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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 2 M 339/07
Rechtsgebiete: BImSchG, BNatSchG


Vorschriften:

BImSchG § 10
BImSchG § 13
BNatSchG § 60
Eine aus dem Naturschutzrecht abgeleitete Verbandsbeteiligung findet im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht statt.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, mit dem er sich gegen zwei immissionsschutzrechtliche Teilgenehmigungen zum Bau und Betrieb von 6 Windkraftanlagen im Gebiet der Gemarkungen Wittenberg und Mühlanger wendet, zu Recht mit der Begründung abgelehnt, diese Genehmigungen seien aufgrund ihrer öffentlichen Bekanntmachung nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG auch dem Antragsteller gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Die hiergegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 BImSchG ist der Genehmigungsbescheid dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen sowie im Übrigen unbeschadet der Anforderungen nach Absatz 8 öffentlich bekannt zu machen. Nach § 10 Abs. 8 Satz 5 BImSchG gilt der öffentlich bekannt gemachte Bescheid mit dem Ende der Auslegungsfrist auch gegenüber Dritten, die keine Einwendungen erhoben haben, als zugestellt. In Anwendung dieser Bestimmungen sind die angefochtenen Teilgenehmigungen auch dem Antragsteller gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Die Teilgenehmigungen wurden gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG öffentlich bekannt gemacht. Der Antragsteller ist "Dritter" im Sinne des § 10 Abs. 8 Satz 5 BImSchG, weil er gegen die Genehmigungen keine Einwände erhoben hatte. Auch hat er innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO, die mit der fingierten Zustellung nach § 10 Abs. 8 Satz 5 BImSchG zu laufen begann, keine Klage erhoben.

Die Genehmigungsbescheide sind dem Antragsteller gegenüber auch dann in Bestandskraft erwachsen, wenn der Antragsgegner - wie die Beschwerdeschrift geltend macht - eine Entscheidung im Sinne des § 10 Abs. 8 Satz 1 BImSchG nicht ermessensfehlerfrei getroffen haben sollte. Nach dieser Vorschrift kann die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Diese Vorschrift eröffnete dem Antragsgegner allerdings kein Ermessen darüber, ob er die angefochtenen Teilgenehmigungen überhaupt öffentlich bekannt machen sollte. Hierzu war er nämlich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - gemäß § 21 a der 9. BImSch-VO ohnehin verpflichtet, weil nach dieser Vorschrift die Genehmigung öffentlich bekannt zu machen ist, wenn das Verfahren - wie hier - mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wurde (vgl. Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 10 RdNr. 123). In derartigen Fällen einer generellen Bekanntmachungspflicht, wie sie nach § 10 Abs. 7 BImSchG nunmehr im Übrigen für jede Genehmigung zwingend vorgeschrieben ist (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, Band 1, § 10 BImSchG RdNr. 259), steht nach § 10 Abs. 8 Satz 1 BImSchG aber nicht die öffentliche Bekanntmachung, sondern nur die Entscheidung darüber im Ermessen der Behörde, ob von der gleichzeitigen Zustellung des Genehmigungsbescheides an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, abgesehen werden soll (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchR, § 10 BImSchG, § 10 RdNr. 92). Auf etwaige Ermessensfehler hinsichtlich derartiger Entscheidungen kann sich der Antragsteller aber schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil er keine Einwände erhoben hat und daher von einer etwaigen Ersetzungsentscheidung nach § 10 Abs. 8 Satz 1 BImSchG nicht betroffen ist.

Eine solche Betroffenheit ließe sich entgegen dem Vorbringen des Antragstellers auch nicht für eine Person bejahen, die nach naturschutzrechtlichen Vorschriften an dem immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu beteiligen wäre. § 10 Abs. 8 Satz 1 BImSchG bezieht sich seinem insoweit eindeutigen Wortlaut nach nicht auf solche Personen, sondern nur auf "Personen, die Einwendungen erhoben haben". Abgesehen davon stand dem Antragsteller im streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch kein Beteiligungsrecht nach naturschutzrechtlichen Vorschriften (§ 60 BNatSchG oder § 56 NatSchG LSA) zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 17.12.2002 - 7 B 119/02 - NVwZ 2003, 750) erfasst die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG nämlich auch Mitwirkungsrechte, die Vereinen nach den Vorschriften des Naturschutzrechts eingeräumt sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Beschluss im Einzelnen ausgeführt, die immissionsschutzrechtliche Konzentrationswirkung erstrecke sich nicht nur auf die von ihr erfassten behördlichen Entscheidungen als solche, sondern erfasse selbstverständlich auch das den Entscheidungen zu Grunde liegende Verwaltungsverfahren. Das Genehmigungsverfahren sei somit ausschließlich nach der für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung geltenden Verfahrensbestimmung des § 10 BImSchG und der auf der Grundlage des Abs. 10 dieser Vorschrift erlassenen 9. BImSchV durchzuführen. Das bedeute, dass daneben auch naturschutzrechtliche Verfahrensvorschriften unanwendbar seien, und zwar unabhängig davon, ob die immissionsschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften den verdrängten Regelungen funktionell entsprächen. Der Antragsteller kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, diese Grundsätze seien deshalb überholt, weil das Bundesnaturschutzgesetz in seiner nunmehr geltenden Fassung eine eigene Regelung über die Mitwirkung von anerkannten Verbänden enthalte (§ 60 BNatSchG), die sowohl der untergesetzlichen Regelung der 9. BImSchV als auch der älteren Vorschrift des § 10 BImSchG vorgehe. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Der Umstand, dass das BNatSchG die Mitwirkung von Verbänden in seinem § 60 nunmehr eigenständig regelt, ändert nichts an der Gültigkeit der Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung zum Umfang der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ausgeführt hat. Danach findet aber eine aus dem Naturschutzrecht abgeleitete Verbandsbeteiligung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gerade nicht statt (vgl. Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 13 RdNr. 18; Rebentisch, in: Feldhaus, BImSchR, § 13 BImSchG RdNr. 23; Messerschmidt, BNatSchR, § 60 BNatSchG RdNr. 26).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

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