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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 2 R 154/06
Rechtsgebiete: VwGO, ROG, LPIG-LSA, BauGB, EEG


Vorschriften:

VwGO § 47
ROG § 7 II
ROG § 7 IV 1 Nr 3
ROG § 7 VI 1
LPIG-LSA § 3 IV
BauGB § 35 III 3
EEG § 1 II
EEG § 2 I
EEG § 3 I
1. Bei dem Regionalen Entwicklungsplan nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 6,7 LPlG LSA handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann.

2. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist zu bejahen, wenn der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der (negativen) Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen; dies gilt umso mehr wenn bereits Anträge auf Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen zur Errichtung von Windenergieanlagen gestellt sind und diese im Hinblick auf (künftig) entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurden (vgl. VGH BW, Urt. v. 09.06.2005 - 3 S 1545/04 - ZfBR 2005, 691; NdsOVG, Beschl. v. 28.10.2004 - 1 KN 155/03, NVwZ-RR 2005, 162).

3. Im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO haben die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags der Hauptsache in der Regel außer Betracht zu bleiben; es ist lediglich eine Abwägungsentscheidung zu treffen, ob die Folgen, die sich ergeben, wenn die einstweilige Anordnung verweigert wird, die Rechtsvorschrift später in der Hauptsache aber für nichtig erklärt wird, schwerer wiegen als die Folgen, die eintreten, wenn der Vollzug der Rechtsvorschrift ausgesetzt wird, die Norm indessen später in der Hauptsache bestätigt wird. Abweichend hiervon sind wichtige Gründe für eine vorläufige Regelung nur dann anzunehmen, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird und durch den Vollzug der Rechtsnorm vollendete, nach Lage der Dinge nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden. (st. Rspr. d. Senats).

4. Der Träger der Regionalplanung muss das in § 1 Abs. 2 EEG formulierte Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2010 auf mindestens 12,5 Prozent und bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen bei der Aufstellung eines Regionalplans nicht (ausdrücklich) in die Abwägung einbeziehen. Erforderlich ist (nur), dass im Plangebiet in substanzieller Weise Raum für die Windkraftnutzung geschaffen wird.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 R 154/06

Datum: 05.07.2006

Gründe:

I.

Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen, das die Realisierung und Projektierung von Windenergieanlagen zum Gegenstand hat.

Sie beantragte beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung von 24 Windenergieanlagen auf dem ehemaligen russischen Militärflugplatz Z.. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden. Einen weiteren Antrag zur Errichtung von 5 Anlagen auf einem Gelände in der Gemarkung Z., hat das Landesverwaltungsamt abgelehnt. Hiergegen hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Dessau Klage erhoben (1 A 64/04 DE), über die noch nicht entschieden ist. Das Landesverwaltungsamt hat die Ablehnung unter Hinweis darauf verteidigt, dass das Vorhaben das Kulturdenkmal "Dessau-Wörlitzer Gartenreich" erheblich beeinträchtige. Zudem liege dieser Standort, der sich im (ursprünglichen) Windenergie-Eignungsgebiet C. Nord befunden habe, nach dem in Aufstellung befindlichen Regionalen Entwicklungsplan der Antragsgegnerin nunmehr außerhalb eines Eignungs- oder Vorranggebiets für die Windenergienutzung. Schließlich stünden dem Vorhaben auch Belange des Naturschutzes entgegen, da sich im maßgeblichen Bereich Lebens-, Nahrungs- und Rastgebiete von Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie befänden.

Am 07.10.2005 beschloss die Regionalversammlung der Antragsgegnerin den Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion "....." (nachfolgend: REP), der am 09.11.2005 von der obersten Landesplanungsbehörde genehmigt und gemäß § 14 der Verbandssatzung der Antragsgegnerin in den Amtsblättern der Verbandsmitglieder bekannt gemacht wurde. In diesem Plan sind 4 Eignungsgebiete für die Nutzung der Windenergie und 11 Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten vorgesehen. Das ehemalige Eignungsgebiet C.-Nord ist darin nicht mehr enthalten. Auch für das Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes Z. ist kein Eignungs- oder Vorranggebiet ausgewiesen.

