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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 15.08.2007
Aktenzeichen: 2 M 162/07
Rechtsgebiete: BauGB, LSA-BauO, BNatSchG, LSA-NatSchG, VwVfG, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 5 Abs. 2 Nr. 10
BauGB § 14
BauGB § 15
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
BauGB § 35 Abs. 3 S. 3
BauGB § 36
LSA-BauO § 74 Abs. 2 a.F.
LSA-BauO § 74 Abs. 3 a.F.
BNatSchG § 16 Abs. 2
LSA-NatSchG § 7 Abs. 1 a.F.
LSA-NatSchG § 23 a.F.
VwVfG § 45 Abs. 2 Nr. 1
VwVfG § 46
VwGO § 80 Abs. 7
1. Veränderte Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO sind nicht nur bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage im engeren Sinne gegeben; auch die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage rechtfertigen einen Antrag auf Abänderung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO, falls sich dies auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsacheentscheidung auswirkt.

2. Beschränkt sich die Gemeinde bei der Prüfung, ob sie ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB erteilt, darauf, einen oder einzelne dem Vorhaben aus ihrer Sicht entgegenstehende Belange herauszugreifen und die Verweigerung ihres Einvernehmens damit zu rechtfertigen, und unterlässt sie (deshalb) eine weitergehende bzw. umfassende Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit, kann sie, sollte sich die Versagung des Einvernehmens nicht auf die von ihr geltend gemachten Gründe stützen lassen, sich später nicht darauf berufen, die Bauvorlagen seien unvollständig gewesen.(im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 16.09.2004 - 4 C 7.03 -, BVerwGE 122, 13).

3. Eine Baugenehmigung beinhaltet die erforderliche Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens, wenn eine landesrechtliche Vorschrift (hier § 74 Abs. 3 Satz 1 BauO LSA a. F.) bestimmt, dass die Genehmigung, mit der die Zulässigkeit des Vorhabens festgestellt wird, zugleich als Ersatzvornahme im Sinne des § 138 der Gemeindeordnung gilt. Fehlt die insoweit erforderliche Begründung, stellt dies einen nach §§ 45 Abs. 2 Nr. 1, 46 VwVfG heilbaren Verfahrensfehler dar, der die Wirksamkeit der Ersatzvornahme nicht berührt.

4. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung - und der darin enthaltenen Ersatzvornahme - ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigten; spätere Änderungen zu seinen Lasten haben dagegen außer Betracht zu bleiben (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, m. w. Nachw.). Dies gilt auch für Rechtsänderungen während des von einer Gemeinde eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahrens.

5. Der bloße Entwurf eines Landschaftsplans kann weder in einen Flächennutzungsplan übernommen noch einem privilegierten Vorhaben entgegen gehalten werden.

6. Die Festsetzung nur von "Eignungsgebieten" in einem Flächennutzungsplan ist unwirksam und genügt daher nicht, um eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu bewirken. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 -, ZNER 2004, 370) legt der Plangeber keine durchsetzungsfähigen Gebiete fest, wenn er sich mit der Ausweisung solcher Gebiete begnügt. Die mit der positiven Standortzuweisung verbundene Ausschlusswirkung muss ferner durch städtebauliche Gründe legitimiert sein.

7. Der Erlass einer Veränderungssperre und damit auch die Zurückstellung eines Bauantrags setzen voraus, dass die Gemeinde einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat. Nur ein bekannt gemachter Aufstellungsbeschluss ist im Rahmen der §§ 14 und 15 BauGB beachtlich.

8. Über die in § 74 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA a. F. bestimmte Monatsfrist hinaus musste die Baugenehmigungsbehörde einer Gemeinde keine zusätzliche Zeit für Maßnahmen zur Sicherung einer beabsichtigten Änderung bzw. Konkretisierung der Planungssituation einräumen. Der Gesetzgeber hatte diese Frist als ausreichend angesehen, um entscheiden zu können, ob ein (neues) Bauleitplanverfahren in Gang gesetzt werden soll und Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden sollen.


Gründe:

I.

Am 22.03.2002 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung von 2 Windkraftanlagen auf den Grundstücken der Gemarkung D-Stadt, Flur 11, Flurstücke 19/4 und 9/1.

