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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 2 L 23/04
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 35
1. Ein Bauvorbescheid für die Errichtung von Windenergienanlagen erzeugt für das anschließende Genehmigungsverfahren keine Bindungswirkung, soweit die damit beantragten Anlagen hinsichtlich des Anlagentyps und des Standorts voneinander abweichen und diese Abweichung die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufwirft (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.03.1983 - 4 C 69.79 - BRS 40 Nr. 71; OVG Berlin, Urt. v. 16.07.1990 - a.a.O.).

2. Zwei Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von jeweils 65 m und einem Rotordurchmesser von jeweils 43,7 m können raumbedeutsam sein.

2. Der Regionale Entwicklungsplan für die Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg vom 07.10.2005 lässt keine offensichtlichen formellen oder materiellen Rechtsmängel erkennen.

3. Eine hinreichende Sicherung der Erschließung ist zwar im Ausnahmefall auch dann zu bejahen, wenn eine vorhandene Zuwegung zwar weder durch eine öffentliche Widmung noch ein beschränktes dingliches Recht gesichert ist, sie dem allgemeinen Verkehr aber tatsächlich zur Verfügung steht und die Gemeinde auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem Baugrundstück zu untersagen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 -, NVwZ 1991, 1076). Dieser Ausnahmefall setzt jedoch voraus, dass die betroffenen Grundstücke im Eigentum der Gemeinde stehen und es daher überhaupt auf deren Untersagungsmöglichkeit ankommt.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 23/04

Datum: 22.06.2006

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen.

Mit baurechtlichem Vorbescheid vom 22.04.1999 stellte der Beklagte gegenüber der A. GmbH i.G. fest, dass die Errichtung von drei Windenergieanlagen vom Typ ENERCON 40 (Nabenhöhe: 65 m, Rotordurchmesser: 40,3 m, Nennleistung: 500 kW) auf den Grundstücken der Gemarkung L., Flur 1, Flurstück A sowie Flur 2, Flurstücke B und D planungsrechtlich zulässig sei.

Nachdem die A. GmbH i.G. ihre Rechte aus diesem Vorbescheid an die (...) Ingenieur-Büro A. und D. GbR abgetreten hatte, beantragte diese am 15.10.2001 beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen vom Typ ENERCON E 40/6.44 (Nabenhöhe: 65 m, Rotordurchmesser: 44 m, Nennleistung: 600 kW) auf den Grundstücken der Gemarkung L., Flur 2, Flurstücke C und D. Nach den Bauvorlagen liegen die vorgesehenen Standorte ungefähr 1 km nördlich der geschlossenen Ortslage der Beigeladenen in einem weiträumig als Ackerland genutzten, flachen Gebiet. Ungefähr 500 m östlich befindet sich eine Bockwindmühle. Die Baugrundstücke sind von dort aus über einen unbefestigten Feldweg erreichbar.

Mit Bescheid vom 28.01.2002 lehnte der Beklagte den Bauantrag ab und führte zur Begründung aus: Das Vorhaben beeinträchtige in unzulässiger Weise den Denkmalwert der in der Nähe vorhandenen, als Baudenkmal geschützten Bockwindmühle. Auch stünden ihm Ziele der Raumordnung entgegen, weil die geplanten Standorte nicht innerhalb eines der Eignungsgebiete lägen, die in dem Regionalen Entwicklungsprogramm für den Regierungsbezirk Dessau in der Fassung des Beschlusses der Landesregierung vom 21.03.2000 ausgewiesen seien. Die beantragte Baugenehmigung könne die Klägerin auch nicht aufgrund des am 22.04.1999 erteilten Vorbescheides beanspruchen. Dieser betreffe ein anderes Vorhaben und entfalte daher für die nunmehr geplanten Anlagen keine Bindungswirkung. Das nunmehrige Vorhaben weiche sowohl hinsichtlich der Standorte als auch des Anlagentyps von der Voranfrage ab.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Dessau mit Bescheid vom 21.11.2002 zurück.

Am 20.12.2002 hat die (...) Ingenieur-Büro A. und D. GbR beim Verwaltungsgericht Dessau Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Der am 22.04.1999 von dem Beklagten erteilte Vorbescheid entfalte für das nunmehrige Vorhaben sehr wohl Bindungswirkung. Dieses Vorhaben weiche nur unerheblich von dem ursprünglichen Vorhaben ab. Die Standortverschiebung betrage bei beiden Anlagen jeweils lediglich 50 bis 60 m. Auch die Erhöhung der Nennleistung der Anlagen von 500 auf 600 kW sei als unwesentlich einzustufen.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens übertrug die (...) Ingenieur-Büro A. und D. GbR ihre Bauherrenstellung auf die Klägerin, die seitdem den Rechtsstreit fortführt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Dessau vom 21. November 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen auf den Grundstücken Gemarkung L., Flur 2, Flurstücke C und D entsprechend dem Bauantrag vom 21. Oktober 2001 zu erteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Das Verwaltungsgericht Dessau hat die Klage mit Urteil vom 03.12.2003 - 1 A 530/02 DE - abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Vorhaben stünden Ziele der Raumordnung entgegen; denn es sei raumbedeutsam und liege außerhalb eines der im Regionalen Entwicklungsprogramm für den Regierungsbezirk Dessau für die Nutzung der Windenergie ausgewiesenen Eignungsgebiete. Zur Begründung der planungsrechtlichen Zulässigkeit könne sich die Klägerin auch nicht auf den Vorbescheid des Beklagten vom 22.04.1999 berufen. Dieser Vorbescheid entfalte für das nunmehrige Vorhaben keine Bindungswirkung, weil es von dem Vorbescheidsvorhaben wesentlich abweiche.

