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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.11.2004
Aktenzeichen: 2 L 295/03
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 128 I 1 Nr. 2
BauGB § 129 I 1
BauGB § 242 IX
1. Teil-Einrichtungen sind erst dann erstmalig hergestellt, wenn sie insgesamt - also in ihrer gesamten Ausdehnung - den in der Satzung als endgültig vorgesehenen Ausbauzustand erreicht haben.

2. Eine Erschließungsanlage ist erst dann endgültig hergestellt, wenn sie den Herstellungsmerkmalen einer gültigen Satzung entspricht (wie BVerwG, Urt. v. 22.08.1975 - BVerwG IV C 11.73 -, BVerwGE 49, 131).

Die Satzung kann bestimmen, dass Parktaschen eine Befestigung auf einem "tragfähigen Unterbau" erhalten sollen.

3. Der Umstand, dass eine Teil-Einrichtung aus Anlass von Arbeiten an der (Bundes-)Straße her-gestellt wird, schließt die Erforderlichkeit des Aufwands nicht aus. Dieses Merkmal markiert lediglich eine äußerste Grenze, innerhalb welcher die Gemeinde Ermessen hat.

Dieses Ermessen ist nicht überschritten, wenn für die Maßnahme ein einleuchtender Grund besteht.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 295/03

Datum: 19.11.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Teileinrichtungen "(nördlicher) Gehweg" und "Parkflächen" nicht bereits durch die in den Jahren 1991 und 1992 durchgeführten Baumaßnahme hergestellt worden seien.

Teilanlagen einer Straße - wie hier der in Rede stehende (nördliche) Gehweg - sind erst dann erstmalig hergestellt, wenn sie insgesamt, also in ihrer gesamten Ausdehnung, den in der Satzung als endgültig vorgesehenen Ausbauzustand erreicht haben (BVerwG, Beschl. v. 13.12.1985 - BVerwG 8 C 66.84 -, NVwZ 1986,925). Nach den von der Klägerin insoweit nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hatte die Beklagte in den Jahren 1991 und 1992 diesen Gehweg nur auf einer Teillänge mit einer Teilbegrünung angelegt.

Soweit das Verwaltungsgericht ferner davon ausgegangen ist, dass auch die in dieser Zeit von der Beklagten angelegten Parkflächen nicht endgültig hergestellt gewesen seien, weil sie wegen eines nicht tragfähigen Unterbaus nicht den in § 8 Abs. 2 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 01.06.1993 (EBS) genannten Anforderungen entsprochen hätten, begegnet auch dies keinen rechtlichen Bedenken. Eine Erschließungsanlage ist erst dann endgültig hergestellt, wenn sie den Herstellungsmerkmalen einer gültigen Satzung entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.08.1975 - BVerwG IV C 11.73 -, BVerwGE 49, 131). Gemäß § 8 Abs. 2 b) EBS sind die flächenmäßigen Bestandteile der Erschließungsanlage endgültig hergestellt, wenn unselbständige und selbständige Parkflächen eine Befestigung auf tragfähigem Unterbau mit einer Decke aus Asphalt, Beton, Platten, Pflaster, Rasengittersteinen aufweisen; die Decke kann auch aus einem ähnlichen Material neuzeitlicher Bauweise bestehen. Dem in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Bericht über den Ausbauzustand der Teileinrichtungen der Ortsdurchfahrt der B 190 zum 03.10.1990 lässt sich entnehmen, dass die beidseitigen Parkflächen im Jahr 1992 (zu 100 % mit Fördermitteln) "bituminös befestigt" worden seien, diese Befestigung im Jahr 1998 aber bereits verschlissen und nicht mehr tragfähig gewesen sei; es erfolge der technische Ausbau mit einer Granitbefestigung. Eine nur bituminöse Befestigung stellt indessen keine Befestigung auf tragfähigem Untergrund dar. Dafür spricht im Übrigen auch der schnelle Verschleiß des Belags. Das von der Klägerin vorgelegte Schreiben des Bauunternehmens ... vom 01.07.2003 führt zu keiner anderen Beurteilung. Darin wird lediglich bestätigt, dass dieses Unternehmen im Jahr 1991 unter anderem die "Pflasterung der Parktaschen" vorgenommen habe. Über die Herstellung eines tragfähigen Unterbaus trifft diese Bestätigung keine Aussage. Auch die vorgelegten Lichtbilder belegen nicht, dass gerade bei den Parkflächen ein solcher tragfähiger Unterbau eingebracht worden war.

