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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 17.08.2006
Aktenzeichen: 2 L 510/04
Rechtsgebiete: HFlV


Vorschriften:

HFlV § 2 Abs. 1
Nicht voll durchgereifte "Zwiebelmettwurst frisch" unterfällt als Rohwurst auch dann den Bestimmungen der Hackfleischverordnung (hier: § 2 Abs. 1 HFlV), wenn sie von einem EG-zugelassenen Betrieb im Sinne der Fleischhygieneverordnung hergestellt und in den Verkehr gebracht wird.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 510/04

Datum: 17.08.2006

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung, dass das Inverkehrbringen von ihrem Herstellungsbereich entstammender "Zwiebelmettwurst frisch" nicht gegen die Hackfleisch-Verordnung verstößt.

Die Klägerin ist ein nach der Fleischhygiene-Verordnung zugelassener Betrieb, der Fleisch und Fleischerzeugnisse herstellt. Sie betreibt u.a. eine Fleisch- und Wurstverkaufsfiliale in der B-Straße 3 bis 10 in E., die sie u.a. mit dem Erzeugnis "Zwiebelmettwurst frisch" beliefert.

Am 19.03.2002 entnahmen Mitarbeiter des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungs-amtes des Landkreises Oder-Spree aus dieser Filiale zwei Zwiebelmettwürste à 200 g als amtliche Probe und leiteten diese zum Zwecke der Begutachtung dem Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft in Frankfurt/Oder zu. Das Landesamt beanstandete das Erzeugnis und führte hierzu in seinem Gutachten/Untersuchungsbefund vom 27.05.2002 aus:

"Im Rahmen der sinnesphysiologischen Untersuchung fiel auf, dass das Brät der untersuchten Zwiebelmettwürste keine Bindung aufweist und aufgrund seiner guten Streichfähigkeit und des nur leicht ausgeprägten Pökelaromas eher dem Produkt "Hackepeter" entspricht. Unterstützt wird dieser Befund auch durch die niedrigen Nitrit- und Nitratwerte von 29,1 und 35,8 mg/kg sowie durch die geringe Konzentration der D-Milchsäure von 11,5 mg/100 g. Der gemessene ph-Wert liegt mit 5,52 nur knapp unter dem oberen Richtwert von 5,60.

Ein wesentliches Merkmal der Zwiebelmettwürste ist die mikrobiologische Stabilität. Diese führt bei den Zwiebelmettwürsten zur Lagerfähigkeit, die das ähnliche Produkt "Hackepeter", welches nicht mikrobiologisch stabil ist, nicht besitzt. Der geringe Gehalt an D-Milchsäure weist darauf hin, dass die hohe nachgewiesene Keimzahl an Laktobazillen von 2,3 x 10 hoch 7 KbE/g nicht im Rahmen eines natürlichen Reifungsprozesses im Produkt entstanden ist, sondern während der Produktion künstlich zugesetzt wurde.

Im Zusammenhang mit dem sehr niedrigen Gehalt an Nitrit und Nitrat ist bei der untersuchten Probe keine mikrobiologische Stabilität entstanden. Einen Hinweis darauf bilden auch die isolierten Schimmelpilze in der Probe und der niedrige Umrötungswert von 21,9 %. Der Umrötungswert sollte bei Mettwürsten mindestens 50 % betragen.

Die untersuchte Probe unterliegt der Verordnung über Hackfleisch, Schabefleisch und anderes zerkleinertes rohes Fleisch (Hackfleischverordnung-HFlV) vom 10.05.1976 (BGBl I S. 1186), zuletzt geändert durch VO vom 29.10.1999 (BGBl I S. 2053), da sie auf Grund ihrer fehlenden mikrobiologischen Stabilität nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 aus dem Geltungsbereich der Hackfleischverordnung entlassen wird. Gem. § 2 Abs. 1 der HFlV ist die untersuchte Probe nicht verkehrsfähig, da ihr Nitritpökelsalz zugesetzt wurde und es sich nicht um ein Brühwursthalbfabrikat handelt. Eine Überschreitung der Frist für das Inverkehrbringen kann anhand des Probenahmeprotokolls nicht sicher festgestellt werden."

In der Folge erging gegen den Betriebsleiter der Klägerin ein Strafbefehl, gegen den die Verteidiger des Betriebsleiters Einspruch eingelegt haben. Das Strafverfahren ist derzeit vorläufig ausgesetzt.

