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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: 2 L 473/04
Rechtsgebiete: LSA-GO, LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-GO § 6 II 2
LSA-KAG § 6a III
1. Eine Satzung über wiederkehrende Beiträge ist nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht, wenn nur der Text rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechend im Amtsblatt veröffentlicht wird, nicht aber auch die Bildung der Abrechnungseinheit.

2. Der Plan der Abrechnungseinheit muss geeignet sein, die Zugehörigkeit einer Verkehrsanlage zu einem Abrechnungsgebiet zweifelsfrei erkennen zu lassen. Außer einer parzellenscharfen Darstellung der Abrechnungseinheit muss diese in ihren äußeren Grenzen erkennbar sein.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 473/04

Datum: 11.11.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es hier.

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Veröffentlichung des Plans der Abrechnungseinheit im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Uichteritz vom 23.11.2001 nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung genügt.

Als Rechtsetzungsakt bedürfen Satzungen zu ihrer Wirksamkeit einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung. Da das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung von Satzungen aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG resultiert und die Bekanntmachung elementares Gebot dieses Rechtsstaatsprinzips ist, ist die Veröffentlichung zwingender Bestandteil des Rechtsetzungsaktes. Nicht verkündete bzw. bekannt gemachte Satzungen entfalten keine Wirkung als Ortsrecht (Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Juli 2001, Art. 19 Abs. 4 GG RdNr. 250). Die Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.04.2004 (LSA-GVBl., S. 246), schreibt für kommunales Satzungsrecht keine bestimmte Veröffentlichungsform vor. In Ausfüllung der damit verbleibenden Gestaltungsfreiheit oblag es der Beklagten, durch ihre Hauptsatzung gemäß §§ 6 - 8 GO LSA Art und Weise der Bekanntmachung von Satzungen im Einzelnen zu bestimmen.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Beklagten vom 05.02.2001 erfolgen die gesetzlich erforderlichen Bekanntmachungen im amtlichen Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Uichteritz. Entsprechend dieser Bekanntmachungsregelung hat die Beklagte jedenfalls den Text ihrer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen vom 04.10.2001 formell ordnungsgemäß im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Uichteritz vom 19.10.2001 veröffentlicht. Allerdings fehlt eine ordnungsgemäße Bekanntmachung der vom Gemeinderat der Beklagten auf der Grundlage des § 6a Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes - KAG-LSA - i. d. F. d. Bek. v. 13.12.1996 (LSA-GVBl., S. 405), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2003 (LSA-GVBl., S. 370), i. V. m. § 2 Abs. 2 der wiederkehrenden Straßenausbaubeitragssatzung beschlossenen Abrechnungseinheit.

Zwar hat die Beklagte die Veröffentlichung des der Beitragssatzung als Anlage beigefügten Plans der Abrechnungseinheit durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Uichteritz vom 23.11.2001 nachgeholt. Diese Veröffentlichung genügt indes nicht den Anforderungen, die das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 2 Abs. 1, 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LVerf-LSA - vom 16.07.1992 [LSA-GVBl., S. 600]) an eine wirksame Veröffentlichung von Normen stellt. Dieses verlangt, dass sich der Bürger vom Inhalt des zu verkündenden Rechtssatzes und der Tatsache seines In-Kraft-Tretens verlässlich und ohne unzumutbare Schwierigkeiten zuverlässig Kenntnis verschaffen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts; vgl. etwa: BVerfG, Beschl v 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 [291]; BVerwG, Urt. v. 11.02.1972 - BVerwG VII C 37.69 -, DÖV 1972, 349 [349/350], Urt. v. 18.04.1975 - BVerwG VII C 41.73 -, Buchholz 401.84 [Benutzungsgebühren] Nr. 25 [S. 4]).

Im wiederkehrenden Straßenausbaubeitragsrecht muss der Plan der Abrechnungseinheit als wesentlicher Bestandteil einer wirksamen Satzung selbst dem Bestimmtheitsgebot Rechnung tragen, d. h. der Maßstab muss geeignet sein, die Zugehörigkeit einer Verkehrsanlage zu einem Abrechnungsgebiet zweifelsfrei erkennen zu lassen (Kirchmer, in: Kirchmer/Schmidt/Haack, Kommunalabgabenrecht Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., S. 317). Zur Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen bedarf der Plan darüber hinaus einer "parzellenscharfen" Darstellung der Abrechnungseinheit in ihren äußeren Grenzen. Die so gekennzeichneten Grenzen müssen aus der Satzung und/oder dem Plan der Abrechnungseinheit für die Beitragspflichtigen hinreichend sicher und ohne besondere Schwierigkeiten erkennbar sein (OVG LSA, Urt. v. 26.06.2002 - 2 K 275/01 -; Beschl. v. 03.07.2002 - 2 M 68/02 -; Beschl. v. 02.04.2004 - 2 M 884/03 -).

Diesen Anforderungen genügt die Veröffentlichung der Abrechnungseinheit nicht; denn anhand des veröffentlichten Flurkartenauszugs lassen sich die äußeren Grenzen der Abrechnungseinheit nicht eindeutig bestimmen, so dass nicht feststellbar ist, in welchem Umfang die Verkehrsanlagen Bestandteil der Abrechnungseinheit sind. Auch ist der Verlauf und die räumliche Ausdehnung der übrigen Verkehrsanlagen innerhalb der Abrechnungseinheit nicht erkennbar, so dass sich auch deren räumlicher und funktionaler Zusammenhang im Sinne des § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA nicht abschließend ermitteln lässt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Kläger auch nicht auf ein mögliches Akteneinsichtsrecht im Widerspruchsverfahren verwiesen werden; denn die Beklagte hat in § 2 Abs. 2 ihrer wiederkehrenden Straßenausbaubeitragssatzung den Plan zum Bestandteil der Satzung gemacht, indem sie bestimmt hat, dass sich die Verkehrsanlagen innerhalb der Abrechnungseinheit "aus dem dieser Satzung als Anlage beigefügten Plan ergeben"; insoweit bedarf der Plan der Abrechnungseinheit selbst der wirksamen Veröffentlichung.

Ist das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts mithin schon deswegen richtig, weil der Beitragsbescheid mangels einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Erhebung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen rechtswidrig ist, kann offen bleiben, ob die Beklagte sogar Erschließungsbeiträge gemäß §§ 127 ff.; 242 Abs. 9 BauGB hätte erheben müssen.

2. Dieser Gesichtspunkt führt gleichzeitig dazu, dass sich auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht mit Erfolg begründen lässt; denn auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, wem die Beweislast bei der Anwendung des § 242 Abs. 9 BauGB obliege, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an.

Ende der Entscheidung

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