Mit Anschreiben vom 18.03.2002 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin die Planunterlagen mit der Bitte um fristgerechte Bearbeitung hinsichtlich des gemeindlichen Einvernehmens. In der Ratssitzung vom 02.05.2002 beschloss der Gemeinderat der Antragstellerin, das Einvernehmen zu versagen, weil das Vorhaben den Darstellungen ihres Flächennutzungsplans sowie des Landschaftsplans der Verwaltungsgemeinschaft "Einetal-Vorharz" widerspreche. Außerdem werde das Landschaftsbild verunstaltet. Mit Schreiben vom 18.02.2003 wies der Antragsgegner der Antragstellerin darauf hin, dass planungsrechtlich keine Bedenken gegen die Errichtung der Windenergieanlagen bestünden und bat um Überprüfung der Verweigerung des Einvernehmens. Mit Schreiben vom 20.03.2003 teilte die Antragstellerin mit, ihr Gemeinderat habe in seiner Sitzung am 18.03.2003 erneut beschlossen, das gemeindliche Einvernehmen zu versagen. Ferner habe er die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Errichtung von Windkraftanlagen an anderer Stelle, die Änderung ihres Flächennutzungsplans sowie eine Veränderungssperre beschlossen. Aus redaktionellen Gründen sei jedoch eine zu deren Inkrafttreten erforderliche Veröffentlichung vor Ablauf der Anhörungsfrist des § 74 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA bzw. der zweimonatigen Einvernehmensfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht möglich, weil die nächste Ausgabe des Amtsblatts der Verwaltungsgemeinschaft erst am 04.04.2003 erscheine. Sie beantrage daher gleichzeitig die Zurückstellung des Bauantrags.

Am 01.04.2003 erteilte der Antragsgegner die Baugenehmigung, die der Antragstellerin am 03.04.2003 per Telefax übermittelt und am 07.04.2003 (förmlich) zugestellt wurde. Am 02.04.2003 lehnte er den Zurückstellungsantrag ab. Gegen beide Bescheide erhob die Antragstellerin am 07.05.2003 Widerspruch und gab zur Begründung an: Die Baugenehmigung sei ohne Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilt worden. Aus der Baugenehmigung sei nicht ersichtlich, dass das gemeindliche Einvernehmen überhaupt ersetzt worden sei. Auch materiell sei die Baugenehmigung rechtswidrig.

Auf den Antrag der Antragstellerin ordnete das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 02.06.2003 (2 B 75/03 HAL) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an und führte zur Begründung aus: Die Ersetzung des Einvernehmens sei rechtswidrig. Eine ordnungsgemäße Beteiligung der Gemeinden gemäß § 36 Abs.1 Satz 1 BauGB setze voraus, dass der Gemeinde die vollständigen Bauvorlagen übersandt werden. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Der Antragsgegner habe nach Beteiligung der Antragstellerin weitere maßgebliche Bauantragsunterlagen (etwa über Lärm- und Schattengutachten) gefordert und erhalten, die er der Antragstellerin nicht vorgelegt habe.

Danach bedürfe es keiner Vertiefung der Frage, ob der Antragsgegner bei der Ersetzung des Einvernehmens auch gegen die verfahrensrechtlichen Bestimmungen in § 74 verstoßen habe, weil er die Ersatzvornahme nicht gemäß § 74 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA bereits mit Erteilung der Baugenehmigung unter dem 01.04.2003 begründet, sondern diese Begründung erst nachträglich mit Schreiben vom 08.04.2003 nachgeholt habe. Zu diesem Zeitpunkt aber habe die Antragstellerin ihre Beschlüsse über die Aufstellung eines Bebauungsplans Nr. 2 über die Ausweisung von Eignungsgebieten für Windkraftanlagen sowie eine entsprechende Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplanes in ihrem Amtsblatt vom 04.04.2003 bekannt gemacht und die Zurückstellung des Baugesuchs der Beigeladenen gemäß § 15 Abs. 1 BauGB beantragt. Mit Blick auf dieses offensichtliche Bemühen der Antragstellerin, die rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Vorhabens noch zu ändern, erscheine es auch fraglich, ob dem Erfordernis der Anhörung der Gemeinde vor Ersetzung des Einvernehmens gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 BauO LSA genügt sei.

Die vom Antragsgegner und von der Beigeladenen erhobenen Beschwerden wies der Senat mit Beschluss vom 29.10.2003 (2 M 249/03) zurück.

Am 18.01.2006 nahm die Antragstellerin ihren Widerspruch gegen die Ablehnung ihres Zurückstellungsantrags zurück. Mit Bescheid vom 27.12.2006 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch gegen die Baugenehmigung zurück und ersetzte zugleich (ausdrücklich) das gemeindliche Einvernehmen der Antragstellerin. Zur Begründung führte die Widerspruchsbehörde unter anderem aus, die Ersetzungsentscheidung könne nicht ohne weiteres als eine der Baugenehmigung immanente Entscheidung angesehen werden. Die Verweigerung des Einvernehmens sei rechtswidrig. Die in Rede stehenden Flächen befänden sich zwar außerhalb des im Flächennutzungsplan der Antragstellerin ausgewiesenen Eignungsgebiets für die Nutzung von Windenergie. Eine Baufläche oder ein Baugebiet im Sinne von § 5 Abs. 2 BauGB sei in der Planzeichnung aber nicht dargestellt. Im Erläuterungsbericht des Plans befänden sich keinerlei nachvollziehbare Darlegungen zur Konkretisierung des im Regionalen Entwicklungsprogramm für den Regierungsbezirk Halle in der Fassung vom 14.03.2000 ausgewiesenen Eignungsgebiets für die Nutzung der Windenergie oder zu einer beabsichtigten Ausschlusswirkung in Bezug auf die restlichen, im regionalen Entwicklungsprogramm als Eignungsgebiet ausgewiesenen Flächen. Es fehle an einer das Plangebiet (Gemeindegebiet) umfassenden Abwägung. Der bloße Entwurf eines Landschaftsplans könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Über die von der Antragstellerin erhobene Klage (2 A 18/07 HAL) ist noch nicht entschieden.

