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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 2 L 439/00
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 I |
2. Für die Jahre 1999 und 2000 durfte die kommunale Vergnügungssteuersatzung noch vom Wahrscheinlichkeitsmaßstab ausgehen (Steuerpauschale je Gerät).
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS
Aktenz.: 2 L 439/00
Datum: 21.05.2003
Gründe:
Der Beschluss beruht auf §§ 124a; 124 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, geändert durch Gesetz vom 01.11.1996 (BGBl I 1626) und zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.07.2001 (BGBl I 1543) - wegen der durch das Änderungsgesetz vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) als § 194 Abs. 1 VwGO eingefügten Übergangsregelung auf diesen Fall noch anwendbar -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO (Kosten) und hinsichtlich des Streitwerts auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]).
1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es hier.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 17. März 1999 - C 2 S 272/97 - sowie den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 1999 - BVerwG 11 CN 3.99 - zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vergnügungssteuerbescheide der Beklagten ... in der Fassung des Widerspruchsbescheides ... rechtlich nicht zu beanstanden sind, sie insbesondere nicht an den von der Klägerin rechtsgrundsätzlich geltend gemachten Mängeln leiden.
Mit ihrem maßgeblichen Einwand, der von der Beklagten verwandte Stückzahlmaßstab verstoße gegen Art. 3 GG und sei daher durch den sog. Wirklichkeitsmaßstab zu ersetzen, kann sich die Klägerin nicht durchsetzen; denn trotz des Hinweises des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 3. Mai 2001 (Az: 1 BvR 624/00, DVBl 2001, 1135), der [jeweilige] Satzungsgeber werde im Rahmen künftiger Besteuerung aufgrund der mittlerweile technischen Ausstattung der Spielautomaten die Frage des sachgerechten Maßstabes einer erneuten Prüfung zu unterziehen haben, gibt der hier zu beurteilende Fall keine Veranlassung, von der nach wie vor grundsätzlichen Zulässigkeit einer pauschalierten Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab abzurücken (vgl. u.a. OVG MV, Beschl. v. 06.02.2002 - 1 L 17/01 - [juris]; OVG RP, Urt. v. 04.12.2001 - 6 A 11301/99 - [juris]; NdsOVG, Beschl. v. 14.11.2001 - 13 LA 3425/01 -).
Auch dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 1999 - BVerwG 11 CN 1.99 - lässt sich nichts Entgegenstehendes entnehmen. Dort hat das Gericht folgendes ausgeführt:
"1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, daß ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können -- insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen -- durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht. Praktikabilitätserwägungen können aber nur bei der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG von rechtfertigender Bedeutung sein, nicht hingegen, wenn es um verfassungsrechtliche Wertentscheidungen geht, die den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum des Art. 3 Abs. 1 GG einschränken (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1995 -- BVerwG 8 N 2.93 -- <Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 28> mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
2. Unter Anlegung dieses verfassungsrechtlichen Maßstabs erweist sich die Verwendung des Steuermaßstabs der Stückzahl bei der Besteuerung von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen als nach wie vor verfassungsgemäß (ebenso Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache BVerwG 11 CN 3.99). Die Vergnügungssteuer in der Form der Spielautomatensteuer ist eine indirekte örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG. Sie besteuert die gewerbliche Veranstaltung von Vergnügungen im Zusammenhang mit Geld- und Unterhaltungsspielen an Automaten. Steuerschuldner ist der Veranstalter des Vergnügens. Er wird zur Vergnügungssteuer herangezogen, obwohl eigentliches Steuergut das Vergnügen des einzelnen bzw. dessen dafür erbrachter Aufwand als Indiz seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ist. Die Vergnügungssteuer zielt also darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Der Steuermaßstab ist demgemäß am Vergnügungsaufwand auszurichten. Speziell bei der Spielautomatensteuer gilt herkömmlicherweise auch ein pauschaler Maßstab als sachgerecht, solange die Erfassung des Vergnügungsaufwands wenigstens wahrscheinlich bleibt. Die für eine Pauschalierung sprechenden Praktikabilitätserwägungen sind durch den technologischen Fortschritt, der inzwischen die Erfassung der Einspielergebnisse der einzelnen Geräte erleichtert, nicht insgesamt unbeachtlich geworden. (...)
Vielmehr kann der dem Steuergesetzgeber im Grundsatz zustehende Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl des Steuermaßstabs nur dann als überschritten angesehen werden, wenn der Normgeber sich für seine Entscheidung, als Steuermaßstab nach wie vor die Stückzahl der Geräte zu wählen, nicht länger auf eine wenigstens lockere Beziehung zwischen diesem Maßstab und den konkreten Einspielergebnissen berufen könnte. (...)
Wenn für Geräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen Einspielergebnisse zwischen 2.000 und 2.500 DM monatlich zu verzeichnen sind, so ist der für die Rechtfertigung der Spielautomatensteuer als Pauschalsteuer erforderliche lockere Bezug zwischen dem Stückzahlmaßstab und dem Vergnügungsaufwand jedenfalls gewahrt."
Ausgehend von dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat sich zu eigen macht, ist die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten jedenfalls für die hier maßgeblichen Jahre 1999 und 2000 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Bundesverwaltungsgerichts hat im o. g. Urteil festgestellt, dass die Erhebung der Vergnügungssteuer als Pauschsteuer dann mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn zwischen Steuermaßstab und Vergnügungsaufwand ein lockerer Bezug besteht. Ein solcher Bezug ist jedenfalls noch gegeben, wenn die Einspielergebnisse der Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit zwischen 2.000,00 und 2.500,00 DM, d. h. ausgehend von dem niedrigsten Wert, um 25% schwanken. Dem wird man entnehmen können, dass auch eine Abweichung von mehr als 25 % noch nicht automatisch die Untauglichkeit des Stückzahlmaßstabs nach sich zieht. Letztlich kann die Beantwortung dieser Frage aber dahinstehen; denn im hier zu entscheidenden Fall liegen die von der Klägerin vorgelegten, in den Spielhallen ... monatlich erzielten durchschnittlichen Einspielergebnisse von 1.374,00 DM jedenfalls noch unterhalb der angegebenen Schwankungsbreite.
Der Senat setzt sich mit seiner Entscheidung auch nicht in Widerspruch zu einem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23.10.2000 (Az: 2 M 30/00); denn das OVG SH hat in seinem Beschluss ausdrücklich offen gelassen, "ob der Stückzahlmaßstab im Gebiet der Antragsgegnerin noch Anwendung finden kann" (S. 5).
2. Diese Gesichtspunkte führen gleichzeitig dazu, dass sich auch die Zulassungsgründe besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht mit Erfolg begründen lassen.
Ende der Entscheidung
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