Der Senat hat die Berufung auf Antrag der Klägerin nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, weil das angefochtene Urteil von der Entscheidung des Senats vom 11.11.2004 - 2 K 144/01 - abweicht. In dieser Entscheidung hat der Senat festgestellt, dass die Nr. 2 des Beschlusses der Landesregierung vom 21.03.2000 über die Änderung des Regionalen Entwicklungsprogramms für den Regierungsbezirk Halle (LSA-MBl., S. 331) nichtig sei. Die Klägerin hat die Berufung unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen fristgemäß begründet. Der erteilte Bauvorbescheid entfalte Bindungswirkung, weil das nunmehrige Vorhaben von dem ursprünglichen nur geringfügig abweiche. Selbst wenn man eine derartige Bindungswirkung verneinen würde, stünde das Vorhaben nicht im Widerspruch zu § 35 BauGB. Dies gelte auch mit Blick auf den nunmehr vorliegenden, am 07.10.2005 beschlossenen Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg. Zwar lägen die Baugrundstücke nicht innerhalb der danach festgesetzten Eignungs- und Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie. Es sei aber davon auszugehen, dass auch dieser Regionale Entwicklungsplan abwägungsfehlerhaft und daher unwirksam sei; denn die Abwägung beruhe nicht auf einer sachgerechten Ausgangsanalyse, sondern nehme - im Kern unverändert - als Ausgangspunkt die vorhandenen Umspannwerke ins Blickfeld. Dem Vorhaben stünden auch keine sonstigen Vorschriften entgegen. Dies gelte insbesondere - wie auch in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid ausgeführt sei - im Hinblick auf denkmalschutzrechtliche Bestimmungen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei auch die ausreichende Erschließung gesichert. Die Erschließung erfolge über das Flurstück E in der Flur 2, das im Eigentum der Beigeladenen stehe und im Grundbuch als Verkehrsfläche ausgewiesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Dessau vom 21. November 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Windenergieanlagen auf den Grundstücken der Gemarkung L., Flur 2, Flurstücke C und D entsprechend dem Bauantrag vom 21. Oktober 2001 zu erteilen,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, ihr eine Baugenehmigung für die Errichtung der zwei Windenergieanlagen vom Typ Enercon E 44 entsprechend ihrem Bauantrag vom 21.10.2001 zu erteilen,

weiterhin hilfsweise,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes die Klägerin bzgl. Ihres Genehmigungsantrages neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor: Auf den am 22.04.1999 gegenüber der Firma A. GmbH i.G. erteilten Vorbescheid könne sich die Klägerin bereits deshalb nicht berufen, weil es an der hierfür gemäß § 59 Abs. 4 BauO LSA erforderlichen Anzeige eines Bauherrenwechsels innerhalb der (dreijährigen) Geltungsdauer des Vorbescheides fehle. Eine Bindungswirkung für das nunmehrige Vorhaben könne der Vorbescheid im Übrigen auch deshalb nicht entfalten, weil die Rechtsvorgängerin der Klägerin innerhalb des Vorbescheidverfahrens die Standorte der Windenergieanlagen konkret festgelegt habe, weshalb sich der Feststellungsumfang schon deshalb nicht auf das gesamte Flurstück oder gar auf ein anderes Flurstück beziehen könne. Das Vorhaben sei auch planungsrechtlich unzulässig. Nach dem am 07.10.2005 beschlossenen Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg seien Eignungs- und Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie lediglich außerhalb des Baugrundstücks festgelegt. Darüber hinaus sei die A. Heide, innerhalb der das Baugrundstück liege, nach Nr. 3.5.2./11. des Landesentwicklungsplans als Vorbehaltsgebiet für Tourismus und Erholung vorgesehen. Dem Vorhaben stehe auch der öffentliche Belang des Denkmalschutzes nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegen, weil es die nahegelegene, denkmalgeschützte Bockwindmühle in ihrer städtebaulich-räumlichen Wirkung erheblich beeinträchtige. Schließlich fehle es auch an einer ausreichenden Erschließung. Als nächste, tatsächlich erreichbare öffentliche Verkehrsfläche sei lediglich der "M-weg" südwestlich des Vorhabens entlang der Bockwindmühle vorhanden. Der von dort zu den Baugrundstücken führende unbefestigte Feldweg verlaufe über die Grundstücke der Gemarkung L., Flur 2, Flurstücke E, F, G, H und K. Dieser Feldweg stelle keine öffentliche Verkehrsfläche dar. Die Flurstücke G, H und K stünden zudem im Privatbesitz. Die erforderliche rechtliche Sicherung für die Nutzung als Erschließungsweg sei nicht ersichtlich.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag. Sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Senat hat die Baugrundstücke und deren nähere Umgebung am 22.06.2006 in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift von diesem Tage verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung ist durch Urteil zu entscheiden, obwohl die Klägerin am 22. Juni 2006 nach Schließung der mündlichen Verhandlung die Zurücknahme des Rechtsmittels erklärt hat. Nach § 126 Abs. 1 Satz 2 VwGO setzt eine solche Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung die Einwilligung des Beklagten voraus. Daran fehlt es hier. Der Beklagte hat die Einwilligung vielmehr ausdrücklich verweigert.