Am 26.02.2007 hat die Beigeladene beim Verwaltungsgericht beantragt, seinen Beschluss vom 02.06.2003 abzuändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen die Baugenehmigung abzulehnen. Zur Begründung hat sie angegeben, spätestens mit dem Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamts sei das gemeindliche Einvernehmen wirksam ersetzt worden. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2004 (4 C 7.03) könne sich die Antragstellerin auch nicht mehr darauf berufen, die ihr zur Erteilung des Einvernehmens vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen seien unvollständig gewesen.

Mit Beschluss vom 18.04.2007 hat das Verwaltungsgericht den Änderungsantrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2004 liege kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde; zudem seien der Antragstellerin bis heute nicht die vollständigen Bauvorlagen übersandt worden. Unabhängig davon sei die Ersetzung des Einvernehmens - wie das Gericht in seinem Beschluss vom 02.06.2003 bereits dargelegt habe - auch deshalb rechtswidrig, weil die Antragstellerin vor Ersetzung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zum Zeitpunkt der Ersetzungsentscheidung habe die Antragstellerin über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 2 über die Ausweisung von Eignungsgebieten für Windkraftanlagen sowie eine Veränderungssperre beschlossen und beim Antragsgegner die Zurückstellung des Baugesuchs der Beigeladenen beantragt. Auch die Ersetzung durch den Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig, weil die Antragstellerin das Einvernehmen zu Recht versagt habe. Dem Vorhaben der Beigeladenen stünden die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Antragstellerin sowohl in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.10.2002 als auch in der am 24.03.2006 vom Landesverwaltungsamt genehmigten und am 21.04.2006 bekannt gemachten Fassung der 1. Änderung entgegen. Darin habe die Antragstellerin an anderer Stelle ein Vorranggebiet für Windenergie ausgewiesen. Der Ausschluss von Windenergie an anderer Stelle sei städtebaulich gerechtfertigt. Die entsprechende Bauleitplanung stehe insbesondere nicht im Widerspruch zum regionalen Entwicklungsprogramm der Planregion Halle, die das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 11.11.2004 für nichtig erklärt habe. Vielmehr entspreche sie gerade dem 2. Entwurf des regionalen Entwicklungsplans für die Planungsregion Halle, der den geplanten Standort nicht mehr als Windeignungsgebiet ausweise.

Hiergegen wendet sich die von der Beigeladenen erhobene Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Beigeladenen nach § 80 Abs. 7 VwGO, den Beschluss vom 02.06.2003 wegen veränderter Umstände abzuändern, zu Unrecht abgelehnt.

Veränderte Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO sind nicht nur bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage im engeren Sinne gegeben; auch die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage rechtfertigen einen Antrag auf Abänderung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO, falls sich dies auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsacheentscheidung auswirkt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 80 RdNr. 197, m. w. Nachw.). Der Senat teilt die Ansicht der Beigeladenen, dass in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2004 (4 C 7.03 - BVerwGE 122, 13) ein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 VwGO zu sehen sei, der eine Abänderung des ursprünglichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 02.06.2003 (2 B 75/03 HAL) rechtfertige.