Am 28.03.2006 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Außervollzugssetzung des REP beantragt. Zur Begründung macht sie geltend, der REP leide an Abwägungsfehlern, weil die Antragsgegnerin die Ziele des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) nicht in ihre Abwägung einbezogen habe und der ehemalige Militärflugplatz Z. auf Grund seiner Eigenschaft als ehemalige Konversionsfläche gerade für die Nutzung der Windenergie nach den Abwägungskriterien der Antragsgegnerin als besonders geeignet anzusehen sei. Es drohe die Gefahr, dass die von ihr erhobene Verpflichtungsklage auf Grund des nunmehr in Kraft getretenen REP abgewiesen werde.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem hier anhängigen Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 6 der VwGO hat keinen Erfolg.

Er ist allerdings entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zulässig.

Der Normenkontrollantrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalen Entwicklungsplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 LPlG LSA ist der REP von der Regionalversammlung zu beschließen. Er enthält Ziele und Grundsätze der Raumordnung, die gemäß § 6 Abs. 1 LPlG LSA aus dem Landesentwicklungsplan zu entwickeln sind, mit denen die dort aufgeführten Ziele und Grundsätze der Raumordnung zu übernehmen und, soweit erforderlich, näher festzulegen und zu ergänzen sind. Da Sinn und Zweck des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ein weites Verständnis nahe legen, die Ziele der Raumordnung gemäß § 4 Abs. 1 ROG von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten sind und damit diesen gegenüber Außenwirkung entfalten, stellen die in einem Regionalplan enthaltenen Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO dar, auch wenn der Landesgesetzgeber für den Plan keine Rechtssatzform vorgibt (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 - BVerwG 4 CN 6.03 -, DVBl. 2004, 629).

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsbefugnis ist bereits in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (VGH BW, Urt. v. 09.06.2005 - 3 S 1545/04 - ZfBR 2005, 691; NdsOVG, Beschl. v. 28.10.2004 - 1 KN 155/03, NVwZ-RR 2005, 162). Zwar sind die Wirkungen von Regionalplänen auf Private nur mittelbarer Art; sie sind gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bei der Frage relevant, ob öffentliche Belange einem Außenbereichsvorhaben entgegenstehen. Die Pläne binden (unmittelbar) nur die in §§ 4 Abs. 1, 3 Nr. 5 ROG genannten öffentlichen Stellen und gemäß § 4 Abs. 3 ROG Private bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben dergestalt, dass sie die Ziele der Raumordnung bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten haben. Eine Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten kann aber auch durch eine mittelbare Normwirkung eintreten, namentlich dann, wenn zwischen Norm und Rechtsberührung ein handgreiflicher Zusammenhang besteht, wie dies bei der indirekten Wirkung der Ziele der Raumordnung über § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der Fall ist (NdsOVG, Beschl. v. 28.10.2004, a. a. O.). Eine Antragsbefugnis ist umso mehr dann gegeben, wenn - wie hier - bereits Anträge auf Erteilung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen zur Errichtung von Windenergieanlagen gestellt sind und diese im Hinblick auf (künftig) entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurden. In einem solchen Fall gehören die privaten Belange des Anlagenbetreibers zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG und § 3 Abs. 4 Satz 2 LPlG LSA) mit der Folge, dass ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein kann (vgl. VGH BW; Urt. v. 09.06.2005, a. a. O., m. w. Nachw).

Die Antragstellerin verfügt auch über das neben der Antragsbefugnis erforderliche Rechtsschutzinteresse; insoweit reicht es aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für die Antragstellerin von Nutzen sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2002 - BVerwG 4 CN 3.01 -, UPR 2003, 30 [31]). Mit einer Außervollzugsetzung des REP durch das Oberverwaltungsgericht könnten die beantragten Genehmigungen jedenfalls nicht wegen der Ausweisung von Eignungs- oder Vorranggebieten an anderer Stelle im REP versagt und die Verpflichtungsklage nicht aus diesem Grund abgewiesen werden.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Die Antragstellerin hat die materiellen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht glaubhaft gemacht. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 15.09.2003 - 2 R 439/03 - Juris, m. w. Nachw.) haben im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags der Hauptsache in der Regel außer Betracht zu bleiben; es ist lediglich eine Abwägungsentscheidung zu treffen, ob die Folgen, die sich ergeben, wenn die einstweilige Anordnung verweigert wird, die Rechtsvorschrift später in der Hauptsache aber für nichtig erklärt wird, schwerer wiegen als die Folgen, die eintreten, wenn der Vollzug der Rechtsvorschrift ausgesetzt wird, die Norm indessen später in der Hauptsache bestätigt wird. Abweichend hiervon sind wichtige Gründe für eine vorläufige Regelung nur dann anzunehmen, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird und durch den Vollzug der Rechtsnorm vollendete, nach Lage der Dinge nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden.