Die mithin zur Entscheidung gestellte Berufung hat weder mit dem Hauptantrag noch mit den Hilfsanträgen Erfolg.

Hinsichtlich des Hauptantrags ist sie zwar zulässig. Insbesondere erfüllt die Berufungsbegründung insoweit die Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO, wonach diese einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten muss. Dem Antragserfordernis ist auch dann Genüge getan, wenn - wie hier - ein solcher Antrag zwar nicht ausdrücklich formuliert worden ist, sich aber das Ziel der Berufung aus dem fristgerecht eingereichten Schriftsatz deutlich ergibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.2004 - 1 B 59/04 -, Juris). Die Klägerin begehrt ersichtlich die Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils und die Verpflichtung des Beklagten gemäß dem in der ersten Instanz in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag.

Die Berufung ist aber hinsichtlich des Hauptantrags nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die auf die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung dieser Baugenehmigung durch die Beklagte ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil die Klägerin hierauf keinen Anspruch hat. Das im Außenbereich gelegene und daher nach § 35 BauGB zu beurteilende Vorhaben ist planungsrechtlich nicht zulässig.

Die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte am 22.04.1999 gegenüber der Firma A. GmbH i.G. einen baurechtlichen Vorbescheid für die Errichtung von drei Windenergieanlagen im Bereich der streitgegenständlichen Standorte erließ; denn dieser Vorbescheid bezieht sich auf ein anderes Vorhaben und entfaltet daher für das klägerische Vorhaben keine Bindungswirkung.

Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA kann vor Einreichung des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Der positive Vorbescheid regelt in einem vorweggenommenen Verfahren einen Ausschnitt der Baugenehmigung mit der Folge, dass die zur Entscheidung gestellten Fragen im Baugenehmigungsverfahren nicht mehr zu prüfen sind (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Jäde/Dirnberger, BauO LSA, § 72 RdNr. 34). Der sachliche Umfang dieser Bindungswirkung ergibt sich aus den im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen und den diesem Antrag zugrunde gelegten Plänen (vgl. BayVGH, Urt.v. 04.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341). Sie erstreckt sich nur auf Vorhaben, die inhaltlich dem Vorbescheid vollständig entsprechen oder von diesem ohne Veränderung der Grundkonzeption allenfalls geringfügig abweichen (vgl. BayVGH, Urt.v. 04.11.1996 - a.a.O.).

Für die Beantwortung der Frage, ob der Genehmigungsantrag von einem zuvor erteilten Vorbescheid abweicht, kommt es unter anderem darauf an, wie konkret die Bauvoranfrage gestellt (und entsprechend in dem positiven Vorbescheid beantwortet) wurde (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 16.07.1990 - 2 B 48/87 - LKV 1991, 243). Wird bei einer Bauvoranfrage beispielsweise der Standort einer Windenergieanlage nicht lediglich auf ein Flurstück bezogen, sondern - wie hier - in einem Plan "punktgenau" eingezeichnet, betrifft die rechtsverbindliche Feststellung des Vorbescheides auch lediglich das solchermaßen konkretisierte Vorhaben.

Danach liegt hier eine Abweichung vor, weil sich der genannte Vorbescheid auf "punktgenau" festgelegte Standorte für drei Anlagen bezieht und die Standorte der nunmehr beantragten zwei Anlagen von den nächstgelegenen Anlagen des Vorbescheids um jeweils etwa 50 m abweichen. Hinzu kommt, dass auch der zur Genehmigung gestellte Anlagentyp sowie die Höhe der Anlagen von dem Vorbescheid abweichen.

Für die Frage, ob diese Abweichungen noch als in dem genannten Sinne "geringfügig" anzusehen sind und das zur Genehmigung gestellte Vorhaben damit noch von der Bindungswirkung des Vorbescheides erfasst ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob wegen der Abweichung die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufgeworfen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.03.1983 - 4 C 69.79 - BRS 40 Nr. 71; OVG Berlin, Urt. v. 16.07.1990 - a.a.O.). Dies ist entgegen der Ansicht der Klägerin zu bejahen. Das Vorhaben führt abgesehen von der geringeren Anlagenzahl hinsichtlich einer der Anlagen nicht nur zu einer Änderung des Standorts sondern sogar des Flurstücks (Flurstück C statt B). Auch muss aufgrund der Standortverschiebung beider Anlagen die hier gerade problematische Frage der Erschließung neu geprüft werden. Gleiches gilt für die denkmalrechtliche Prüfung wegen der geänderten Sichtbeziehungen zu der nahegelegenen Bockwindmühle. Der geänderte Anlagentyp führt außerdem dazu, dass die nunmehr geplanten Anlagen eine größere Gesamthöhe und eine höhere Nennleistung aufweisen. Auch wenn die Höhe - wie die Klägerin einwendet - nur den Rotorradius betrifft und lediglich 2 m beträgt, handelt es sich insoweit um eine jedenfalls nicht von vornherein unbeachtliche Abweichung, die die Genehmigungsfrage erneut aufwirft. Gleiches gilt für die höhere Nennleistung: Eine Anlage mit höherer Nennleistung wirft auch bodenrechtlich beachtliche Sicherheitsfragen (Geräuschimmissionen, Eiswurfgefahr usw.) erneut auf.