In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, aus Sinn und Zweck des Einvernehmenserfordernisses in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB ergebe sich zwar, dass der Gesetzgeber der Gemeinde eine Entscheidung über ihr Einvernehmen auf der Grundlage in planungsrechtlicher Hinsicht vollständiger Antragsunterlagen (Bauvorlagen) ermöglichen wolle. Die Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen sei aber mit der Obliegenheit der Gemeinde verbunden, im Rahmen der Möglichkeiten, die ihr das Landesrecht eröffne, innerhalb der zweimonatigen Einvernehmensfrist gegenüber dem Bauherrn oder der Baurechtsbehörde auf die Vervollständigung des Bauantrages hinzuwirken. Der Gesetzgeber rufe die Gemeinde als betroffene Gebietskörperschaft und Trägerin der Planungshoheit zur eigenverantwortlichen planungsrechtlichen Beurteilung des Bauvorhabens auf. Der Gesetzgeber überlasse es der Gemeinde, aus ihrer Ortskenntnis und ihrer planerischen Sicht festzustellen, ob der Bauantrag ihr eine fundierte bauplanungsrechtliche Bewertung des Vorhabens ermögliche oder in dieser Hinsicht noch ergänzungsbedürftig sei. Ebenso obliege ihr die Feststellung, ob und wann ein bei ihr eingereichter Bauantrag in die erforderliche Beurteilungsreife "hineingewachsen" sei. § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB sei die Wertung des Gesetzgebers zu entnehmen, dass ein Zeitraum von zwei Monaten geboten, aber auch ausreichend sei, um der Gemeinde eine Entscheidung auf der Grundlage (planungsrechtlich) vollständiger Unterlagen zu ermöglichen. Dabei trage die Gemeinde freilich das Risiko einer Fehleinschätzung der planungsrechtlichen Beurteilungsreife mit der Folge, dass die Einvernehmensfrist bereits mit der Einreichung des Bauantrages zu laufen beginne. Die Mitwirkungslast der Gemeinde bei der Vervollständigung der ihr einzureichenden Bauvorlagen werde durch § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB in zweierlei Hinsicht näher bestimmt. Das Spektrum der Unterlagen, die eine Gemeinde als Entscheidungsgrundlage nachfordern dürfe, sei begrenzt. § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB sei dahin auszulegen, dass die Gemeinde ihre Entscheidung über das Einvernehmen auf der Grundlage der Antragsunterlagen (Bauantrag und Bauvorlagen) zu treffen habe. Sie sei deshalb darauf beschränkt, gegenüber dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde auf das Nachreichen solcher Unterlagen hinzuwirken, die mit dem Bauantrag hätten eingereicht werden müssen, um ihr die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens zu ermöglichen. § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB setze der Gemeinde ferner einen zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen sie sich Klarheit darüber zu verschaffen habe, ob der Bauantrag nebst Bauvorlagen bauplanungsrechtlich beurteilungsreif sei. Lasse die Gemeinde die zweimonatige Einvernehmensfrist verstreichen, ohne dass sie einen Anlass sehe, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegenüber dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde auf das Nachreichen einer bestimmten Bauvorlage hinzuwirken, gelte ihr Einvernehmen nach Ablauf von zwei Monaten ab Antragseingang (bzw. ab dem Eingang nachgeforderter Unterlagen) als erteilt.

Ausgehend von dieser Rechtsprechung kann die Antragstellerin - anders als das Verwaltungsgericht in seinem ursprünglichen Beschluss vom 02.06.2003 (2 B 75/03 HAL) und der Senat in seiner Beschwerdeentscheidung vom 29.10.2003 (2 M 249/03) dies entschieden haben - die Verletzung eigener Rechte durch die Ersetzung ihres Einvernehmens in der angegriffenen Baugenehmigung nicht (nachträglich) mit der Begründung rechtfertigen, die ihr bei der Entscheidung über die Erteilung ihres Einvernehmens vorliegenden Bauvorlagen seien unvollständig gewesen. Zwar trat die Einvernehmensfiktion hier nicht ein, weil die Antragstellerin ihr Einvernehmen rechtzeitig versagte. Für diesen Fall kann aber nichts anderes gelten. Verweigert die Gemeinde ihr Einvernehmen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die ihr vorliegenden Unterlagen aus ihrer Sicht genügten, um über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu befinden. Beschränkt sie sich bei ihrer Prüfung darauf, einen oder einzelne dem Vorhaben aus ihrer Sicht entgegenstehende Belange herauszugreifen und die Verweigerung ihres Einvernehmens damit zu rechtfertigen, und unterlässt sie (deshalb) eine weitergehende bzw. umfassende Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit, kann sie, sollte sich die Versagung des Einvernehmens nicht auf die von ihr geltend gemachten Gründe stützen lassen, sich später nicht darauf berufen, die Bauvorlagen seien unvollständig gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung betont, dass die Gemeinde eigenständig die Beurteilungsreife des Bauantrags prüfen müsse. Dem kann sie sich nicht dadurch entziehen, dass sie einen oder einzelne Belange zur Begründung der versagenden Entscheidung herausgreift und sich - quasi zeitlich unbegrenzt - die Anforderung weiterer Bauvorlagen und die weitergehende Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens vorbehält.