Am 10.07.2003 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt hat, dass der ihr zur Last gelegte Verstoß gegen die Hackfleisch-Verordnung nicht vorliege. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, die Hackfleisch-Verordnung sei auf ihren Betrieb überhaupt nicht anwendbar, weil es sich insoweit um einen zugelassenen Betrieb nach der Fleischhygiene-Verordnung handle, dessen Produkte ausschließlich nach dieser Verordnung zu beurteilen seien.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass es nicht gegen § 2 Abs. 1 Hackfleischverordnung verstößt, wenn sie über ihre Filiale in der B-Straße 3-10, E., das Produkt "Zwiebelmettwurst frisch" in der Beschaffenheit in den Verkehr bringt, die Gegenstand der durch den Beklagten in der Strafanzeige vom 25. Februar 2003 an die Staatsanwaltschaft A-Stadt ausgesprochenen Beanstandung ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen: Ein wesentliches Merkmal der Unterscheidung zwischen dem der Zwiebelmettwurst ähnlichen Produkt "Hackepeter" und der Zwiebelmettwurst selbst sei die stabile Umrötung und der Gehalt an D-Milchsäure. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale sei die gelieferte Ware nach der Hackfleischordnung zu bewerten. Da die Klägerin mit der Lieferung der Zwiebelmettwürste gegen § 2 Abs. 1 der Hackfleischverordnung verstoßen habe, müsse die Klage abgewiesen werden. Dass der Betrieb der Klägerin ein EG-zugelassener Verarbeitungsbetrieb sei, stehe dem nicht entgegen. Allein die Zulassung als EG-Verarbeitungsbetrieb reduziere nicht die Verantwortung auf die Bestimmungen der Fleischhygieneverordnung.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat die Klage mit Urteil vom 19.07.2004 - 1 A 351/03 MD - abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zwar als Feststellungsklage zulässig. Insbesondere habe die Klägerin - auch und vor allem mit Blick auf das gegen sie eingeleitete Strafverfahren - ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Die Klage sei aber unbegründet, weil das beanstandete Erzeugnis gegen die Hackfleisch-Verordnung verstoße. Ohne Erfolg bleibe der Einwand der Klägerin, sie sei ein EG-zugelassener Betrieb, auf den die Hackfleisch-Verordnung keine Anwendung finde; denn die Vorschriften der Fleischhygiene-Verordnung in der jeweils geltenden Fassung blieben unberührt.

Der Senat hat die Berufung auf Antrag der Klägerin nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen, weil die Frage, ob die Hackfleisch-Verordnung auf zugelassene Betriebe im Sinne der Fleischhygiene-Verordnung anwendbar sei, besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweise. Die Klägerin hat die Berufung unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen fristgemäß begründet.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, dass es nicht gegen § 2 Abs. 1 Hackfleischverordnung verstößt, wenn sie über ihre Filiale in der B-Straße 3-10, E., das Produkt "Zwiebelmettwurst frisch" in der Beschaffenheit in den Verkehr bringt, die Gegenstand der durch den Beklagten in der Strafanzeige vom 25. Februar 2003 an die Staatsanwaltschaft A-Stadt ausgesprochenen Beanstandung ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zwar als Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO zulässig. Insbesondere ist das nach dieser Vorschrift für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, die Frage nach dem ihr zur Last gelegten Verstoß gegen die Hackfleisch-Verordnung verwaltungsgerichtlich klären zu lassen; denn von dieser Feststellung hängt u.a. der Ausgang des gegen sie eingeleiteten Strafverfahrens ab.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die begehrte Feststellung ist nicht auszusprechen. Entgegen dem Feststellungsbegehren verstößt das Inverkehrbringen der streitgegenständlichen Zwiebelmettwürste gegen § 2 Abs. 1 der Verordnung über Hackfleisch, Schabefleisch und anderes zerkleinertes rohes Fleisch (Hackfleisch-Verordnung - HFlV) vom 10.05.1976 (BGBl. I S. 1186), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.05.2005 (BGBl. I S. 1401).