Die mithin erforderliche erneute Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit fällt zu Lasten der Klägerin aus.

Die geplanten Windenergieanlagen widersprechen als raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Nach § 35 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 BauGB stehen öffentliche Belange einem raumbedeutsamen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 BauGB in der Regel dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

Zur näheren Bestimmung des Begriffs "raumbedeutsam" kann nach einhelliger Ansicht (vgl. BT-Drucks. 10/6166, S. 132; BVerwG, Beschl. v. 02.08.2002 - BVerwG 4 B 36.02 -, zitiert nach Juris; ebenso Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: August 2002, RdNr. 120 zu § 35; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, RdNr. 104 zu § 35; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 35 RdNr. 99) auf § 3 Abs. 1 Nr. 6 des Raumordnungsgesetzes - ROG - vom 18.08.1997 (BGBl I, S. 2081), geändert durch Gesetz vom 15.12.1997 (BGBl I, S. 2902), zurückgegriffen werden. Hiernach sind raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen solche, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird. Die Frage, "bei welcher Größenordnung" die Raumbedeutsamkeit einer Windkraftanlage i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB beginnt, ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalls (BVerwG, a.a.O.). Da bei jeder Errichtung eines neuen Bauwerks Raum im Sinne einer In-Anspruch-Nahme eines Stücks der Erdoberfläche beansprucht wird (BT-Drucks. 13/6392 S. 81 zu § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG 1998), muss ein Vorhaben, das als raumbedeutsam angesehen werden soll, jedenfalls eine über den unmittelbaren Nahbereich hinausgehende Auswirkung aufweisen (VGH BW, Beschl. v. 24.07.2001 - 8 S 1306/01 -, NuR 2001, 699, unter Bezugnahme auf Dürr, a. a. O.). Dass dies auch bei einem einzelnen Vorhaben der Fall sein kann, bedarf keiner Erörterung (vgl. Ausschussbericht, BT-Drucks. 13/4978, S. 7). Eine derartige Beeinflussung setzt allerdings wiederum eine bestimmte Größenordnung des Vorhabens - die sich allerdings nicht anhand einer bestimmten Meterangabe beantworten lässt (BVerwG, a. a. O.) - bzw. von ihm ausgehende Emissionen voraus (vgl. VGH BW, a. a. O.). Raumbedeutsam ist u. a. ein Vorhaben, durch das die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird (vgl. § 3 Nr. 6 ROG). Ob eine einzelne Windenergieanlage in diesem Sinne raumbedeutsam ist, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls. Die Raumbedeutsamkeit einer Einzelanlage kann sich insbesondere aus ihren Dimensionen (Höhe, Rotordurchmesser), aus ihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf bestimmte Ziele der Raumordnung (Schutz von Natur und Landschaft, Erholung und Fremdenverkehr) ergeben (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 - BVerwG 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33-48).

In Sachsen-Anhalt ist darüber hinaus zu beachten, dass nach Nr. 3.5a des Gesetzes über den Landesentwicklungsplan des Landes Sachsen-Anhalt (LEP-LSA) vom 23.08.1999 (GVBl.LSA 244) in der Fassung des dritten Änderungsgesetzes vom 15.08.2005 (GVBl.LSA 550) Windkraftanlagen in der Regel als raumbedeutsame Anlagen anzusehen sind.

In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat aufgrund seiner Ortsbesichtigung am 22. Juni 2006 zu der Überzeugung gelangt, dass die von der Klägerin geplanten zwei Windenergieanlagen wegen ihrer Größe und wegen der vom Standort aus bestehenden Fernsicht als raumbedeutsam einzustufen sind. Die zwei hier zu beurteilenden Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 65 m und einem Rotordurchmesser von 43,7 m würden angesichts ihrer vertikalen Ausdehnung und ihrer weitreichenden Sichtbarkeit in der vorwiegend flachen und lediglich durch Freileitungen durchkreuzten Landschaft erheblich auf den Raum und seine Landschaft einwirken (vgl. Urteile des Senats vom 12.12.2002 - 2 L 456/00 - und vom 16.06.2005 - 2 L 533/02 -). Der Senat verkennt hierbei nicht, dass die streitgegenständlichen Anlagen im Vergleich zu den heute üblichen Anlagen eine eher geringe Höhe aufweisen. Auch in Anbetracht dessen ist jedoch die Raumbedeutsamkeit zu bejahen, weil auch eine Gesamthöhe von nahezu 87 m geeignet ist, die beschriebene Fernwirkung herbeizuführen. Dies gilt umso mehr, als das Vorhaben nicht lediglich eine einzelne Anlage, sondern zwei räumlich im Zusammenhang stehende Anlagen umfasst, deren räumliche Wirkung über die einer Einzelanlage hinausgeht.