Zu Unrecht wendet die Klägerin weiter ein, die "Ausbaumaßnahme Parkflächen und Gehwege" hätte die Beklagte in den nächsten Jahren "nicht mehr anfassen müssen", wenn es nicht zu einer Tieferlegung der Fahrbahn gekommen sei. Der Umstand, dass die in Rede stehenden Teileinrichtungen aus Anlass des Ausbaus der Bundesstraße B 190 und der damit verbundenen Tieferlegung der Fahrbahn erfolgte, schließt die Erforderlichkeit dieser Teileinrichtungen im Sinne von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB und damit die Beitragsfähigkeit der Maßnahmen nicht aus. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Straße überhaupt und ob sie nach Art und Umfang erforderlich ist, ist der Gemeinde ein weiter Entscheidungsspielraum zuzubilligen (BVerwG, Urt. v. 03.03.1995 - BVerwG 8 C 25.93 -, NVwZ 1995, 1208, m. w. N.; vgl. auch OVG LSA, Urt. v. 18.12.2000 - 2 L 104/00 -, ZMR 2002, 629). Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung, sei es die Anlegung einer bestimmten Straße überhaupt, seien es Umfang und Art ihres Ausbaus, sachlich schlechthin unvertretbar ist, wenn es also nach Lage der Dinge mit Blick vor allem auf die durch diese Anlage erschlossenen Grundstücke und ihre bisherige Erschließungssituation keine sachlichen Gründe für eine Abwälzung der für die in Rede stehenden Straße angefallenen Kosten in dem von der Gemeinde für richtig gehaltenen Umfang gibt (BVerwG, Urt. v. 03.03.1995, a. a. O.). Eine Gemeinde darf die Anlegung einer Anbaustraße bereits dann für erforderlich halten, wenn für diese Lösung unter dem Blickwinkel der bestehenden Erschließungssituation einleuchtende Gründe sprechen (BVerwG, Urt. v. 03.03.1995, a. a. O.). Gleiches gilt für die Frage, ob und in welchem Umfang sie die (erstmalige) Herstellung von Teileinrichtungen für erforderlich hält. Im konkreten Fall lag die erstmalige Herstellung des nördlichen Gehwegs auf seiner gesamten Länge und der mit einem tragfähigen Unterbau versehenen Parkflächen schon deshalb nahe, weil die Ortsdurchfahrt der Bundesstraße als Gemeinschaftsmaßnahme der Bundesrepublik Deutschland, des Altmarkkreises Salzwedel und der Beklagten ohnehin erneuert wurde. Auf die Erneuerung der Fahrbahn und die Art und Weise der Erneuerung hatte die Beklagte - wenn überhaupt - nur begrenzten Einfluss. Die Entscheidung hierüber obliegt grundsätzlich der Bundesrepublik Deutschland, die insoweit die Straßenbaulast trägt (vgl. §§ 5, 3 Abs. 1 FStrG) und der in Bezug auf den Ausbau der Fahrbahn ebenfalls ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen ist.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Besondere Schwierigkeiten liegen vor, bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen (vgl. Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124 RdNrn. 27, 28;). Dies ist hier nicht der Fall. Der Vortrag der Klägerin erschöpft sich insoweit in der Behauptung, die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten lägen vor. Die Darlegung des Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfordert indessen, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die fortbestehenden besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten als solche benannt werden und darüber hinaus bezeichnet wird, dass und aus welchen Gründen diese sich qualitativ von einem - wie auch immer zu bestimmenden - Verwaltungsrechtsstreit "durchschnittlicher" Schwierigkeit abheben. Dem Darlegungserfordernis wird eindeutig nicht genügt, wenn - wie hier - besondere Schwierigkeiten lediglich allgemein oder unter bloß stichwortartiger Bezeichnung behauptet werden (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 13.04.2004 - 2 L 915/03 -).

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