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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 07.05.2007
Aktenzeichen: 2 O 91/07
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52
Bei Klagen auf Erteilung einer Genehmigung für Windkraftanlagen kann zur Bemessung des Streitwerts nur dann auf den Jahresnutzwert abgestellt werden, wenn im Einzelfall eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt wird, die einen konkreten wirtschaftlichen Nutzwert der Windenergieanlage ergibt. Wird eine solche nicht vorgelegt, ist in der Regel 1/10 des Substanzwerts (Herstellungswerts) der Anlage anzusetzen.
Gründe:

I.

In dem der angefochtenen Streitwertfestsetzung zu Grunde liegenden Verfahren hat sich die Klägerin gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum zeitlich uneingeschränkten Betrieb von 4 Windkraftanlagen gewandt, weil diese einer ihrerseits begehrten Genehmigung entsprechenden Umfangs für Windkraftanlagen im selben Windpark entgegen steht. Das Verwaltungsgericht Dessau hat die Klage mit Urteil vom 14.07.2007 abgewiesen und den Streitwert mit Beschluss selben Datums auf 100.000,- € festgesetzt. Insoweit hat es zur Begründung ausgeführt: Maßgeblich sei das Interesse der Klägerin an der Errichtung des eigenen Vorhabens. Dieses sei mit 1/4 von 10 % der Herstellungskosten zu bemessen. Die Herstellungskosten schätze es auf eine Million Euro je Anlage, woraus sich der Wert von 100.000,- € (1.000.000,- € x 4 x 10 % x 1/4) ergebe. Hiergegen haben sowohl die Beigeladene als auch die Klägerin Beschwerde erhoben, erstere mit dem Antrag, den Streitwert auf 276.000,- € heraufzusetzen, letztere mit dem Antrag, ihn auf 25.000,- € herabzusetzen.

II.

Beide Beschwerden sind gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 72 Nr. 1 GKG zulässig, aber nicht begründet.

Die Beigeladene macht unter Hinweis auf eine Entscheidung des OVG Lüneburg (NVwZ-RR 1999, 813) geltend, maßgeblich für das wirtschaftliche Interesse sei nicht ein Anteil der Herstellungskosten, sondern stattdessen die Leistungsfähigkeit der Anlage, wobei 120,00 € je kW Nennleistung anzusetzen seien. Daraus ergebe sich bei vier Anlagen mit 2,3 MW Nennleistung ein Streitwert von 2.300 x 120,- € x 4 x 1/4 = 276.000,- €. Dieser Einwand bleibt ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westpfalen hat in seinem Beschluss vom 09.05.2000 (Az.: - 7 B 371/00 -; JURIS) ausgeführt, dass sich der eigentliche wirtschaftliche Nutzwert von Windenergieanlagen wegen der weitgehenden Subventionierung solcher Anlagen nicht ohne weiteres feststellen lasse. Auf den Jahresnutzwert könne nur dann abgestellt werden, wenn im Einzelfall eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt werde, die einen konkreten wirtschaftlichen Nutzwert der Windenergieanlage ergebe. Werde eine solche nicht vorgelegt, sei in der Regel 1/10 des Substanzwerts der Anlage anzusetzen. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich angeschlossen (Urt. v. 13.12.2001 - 4 C 3/01 - Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 112). Sie ist auch vom Senat und anderen Obergerichten übernommen worden (vgl. OVG LSA, Urt. v. 12.12.2002 - 2 L 456/00 -; Beschl. v. 17.11.2006 - 2 L 278/03 -; BayVGH, Beschl. v. 19.10.2005 - 14 ZB 05.1895 -; OVG RP, Urt. v. 16.03.2006 - 1 K 2012/04 -, VGH BW, Urt. v. 16.05.2006 - 3 S 914/05 - jeweils JURIS). Der Vortrag der Beigeladenen gibt keinen Anlass, davon abzuweichen. Da eine konkrete Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht vorgelegt wurde, hat das Verwaltungsgericht zu Recht auf 10 % der Herstellungskosten abgestellt.

Die Beigeladene macht auch ohne Erfolg geltend, die Herstellungskosten von Anlagen mit einer Nennleistung von 2,3 MW betrügen - wenn man schon hierauf abstellen wolle - jedenfalls nicht lediglich 1 Mill. €, sondern mindestens 1,5 Mill. € je Anlage. Durch dieses Vorbringen sieht sich der Senat nicht veranlasst, höhere Herstellungskosten als diejenigen zu Grunde zu legen, die das Verwaltungsgericht angenommen hat. Die Beigeladene hat zwar eine allgemeine Preisliste vorgelegt, die ihre Preisangabe bestätigen soll. Die Klägerin hat aber ausdrücklich bestritten, dass diese Preise im vorliegenden Fall vereinbart worden wären. Auch hat sie darauf hingewiesen, sie hätte einen deutlichen Preisnachlass vom Hersteller erhalten, so dass Herstellungskosten in Höhe von 1 Mill. € je Anlage durchaus realistisch seien.

Die Beschwerde der Klägerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Sie macht geltend, abzustellen sei zwar auf die Herstellungskosten, aber nicht auf einen Anteil von 10 %, sondern lediglich von 2,5 %. Das entspreche auch Nr. 19.1.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Die Nr. 19.1.1. des genannten Streitwertkatalogs betrifft zwar Klagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wie sie auch für die Errichtung der streitgegenständlichen Windenergieanlagen erforderlich ist. Gleichwohl erscheint es angemessen, bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für Windenergieanlagen nicht Nr. 19.1.1. des Streitwertkatalogs anzuwenden, sondern sich stattdessen an Nr. 9.1.8 zu orientieren, wonach für Klagen auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen 10 % der geschätzten Herstellungskosten anzusetzen sind. Die Arbeitsgruppe zur Erstellung des Streitwertkatalogs 2004 ist auf der Grundlage der damaligen Rechtslage offenbar noch davon ausgegangen, dass Windenergieanlagen in der Regel lediglich einer Baugenehmigung und nicht einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. Der Ansatz von lediglich 2,5 % der Herstellungskosten erscheint bei Windkraftanlagen hingegen zu niedrig, weil bei solchen Anlagen die Herstellungskosten (Kosten für Anschaffung und Aufstellung der Anlage) bereits die wesentlichen Kosten ausmachen, während der Betrieb als solcher - im Gegensatz zu anderen emittierenden Anlagen - verhältnismäßig geringe Kosten verursacht.

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