Dem raumbedeutsamen Vorhaben steht § 35 Abs. 3 Satz 3, 2. Halbs. BauGB entgegen, weil für Windenergieanlagen als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Abzustellen ist insoweit auf den Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg vom 07.10.2005 (REP), der nach seiner Nr. 8 am Tag nach der Veröffentlichung in den Amtsblättern der Mitglieder der Beigeladenen zu 2. in Kraft trat (Amtsblätter der Landkreise Anhalt-Zerbst vom 26.01. und 09.02.2006, Bernburg vom 12.01.2006, Bitterfeld vom 27.01.2006, Köthen/Anhalt vom 27.01.2006, Wittenberg vom 21.01. und 04.02.2006 und der kreisfreien Stadt Dessau vom 28.01.2006). Der REP enthält in seiner Nr. 5.7 vier Eignungs- und elf Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten, deren Geltungsbereich jeweils außerhalb der streitgegenständlichen Standorte liegt.

Der REP lässt auch keine wirksamkeitshindernden formellen oder materiellen Mängel erkennen. Der Senat sieht sich hierbei nicht dazu verpflichtet, den REP gleichsam ungefragt einer vollumfänglichen Überprüfung unter allen denkbaren formellen und materiellen Gesichtspunkten zu unterziehen. Vielmehr berücksichtigt er im Rahmen des vorliegenden, auf Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Verfahrens in erster Linie die von der Klägerin gegen die Wirksamkeit des REP vorgebrachten Einwände und beschränkt sich im Übrigen auf eine Offensichtlichkeitskontrolle. In Anlegung dieses Maßstabs ist der REP rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 7 des Landesplanungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (LPlG) vom 28.04.1998 (GVBl. 255), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.07.2003 (GVBl. 158), obliegt die Aufstellung der Regionalen Entwicklungspläne den Regionalen Planungsgemeinschaften. Die dem REP zugrunde gelegte Planungsregion "Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg" und die entsprechende Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) ergibt sich aus § 17 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 3 LPlG. Die nach § 7 Abs. 7 LPlG erforderliche Veröffentlichung des REP ist erfolgt. Der REP wurde in den Amtsblättern der Landkreise Anhalt-Zerbst vom 26.01. und 09.02.2006, Bernburg vom 12.01.2006, Bitterfeld vom 27.01.2006, Köthen/Anhalt vom 27.01.2006, Wittenberg vom 21.01. und 04.02.2006 und der kreisfreien Stadt Dessau vom 28.01.2006 sowie durch Auslegung der kartographischen Darstellung in den Landkreisen bzw. der kreisfreien Stadt Dessau, auf die in den genannten Amtsblättern hingewiesen wurde, bekannt gemacht. Fehler im Aufstellungsverfahren sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Der REP lässt auch keine materiellen Rechtsfehler erkennen.

Nach § 6 Abs. 3 Nr. 3 j) LPlG sind in Regionalen Entwicklungsplänen u.a. Festlegungen zu Windenergieanlagen zu treffen. Dies kann nach § 7 Abs. 4 ROG und § 3 Abs. 7 LPlG u.a. durch die Bezeichnung von Eignungs- und Vorranggebieten erfolgen. Eignungsgebiete sind Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Maßnahmen geeignet sind, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind und an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG und § 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 LPlG). Der REP bezeichnet solche Eignungsgebiete in seiner Nr. 5.7.1. Vorranggebiete sind Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen, Nutzungen oder Zielen der Raumordnung nicht vereinbar sind (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG und § 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 LPlG). Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG und § 3 Abs. 7 Satz 2 LPlG kann vorgesehen werden, dass Vorranggebiete für raumbedeutsame Nutzungen zugleich die Wirkungen von Eignungsgebieten für raumbedeutsame Maßnahmen nach Satz 1 Nr. 3 haben können. Derartige Vorranggebiete, die zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten haben, sind in Nr. 5.7.2 des REP festgelegt.

Der REP leidet auch nicht unter offensichtlichen Abwägungsmängeln. Nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ROG i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 1 LPlG sind bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen. Sonstige öffentliche Belange sowie private Belange sind in der Abwägung zu berücksichtigen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind (§ 3 Abs. 4 Satz 2 LPlG). Eine fehlerfreie Abwägung setzt voraus, dass eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen gewesen ist und die so ermittelten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen worden sind. Die bei der Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen zu beachtenden Anforderungen einer fehlerfreien Abwägungsentscheidung hat der Senat in seinem Urteil vom 11.11.2004 (Az.: 2 K 144/01 - ZNER 2004, 370) wie folgt zusammengefasst:

