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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.01.2003
Aktenzeichen: 2 N 480/02
Rechtsgebiete: LSA-HVVO, LSA-HzulG, GG


Vorschriften:

LSA-HVVO § 3 I
LSA-HVVO § 5 1
LSA-HVVO § 4 I
LSA-HzulG § 12 Nr 6
GG Art. 12 I
Die landesrechtlichen Vorschriften in Sachsen-Anhalt, welche verlangen, dass auch Anträge für "verschwiegene Studienplätze" innerhalb einer bestimmten Frist bei der Hochschule zu stellen sind, verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 N 480/02

Datum: 20.01.2003

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO und auf §§ 13 Abs. 1 Satz 2; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.12.2001 (BGBl I 3638 [3639]).

Tenor:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Gründe:

Der Ansatz des Verwaltungsgerichts, die begehrte einstweilige Anordnung sei zu versagen, weil die Fristen der §§ 3 Abs. 1, 5 Satz 1; 4 Abs. 1 der Hochschulvergabeverordnung - HVVO-LSA - versäumt worden sind, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat diese Bestimmungen wiederholt für vereinbar mit höherem Recht gehalten (vgl. etwa: OVG LSA, Beschl. v. 22.3.1999 - B 2 S 432/98 -; Beschl. v. 14.02.2000 - B 2 S 625/99 -; vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 12.01.1994 - 2 N 8/93 -; Beschl. v. 18.7.1994 - 2 N 2/94 -, sowie Beschl. v. 12.01.1997 - B 2 S 819/97 - [Fälle, an denen der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beteiligt war); daran hält er fest.

Ermächtigungsgrundlage ist zwar nicht - was der Antragsteller ausschließlich erwägt - der Staatsvertrag zwischen den deutschen Bundesländern, sondern eine sachsen-anhaltische gesetzliche Grundlage, nämlich § 12 Nr. 6 des Zweiten Hochschulzulassungsgesetzes - HZulG LSA - vom 12.05.1993 (LSA-GVBl., S. 244), geändert durch Gesetz vom 12.04.2000 (LSA-GVBl., S. 206) und in der Fassung des Vierten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 19.03.2002 (LSA-GVBl., S. 130 [vgl. dort Anlage Nr. 217, a. a. O., S. 150]). Die aus Anlass der Ratifizierung und Umsetzung der Staatsverträge durch das Zustimmungsgesetz geschaffene besondere Bestimmung (ehemals § 13) ermächtigt das zuständige Ministerium auch, durch Verordnung die Frist für Anträge auf Zulassung außerhalb der Zulassungszahlen zu regeln.

Durch Art. 12 Abs. 1 GG soll sicher gestellt werden, dass nicht nur die gemeldeten Studienplätze besetzt werden, sondern dass die Universitäten in dem vollen Umfang Studienwillige aufnehmen, in welchem die Ausbildung faktisch möglich ist. Scheitert eine einzelne Bewerbung an der Melde- und Vorlagefrist, so bewirkt das nicht etwa, dass über die der ZVS gemeldete Kapazität hinaus tatsächlich freie Plätze unbesetzt bleiben und deshalb die Kapazität der Hochschule entgegen dem Verfassungsgebot nur teilweise ausgeschöpft wird, sondern die Fristversäumnis hat lediglich zur Folge, dass der einzelne freie Platz von (einer) einem anderen Bewerber(in) besetzt wird.

Diese Folge trifft nicht berücksichtigte Bewerber nicht härter als das Losergebnis, welches sie bei festgestellten freien Studienplätzen gleichwohl nicht berücksichtigt, weil die Bewerberzahl größer ist als die Kapazität. Die Konsequenz ist auch nicht unzumutbar, weil Studienbewerber auf die Wahrung von Fristen - anders als beim Losentscheid - Einfluss haben.

Die Regelung schließt auch nicht Studienbewerber(innen) wegen einer Nicht-Einhaltbarkeit der Fristen praktisch vom Zugang zur Hochschule aus, wie der Antragsteller vortragen lässt, sondern legt ihnen lediglich die Obliegenheit auf, sich rechtzeitig auch um sog. "verschwiegene" Studienplätze zu bemühen.

Der Einwand, damit werde Unmögliches verlangt, weil der Bewerber, der sich in erster Linie um einen "innerkapazitären" Platz über die ZVS bemühe, gezwungen werde, sich um einen Studienplatz zu bewerben, den es gar nicht gebe, greift schon deshalb nicht, weil ohne Bewerbungsfrist genau so wie nach §§ 3, 4 HVVO LSA immer geltend gemacht werden muss, dass die der ZVS zur Verteilung gemeldeten Plätze die Kapazität nicht erschöpfen. Mit der Bewerbung um einen "außerkapazitären" Platz ist notwendigerweise die Rüge verbunden, die gemeldete Zahl lasse Ausbildungsmöglichkeiten ungenutzt.

Bei diesem Verständnis verstößt die Frist auch nicht gegen Grundsätze der "Effektivität"; denn es liegt allein in der Hand des Studienbewerbers, sich rechtzeitig zusätzlich um einen "außerkapazitären" Platz zu bewerben. Gerade weil für diese Bewerbung nicht Voraussetzung ist, dass die ZVS den Bewerber "innerhalb der Kapazität" übergangen hat, bedarf es auch der ablehnenden Entscheidung dieser Stelle nicht, um den "Reserveweg" zu beschreiten; damit ist die Bewerbung unmittelbar bei der Hochschule auch von dem ZVS-Zeitplan völlig unabhängig.

Aus dem Staatsvertrag oder aus Art. 12 Abs. 1 GG oder aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt nicht, dass eine Bewerbungsfrist - um gültig zu sein - in allen Bundesländern gelten müsste. Die "verschwiegenen" Studienplätze werden nicht in einem bundesweiten Verfahren, sondern unmittelbar im Streit mit der jeweiligen Hochschule besetzt; für deren Verfahren gilt Landesrecht unabhängig vom Recht anderer Länder.

Eine "bundeseinheitliche" Regelung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich nicht nur "Landeskinder" bewerben dürfen. Wer sich um einen "außerkapazitären" Studienplatz bemüht, darf dies unabhängig von seinem Wohnsitz in einem bestimmten Bundesland auch dann, wenn für die dortigen Hochschulen Bewerbungsfristen gesetzt sind. Insoweit besteht für alle - Landeskinder oder nicht - die gleiche Obliegenheit, den Antrag rechtzeitig und vollständig zu stellen.

Die Verordnungsregelung ist eindeutig und klar; ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip ist auch in Ansehung der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 - BVerwG 6 C 10.92 -) nicht ersichtlich.

Schließlich bestehen die gegen die Eignung der Erklärung nach § 4 Abs. 1 HVVO LSA erhobenen Bedenken nicht. Die Bestimmung will verhindern, dass Studienwillige, deren Ausbildungswunsch bereits erfüllt ist, noch eine weitere Platzchance erhalten; deshalb ist auf die Einschreibung zum Zeitpunkt der Bewerbung abgestellt, nicht auf ein laufendes Verfahren, das noch zu keinem "festen Platz" geführt hat. § 4 Abs. 1 HVVO LSA verfolgt damit einen ähnlichen Zweck wie § 4 Abs. 2 HVVO LSA für die Fälle von Zweitstudienbewerbern. Beide Regelungen wollen die knappen Ausbildungsressourcen bevorzugt jenen Studienbewerbern zur Verfügung stellen, die sich erstmalig und einmalig für ein Studium entscheiden.



Ende der Entscheidung

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