Nach der genannten Vorschrift dürfen Erzeugnisse nach § 1 HFlV, denen Nitritpökelsalz zugesetzt worden ist, mit Ausnahme von Brühwursthalbfabrikaten nicht in den Verkehr gebracht werden. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HFlV gilt die HFlV für das gewerbsmäßige Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. bis 6. HFlV bezeichneten Erzeugnisse aus zerkleinertem Fleisch von geschlachteten oder erlegten warmblütigen Tieren, sofern sich diese Erzeugnisse ganz oder teilweise in rohem Zustand befinden. Erzeugnisse in diesem Sinne sind gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 HFlV u.a. Rohwürste. Als nicht mehr roh im Sinne dieser Verordnung sind gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 HFlV allerdings u.a. solche Erzeugnisse anzusehen, die in einem abgeschlossenen Pökelungsverfahren mit Umrötung, auch in Verbindung mit Trocknung oder Räucherung, bei Rohwursterzeugnissen mit Fermentation (Reifung), unterworfen worden sind.

Pökeln ist das Behandeln von Fleisch mit Kochsalz und Umröte(Pökel)stoffen (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band 3, C 232, § 1 HFlV RdNr. 13). Bei Rohwurstgemengen zeigt die langsam einsetzende Umrötung nur den Zeitraum an, in dem die weiteren stabilisierenden Faktoren zum Tragen gekommen sind. Da dieser Zeitraum durch Umrötehilfsmittel verkürzt werden kann, ist hier das Merkmal der Fermentation (Reifung) maßgebend. Fermentiert ist ein Erzeugnis, wenn in seiner Keimflora die Lactobazillen überwiegen und dadurch das Wachstum der schädlichen Keime unterdrückt wird (Konkurrenzflora). Deshalb unterliegt z.B. frische Mettwurst erst dann nicht mehr den Vorschriften der HFlV, wenn sie ausreichend fermentiert ist (vgl. zum Ganzen: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band 3, C 232, § 1 HFlV RdNr. 13). Als Beurteilungskriterien für eine ausreichende Fermentierung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 HFlV hat der Arbeitskreis der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der vom Tier stammenden Lebensmittel tätigen Sachverständigen (ALTS) in mehreren Arbeitstagungen in der Zeit zwischen 1996 und 2004 folgende Parameter aufgestellt (vgl. den von der Klägerin vorgelegten Bericht, Bl. 172 d.A.): "- Geruch, Geschmack, (Abbindung) rohwurstartig, - stabile Umrötung (sensorisch, in Zweifelsfällen chemisch: > 50 % nach Möhler-Methode), - Säuerung: pH-Wert < 5,6; D(-)Milchsäure > 0,2 g/100g, - mikrobiologische Beschaffenheit (dominierende Fermentationsflora, niedrige Keimzahlen an Gramnegativen)".

In Anwendung dieser Grundsätze und Maßstäbe ist der Verkauf der streitgegenständlichen Zwiebelmettwürste durch die Klägerin als Zuwiderhandlung gegen § 2 Abs. 1 HFlV i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2 HFlV einzustufen. Die Zwiebelmettwürste erfüllten zum Zeitpunkt ihres Inverkehrbringens die Merkmale von Rohwürsten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2 HFlV. Ihren rohen Zustand hatten die Würste zu diesem Zeitpunkt insbesondere (noch) nicht deshalb verloren, weil sie zuvor einem Pökelungsverfahren unterzogen worden waren; denn dieses Pökelungsverfahren war (noch) nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 HFlV "abgeschlossen". Die hierfür erforderliche stabile Umrötung von mindestens 50 % sowie die ausreichende Fermentation (Reifung), die u.a. einen Anteil an D-Milchsäure von mindestens 0,2 g/100g voraussetzt, lagen nicht vor; denn nach dem Gutachten/Untersuchungsbefund des Landesamtes für Verbraucherschutz und Landwirtschaft in Frankfurt/Oder vom 27.05.2002 betrug der Umrötungsgrad lediglich 21,9 % und der Anteil an D-Milchsäure lediglich 11,5 mg/100 g. Zweifel an der Richtigkeit dieser chemischen Analysewerte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Handelte es sich mithin bei den streitgegenständlichen Zwiebelmettwürsten um (rohe) Erzeugnisse nach § 1 HFlV, verstieß ihr Inverkehrbringen gegen § 2 Abs. 1 HFlV; denn ihnen war entgegen dieser Vorschrift Nitritpökelsalz zugesetzt worden. Auch die in § 2 Abs. 1 HFlV für Brühwursthalbfabrikate geregelte Ausnahme ist nicht einschlägig, weil die streitgegenständlichen Zwiebelmettwürste keinem Brühverfahren unterzogen wurden und es sich bei ihnen daher auch nicht um Brühwursthalbfabrikate handelt.