Es kann indes nicht davon ausgegangen werden, dass der Normenkontrollantrag mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 22.06.2006 (2 L 23/04) mit der Wirksamkeit des REP befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Plan unter Berücksichtigung des dortigen Klägervorbringens und der Maßstäbe, die der Senat im Normenkontrollurteil vom 11.11.2004 (2 K 144/01 - ZNER 2004, 370) aufgestellt hat, keine formellen oder materiellen Fehler erkennen lässt. Hierzu hat der Senat unter anderem ausgeführt:

"Die Abwägung lässt insbesondere ein schlüssiges Gesamtkonzept erkennen, das ein ausgewogenes Verhältnis von für die Windenergienutzung "durchsetzungsfähigen" und ausgeschlossenen Flächen beinhaltet. Der Plangeber hat sein Gesamtkonzept zur Windenergienutzung nach einer Ausschlussmethode in drei Stufen ermittelt (vgl. das im Internet unter www.regionale-planungsgemeinschaft-anhalt-bitterfeld-wittenberg.de veröffentlichte Handlungskonzept der Beigeladenen zu 2.): Grundlage hierfür war zunächst die Annahme, dass aufgrund der technischen Entwicklung der Anlagen der gesamte Planungsraum für die Nutzung zur Produktion von Windenergie geeignet sei. Ausgehend hiervon hat er auf der ersten Stufe Tabu-Bereiche wie beispielsweise geschlossene Ortslagen aus den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Auf einer zweiten Stufe nahm er eine "Pufferung" dieser Flächen vor. Auf der dritten Stufe unterzog er die durch den Ausschluss auf den ersten beiden Stufen entstandenen "potentiellen Windparks" einer Einzelfallprüfung. Hierbei berücksichtigte er im einzelnen die im Entwurf des REP vorgesehenen Eignungsgebiete (Nr. 2.1 des Handlungskonzepts), die bestehenden und geplanten Windparkflächen, die nicht als Eignungsgebiete festgelegt wurden (Nr. 2.2 des Handlungskonzepts), die im Aufstellungsverfahren beantragten Eignungsgebiete (Nr. 2.3 des Handlungskonzepts) und die potenziellen Eignungsflächen nach Ausschluss aller Tabu- und Schutzpufferbereiche (Nr. 2.4 des Handlungskonzepts [57 Flächen]). Diese Vorgehensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Ausschluss von Tabuflächen nebst Pufferzonen hält sich im Rahmen des dem Plangeber zukommenden weiten Planungsermessens. Eine Einbeziehung der Tabuflächen in die eigentliche Abwägung hält der Senat für entbehrlich, weil die Beigeladene zu 2) insoweit zu Recht davon ausgehen durfte, dass diese Flächen für eine Windkraftnutzung von vornherein nicht in Betracht kommen. Soweit die Beigeladene zu 2) die Tabuflächen mit (unterschiedlich großen) Pufferzonen versehen hat, begründet auch dies keinen Abwägungsfehler. Insoweit hat die Beigeladene zu 2) zu Recht berücksichtigt, dass ein hinreichender Schutz von Wohnflächen und anderen Schutzbereichen nur dann gewährleistet ist, wenn diese Flächen nicht nur selbst von Windenergieanlagen frei bleiben, sondern auch durch eine hinreichende Abstandfläche vor den anerkanntermaßen weitreichenden Immissionswirkungen von Windenergieanlagen, sei es durch Geräusche, sei es durch optische Beeinträchtigungen (Schattenwurf, "Diskoeffekt") oder sonstige Gefahren (etwa Eiswurf), geschützt werden. Die danach verbleibenden potenziellen Eignungsflächen hat der Plangeber auch in die eigentliche Abwägung einbezogen. Die Klägerin macht insoweit ohne Erfolg geltend, die Beigeladene zu 2) habe potentiell für eine Gebietsausweisung in Betracht kommende Flächen vorzeitig aus der Abwägung ausgeschlossen, weil sie als Ausgangspunkt für ihre Abwägung die vorhandenen Umspannwerke in den Blick genommen und nur die Flächen in die Abwägung einbezogen habe, die in der Nähe solcher Umspannwerke lägen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 11.11.2004 - Az.: 2 K 144/01 - a.a.O.). Eine derartige Ausrichtung an vorhandenen Umspannwerken lässt sich jedoch bei der streitgegenständlichen Abwägung nicht erkennen. Insbesondere enthält das erwähnte Handlungskonzept der Beigeladenen zu 2) hierfür keine Anhaltspunkte.