Kann sich die Antragstellerin nicht (mehr) auf die Unvollständigkeit der Antragsunterlagen berufen, erweist sich die Ersetzung des Einvernehmens durch den Antragsgegner als rechtmäßig. Dabei ist entgegen der Annahme des Landesverwaltungsamts im Widerspruchsbescheid davon auszugehen, dass bereits die Baugenehmigung die erforderliche Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens beinhaltete. Nach § 74 Abs. 3 Satz 1 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt in der im Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltenden Fassung vom 09.02.2001 (GVBl LSA S. 50) - BauO LSA a. F. - gilt die Genehmigung, mit der die Zulässigkeit des Vorhabens festgestellt wird, zugleich als Ersatzvornahme im Sinne des § 138 der Gemeindeordnung. Bleibt die Anhörung der Gemeinde fruchtlos, hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung zu erteilen (vgl. Jäde in: Jäde/Dirnberger, BauO LSA [n. F.], § 70 RdNr. 15). Mit der Genehmigung werden also zugleich zwei Verwaltungsakte erlassen, nämlich die Baugenehmigung und die Ersatzvornahme (vgl. Lechner in: Simon, BayBauO, Art. 74 RdNr. 94). Zwar enthielt die angefochtene Baugenehmigung hinsichtlich der Ersetzung des Einvernehmens entgegen § 74 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA a. F. keine Begründung; der Antragsgegner reichte eine Begründung erst mit Schreiben vom 08.04.2003 nach. Insoweit handelte es sich aber um einen - nach §§ 45 Abs. 1 Nr. 2, 46 VwVfG heilbaren - Formfehler. Unabhängig von der Frage, ob die Heilung eines Begründungsmangels auf den Zeitpunkt des Erlasses eines Verwaltungsakts zurückwirkt, kann ein Verwaltungsakt, dessen Begründung nachgeholt wird, nach der Wertung des Gesetzgebers in den §§ 45 Abs. 1 Nr. 2, 46 VwVfG nicht allein wegen des ursprünglichen Begründungsdefizits aufgehoben werden (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2002 - 4 B 20.02 -, Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr. 25). Die Wirksamkeit der Ersatzvornahme, die gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG mit der - hier nach § 74 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA a. F. gegenüber der Gemeinde ausdrücklich vorgeschriebenen - Bekanntgabe eintritt, wird von dem Formmangel nicht berührt. Ein Begründungsmangel führt nur zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Nichtigkeit eines Verwaltungsakts. Damit ging die neuerliche Ersetzung des Einvernehmens durch das Landesverwaltungsamt ins Leere, so dass nicht ausschlaggebend ist, ob in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Ersetzung noch vorlagen.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung - und der darin enthaltenen Ersatzvornahme - ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigten; spätere Änderungen zu seinen Lasten haben dagegen außer Betracht zu bleiben (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, m. w. Nachw.). Es sind auch keine Gründe dafür ersichtlich, Rechtsänderungen während eines von der Gemeinde eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahrens anders zu behandeln (vgl. OVG BBg, Urt. v. 14.12.2006 - 11 B 11.05 -; Juris; NdsOVG, Beschl. v. 09.03.1999 - 1 M 405.99 -, NVwZ 1999, 1005; BayVGH, Urt. v. 30.10.1986 - 2 B 86.01790 -, BayVBl 1987, 210; Beschl. v. 13.03.1996 - 1 CS 96.638 -, BayVBl 1996, 471). Die der Rechtsprechung zur baurechtlichen Nachbarklage zugrunde liegende Erwägung, dass dem Bauwilligen eine Rechtsposition, die ihm nach dem im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes geltenden Recht eingeräumt worden und die zu dulden der Dritte verpflichtet gewesen sei, nachträglich nicht ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage wieder entzogen werden könne (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.1969 - IV C 18.67 -, NJW 1970, 263 f.), gelten entsprechend, wenn eine Gemeinde sich unter Berufung auf ihre Planungshoheit bzw. die Ersetzung ihres gemeindlichen Einvernehmens gegen eine Baugenehmigung wendet. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber mit der der Disposition der Verfahrensbeteiligten entzogenen Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eine Regelung geschaffen hat, die dem Schutz des Bauherrn dient und sicherstellen soll, dass über eine Teilfrage des Genehmigungsverfahrens - nämlich über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens - innerhalb der Frist Klarheit geschaffen wird. Mit dem Sinn und Zweck dieser Regelung, innerhalb absehbarer Fristen klare Verhältnisse über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen, wäre es nicht vereinbar, wenn Veränderungen, die erst während des Verfahrens über einen von der Gemeinde eingelegten Widerspruch gegen die Ersetzung des Einvernehmens eintreten, die nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung rechtswidrige Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nachträglich rechtfertigen könnten (OVG Bbg, Urt. v. 14.12.2006, a. a. O.).

Im Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung dürfte die Versagung des Einvernehmens durch die Antragstellerin rechtswidrig gewesen sein.

Die Antragstellerin begründete die Versagung ihres Einvernehmens unter Bezugnahme auf ihren Gemeinderatsbeschluss vom 02.05.2002 zunächst damit, dass das Vorhaben der Beigeladenen den Darstellungen ihres Flächennutzungsplans widerspreche (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), in welchem für die in Rede stehenden Flächen eine landwirtschaftliche Nutzung vorgesehen war. Zutreffend hat das Landesverwaltungsamt in seinem Widerspruchsbescheid unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dargelegt, dass eine Darstellung dieses Inhalts der Nutzung solcher Flächen zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen nicht entgegensteht.

Ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans dürfte auch nicht darin zu erkennen sein, dass eine der beiden Windenergieanlagen (WKA I) in etwa 50 m Entfernung zu der als "geschützter Landschaftsbestandteil (LB 1)" gekennzeichneten, entlang der Kreisstraße K 2331 verlaufenden Süßkirschallee mit vereinzelten Lindenbaumgruppen errichtet werden soll. Bei dieser Kennzeichnung dürfte es sich um keine wirksame Darstellung im Sinne von § 5 Abs. 2 BauGB handeln. Nach Nr. 6.8 und 6.8.4 der Erläuterung zum Flächennutzungsplan beruht diese Ausweisung auf dem Entwurf eines Landschaftsplans der (ehemaligen) Verwaltungsgemeinschaft "Einetal-Vorharz" vom August 1995, in der diese Fläche als geschützter Landschaftsbestandteil im Sinne von § 23 NatSchG LSA (a. F.) vorgeschlagen werde. Gemäß § 7 Abs. 1 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der bis zum 29.07.2004 geltenden Fassung vom 11.02.1992 (GVBl LSA S. 108), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.08.2002 (GVBl LSA S. 372), - NatSchG LSA a. F. - erarbeiten die Gemeinden flächenkonkrete Landschaftspläne zur Vorbereitung oder Ergänzung ihrer Flächennutzungspläne und Grünordnungspläne zur Vorbereitung oder Ergänzung ihrer Bebauungspläne, zur Vorbereitung von Maßnahmen nach § 23 und zur Gestaltung von Grünflächen, Erholungsanlagen und anderen Freiräumen. § 23 Abs. 1 Satz 1 NatSchG LSA a. F. sah vor, dass näher bezeichnete Teile von Natur und Landschaft, die nicht die Voraussetzungen des § 22 (Naturdenkmale) erfüllen, als geschützte Landschaftsbestandteile unter besonderen Schutz gestellt werden können. Dazu gehören nach § 23 Abs. 1 Satz 2 NatSchG LSA a. F. unter anderem Baum- und Gebüschgruppen sowie Alleen. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 NatSchG LSA a. F. werden geschützte Landschaftsbestandteile innerhalb bebauter Ortsteile im Sinne von § 34 BauGB durch Satzung der Gemeinde im Rahmen der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, in den übrigen Gebieten durch Verordnung der unteren Naturschutzbehörde festgesetzt; die Gemeinde ist auch dann zuständig, solange und soweit die untere Naturschutzbehörde keine Verordnung erlässt. § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB ermöglicht (bundesrechtlich) die Integration von Landschaftsplänen in den Flächennutzungsplan (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 5 RdNr. 59, m. w. Nachw.; Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 5 RdNr. 34). § 16 Abs. 2 BNatSchG (früher § 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BNatSchG a. F.) ermächtigt die Länder, eine Integration der Darstellungen des Landschaftsplans in den Flächennutzungsplan zu bestimmen. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG regeln die Länder die Verbindlichkeit der Landschaftspläne, insbesondere für die Bauleitplanung. Nach Satz 2 können sie bestimmen, dass Darstellungen des Landschaftsplans als Darstellungen oder Festsetzungen in Bauleitpläne aufgenommen werden. Das NatSchG LSA hat in den bisherigen Fassungen lediglich geregelt, dass Landschaftspläne der Vorbereitung oder Ergänzung von Flächennutzungsplänen dienen (vgl. § 7 Abs. 1 NatSchG LSA a. F., § 16 Abs. 1 Satz 2 NatSchG n. F.). Ob eine solche landesrechtliche Regelung es erlaubt, Darstellungen eines Landschaftsplans als Darstellung eines Flächennutzungsplans zu übernehmen, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls dürfte der bloße Entwurf eines Landschaftsplans, wie er hier offenbar vorgelegen hat, nicht genügen, um darin enthaltene Darstellungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB in den Flächennutzungsplan aufzunehmen. Neben der Integration der Landschaftsplanung in den Flächennutzungsplan kann und will § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB keine eigenständige landschaftsbezogene Planung der Gemeinde unabhängig von der Landschaftsplanung nach den Naturschutzgesetzen der Länder etablieren (Löhr, a. a. O., RdNr. 35; Söfker, a. a. O., RdNr. 59). Kommt die Übernahme von Darstellungen eines rechtsverbindlichen Landschaftsplans nicht in Betracht, kann die Gemeinde nur aus städtebaulichen Gründen Flächen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB in ihrem Flächennutzungsplan darstellen (vgl. Söfker, a. a. O., § 5 RdNr. 59, m. w. Nachw.). Solche städtebaulichen Gründe sind in der Erläuterung zum Flächennutzungsplan indes nicht aufgeführt.

