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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 24.06.2003
Aktenzeichen: 2 M 255/02
Rechtsgebiete: LSA-GO, BauGB, BauNVO, DDR-StrVO


Vorschriften:

LSA-GO § 6
LSA-GO § 7
BauGB § 127 II 1
BauGB § 131 I 1
BauGB § 133 I 1
BauGB § 133 II 1
BauGB § 135 V
BauGB § 242 IX
BauNVO § 17
DDR-StrVO § 1 I 2 d
DDR-StrVO § 3 II 1
1. Formelle Vorschriften für die Verkündung von Gemeindesatzungen müssen nicht in der Hauptsatzung enthalten, sondern können auch Gegenstand einer besonderen Verkündungssatzung sein.

2. Inwieweit die Gemeinde auf unterschiedliche Nutzbarkeiten mit differenzierten Nutzungsfaktoren reagieren muss, obliegt im Grundsatz ihrem weiten Gestaltungsspielraum. Erschließungsvorteil und bauliche Nutzbarkeit sind nicht "gleiche Größen".

3. Bei einem kombinierten Grundflächen- und Vollgeschlossmaßstab muss sich die Staffelung nicht an der Tabelle nach § 17 BauNVO ausrichten.

4. Der Unterschied zwischen vier- und fünfgeschossiger Wohnbebauung einerseits und sechs- und mehrgeschossiger Wohnbebauung andererseits ist nicht derart gravierend, dass nicht mehr von annähernd gleichen Vorteilen ausgegangen werden könnte.

5. Das Grundstück, das von der eigentlichen Verkehrsfläche durch ein Gemeindegrundstück getrennt ist, das seinerseits für einen Geh- und Radweg sowie für Parkbuchten verwendet wird, ist erschlossen i. S. des Beitragsrechts, wenn es von der Straße erreicht werden kann.

Hierfür gelten nicht die Grundsätze für "Hinterlieger-Grundstücke".


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 255/02

Datum: 24.06.2003

Gründe:

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage "A-Straße" in der Stadt Zeitz.

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin des im Geltungsbereich des Bebauungsplans ... gelegenen, 1828 m² großen Grundstücks .... Der Bebauungsplan weist ca. 1343,58 m² dieses Grundstücks (= 73,5 %) als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft aus, die nicht überbaut werden dürfen; die restliche Grundstücksfläche von 484,42 (= 26,5 %), die derzeit mit einem unbewohnten Wohnhaus bebaut ist, ist viergeschossig bebaubar. Das Flurstück .A. der Antragstellerin grenzt nicht unmittelbar an die ausgebaute Erschließungsanlage "A-Straße" an. An der nördlichen Grenze des Flurstücks .A. befindet sich aber eine ca. 4,50 m breite, nicht befestigte Zufahrt von der "A-Straße" zum ebenfalls im Eigentum der Antragstellerin stehenden Flurstück .B.. Diese Zufahrt führt über das im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Flurstück .C., das ausweislich des Bebauungsplans ... von einer Bebauung freizuhalten und zur Herstellung der Parkbuchten und des Fuß- und Radweges in Anspruch genommen worden ist.

In der Zeit vom 12.11.1996 bis zum 04.12.1998 wurde die Erschließungsanlage "A-Straße" hergestellt; am 17.10.2001 erfolgte ihre Widmung für den öffentlichen Verkehr. Bei dem Gebiet, in dem die Erschließungsanlage liegt, handelt es sich um ein ehemaliges privates Betriebsgelände mit alten Betriebsstraßen. Im Wege der Baumaßnahmen wurden neben dem grundhaften Ausbau erstmalig eine Schmutz- und Regenwasserkanalisation sowie Gas-, Elektro- und Wasserleitungen verlegt.

Mit Bescheid vom 05.12.2001 zog die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Zahlung eines Erschließungsbeitrags in Höhe von 22.945,53 DM (= 11.731,86 €) heran. Dabei ging die Antragsgegnerin bei der Beitragsberechnung von einem umlagefähigen Erschließungsaufwand von 806.448,50 DM und einer Verteilungsfläche (Summe aller Produkte aus Grundstücksfläche und Geschosszahl) von 134.919,30 m² aus. Hieraus errechnete sich ein Beitragssatz von 5,9772656 DM/m², den die Antragsgegnerin mit einer anrechenbaren Fläche für das Grundstück der Antragstellerin von 3.838,80 m² (als Ergebnis der Multiplikation der Grundstücksgröße mit dem Faktor für die Art und das Ausmaß der baulichen Nutzung) multiplizierte, so dass sich der o. g. Erschließungsbeitrag ergab.