"Bei der Ausweisung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen sind zunächst die für Windkraftanlagen geeigneten Standorte zu ermitteln. Je nach der Zahl und Größe der geeigneten Standorte schließt sich an diese Bestandsaufnahme geeigneter Standorte eine Auswahlentscheidung an, die einerseits das Gewicht der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB und andererseits die Grundsätze der Raumordnung in den Blick zu nehmen hat (NdsOVG, Beschl. v. 20.12.2001 - 1 MA 3579/01 -, NVwZ-RR 2002, 332 [333]). Schließt der Regionalplan die Errichtung von Windenergieanlagen in bestimmten Gebieten aus, muss dies auf einem in die Abwägung eingestellten Belang beruhen, der über das reine Anliegen der Erhaltung des gegenwärtigen Erscheinungsbilds hinausgeht. Es ist dabei nicht abwägungsfehlerhaft, wenn ein Regionalplan nicht auf allen für eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie geeigneten Flächen die Errichtung von Windkraftanlagen zulässt (SächsOVG, Urt. v. 26.11.2002, a. a. O.). Die Steuerung der Windenergienutzung im Außenbereich durch die Ausweisung von Standortbereichen als Ziel der Raumordnung erfordert aber eine sachgerechte Abwägung nicht nur der positiven Standortfestlegung, sondern auch der Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen; dies setzt eine schlüssige gesamträumliche Planungskonzeption voraus (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a. a. O., S. 39; OVG RP, Urt. v. 20.02.2003, a. a. O., S. 621). Es ist der Regionalplanung verwehrt, eine gezielte (rein negative) Verhinderungsplanung vorzunehmen; die Regionalplanung ist an die gesetzgeberische Vorgabe der grundsätzlichen Privilegierung der Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB gebunden. Eine unzulässige Verhinderungsplanung liegt zwar nicht bereits dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen als Ziele der Raumordnung zu einer Kontingentierung der Anlagenstandorte führt; diese Wirkung ist dem Planungsvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB immanent (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - BVerwG 4 C 15.01 -, UPR 2003, 188 (190]). Setzt die Regionalplanung den Planungsvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ein, muss sie aber für das Planungsgebiet der privilegierten Nutzung "in substanzieller Weise" Raum schaffen (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a. a. O., S. 47). Das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Bundesgesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Planungsträger sicherstellt, dass sich die privilegierten Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen; nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen "Negativplanung" entkräften (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, a. a. O., S. 47). Die Regionalplanung muss daher ein planerisch ausgewogenes Verhältnis der Flächen festlegen, in denen sich eine Windenergienutzung durchsetzt, und Flächen, in denen eine solche Nutzung ausgeschlossen ist (Flächenbilanz)."

Diesen Anforderungen genügt die dem REP zugrunde liegende Abwägungsentscheidung. Die Abwägung lässt insbesondere ein schlüssiges Gesamtkonzept erkennen, das ein ausgewogenes Verhältnis von für die Windenergienutzung "durchsetzungsfähigen" und ausgeschlossenen Flächen beinhaltet. Der Plangeber hat sein Gesamtkonzept zur Windenergienutzung nach einer Ausschlussmethode in drei Stufen ermittelt (vgl. das im Internet unter www.regionale-planungsgemeinschaft-anhalt-bitterfeld-wittenberg.de veröffentlichte Handlungskonzept der Beigeladenen zu 2.): Grundlage hierfür war zunächst die Annahme, dass aufgrund der technischen Entwicklung der Anlagen der gesamte Planungsraum für die Nutzung zur Produktion von Windenergie geeignet sei. Ausgehend hiervon hat er auf der ersten Stufe Tabu-Bereiche wie beispielsweise geschlossene Ortslagen aus den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Auf einer zweiten Stufe nahm er eine "Pufferung" dieser Flächen vor. Auf der dritten Stufe unterzog er die durch den Ausschluss auf den ersten beiden Stufen entstandenen "potentiellen Windparks" einer Einzelfallprüfung. Hierbei berücksichtigte er im einzelnen die im Entwurf des REP vorgesehenen Eignungsgebiete (Nr. 2.1 des Handlungskonzepts), die bestehenden und geplanten Windparkflächen, die nicht als Eignungsgebiete festgelegt wurden (Nr. 2.2 des Handlungskonzepts), die im Aufstellungsverfahren beantragten Eignungsgebiete (Nr. 2.3 des Handlungskonzepts) und die potenziellen Eignungsflächen nach Ausschluss aller Tabu- und Schutzpufferbereiche (Nr. 2.4 des Handlungskonzepts [57 Flächen]). Diese Vorgehensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Ausschluss von Tabuflächen nebst Pufferzonen hält sich im Rahmen des dem Plangeber zukommenden weiten Planungsermessens. Eine Einbeziehung der Tabuflächen in die eigentliche Abwägung hält der Senat für entbehrlich, weil die Beigeladene zu 2) insoweit zu Recht davon ausgehen durfte, dass diese Flächen für eine Windkraftnutzung von vornherein nicht in Betracht kommen. Soweit die Beigeladene zu 2) die Tabuflächen mit (unterschiedlich großen) Pufferzonen versehen hat, begründet auch dies keinen Abwägungsfehler. Insoweit hat die Beigeladene zu 2) zu Recht berücksichtigt, dass ein hinreichender Schutz von Wohnflächen und anderen Schutzbereichen nur dann gewährleistet ist, wenn diese Flächen nicht nur selbst von Windenergieanlagen frei bleiben, sondern auch durch eine hinreichende Abstandfläche vor den anerkanntermaßen weitreichenden Immissionswirkungen von Windenergieanlagen, sei es durch Geräusche, sei es durch optische Beeinträchtigungen (Schattenwurf, "Diskoeffekt") oder sonstige Gefahren (etwa Eiswurf), geschützt werden. Die danach verbleibenden potenziellen Eignungsflächen hat der Plangeber auch in die eigentliche Abwägung einbezogen. Die Klägerin macht insoweit ohne Erfolg geltend, die Beigeladene zu 2) habe potentiell für eine Gebietsausweisung in Betracht kommende Flächen vorzeitig aus der Abwägung ausgeschlossen, weil sie als Ausgangspunkt für ihre Abwägung die vorhandenen Umspannwerke in den Blick genommen und nur die Flächen in die Abwägung einbezogen habe, die in der Nähe solcher Umspannwerke lägen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 11.11.2004 - Az.: 2 K 144/01 - a.a.O.). Eine derartige Ausrichtung an vorhandenen Umspannwerken lässt sich jedoch bei der streitgegenständlichen Abwägung nicht erkennen. Insbesondere enthält das erwähnte Handlungskonzept der Beigeladenen zu 2) hierfür keine Anhaltspunkte.