Der Plangeber hat im Plangebiet auch in substanzieller Weise Raum für die Windkraftnutzung geschaffen. Zwar ist dies allein durch die Ausweisung von Eignungsgebieten im Sinne der §§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG, 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 LPlG für die Windkraftnutzung nicht zu erreichen. Denn die gebietsinterne Wirkung von Eignungsgebieten erschöpft sich in der Feststellung, dass die innerhalb ihrer Grenzen liegenden Flächen aufgrund ihrer naturräumlichen Eigenschaft für die Nutzung der Windenergie geeignet sind, so dass damit lediglich eine den Anlagenstandort ermöglichende, aber keine den Standort sichernde Entscheidung getroffen ist, die sich gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 11.11.2004 - Az.: 2 K 144/01 - a.a.O.). Der Plangeber hat aber neben vier Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie auch elf "Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten" ausgewiesen. Bei den so bezeichneten Gebieten handelt es sich bei verständiger Auslegung um solche, die im Sinne des § 3 Abs. 7 Satz 2 LPlG zugleich die Wirkung von Vorrang- und Eignungsgebieten haben sollen. Innerhalb dieser zugleich als Eignungsgebiete wirkenden Vorranggebiete ist sichergestellt, dass sich die Windkraftnutzung gegenüber anderen Nutzungen durchsetzt. Denn andere raumbedeutsame Nutzungen sind in diesen Gebieten ausgeschlossen, soweit sie mit der vorrangigen Windkraftnutzung nicht vereinbar sind (§§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG, 3 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 LPlG)." Auch das Vorbringen der Antragstellerin vermag nicht ernstlich Zweifel an der Wirksamkeit des REP zu begründen.

Unschädlich ist, dass die Antragsgegnerin das in § 1 Abs. 2 EEG formulierte Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2010 auf mindestens 12,5 Prozent und bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen, bei der Aufstellung eines Regionalplans nicht (ausdrücklich) in die Abwägung einbezogen hat. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 LPlG LSA sind bei der Aufstellung von Regionalplänen die Grundsätze der Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen. Nach Satz 2 sind die sonstigen öffentlichen Belange sowie private Belange in der Abwägung zu berücksichtigen, soweit diese auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. In § 1 Abs. 2 EEG sind indes weder Grundsätze der Raumordnung formuliert noch enthält diese Vorschrift einen öffentlichen Belang, den der Träger der der Regionalplanung zu berücksichtigen hätte. Sie nennt lediglich (einen) Zweck des Gesetzes, der darin besteht, dazu beizutragen, den genannten Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung innerhalb eines Zeitrahmens zu erhöhen. Nach § 2 Abs. 1 EEG regelt dieses Gesetz (nur)

1. den vorrangigen Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien und aus Grubengas im Bundesgebiet einschließlich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (Geltungsbereich des Gesetzes) an die Netze für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität,

2. die vorrangige Abnahme, Übertragung und Vergütung dieses Stroms durch die Netzbetreiber und

3. den bundesweiten Ausgleich des abgenommenen und vergüteten Stroms.

Ferner ist in Rechnung zu stellen, dass zu den erneuerbaren Energien gemäß § 3 Abs. 1 EEG nicht nur die Windenergie, sondern auch die Wasserkraft einschließlich der Wellen-, Gezeiten-, Salzgradienten- und Strömungsenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie, Energie aus Biomasse einschließlich Biogas, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie gehören. Einen bestimmten Anteil der Windenergie schreibt das EEG damit gerade nicht fest.