Grundlage der Beitragserhebung bildete die Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 26.03.1992, die am 24.10.1992 in der Zeitung "Stadt-Anzeiger Zeitz" und im Amtsblatt (RathausJournal) vom 13.10.1997 veröffentlicht wurde und gemäß § 11 am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft trat. Die Bekanntmachungssatzung der Antragsgegnerin vom 13.10.1994 in der Fassung der Änderungssatzung vom 27.04.1995 bestimmt in Abs. 1: "Soweit nicht Rechtsvorschriften besondere Regelungen treffen, erfolgen die gesetzlich erforderlichen Bekanntmachungen im "RathausJournal - Amtsblatt der Stadt Zeitz" durch den Oberbürgermeister."

Gegen den Heranziehungsbescheid erhob die Antragstellerin unter dem 11.12.2001 Widerspruch und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der sofortigen Vollziehung mit der Begründung, für das Flurstück sei ein ideeller Anteil von 50 % bestandskräftig restituiert worden, so dass sie nur für 50 % der Kosten heranzuziehen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2002 stellte die Antragsgegnerin klar, dass die Beitragsschuld die Eigentümer des Grundstücks lt. Blatt-Nr. ... treffe, wobei der Bescheid zugleich mit Wirkung für und gegen die Antragstellerin ergehe; im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen und die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides abgelehnt.

Am 28.04.2002 hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben (Az: 2 A 99/02 HAL) und um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 2 B 16/02 HAL) nachgesucht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es sei zunächst zu klären, ob die A-Straße möglicherweise bereits vor dem 03.10.1990 als öffentliche Straße bestanden habe und wie der Ausbauzustand zu diesem Zeitpunkt gewesen sei. Aufgrund der eingeschossigen Bebauung des Grundstücks - kombiniert mit der Festsetzung des Bebauungsplans als "Fläche zum Anpflanzen von Bäumen" - sei zumindest die Veranlagung des Grundstücks als viergeschossig in Frage zu stellen. Der Bebauungsplan schließe für das Grundstück weitestgehend eine bauliche Nutzung aus. Ein Erschließungsvorteil sei nicht gegeben und auch der Artzuschlag sei mehr als zweifelhaft. Schließlich handele es sich bei ihrem Grundstück um ein Hinterliegergrundstück.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Heranziehungsbescheid der Antragsgegnerin vom 05.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2002 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat ausgeführt, für einen wesentlichen Teil des Grundstücks der Antragstellerin sei lediglich die "Umgrenzung von Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft" laut Bebauungsplan festgelegt. Diese Teilfläche sei im sog. Baufenster durch die Festsetzung der Nutzungsschablone, welche u. a. die Geschossanzahl IV vorsehe, erfasst; ca. ein Viertel der Grundstücksfläche sei sogar mit Hochbauten bebaubar.

Mit Beschluss vom 03.06.2002 hat das Verwaltungsgericht Halle die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2002 mit der Begründung angeordnet, das Grundstück der Antragstellerin sei nicht erschlossen, da sich zwischen der A-Straße und ihrem Grundstück ein Grundstück befinde, das im Eigentum der Antragsgegnerin stehe (Flurstück .C.). Zwar behaupte die Antragsgegnerin, dass dieses Flurstück Bestandteil der Erschließungsanlage sei. Dies gehe aus dem von ihr zur Hauptsache (2 A 99/02 HAL) eingereichten Verwaltungsvorgang, insbesondere aus dem Auszug aus der Flurkarte über die Erschließungsmaßnahme "A-Straße" indes nicht hervor. Die entsprechende farbliche Markierung als Bauprogramm der Erschließungsanlage erfasse das Flurstück .C. gerade nicht. Aus der Aufstellung über die gemeindlichen Flächen gehe lediglich hervor, dass die Kosten für den Grunderwerb des Flurstücks .C. in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen worden seien. Die zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans ... belegten auch, dass dieses Flurstück offenbar ursprünglich zur Herstellung einer nach Süden abzweigenden schmalen Verbindungsstraße habe dienen sollen, an die auch das Grundstück der Antragstellerin angegrenzt hätte. Diese Verbindungsstraße sei aber offenbar in Abweichung von der Planung tatsächlich nicht ausgebaut worden.

