG muß der Eigentümer grundsätzlich hinnehmen, daß ihm möglicherweise eine rentable Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. .... Anders liegt es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge geänderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen läßt. Wenn selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht veräußern kann, wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt" (BVerfG, Beschl. v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226).

Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt § 10 Abs. 4 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt - DenkmSchG LSA - vom 21.10.1991 (LSA-GVBl., S. 368), zuletzt geändert durch Gesetz 17.12.2003 (LSA-GVBl., S. 352). Danach können Erhaltungsmaßnahmen i. S. v. § 9 Abs. 1 DenkmSchG LSA nicht verlangt werden, wenn die Erhaltung den Betroffenen unzumutbar belastet. Unzumutbar ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere dann, wenn die Kosten der Erhaltung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen und andere Einkünfte des Verpflichteten nicht herangezogen werden können.

Eine derartige "unzumutbare Belastung" vermag die Zulassungsschrift indes nicht glaubhaft zu machen.

Bezugspunkt für Eigentümerbelastungen ist der Gebrauchswert des konkreten Kulturdenkmals. In diesem Zusammenhang ist in erster Linie von Bedeutung, ob dem Eigentümer - ungeachtet finanzieller Folgelasten - überhaupt angesonnen werden darf, das Kulturdenkmal in seiner Substanz zu erhalten. Das ist zu verneinen, wenn er es nicht mehr sinnvoll nutzen kann, weil es "nur noch Denkmal" ist und damit ausschließlich dem Wohl der Allgemeinheit dient. Im Übrigen ist die Zumutbarkeit anhand eines Vergleichs der voraussichtlichen Investitions- und Bewirtschaftungskosten sowie der möglichen Nutzungserträge zu beurteilen. Dabei kommt es nicht auf die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Eigentümers, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeitsberechnung in bezug auf das Schutzobjekt an (so auch, VGH BW, Urt. v. 10.05.1988 - 1 S 1949/87 -, DÖV 1989, 79, m. w. N.).

Unabhängig davon, ob die von der Zulassungsschrift erstmals im Zulassungsverfahren geltend gemachte finanzielle Mehrbelastung in Höhe von 6.500, - € durch die Auflage, "das Dach zumindest straßenseitig mit naturroten Berliner Bibern aus Ton einzudecken", tatsächlich besteht, kann nicht angenommen werden, dass dadurch bei objektiver Betrachtungsweise eine wirtschaftliche Nutzung des Objekts nicht mehr möglich ist. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die von der Zulassungsschrift geltend gemachte finanzielle Mehrbelastung so hoch ist, dass sie einem der Sozialbindung unterliegenden Grundstückseigentümer nicht mehr zugemutet werden könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nicht aus dem laufenden Nutzungsertrag gedeckt werden könnte oder in einem krassen Missverhältnis zum Wohnwert des Anwesens stünde. Dies gilt insbesondere deshalb, weil eine Dacheindeckung allenfalls erst nach Jahrzehnten zu erneuern ist, so dass sich in der zeitlichen Erstreckung aus dem "Tonziegelgebot" verhältnismäßig geringfügige finanzielle Durchschnittsbelastungen, auf die es allein maßgeblich ankommt (so auch, HessVGH, Beschl. v. 02.04.1992 - 3 N 2241/89 -, BRS 54 Nr. 116), ergeben.

Soweit die Zulassungsschrift "ernstliche Zweifel" an dem verwaltungsgerichtlichen Urteil damit zu begründen sucht, dass in unmittelbarer Nähe der streitbefangenen Objekte und damit für die Straßenansicht insgesamt, die Mehrzahl der Gebäude nicht mit den geforderten Biberschwanzziegeln eingedeckt sei, führt dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Zum einen wird damit nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts erschüttert, dass die gestalterische Gesamtwirkung der Generalfassade in der G-Straße als eine Wohnsiedlung mit einer historischen, durch schuppenförmige Biberdächer geprägten Dachlandschaft noch vorhanden ist. Das Verwaltungsgericht hat dabei den Einwand berücksichtigt, dass in der Nachbarschaft der streitgegenständlichen Gebäude teilweise Betondachsteine bzw. Falzziegel zur Dacheindeckung in der Zeit vor 1990 verwendet worden sind. Zum anderen hat der Erhaltungszustand eines Kulturdenkmals grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Denkmaleigenschaft nicht mehr unter Wahrung der Identität erhalten werden kann oder wenn feststeht, dass das Denkmal in naher Zukunft unabwendbar untergehen wird (Urt. d. Sen. v. 13.09.2001 - A 2 S 204/99 -, m. w. N.). Weder das Eine noch das Andere vermag die Zulassungsschrift darzulegen.

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