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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 24.02.2004
Aktenzeichen: 2 L 388/01
Rechtsgebiete: LSA-StiftG, DDR-StiftG, DDR-KommVfG


Vorschriften:

LSA-StiftG § 2
LSA-StiftG § 10 I
LSA-StiftG § 24
LSA-StiftG § 25 I
LSA-StiftG § 25 II
LSA-StiftG § 25 III
LSA-StiftG § 26 I
DDR-StiftG
DDR-KommVfG § 53 I 2
1. Maßgeblich für den Zweck der Stiftung ist der ursprüngliche Stifterwille.

2. Hiervon unabhängig ist die Einordnung der gegründeten Stiftung in das Stiftungsrecht.

Die Eigenschaft "kommunale" Stiftung unterliegt nicht der Bestimmung durch den Stifter.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 388/01

Datum: 24.02.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686), in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Berichtigung des Stiftungsverzeichnisses hat, weil sie zutreffend als kommunale Stiftung im Sinne des § 25 Abs. 1 des Gesetzes über die Bildung und Tätigkeit von Stiftungen (Stiftungsgesetz) - StiftG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.01.1997 (LSA-GVBl., S. 144) im Stiftungsverzeichnis eingetragen ist. Unstreitig ist die Klägerin eine selbständige rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts; denn die von der Stadtverordnetenversammlung am 27.02.1991 beschlossene Errichtung der Stiftung ist am 13. Dezember 1991 durch den Beklagten genehmigt worden, womit gleichzeitig die Begründung der Rechtsfähigkeit verbunden war. Ob die Klägerin darüber hinaus eine kommunale Stiftung ist, richtet sich nach dem insoweit maßgeblichen § 25 Abs. 1 StiftG, wonach kommunale Stiftungen solche sind, deren Zweck im Rahmen der jeweiligen kommunalen Aufgabe liegt und die nicht wesentlich über den räumlichen Bereich der Gebietskörperschaft hinauswirken. Beide Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin vor. Dies ist für die zweite Voraussetzung des § 25 Abs. 1 StiftG zwischen den Beteiligten unstreitig; denn der Stiftungszweck der Klägerin wirkt nicht wesentlich über den räumlichen Bereich der Stadt Zeitz hinaus. Für die erste Voraussetzung des § 25 Abs. 1 StiftG kommt es maßgeblich auf die Zweckbestimmung der Stiftung an, wobei der Zweck der Stiftung anhand des Stifterwillens unter Rückgriff auf die Ziele der Klägerin zu bestimmen ist (vgl. § 2 StiftG; OVG LSA, Urt. v. 15.10.1998 - A 2 S 231/96 -; BVerwG, Urt. v. 28.02.1986 - BVerwG 7 C 42.82 -, DÖV 1986, 518 [519]). Für die Bestimmung des Stiftungszwecks ist nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, entscheidend auf den ursprünglichen Willen des Stifters abzustellen (BVerfG, Beschl. v. 11.10.1977 - 2 BvR 209/76 -, BVerfGE 46, 73 [84]). Das Verwaltungsgericht hat zutreffenderweise bei der Erforschung des ursprünglichen Stifterwillens die Satzung der Klägerin, die die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Zeitz am 27.02.1991 beschlossen hatte, zugrunde gelegt und festgestellt, dass nach § 2 der Stiftungssatzung der Zweck der Stiftung in der Betreuung hilfsbedürftiger und älterer Menschen, behinderter Erwachsener und Jugendlicher besteht und damit auf einen kommunalen Stiftungszweck gerichtet ist; denn die Altenpflege und Betreuung Bedürftiger als Teil der Daseinsvorsorge und -fürsorge gehört zum Kernbereich der kommunalen Aufgaben im Sinne von Art. 28 Abs. 2 GG, selbst wenn diese Aufgabe zunehmend auch von privaten Dritten oder kirchlichen Einrichtungen durchgeführt wird.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich der Beschlussvorlage Nr. 31/91 zur 16. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nicht entnehmen, dass der Stifter keinesfalls eine kommunale Stiftung errichten wollte. Den Begriff "allgemeine" rechtsfähige Stiftung des Privatrechts kennt das Stiftungsgesetz nicht, so dass dieser Begriff auslegungsbedürftig ist. Das Sitzungsprotokoll der Stadtverordnetenversammlung vom 27.02.1991 bietet insoweit keine Anhaltspunkte, was der Stifter mit dem Begriff "allgemein" im Gegensatz zu "kommunal" gemeint haben könnte. Insoweit kommt es auch nach den Vorgaben der Klägerin maßgeblich auf den in der Stiftungssatzung zum Ausdruck kommenden Zweck der Stiftung an, der vorliegend unzweifelhaft nicht "allgemeiner" Natur ist, sondern eindeutig "kommunale" Aufgaben verfolgt. Letztlich kann die Frage, welche Rechtsform vorliegend dem Stifterwillen entspricht, hier aber offen bleiben; denn nach Auffassung des Senats bedarf es keiner ausdrücklichen Beschlussfassung des Stifters über die Rechtsform der Stiftung; diese ergibt sich vielmehr als Folge des von der Stiftung verfolgten Zwecks unmittelbar aus dem Gesetz. Diese Auslegung wird zum einen bestätigt durch den Wortlaut der §§ 24; 25 Abs. 1; 26 Abs. 1 StiftG, die - anders als § 28 Abs. 1 Satz 1 StiftG - nicht auf den Willen des Stifters abstellen, sondern die Eigenschaft einer Stiftung als öffentlich-rechtliche, kommunale oder kirchliche Stiftung kraft Gesetzes anordnen. Zum anderen folgt aus der in § 10 Abs. 1 StiftG geregelten Satzungsbefugnis, dass die Satzung einer Stiftung nur Bestimmungen über den Namen, den Sitz, den Zweck, das Vermögen und die Organe der Stiftung, nicht aber über die Rechtsform, enthalten muss. Ergibt sich aber die Rechtsform der Stiftung unmittelbar aus dem Gesetz, kommt es vorliegend weder auf die Beschlussfassung vom 27.02.1991 noch auf das Bestätigungsschreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Zeitz vom 08.03.1999 an.

Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Annahme einer kommunalen Stiftung im Sinne des § 25 Abs. 1 StiftG auch nicht entgegen, dass die Stiftung nicht durch kommunale Organe verwaltet wird; denn die kommunale Verwaltung wird - anders als in anderen Bundesländern - in § 25 Abs. 1 StiftG gerade nicht vorausgesetzt. Vielmehr gibt § 25 Abs. 2 StiftG den kommunalen Stiftungen ausdrücklich die Möglichkeit, in ihrer Satzung die Vertretung und Verwaltung durch andere Organe zu regeln. Ferner widerspricht die Stiftungssatzung der Klägerin nicht der Regelung in § 25 Abs. 3 StiftG, wonach die Stiftungsaufsicht durch die kommunale Aufsichtsbehörde wahrgenommen wird; denn nach § 13 der Satzung unterliegt die Stiftung der staatlichen Aufsicht nach Maßgabe des jeweils geltenden Stiftungsrechts, also auch des § 25 Abs. 3 StiftG. Auch die Berufung auf § 53 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 07.05.1990 (DDR-GBl I 255) hat keinen Erfolg; denn bei Errichtung der Klägerin galt bereits das mit dem jetzigen Stiftungsrecht nahezu identische Stiftungsgesetz vom 13.09.1990 (DDR-GBl I 1483), das in § 25 StiftG auch die Rechtsform der kommunalen Stiftung kannte.

2. Diese Gesichtspunkte führen gleichzeitig dazu, dass sich auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht mit Erfolg begründen lässt; denn sowohl die von der Klägerin aufgeworfene Frage, "ob die Stiftungsbehörde - trotz des eindeutig erklärten Willens des Stifters - befugt ist, eine als allgemeine Stiftung des privaten Rechts gegründete Stiftung im Stiftungsverzeichnis als kommunale Stiftung einzutragen oder ob sie nicht verpflichtet ist, in das Stiftungsverzeichnis, das ein öffentliches Register ist, lediglich Eintragungen vorzunehmen, die dem zum Ausdruck gebrachten Stifterwillen und damit der tatsächlichen Rechtslage entsprechen", als auch die Frage, "ob der Rechtscharakter einer Stiftung vorrangig durch die Wahrnehmung ihrer Aufgaben oder durch den explizit geäußerten Stifterwillen bestimmt ist", lassen sich anhand der gesetzlichen Regelungen im Stiftungsgesetz eindeutig beantworten. Letztlich kommt es auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, insbesondere "ob eine nachweislich falsche Eintragung von der Stiftungsbehörde zu berichtigen ist", nicht an, weil die Eintragung im Stiftungsverzeichnis - wie oben erläutert - nicht falsch ist, sondern der tatsächlichen Zweckbestimmung der Klägerin und geltenden Rechtslage entspricht.

Ende der Entscheidung

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