Zudem sei das Grundstück der Antragstellerin nach Aktenlage nur unterwertig nutzbar und damit nicht im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB als erschlossen anzusehen; denn ausweislich der Plankarte zum Bebauungsplan sei nahezu das gesamte Grundstück als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB festgesetzt. Gemäß Nr. I 4.0 der textlichen Festsetzungen sei "der Garten mit dem Obstbestand zu erhalten, langfristig in eine Obstwiese umzuwandeln, extensiv zu bewirtschaften und zu pflegen".

Am 21.06.2002 hat die Antragsgegnerin gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und zur Begründung am 01.07.2002 ausgeführt, das Grundstück der Antragstellerin sei erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 2 BauGB. Zwar sei eine Zufahrt zu diesem Grundstück weder durch eine Baulast noch durch eine Grunddienstbarkeit rechtlich gesichert. Allerdings könne das Flurstück .A. tatsächlich über die Erschließungsanlage "A-Straße" begangen und befahren werden. Bei dem Flurstück .C. handele es sich größtenteils um einen schmalen Grundstücksstreifen vor den Flurstücken .B. und .A., auf dem sich zum Teil ein kombinierter Fuß- und Radweg sowie Parkbuchten befänden. Von der "A-Straße" aus befinde sich eine Einfahrt von ca. 4,50 m Breite, die das Begehen und Befahren der Flurstücke .B. und .A. ermögliche. Die von ihr im Verfahren vorgelegte farbliche Markierung des Bauprogramms entspreche nicht dem tatsächlichen Ausbau. Die farbliche Markierung sei nicht maßstabsgerecht und gebe insoweit nicht die exakte Straßenkonstruktion wieder. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass das Flurstück .C. nicht in die Maßnahme mit einbezogen worden sei. Die blaue Linie in der zeichnerischen Darstellung der Erschließungsmaßnahme gebe lediglich den Verlauf der Erschließungsanlage wieder und kennzeichne die Verteilerfläche. Parkbuchten, Fuß- und Radweg sowie die Einfahrt zu den Flurstücken .B. und .A. lägen zumindest teilweise auf dem Flurstück .C.. Hinzu komme, dass das rechtliche (Erreichbarkeits-)Hindernis dadurch ausgeräumt werden könne, dass sie als Eigentümerin des Flurstücks .C. bereit sei, der Antragstellerin eine rechtlich gesicherte Zufahrt zu dem streitbefangenen Flurstück .A. zu zumutbaren Bedingungen grundbuchrechtlich eintragen zu lassen. Zudem verfüge das Flurstück .A. über die Zufahrt zu Flurstück .B., das auch im Eigentum der Antragstellerin stehe und an das Flurstück .A. angrenze, ebenfalls über eine Zufahrt, zumal bei Eigentümeridentität die strikte Bindung an die bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen aufgegeben worden sei. Darüber hinaus sei vorliegend durch den Bebauungsplan ... eine nicht lediglich unterwertige bauliche und damit auch eine erschließungsbeitragsrechtlich relevante Nutzung des Grundstücks festgesetzt worden. Nach dem Bebauungsplan ... sei nur ein Teil der Fläche des Flurstücks .A. als Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB festgesetzt worden, 26,5 % der Grundstücksfläche sei jedoch mit Gebäuden, und zwar mit viergeschossiger industrieller Bebauung, bebaubar. Damit sei das Grundstück aber insgesamt als Bauland zu qualifizieren.

Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß),

den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle vom 3. Juni 2002 - 2 B 16/02 HAL - zu ändern und den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt aus, die Beschwerde sei nicht wirksam eingelegt worden, da der Vertreterzwang gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht gewahrt sei. In formeller Hinsicht bestünden Bedenken gegen die ordnungsgemäße Bekanntmachung der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 26.03.1992 sowie gegen die Durchführung des Satzungsverfahrens, insbesondere sei zu klären, inwieweit die beschlossenen Satzung mit der Ausfertigung und die Ausfertigung mit der Bekanntmachungsform der Satzung übereinstimme. Auch sei die Ausgestaltung des Beitragssatzes in § 5 der Erschließungsbeitragssatzung mit dem Gebot einer angemessen vorteilsgerechten Aufwandsverteilung nicht vereinbar. Sie könne zu Erschließungsbeiträgen schon deswegen nicht herangezogen werden, weil ihr Grundstück über keine gesicherte Zufahrt über das Flurstück .C. verfüge. Zudem sei das Grundstück der Bebaubarkeit entzogen, weil die Festsetzungen des Bebauungsplans regelten, dass das veranlagte Grundstück zu mehr als 75 % als "Fläche zum Anpflanzen von Bäumen" zu nutzen sei. Der mit einem Artzuschlag und einer viergeschossigen Bebaubarkeit angesetzte Beitrag sei unangemessen hoch, da das brachliegende Grundstück früher zu Wohnzwecken genutzt worden sei. Insoweit müsse zumindest ein Teilerlass des Beitrags in Erwägung gezogen oder bei der Veranlagung die Grundstücksfläche reduziert werden. Schließlich sei davon auszugehen, dass die Erschließungsanlage "A-Straße" bereits vor dem 03.10.1990 als öffentliche Straße existiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), zulässig; insbesondere musste sich die Antragsgegnerin bei Einlegung der Beschwerde nicht gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO durch einen Prozessbevollmächtigten oder Rechtsbeistand vertreten lassen, da der die Antragsgegnerin vertretende Rechtsamtsleiter ausweislich des vorgelegten Zeugnisses über das Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung die Befähigung zum Richteramt im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO besitzt.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 4 Satz 3 VwGO zu Unrecht stattgegeben; denn bei der hier allein in Betracht kommenden summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides der Antragsgegnerin vom 05.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.03.2002

1. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 05.12.2001 findet seine Rechtsgrundlage in §§ 127 ff. des Baugesetzbuchs - BauGB - i. d. F. d. Bek. v. 27.08.1997 (BGBl I 2141, ber.: BGBl. 1998 I 137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.07.2002 (BGBl I 2850 [2852]), i. V. m. der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 26.03.1992. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese Satzung ordnungsgemäß am 13.10.1997 im RathausJournal - Amtsblatt der Stadt Zeitz - veröffentlicht worden; denn Absatz 1 der Bekanntmachungssatzung der Antragsgegnerin vom 13.10.1994 in der Fassung der Änderungssatzung vom 27.04.1995, die ihrerseits wirksam veröffentlicht worden ist, sieht diese Form der öffentlichen Bekanntmachung als Regelfall vor. Dabei begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen nicht in der Hauptsatzung der Gemeinde, sondern in einer (besonderen) Bekanntmachungssatzung zu regeln; denn Regelungen zur Bekanntmachung der Gemeinden sind nicht im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.03.2002 (LSA-GVBl., S. 130 [136 <Nr. 53>]), der Hauptsatzung vorbehalten (vgl. § 6 Abs. 3 GO LSA).

Im Übrigen sind auch keine Umstände ersichtlich und auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt worden, dass das Satzungsverfahren der Antragsgegnerin nebst Ausfertigung nicht ordnungsgemäß war. Im Rahmen der hier allein möglichen summarischen Prüfung lässt sich jedenfalls ein Abweichung der veröffentlichten von der beschlossenen Satzung nicht feststellen.

Schließlich begegnet die Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin auch hinsichtlich des in § 5 Abs. 4 geregelten Beitragsmaßstabs keinen ernstlichen Zweifeln. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass nicht jedem unterschiedlichen Maß der Nutzung ein unterschiedlicher Nutzungsfaktor entspricht. So werden die vier- und fünfgeschossig bebaubaren (bebauten) Grundstücke einerseits sowie die sechs- und mehrgeschossig bebaubaren (bebauten) Grundstücke andererseits trotz unterschiedlicher Geschossflächenzahl mit jeweils einem einheitlichen Nutzungsfaktor belegt.

Alle diese Regelungen halten sich im Rahmen des der Gemeinde eingeräumten weiten ortsgesetzgeberischen Ermessens (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - BVerwG 4 C 84.75 -, BVerwGE 57, 240; a. A. SächsOVG, Urt. v. 22.08.2001 - 5 B 501/01 -, DWW 2002, 131). So wird mit dem kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab von vornherein die an sich die Ausnutzbarkeit der Grundstücke genauer wiedergebende Geschossfläche vernachlässigt (BVerwG, Urt. v. 26.02.1979, a. a. O.). Dies ist jedoch unbedenklich, da grundsätzlich nicht jedem (auch nur geringen) Unterschied in der zulässigen Nutzung durch entsprechende Unterschiede im Verteilungsmaßstab Rechnung zu tragen ist (BVerwG, Urt. v. 21.01.1977 - BVerwG IV C 92.74 -, ZMR 1978, 146). Die den Erschließungsbeitrag auslösenden Vorteile sind zwar der Sache nach daran zu messen, was die Erschließung für die bauliche oder gewerbliche Nutzung der Grundstücke hergibt; dennoch sind Erschließungsvorteil und bauliche Nutzbarkeit nicht "gleiche Größen"; der größere oder kleinere Erschließungsvorteil lässt sich mit Hilfe der jeweiligen baulichen Nutzung niemals genau, sondern nur grob fassen. Aus diesem Grund wird ein Beitragsmaßstab den Anforderungen des § 131 BauGB gerecht, wenn unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und Überschaubarkeit sowie der zulässigen Typisierung und Pauschalierung nur erhebliche, hinreichend abgrenzbare Unterschiede der den Erschließungsvorteil bewirkenden Nutzbarkeit in typischen Fallgruppen nach dem Maß (und der Art) der Nutzung angemessen erfasst werden (BVerwG, Urt. v. 26.01.1979, a. a.O.).