Der Plangeber hat im Plangebiet auch in substanzieller Weise Raum für die Windkraftnutzung geschaffen. Zwar ist dies allein durch die Ausweisung von Eignungsgebieten im Sinne der §§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG, 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 LPlG für die Windkraftnutzung nicht zu erreichen. Denn die gebietsinterne Wirkung von Eignungsgebieten erschöpft sich in der Feststellung, dass die innerhalb ihrer Grenzen liegenden Flächen aufgrund ihrer naturräumlichen Eigenschaft für die Nutzung der Windenergie geeignet sind, so dass damit lediglich eine den Anlagenstandort ermöglichende, aber keine den Standort sichernde Entscheidung getroffen ist, die sich gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 11.11.2004 - Az.: 2 K 144/01 - a.a.O.). Der Plangeber hat aber neben vier Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie auch elf "Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten" ausgewiesen. Bei den so bezeichneten Gebieten handelt es sich bei verständiger Auslegung um solche, die im Sinne des § 3 Abs. 7 Satz 2 LPlG zugleich die Wirkung von Vorrang- und Eignungsgebieten haben sollen. Innerhalb dieser zugleich als Eignungsgebiete wirkenden Vorranggebiete ist sichergestellt, dass sich die Windkraftnutzung gegenüber anderen Nutzungen durchsetzt. Denn andere raumbedeutsame Nutzungen sind in diesen Gebieten ausgeschlossen, soweit sie mit der vorrangigen Windkraftnutzung nicht vereinbar sind (§§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG, 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 LPlG).

Folge der Ausweisung an anderer Stelle ist, dass öffentliche Belange "in der Regel" entgegenstehen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Worte "in der Regel" bedeuten eine gesetzliche Vermutung (vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 RdNr. 107a). Ein Abweichen hiervon setzt daher eine atypische Fallgestaltung voraus, die beispielsweise bei Nebenanlagen zu anderen privilegierten Anlagen angenommen wird (vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 RdNr. 107a). Eine derartige oder anderweitige atypische Fallgestaltung liegt hier aber ersichtlich nicht vor.

Das Vorhaben ist darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil es den Anlagen an einer dauerhaft gesicherten Zuwegung fehlt. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben im Außenbereich nur zulässig, wenn "die ausreichende Erschließung gesichert ist". Welche konkreten Anforderungen an die wegemäßige Erschließung in tatsächlicher Hinsicht zu stellen sind, richtet sich nach den jeweiligen Gegebenheiten (vgl Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 RdNr. 109 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Es kommt hierbei auf die Auswirkungen und Bedürfnisse des jeweiligen Bauvorhabens, insbesondere auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen für die Nutzung des Bauvorhabens an (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.02.1976 - 4 C 53.74 -, BauR 76, 185 ). So sind beispielsweise an die Sicherung der Erschließung eines im Außenbereich liegenden landwirtschaftlichen Betriebs herkömmlicherweise nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.08.1985 - 4 C 48/81 -, zitiert nach Juris). Gleiches gilt für Windenergieanlagen, die nur geringe Anforderungen an die wegemäßige Erschließung für deren Nutzung stellen, weil sie nur gelegentlich, insbesondere zu Wartungszwecken, erreichbar sein müssen (vgl. VG Meiningen, Beschl. v. 25.01.2006 - 5 E 386/05 ME - JURIS). Auch insoweit ist es aber nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB unabdingbar, dass die Erschließung "gesichert" ist. In diesem Sinne "gesichert" ist die wegemäßige Erschließung nur dann, wenn damit zu rechnen ist, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.05.2002 - 9 C 5/01 -, NVwZ-RR 2002, S. 770 f. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Zuwegung als öffentliche Straße gewidmet (vgl Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 RdNr. 111a) oder durch eine öffentlich-rechtliche Baulast gesichert ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 -, NVwZ 1991, 1076 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Im Einzelfall ausreichen kann zwar auch eine privatrechtliche Sicherung, wenn deren Dauerhaftigkeit dinglich, also etwa durch eine Grunddienstbarkeit, gewährleistet ist, nicht aber eine rein schuldrechtliche Vereinbarung mit einem privaten Nachbarn, weil es insoweit gerade an der gesicherten Dauerhaftigkeit fehlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 -, NVwZ 1991, 1076 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