Auf der Ebene des Bauplanungsrechts hat der Bundesgesetzgeber dem allgemeinen politischen Willen zum raschen Ausbau der regenerativen Energien und insbesondere der Windenergie bereits mit der Privilegierung von Außenbereichsvorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen, durch das am 01.01.1997 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des BauGB vom 30.07.1996 (BGBl I 1189) Rechnung getragen. Um allerdings einen ungeregelten Ausbau und baulichen Wildwuchs im Außenbereich zu verhindern, hat der Gesetzgeber zugleich in § 35 Abs. 3 BauGB einen "Planvorbehalt" verankert (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21.06.1995 (BT-Drucks. 13/1736, S. 3). In § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG hat er auf der Ebene der Raumordnung den Ländern zugleich die Möglichkeit an die Hand gegeben, Eignungsgebiete zu bezeichnen, mit denen bestimmte raumbedeutsame Maßnahmen an anderer Stelle im Plangebiet ausgeschlossen werden können. Eine mit der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nicht zu vereinbarende "Verhinderungsplanung", wie die Antragstellerin sie der Antragsgegnerin vorhält, liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt; erforderlich ist (nur), dass im Plangebiet in substanzieller Weise Raum für die Windkraftnutzung geschaffen wird (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261).

Ob die Antragsgegnerin diesem gesetzgeberischen Anliegen mit den ausgewiesenen Flächen hinreichend Rechnung getragen hat, bedarf der näheren Prüfung im Normenkontrollverfahren. Offensichtliche Mängel sind jedenfalls nicht erkennbar. Dass eine unzulässige "Feigenblattplanung" vorliegt, bei der das Gewicht der Privilegierung nicht mehr hinreichend beachtet ist, drängt sich bei dem von der Antragsgegnerin ausgewiesenen Flächenanteil von 0,58 % des Plangebiets (vgl. das im Internet unter www.regionale-planungsgemeinschaft-anhalt-bitterfeld-wittenberg.de veröffentlichte "Handlungskonzept Windkraftnutzung" der Antragsgegnerin vom 08.08.2005) jedenfalls nicht auf. So hat das OVG RP in einem Urteil vom 08.03.2004 (NuR 2004, 465, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 27.01.2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364) ausgeführt, ein Flächenanteil für die Nutzung von Windenergieanlagen von 0,49 % des Plangebiets scheine zwar im Verhältnis zu anderen Nutzungsarten gering; dies sei jedoch zum einen auf die Berechnungsweise zurückzuführen, bei der Abstandsflächen und Pufferzonen jeweils den anderen Nutzungen zugerechnet worden seien; außerdem komme den Windenergieanlagen wegen ihrer Höhe und ihres durch die Rotorbewegung erhöhten Aufmerksamkeitswertes zumindest optisch eine besondere Raumwirkung zu, die sich mit anderen Nutzungen kaum vergleichen lasse. Das Sächsische OVG (Urt. v. 07.04.2005 - 1 D 2/03 -, SächsVBl 2005, 225) hat einen Flächenanteil von nur 0,25 % genügen lassen und hierzu unter anderem ausgeführt, der Flächenanteil entspreche offenbar in etwa den Erwartungen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, wie sie in einer Studie von 2004 zum Ausdruck kämen; danach würden zukünftig insgesamt rund 0,5 % der Fläche in Deutschland für die Windenergienutzung zur Verfügung stehen, wobei die Anteile in den Küstenregionen größer und im Binnenland deutlich kleiner sein würden.

Die Antragsgegnerin ist bei ihrer Abwägungsentscheidung - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - auch zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Regionalplanung um eine Rahmenplanung und nicht um eine Fachplanung handelt (vgl. zum Verhältnis der Raumordnung zur Fachplanung: § 7 Abs. 3 Satz 2 ROG sowie Dallhammer in: Cholewa/Dyong/von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, Bd. 1, 4. Aufl., Stand: November 2003, § 7 ROG RdNrn. 111 ff.). Die Raumplanung schafft als übergeordnete, überörtliche und zusammenfassende Planung, der weitere Planungsstufen nachgeordnet sind, typischerweise nur Rahmenbedingungen, da sie tendenziell auf weitere Konkretisierung angelegt ist (vgl. Dallhammer, a. a. O. § 7 RdNr. 160).