Der Satzungsgeber muss also bei dem kombinierten Grundflächen- und Vollgeschossmaßstab die Verteilung nicht nach der jeweils zulässigen Geschossfläche ausrichten; insbesondere muss er sich bei der Staffelung der Nutzungsfaktoren nicht an der Tabelle zu § 17 BauNVO orientieren. Diesen Grundsatz hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 19.03.1982 - BVerwG 8 C 34.81 -, DÖV 1982, 992) wie folgt ausgedrückt: "Es ist nicht geboten, dass sich die Steigerung der Belastung mit der Steigerung der bebauungsrechtlich zulässigen Geschossflächen deckt; die Staffelung der Vomhundertsätze braucht insbesondere nicht die in § 17 Abs. 1 BauNVO vorgesehene Nutzungssteigerung je Geschoss nachzuvollziehen ".

Darauf aufbauend hält der Senat die Zusammenfassung unterschiedlicher Geschosszahlen unter einen einheitlichen Nutzungsfaktor in bestimmten - hier nicht überschrittenen - Grenzen für zulässig; denn der Unterschied zwischen viergeschossiger und fünfgeschossiger Wohnbebauung einerseits und sechs- und mehrgeschossiger Wohnbebauung andererseits ist nicht so groß, dass man nicht von annähernd gleichen Vorteilen ausgehen und eine Zusammenfassung zu einem einheitlichen Nutzungsfaktor nicht als zulässig ansehen könnte (so für vergleichbare Fälle auch OVG NW, Urt. v. 06.09.1974 - II A 1173/73 -, KStZ 1975, 154; VGH BW, Urt. v. 26.06.1980 - II 1382/79 -, [juris]; a. A. SächsOVG, Urt. v. 22.08.2001, a. a. O., das nicht rechtskräftig geworden ist [BVerwG, Urt. v. 18.11.2002 - BVerwG 9 C 2.02 -, DVBl 2003, 338]). 2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist das Grundstück der Antragstellerin auch im Sinne § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen; denn ein Erschlossensein im beitragsrechtlichen Sinne setzt voraus, dass das Grundstück der abzurechnenden Erschließungsanlage wegen bebaubar ist, insbesondere also von dieser Straße aus in einer Weise verkehrlich erreichbar ist, die den einschlägigen Bestimmungen des Bebauungsrechts und des Bauordnungsrechts genügt. Diese Voraussetzung muss in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB die sachlichen Beitragspflichten für die abzurechnende Erschließungsanlage entstehen.

Dies war hier der Fall. Bei dem Grundstück der Antragstellerin mit der Flurstücksbezeichnung .A. handelt es sich schon nicht um ein sog. Hinterliegergrundstück; denn ausweislich der vorgelegten Lichtbilder und des Lageplans ist das vor dem Grundstück der Antragstellerin liegende Flurstück .C., das im Eigentum der Antragsgegnerin steht, Teil des öffentlichen Straßengrundes geworden, indem die Antragsgegnerin auf dem Buchgrundstück mit der Flurstückstücksbezeichnung .C. einen Geh- und Radweg, Parkbuchten sowie Straßenbegleitgrün angelegt hat. An die so gewidmete öffentliche Straße grenzt das in einem beplanten Gewerbegebiet gelegene Grundstück der Antragstellerin an, so dass ihr ein ungehindertes Herauf-Fahren-Können im Sinne eines Erschlossenseins gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB möglich ist und demzufolge ihr Grundstück der Beitragspflicht unterliegt. Auf die Frage, ob ein sog. Hinterliegergrundstück einer dauerhaft gesicherten Zuwegung bedarf, kommt es hier mithin nicht mehr entscheidungserheblich an (vgl. grundsätzlich dazu BVerwG, Urt. v. 30.08.1985 - BVerwG 4 C 48.81 -, Buchholz 406.11 [BBauG] § 35 Nr. 228 S. 140, Urt. v. 03.05.1988 - BVerwG 4 C 54.85 -, Buchholz 406.11 [BBauG] § 35 Nr. 246 S. 10, Urt. v. 31.10.1990 - BVerwG 4 C 45.88 -, Buchholz 406.11 [BauGB] § 35 Nr. 265 S. 47; in diesem Sinne auch OVG LSA, Beschl. v. 06.05.2003 - 2 M 39/02 -).

3. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Grundstück der Antragstellerin sei nach Aktenlage allenfalls unterwertig nutzbar, so dass es nicht als Bauland im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB zu qualifizieren sei und es deshalb bei der gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorzunehmenden Verteilung des für die erstmalige Herstellung der A-Straße entstandenen umlagefähigen Erschließungsaufwands unberücksichtigt bleiben müsse, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin steht vielmehr fest, dass das Grundstück der Antragstellerin ungeachtet einer Fläche von 1343,58 m², die ausweislich des Bauungsplans ... nicht überbaut werden darf, auf einer verbleibenden Grundstücksfläche von 484,42 m² viergeschossig bebaubar ist.

Die Bebaubarkeit eines Grundstücks mit einem viergeschossigen Wohn- oder Geschäftshaus stellt aus der Sicht des Erschließungsbeitragsrechts aber keine unterwertige Ausnutzbarkeit des Grundstücks dar. Vielmehr unterliegen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, Grundstücke, die mit einem Wohnhaus bebaut werden dürfen, grundsätzlich ohne Weiteres der Erschließungsbeitragspflicht, sobald eine solche Bebauung - wie hier - zulässig ist. Gebäude dieser Art sind nicht von vornherein unterwertig (BVerwG, Urt. v. 25.10.1996 - BVerwG 8 C 21.95 -, DVBl 1997, 497).

4. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bedurfte es im vorliegenden Fall auch einer förmlichen Widmung der Erschließungsanlage "A-Straße" gemäß § 6 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - StrG LSA - vom 06.07.1993 (LSA-GVBl., S. 334), zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.12.2001 (LSA-GVBl., S. 540), als notwendiges Merkmal der endgültigen Herstellung einer öffentlichen Straße im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB 98; denn die A-Straße existierte vor dem 03.10.1990 nicht bereits als öffentliche kommunale Straße gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 (DDR-GBl I 377) - StrVO 1957 -, mit der Folge, dass auch keine an den Voraussetzungen des § 242 Abs. 9 BauGB zu messende öffentliche (Gemeinde-)Straße gemäß § 51 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA vorhanden war.

Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 (DDR-GBl I 377) - StrVO 1957 - waren kommunale Straßen, d. h. Stadt- und Gemeindestraßen, -wege und -plätze (§ 1 Abs. 1 Satz 2d StrVO 1957) öffentlich, wenn bisher ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen worden war. Die Öffentlichkeit der kommunalen Straßen war demnach allein von dem tatsächlichen Vorgang des allgemeinen Verkehrs und dessen Duldung durch den Rechtsträger oder Eigentümer des Straßenlandes abhängig (Priebe, Handbuch des Straßenwesens, VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1959, VO § 3 Nr. 1b, S. 52 und Nr. 1d, S. 53). Daran fehlt es; denn bei dem Gebiet, in dem die Erschließungsanlage "A-Straße" liegt, handelt es sich um ein ehemaliges privates Betriebsgelände der Z-AG mit alten Betriebsstraßen, deren Nutzung durch die Verkehrsteilnehmer nicht uneingeschränkt gestattet war. Zudem hatte die A-Straße einen völlig anderen Verlauf als die nunmehr der Öffentlichkeit gewidmete und abgerechnete Erschließungsanlage.

Soweit die Antragstellerin aufgrund der früheren Wohnnutzung einen Teilerlass begehrt, hat sie einen entsprechende Billigkeitsmaßnahme gemäß § 135 Abs. 5 BauGB zunächst bei der Antragsgegnerin zu beantragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 13 Abs. 2; 20 Abs. 3 GKG; der Senat schließt sich insoweit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts an.

Ende der Entscheidung

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