Der Anwendung des § 2 Abs. 1 HFlV steht auch nicht entgegen, dass der Betrieb und die Erzeugnisse der Klägerin zugleich auch vom Anwendungsbereich der Verordnung über die hygienischen Anforderungen und amtlichen Untersuchungen beim Verkehr mit Fleisch (Fleischhygiene-Verordnung - FlHV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.06.2001 (BGBl. I S. 1366), zuletzt geändert durch Verordnung vom 09.11.2004 (BGBl. I S. 2791), erfasst sind. Zwar handelt es sich bei dem Betrieb der Klägerin um einen EG-zugelassenen Betrieb im Sinne des § 11 FlHV. Auch dürfte die streitgegenständliche Zwiebelmettwurst als Fleischzubereitung im Sinne des § 2 Nr. 8 FlHV zu qualifizieren sein. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass die Bestimmungen der HFlV für die Klägerin und ihre Produkte insgesamt keine Anwendung finden; denn die FlHV und die HFlV stehen nicht in einem derartigen allgemeinen Ausschlussverhältnis, sondern sind vielmehr nebeneinander und kumulativ anwendbar, soweit sich nicht aus besonderen Vorschriften und für einzelne Regelungen etwas anderes ergibt (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band 3, C 232, § 1 HFlV RdNr. 54; VG Berlin, Urt. v. 10.04.2003 - 14 A 464.99 -, LRE 48, 232 [nach Erledigungserklärungen in der zweiten Instanz vom OVG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 13.12.2005 - Az.: OVG 5 N 54.03 - für wirkungslos erklärt]; VG Köln, Urt. v. 07.04.2004 - 9 K 4410/00 -, LRE 48, 243 [nach Auskunft der Klägerin aufgrund von Erledigungserklärungen in der zweiten Instanz für wirkungslos erklärt]). Dies ergibt sich aus folgendem:

Die Bestimmungen des § 1 HFlV, die deren Anwendungsbereich regeln, enthalten in Abs. 4 lediglich die Anordnung, dass die Vorschriften der Fleischhygiene-Verordnung und der Geflügelfleischhygiene-Verordnung in der jeweils geltenden Fassung "unberührt" bleiben. Dies ist schon nach dem Wortlaut lediglich dahingehend zu verstehen, dass die einzelnen Vorschriften und Anforderungen der FlHV auch dann Anwendung finden und im Konkurrenzfalle einzelnen Regelungen der HFlV vorgehen, wenn nach § 1 Abs. 1 bis 3 HFlV (auch) der Anwendungsbereich der Hackfleisch-Verordnung eröffnet ist. Hingegen lässt sich aus der Formulierung "bleiben unberührt" nicht die umgekehrte Schlussfolgerung ziehen, dass für EG-zugelassene Betriebe im Sinne des § 11 FlHV ausschließlich die FlHV, nicht aber die HFlV Anwendung finden soll. Hätte der Verordnungsgeber den Anwendungsbereich der HFlV in solcher Weise eingrenzen wollen, hätte er dies zum Ausdruck bringen können und müssen; dies zeigt ein Vergleich zu § 1 Abs. 2 FlHV, worin der Verordnungsgeber den Anwendungsbereich der FlHV in eindeutiger Weise auch negativ bestimmt und dementsprechend geregelt hat, dass die FlHV u.a. auf Einzelhandelsgeschäfte und Wochenmärkte keine Anwendung findet.