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Gebiet des ehemaligen Militärflugplatzes Z. (auf die Einwände der Stadt Z.) nicht als Eignungsgebiet in den REP aufzunehmen, sondern (weiterhin) als Landeplatz auszuweisen, kann ebenso nicht als offenkundig abwägungsfehlerhaft angesehen werden. Die nach § 3 Abs. 4 Sätze 1 und 2 LPlG LSA vorzunehmende Abwägung hat sich im Grundsatz an den Vorgaben zu orientieren, die für die Aufstellung von Bauleitplänen und die dabei zu beachtenden Abwägungsschritte entwickelt worden sind (vgl. Urt. d. Senats v. 11.11.2004, a. a. O). Danach muss eine Abwägung überhaupt stattgefunden haben, in die Abwägung muss an Belangen eingestellt werden, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, und diese planungserheblichen Belange müssen gegen- und untereinander gerecht abgewogen werden. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot allerdings genügt, wenn sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet.

Ob die Nichtberücksichtigung des ehemaligen Militärflugplatzes als Eignungsgebiet auf sachfremden Erwägungen beruht, wie die Antragstellerin dies geltend macht, und ob die Interessen der Antragstellerin hierbei hinreichend beachtet wurden, kann nicht im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutz nur möglichen summarischen Prüfung beurteilt werden. Zwar empfiehlt das "Handlungskonzept Windkraftnutzung" der Antragsgegnerin vom 08.08.2005, das (ehemalige) Flugplatzgelände und nicht die nahe gelegenen Standorte der Windparks "S....." und "M.... Weg" als Eignungsgebiete auszuweisen. Es erscheint aber andererseits plausibel, ein schon früher als Flugplatz genutztes Gelände auch künftig als Flugplatz zu nutzen oder sich zumindest die Möglichkeit offen zu halten, künftig wieder eine solche Nutzung vorzunehmen, auch wenn sich die Nutzung einer solchen "Konversionsfläche" als Eignungsgebiet anbieten sollte. Der von der Antragsgegnerin weiter vorgetragene Gesichtspunkt, der Windpark "S." sei bereits durch Bebauungsplan festgesetzt und der Windpark "M.... Weg" bereits genehmigt, so dass mit der Ausweisung eines (weiteren) Eignungsgebiets auf dem (ehemaligen) Flugplatzgelände zwischen diesen Standorten der erforderliche Abstand zwischen Windparks von 5 km nicht eingehalten werde, kann ebenso wenig als sachfremde Erwägung angesehen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Falle der Vollziehbarkeit des REP für die Antragstellerin nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden, insbesondere auch nicht für den Fall, dass das Verwaltungsgericht Dessau die von der Antragstellerin erhobene Klage auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wegen der Ausweisung von Eignungs- bzw. Vorranggebieten an anderer Stelle im REP abweisen sollte. Der Antragstellerin bliebe nur einstweilen - bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des REP - eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung versagt. Im Übrigen bleibt es der Antragstellerin unbenommen, gegen das die Klage abweisende Urteil das hiergegen statthafte Rechtsmittel einzulegen und eine Entscheidung des Senats hierüber in einem Berufungs (-zulassungs-)verfahren herbeizuführen.

Die danach gebotene Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Folgen, die sich bei Ablehnung der einstweiligen Anordnung im Falle eines späteren Erfolgs in der Hauptsache für die Antragstellerin ergeben, sind allein wirtschaftlicher Art. Der Antragstellerin bleibt es zunächst (nur) verwehrt, die beantragten Windenergieanlagen zeitnah zu errichten und zu betreiben. Welche konkreten wirtschaftlichen Folgen bei einer solchen Verzögerung eintreten werden, hat die Antragstellerin allerdings nicht dargelegt. Dem gegenüber könnten die Folgen, die bei einer Außervollzugsetzung des REP entstünden, der REP sich aber im Hauptsacheverfahren als wirksam erweisen sollte, zu einem großen Teil nicht mehr rückgängig gemacht werden. In allen Fällen, in denen Vorhaben keine anderen öffentlichen Belange oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, müssten entsprechende (immissionsschutzrechtliche) Genehmigungen erteilt werden, die nicht oder nur schwer widerrufen werden könnten (vgl. § 49 Abs. 2 VwVfG). Damit würde die im REP festgeschriebene geplante gesamträumliche Entwicklung faktisch in Frage gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Senat bemisst die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache in Anlehnung an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1329]), der für Normenkontrollen gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert zwischen 7.500 und 60.000 € vorsieht. Der Senat hält vorliegend unter Berücksichtigung der Bedeutung des Regionalplans für die Antragstellerin einen Streitwert von 40.000,- € für angemessen. Dieser Betrag ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren.

Ende der Entscheidung

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