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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 2 L 33/04
Rechtsgebiete: LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-KAG § 6 I
1. Die Abschnittsbildung ist eine "innerdienstliche Ermessensentscheidung", die keiner Bekannt-machung und keiner besonderen satzungsrechtlichen Grundlage bedarf.

Das gilt nur dann nicht, wenn das Ortsrecht einen besonderen Beschluss verlangt.

2. Ob es sich um eine selbständige Anlage handelt - was eine Abschnittsbildung überflüssig macht - beurteilt sich nicht nach der Straßenbezeichnung.

Maßgeblich ist die natürliche Betrachtungsweise, die auf die durch Straßenführung, Straßenlänge, Straßenausstattung bedingten Gesamteindruck abstellt.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 33/04

Datum: 26.02.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

1. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen; denn das Vorliegen einer "Divergenz" hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt.

"Abweichung" i. S. des Zulassungsrechts ist begrifflich als eine Kontrolle zu verstehen, ob die angefochtene Entscheidung in einem das Ergebnis tragenden Begründungselement von einer im Instanzenzug vertretenen Auffassung abweicht. Dies setzt einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung einerseits mit einer konkreten anderen voraus. Rein formal ist deshalb erforderlich, die Entscheidung im Instanzenzug, von der abgewichen worden sein soll, zu bezeichnen und dabei so eindeutig zu bestimmen, dass sie zweifelsfrei identifiziert werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Angabe des entscheidenden Gerichts, des Entscheidungsdatums und des Aktenzeichens oder aber der Fundstelle einer Veröffentlichung voraus (vgl. [für die rechtsähnliche Frage im Revisionszulassungsrecht] BVerwG, Beschl. v. 07.03.1975 - BVerwG VI CB 47.74 -, Buchholz 310 [VwGO] § 132 Nr. 130; Berlit, in: GK-AsylVfG § 78 RdNrn. 623 f.).

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift schon nicht gerecht, weil sie die maßgeblichen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt zur Herbeiführung der Abschnittsbildung durch Ratsbeschluss und zur natürlichen Betrachtungsweise nicht näher bezeichnet, so dass dem Senat eine Identifizierung der Entscheidungen nicht möglich ist.

Im Übrigen ist die von der Klägerin behauptete Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt auch nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der Frage, ob für eine Abschnittsbildung immer ein Ratbeschluss erforderlich ist, geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es sich bei der Entscheidung darüber, den beitragsfähigen Aufwand nur für selbständig nutzbare Abschnitte einer Anlage zu ermitteln, um eine sog. "innerdienstliche Ermessensentscheidung" handelt (OVG LSA, Beschl. v. 23.11.2000 - B 2 S 704/99 -; Beschl. v. 20.02. 2002 - A 2 S 521/98 -; Beschl. v. 12.04.2002 - 2 L 153/01 -; Beschl. v. 04.11.2002 - 2 M 175/02 -; VGH BW, Urt. v. 25.11.1986 - 14 S 161/68 -, VBlBW 87, 190; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 30 RdNr. 38), die keiner besonderen Bekanntmachung (Driehaus, a. a. O., § 14 RdNr. 11; OVG LSA, a. a. O.) und keiner speziellen satzungsrechtlichen Grundlage bedarf, weil Landesrecht (§ 6 Abs. 4 KAG-LSA) bereits dazu ermächtigt (vgl. insoweit Driehaus, a. a. O., § 30 RdNr. 38). Für die Annahme einer Abschnittsbildung reicht ein die Absicht offenbarendes Handeln der Gemeinde, das ihren Willen deutlich bekundet, aus (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 27.09.1982 - BVerwG 8 C 145.81 -, KStZ 83, 95 ff.). Von der Notwendigkeit eines Abschnittsbildungsbeschlusses ist der Senat bisher nur dann ausgegangen, wenn das maßgebliche Ortsrecht (Straßenausbaubeitragssatzung) für die Entstehung der Beitragspflicht zusätzlich einen solchen Beschluss verlangt (OVG LSA, Beschl. v. 04.03.1998 - B 2 S 441/96 -; Beschl. v. 30.04.1998 - B 2 S 496/96 -; Beschl. v. 20.02.2002 - A 2 S 521/98 -).

Von diesen Grundsätzen weicht das angefochtene Urteil schon deswegen nicht ab, weil das Verwaltungsgericht die abgerechnete Anlage "C-Straße" nicht als Abschnitt einer Anlage, sondern als eigene Verkehrsanlage qualifiziert hat.

Soweit das Verwaltungsgericht im Rahmen dieser Beurteilung auf eine natürliche Betrachtungsweise abgestellt hat, ist auch insoweit eine Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht erkennbar. Danach ist für die Beantwortung der Frage, ob eine Straße bzw. ein Straßenzug eine einzelne Erschließungsanlage ist oder aus mehreren Anlagen besteht und wie weit die Fläche einer bestimmten Erschließungsanlage reicht, auch im Straßenausbaubeitragsrecht auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Maßgebend ist insoweit das durch die tatsächlichen Gegebenheiten wie Straßenführung, Straßenlänge, Straßenbreite und Straßenausstattung geprägte Erscheinungsbild, d. h. der Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln (OVG LSA, Beschl. v. 19.07.2001 - 2 L 133/01 -; Beschl. v. 26.09.2003 - 2 M 487/02 -; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.04.1994 - BVerwG 8 C 18.92 -, KStZ 1995, 209; Urt. v. 22.03.1996 - BVerwG 8 C 17.94 -, BVerwGE 101, 12; Urt. v. 07.06.1996 - BVerwG 8 C 30.94 -, DÖV 1997, 294; VGH BW, Urt. v. 05.11.1998 - 2 S 2603/97 - [juris]). Unterscheiden sich Straßenteile nach dieser Betrachtungsweise derart, dass die Unterschiede jeden Straßenteil zu einem augenfällig abgegrenzten Element des Straßennetzes machen, ist jeder dieser Straßenteile als eine eigene Verkehrsanlage anzusehen (vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl. 2001, § 12 RdNr. 10). Hingegen kommt es nicht - wie die Klägerin meint - auf die Straßenbezeichnung an; einen derartigen Rechtssatz, von dem das Verwaltungsgericht abweichen könnte, hat der Senat nie entwickelt.

2. Ausgehend von diesen Erwägungen begegnet die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch keinen ernstlichen Zweifeln gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; denn das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich bei natürlicher Betrachtungsweise die abgerechnete Verkehrsanlage "C-Straße" im Bereich zwischen der Einmündung der "R-Straße" und der Einmündung der "K-Straße" als eine eigene Verkehrsanlage darstellt. Dies ist schon anhand der im erstinstanzlichen Klageverfahren vorgelegten Pläne und Lichtbilder derart deutlich zu erkennen, dass die Einnahme eines Augenscheins entbehrlich war. Allein die Tatsache, dass weitere Straßenabschnitte dieselbe Straßenbezeichnung haben, macht sämtliche Straßenteile nicht zu einer einheitlichen Verkehrsanlage.

Ende der Entscheidung

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