In Anwendung dieser Grundsätze mangelt es hier an einer ausreichenden, gesicherten Erschließung. Nach den Bauvorlagen (Nr. 4.5 der Projektbeschreibung) müssen die Windenergieanlagen etwa viermal jährlich gewartet werden und ist hierfür eine befahrbare Zuwegung mit einer Breite von ca. 4,5 m erforderlich. Eine derartige Zuwegung dürfte zwar in tatsächlicher Hinsicht vorhanden sein; denn von dem westlich der Bockwindmühle (ungefähr in Nord-Süd-Richtung) verlaufenden und als öffentliche Straße gewidmeten "M-weg" zweigt südlich des Mühlengrundstücks ein befahrbarer unbefestigter Feldweg ab, der südlich an das Flurstück D und nördlich an das Flurstück C angrenzt. Dieser Feldweg ist aber weder als öffentlicher Weg gewidmet, noch hat die Klägerin geltend gemacht, geschweige denn nachgewiesen, dass der dauerhafte Bestand dieses Feldwegs aufgrund von öffentlich-rechtlichen Baulasten oder privaten dinglichen Sicherungen gewährleistet ist. Die Klägerin macht insoweit ohne Erfolg geltend, der Weg verlaufe über das Flurstück E in der Flur 2, das im Grundbuch und nach einem Katasterauszug als "Verkehrsfläche" ausgewiesen sei. Eine derartige Ausweisung ist - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - nicht mit einer Widmung gleichzusetzen. Im Übrigen umfasst das genannte Flurstück nur den östlichen Bereich des von dem "M-weg" abzweigenden Feldweges. Das zwischen diesem Bereich und der Einmündung in den "M-weg" verlaufende Teilstück des Feldweges erstreckt sich hingegen über andere Grundstücke, und zwar das im Eigentum der Gemeinde stehende Flurstück F sowie die in Privateigentum stehenden Flurstücke G, L und K. Insoweit liegt - was die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - weder eine Widmung noch eine privatrechtliche dingliche Sicherung vor.

Eine hinreichende Sicherung der Erschließung ist zwar im Ausnahmefall auch dann zu bejahen, wenn eine vorhandene Zuwegung zwar weder durch eine öffentliche Widmung noch ein beschränktes dingliches Recht gesichert ist, sie dem allgemeinen Verkehr aber tatsächlich zur Verfügung steht und die Gemeinde auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem Baugrundstück zu untersagen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 -, NVwZ 1991, 1076). In Betracht kommen kann insoweit etwa der Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Weg z.B. auch dem Zugang zu anderen ähnlich bebauten und genutzten Grundstücken dient, oder Treu und Glauben wegen des vorangegangenen Verhaltens der Gemeinde, etwa wenn sie der Bebauung in früherer Zeit vorbehaltlos zugestimmt oder den Ausbau des Weges auf Kosten des Bauherrn geduldet oder gar gefordert hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 45/88 -, a.a.O.). Ein derartiger Ausnahmefall käme hier aber nur dann in Betracht, wenn der streitgegenständliche Feldweg auch heute noch - entsprechend seinem ursprünglichen "abgeknickten" Verlauf allein über die Flurstücke F und E - ausschließlich auf gemeindeeigenen Grundstücken verliefe und es daher auch lediglich auf eine fehlende Untersagungsmöglichkeit seitens der Beigeladenen zu 1) ankäme. So liegt es hier aber nicht: Der heute tatsächlich vorhandene unbefestigte, gerade verlaufende Feldweg erstreckt sich zu einem beträchtlichen Teil über private Grundstücke (Flurstücke G, L und K), bei denen es nicht auf eine fehlende Untersagungsmöglichkeit seitens der Beigeladenen zu 1), sondern auf eine dauerhafte dinglich-rechtliche Bindung der jeweiligen Eigentümer ankommt, an der es jedoch - wie dargelegt - gerade fehlt.

Widerspricht das Vorhaben demnach den Zielen der Raumordnung und fehlt es zudem an einer ausreichenden, gesicherten Erschließung, kann dahinstehen, ob die Anlagen wegen ihrer Lage in der Nähe der Bockwindmühle darüber hinaus auch gegen denkmalschutzrechtliche Vorschriften verstießen.

Die mithin zur Entscheidung gestellten Hilfsanträge zu 1) und 2) sind ebenfalls nicht begründet. Der Beklagte war auch in der Zeit vor dem In-Kraft-Treten des streitgegenständlichen Regionalen Entwicklungsplans (REP) weder verpflichtet, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen, noch über ihren Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Vielmehr musste sie den Antrag gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA bereits vor dem In-Kraft-Treten des REP deshalb ablehnen, weil das Vorhaben - wie dargelegt - jedenfalls aufgrund seiner rechtlich unzureichenden Erschließung von vornherein planungsrechtlich unzulässig war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat von keiner Entscheidung im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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