Für die kumulative Anwendbarkeit der beiden Verordnungen spricht darüber hinaus der Umstand, dass die FlHV die lebensmittelrechtlichen Anforderungen an die ihrem Geltungsbereich unterliegenden Produkte nicht abschließend, sondern - entsprechend ihrer Rechtsgrundlage im Fleischhygiene-Gesetz - nur im Hinblick auf Hygieneanforderungen bestimmt, wohingegen andere Regelungsbereiche - wie z.B. derjenige über Zusatzstoffe - ausschließlich in der auf dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz beruhenden HFlV (§ 2 Abs. 1 HFlV) geregelt sind (vgl. VG Berlin, a.a.O.). In Übereinstimmung mit dieser Regelungskonzeption trifft die HFlV in einzelnen ihrer Regelungsbereiche Sonder- und Ausnahmebestimmungen für solche Erzeugnisse nach § 1 HFlV, die nach den Vorschriften der FlHV oder der Geflügelfleischhygiene-Verordnung hergestellt worden sind. So sind in der HFlV für derartige Erzeugnisse Ausnahmeregelungen im Hinblick auf Temperaturanforderungen (§ 4 Abs. 1 a HFlV), Fristen für das Inverkehrbringen (§ 5 Abs. 1a HFlV) sowie das Inverkehrbringen auf Märkten (§ 13 Abs. 1a HFlV) enthalten. Diese Ausnahmeregelungen wären nicht erforderlich, wenn die HFlV im Anwendungsbereich der FlHV überhaupt keine Anwendung fände (vgl. VG Köln, a.a.O.).

Die Klägerin beruft sich auch ohne Erfolg auf die in § 10 b Abs. 2 FlHV enthaltene Aussage, dass für das Herstellen, Behandeln und Zubereiten von Hackfleisch und Fleischzubereitungen in nach § 11 a Abs. 3 registrierten Betrieben die Vorschriften der HFlV in der jeweils geltenden Fassung unberührt bleiben. Hieraus lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht der Umkehrschluss ziehen, dass die HFlV für nicht lediglich registrierte, sondern nach § 11 FlHV zugelassene Betriebe wie den ihren nicht zur Anwendung gelange. § 10 b Abs. 2 FlHV beseitigt lediglich für die erwähnten registrierten Betriebe die dargestellte ansonsten geltende Vorrangigkeit der Fleischhygiene-Verordnung und bestimmt, dass für sie, soweit nicht die im vorstehenden Absatz in Nr. 2 angeführten Normen der Fleischhygiene-Verordnung eingreifen, die Hackfleisch-Verordnung auch dann maßgeblich bleibt, wenn die Fleischhygiene-Verordnung einschlägige Vorschriften aufweist (vgl. VG Berlin und VG Köln, a.a.O.).

Die von der Klägerin geltend gemachte abschließende Regelung sämtlicher lebensmittelrechtlicher Anforderungen zumindest für Fleischprodukte aus zugelassenen Betrieben lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ableiten. Die von ihr u.a. angeführte Richtlinie 94/65/EG zur Festlegung von Vorschriften für die Herstellung und das Inverkehrbringen von Hackfleisch/Faschiertem und Fleischzubereitungen wurde teilweise durch Änderung der Hackfleisch-Verordnung, teilweise auch der Fleischhygiene-Verordnung und der Geflügelfleischhygiene-Verordnung umgesetzt; eine gemeinschaftsrechtliche Vorgabe dahingehend, sämtliche lebensmittelrechtlichen Regelungen zum Thema "Hackfleisch" bzw. "Zubereitungen von Hackfleisch" allein in einer einzigen Verordnung anzusiedeln, lässt sich aus der genannten Richtlinie hingegen nicht herleiten (vgl. VG Berlin, a.a.O.).

Das gefundene Ergebnis wird entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb in Frage gestellt, weil sich der Arbeitskreis der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der vom Tier stammenden Lebensmittel tätigen Sachverständigen (ALTS) in seiner Arbeitstagung vom 14.-16.06.2004 in Berlin mit der vorliegenden Problematik befasst hat. In der vorgelegten Niederschrift dieser Tagung lässt sich auf Seite 30 lediglich der Beschluss(vorschlag) entnehmen, dass nicht ausreichend gereifte Zwiebelmettwürste aus nicht zugelassenen Betrieben nach § 2 Abs. 1 HFlV nicht verkehrsfähig seien. Eine positive Aussage dahingehend, dass derartige Produkte nach § 2 Abs. 1 HFlV verkehrsfähig seien, wenn sie von zugelassenen Betrieben in den Verkehr gebracht würden bzw. - mit anderen Worten - auf derartige zugelassene Betriebe die HFlV insgesamt keine Anwendung finde, hat der ALTS gerade nicht getroffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat von keiner Entscheidung im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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