Die Antragstellerin konnte ihr Einvernehmen auch nicht wegen der Darstellung des geschützten Landschaftsbestandteils in einem Landschaftsplan (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB) rechtmäßig verweigern. Beachtlich sind auch in diesem Zusammenhang nur aufgestellte Pläne; bloße Entwürfe der Pläne reichen nicht (Söfker, a. a. O., § 35 RdNr. 82). Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der von der Antragstellerin genannte Landschaftsplan im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung über das Entwurfsstadium hinaus Rechtsverbindlichkeit erlangt haben könnte.

Auch eine Verunstaltung des Landschaftsbilds (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) lässt sich im Rahmen der summarischen Prüfung nicht feststellen. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe im Widerspruchsbescheid.

Die Verweigerung des Einvernehmens konnte die Beigeladene schließlich auch nicht darauf stützen, dass dem (raumbedeutsamen) Vorhaben gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB öffentliche Belange entgegenstünden, weil sie in ihrem - genehmigten - Flächennutzungsplan in der am 04.10.2002 veröffentlichten Fassung an anderer Stelle zwei "Eignungsgebiete" für die Nutzung von Windenergie ausgewiesen hatte. Diese Ausweisung dürfte nicht wirksam gewesen sein. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass im regionalen Entwicklungsprogramm für den Regierungsbezirk Halle in der Fassung vom 21.03.2000 ein größerer Teil des Gemeindegebiets der Antragstellerin als Eignungsgebiet für die Nutzung der Windenergie vorgesehen war und damit für die Antragstellerin eine entsprechende Anpassungspflicht nach § 1 Abs. 4 BauGB bestanden haben könnte; denn der Senat hat dieses regionale Entwicklungsprogramm hinsichtlich der Ausweisung solcher Konzentrationszonen für die Windenergie mit Urteil vom 11.11.2004 (2 K 144/01 -, ZNER 2004, 370) für unwirksam erklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287; Urt. v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 -, ZfBR 2005, 195) lässt sich das Zurücktreten einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in Teilen des Plangebiets nach der Wertung des Gesetzgebers allerdings nur dann rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Sie muss der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windenergienutzung in substantieller Weise Raum schaffen. Ein "Wegwägen" des Interesses an der Nutzung der Windenergie ist rechtfertigungsbedürftig. Aus dem Regelungszusammenhang, in den § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hineingestellt ist, ergibt sich, dass nicht beliebige Gründe einen Ausschluss rechtfertigen. Die mit der positiven Standortzuweisung verbundene Ausschlusswirkung muss durch städtebauliche Gründe legitimiert sein. Auskunft darüber, welche Gesichtspunkte aus städtebaulicher Sicht einen Ausschluss rechtfertigen, gibt § 1 Abs. 5 BauGB; § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB bietet weitere Anhaltspunkte dafür, welche Belange bei der Ausführung von Vorhaben im Außenbereich städtebaulich relevant sind.

Die Festsetzung von "Eignungsgebieten" im Flächennutzungsplan der Antragstellerin in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 04.10.2002 genügt dem nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 11.11.2004, a. a. O.) legt der Plangeber keine durchsetzungsfähigen Gebiete fest, wenn er sich mit der Ausweisung von Eignungsgebieten begnügt. Die innergebietliche Wirkung von Eignungsgebieten erschöpft sich in der Feststellung, dass die innerhalb ihrer Grenzen liegenden Flächen aufgrund ihrer naturräumlichen Eigenschaft für die Windenergie geeignet sind, so dass damit zwar eine den Anlagenstandort ermöglichende, aber keine Standort sichernde Entscheidung getroffen ist, die sich gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt. Darüber hinaus enthält die Begründung des Flächennutzungsplans - wie das Landesverwaltungsamt im Widerspruchsbescheid bereits ausgeführt hat - keine nachvollziehbare Rechtfertigung für einen Ausschluss der Windenergie in Teilen des Gemeindegebiets. Die 1. Änderung des Flächennutzungsplans nebst Erläuterungsbericht vermögen die Zulässigkeit des Vorhabens nicht mehr in Frage zu stellen, da - wie bereits dargelegt - auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung abzustellen ist.

Die Zulässigkeit des Vorhabens wurde auch nicht von der am 18.03.2003 von der Antragstellerin beschlossenen Veränderungssperre berührt, da diese erst nach Erteilung der Baugenehmigung Wirksamkeit erlangte. Nach den Angaben der Antragstellerin soll die Bekanntmachung der Satzung am 04.04.2003 erfolgt sein; den vorgelegten Verwaltungsvorgängen lässt sich allerdings nur eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft vom 06.06.2003 entnehmen. Ob die Planungsvorstellungen der Antragstellerin bereits hinreichend konkret waren, um eine Veränderungssperre erlassen zu können, bedarf daher keiner Vertiefung.

Schließlich stand auch der Zurückstellungsantrag der Antragstellerin der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegen. Zwar hat gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB die Baugenehmigungsbehörde, wenn eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wird, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist, auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Der Erlass einer Veränderungssperre und damit auch die Zurückstellung eines Bauantrags setzen aber voraus, dass die Gemeinde einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14 RdNr. 31). Nur ein bekannt gemachter Aufstellungsbeschluss ist im Rahmen der §§ 14 und 15 BauGB beachtlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1988 - 4 N 4.87 -, BVerwGE 79, 200 [205]). Der Aufstellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 18.03.2003 wurde ebenfalls (frühestens) am 04.04.2003 bekannt gemacht.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist die Ersetzung des Einvernehmens auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner bereits kurze Zeit nach Ablauf der Monatsfrist des § 74 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA a. F. entschieden hat. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 BauO LSA a. F. ist die Gemeinde vor Ersetzung des Einvernehmens anzuhören. Nach Satz 2 ist ihr dabei Gelegenheit zu geben, binnen einer Frist von einem Monat erneut über das gemeindliche Einvernehmen zu entscheiden. Der Antragsgegner musste der Antragstellerin über diese Frist hinaus keine zusätzliche Zeit für Maßnahmen zur Sicherung einer beabsichtigten Änderung bzw. Konkretisierung der Planungssituation einräumen. Der Senat teilt nicht die vom Verwaltungsgericht zitierte Ansicht von Jäde (a. a. O., RdNr 12), das rechtswidrig verweigerte Einvernehmen könne und dürfe nicht gleichsam automatisch mit Fristablauf durch Genehmigungserteilung ersetzt werden, wenn die Gemeinde die für die Ingangsetzung eines Bauleitplanungsverfahrens unter gleichzeitiger Sicherung nach den §§ 14 ff. BauGB erforderlichen und nicht von einem Tag auf den anderen hervorzubringenden Voraussetzungen und Vorkehrungen schaffen wolle. Der Gesetzgeber hat die in § 74 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA vorgesehene Frist von einem Monat als ausreichend angesehen, um entscheiden zu können, ob ein (neues) Bauleitplanverfahren in Gang gesetzt werden soll und Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.07.2004 - 2 M 474/03 -, Juris). Erst mit Inkrafttreten der Bauordnung vom 20.12.2005 (GVBl LSA S. 769) hat der Landesgesetzgeber in § 70 Abs. 4 Satz 2 eine flexiblere Handhabung dergestalt ermöglicht, dass die Gemeinde nicht mehr innerhalb der starren Monatsfrist nochmals über die Erteilung ihres Einvernehmens zu befinden hat; ihr ist nunmehr Gelegenheit zu geben, "binnen angemessener Frist" erneut über ihr Einvernehmen zu entscheiden. Aber auch hier ist in der Regel davon auszugehen, dass für die Gemeinde eine Frist von einem Monat ausreicht (vgl. Lechner in: Simon, BayBauO, Art. 74 RdNr. 75). Auch der vorliegende Fall bietet keinen Anhaltspunkt für eine andere Beurteilung. Obwohl der Antragsgegner im Anhörungsschreiben vom 18.02.2003 auf die Monatsfrist hingewiesen hatte, fand erst am 18.03.2003 eine Gemeinderatssitzung statt, die sich erneut mit der Einvernehmenserteilung und der Änderung der Bauleitplanung befasste. Die Mindestfrist für die Einberufung des Gemeinderats beträgt gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 GO LSA eine Woche. Für die Entscheidung der Genehmigungsbehörde ist auch in Rechnung zustellen, dass ihr der Gesetzgeber hinsichtlich der Ersetzungsentscheidung keinen Ermessensspielraum einräumt. Auch insoweit wäre es mit dem Sinn und Zweck, innerhalb absehbarer Fristen klare Verhältnisse über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen, nicht vereinbar, würde man von der Genehmigungsbehörde verlangen, eine von der Gemeinde zwar (konkret) angekündigte, aber noch nicht wirksame Maßnahme zur Sicherung einer beabsichtigten Bauleitplanung abzuwarten. Hinzu kommt, dass die Genehmigungsbehörde bei Hinauszögern der Entscheidung in Ansehung von Planänderungsabsichten der Gemeinde trotz Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens befürchten muss, dass gegen sie mit Erfolg Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung geltend gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 12.07.2001 - III ZR 282/00 -, DVBl 2001, 1619; vgl. auch Urt. v. 23.09.1993 - III ZR 54/92 -, DVBl 1994, 278 [280]) darf der Anspruch auf einen positiven Bescheid nicht dadurch vereitelt werden, dass die Entscheidung bis zum Wirksamwerden eines Beschlusses zur Aufstellung eines Bebauungsplans hinausgeschoben wird. Die bewusste Nichtbearbeitung des entscheidungsreifen Baugesuchs zu dem Zweck, das planerische Instrumentarium zur Sicherung einer Bauleitplanung überhaupt erst in Funktion zu setzen, ist nach dieser Rechtsprechung amtspflichtwidrig.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Ende der Entscheidung

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