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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.07.2009
Aktenzeichen: 3 L 133/07
Rechtsgebiete: ÄApprO


Vorschriften:

ÄApprO § 43
Die Wiederholung einer fehlerhaft durchgeführten Prüfung im Rahmen der ärztlichen Ausbildung nach dem Ablauf der Übergangsfristen in § 43 ÄApprO 2002 ist auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Prüfungsleistungen grundsätzlich nach den zur Zeit ihrer Erbringung geltenden Prüfungsvorschriften zu beurteilen sind, rechtlich nicht mehr möglich. Einen allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsatz, dass Wiederholungsprüfungen nach denselben Prüfungsvorschriften durchzuführen sind wie die vorausgegangenen Prüfungsversuche, gibt es nicht.
Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Wiederholung des mündlichen Teils der Ärztlichen Vorprüfung.

Der Kläger nahm zum Sommersemester 2000 das Studium der Humanmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf.

Am ... März 2002 nahm der Kläger am mündlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung teil. Am schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung nahm er aus Krankheitsgründen entschuldigt nicht teil. Den mündlichen Teil bestand er mit der Note "ausreichend". Der schriftliche Teil der Ärztlichen Vorprüfung im Frühjahr 2002 galt als nicht unternommen.

Am ... Juli 2002 wurde er zur Wiederholung des schriftlichen Teils der Ärztlichen Vorprüfung geladen. Die schriftliche Prüfung legte er mit der Note "ungenügend" ab. Mit Bescheid vom 10. September 2002 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Ärztliche Vorprüfung im Herbst 2002 insgesamt nicht bestanden sei.

Am .... Juni 2003 meldete sich der Kläger zur ersten Wiederholungsprüfung der Ärztlichen Vorprüfung an. Den mündlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung bestand er am .... September 2003 mit der Note "befriedigend". Der schriftliche Teil galt als nicht unternommen. Am .... März 2004 legte er den schriftlichen Teil mit der Note "mangelhaft" ab. Mit Bescheid vom 5. April 2004 wurde festgestellt, dass die erste Wiederholungsprüfung der Ärztlichen Vorprüfung nicht bestanden sei.

Am .... Juni 2004 meldete sich der Kläger zu der hier streitigen zweiten Wiederholungsprüfung an. Den schriftlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung bestand er am .... August 2004 mit der Note "befriedigend". Zum mündlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung wurde er in den Fächern "Physiologie" und "Grundlagen der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie" zum Termin am .... September 2004 geladen. Diese Prüfung wurde mit der Note "mangelhaft" bewertet.

Mit Bescheid vom 16. September 2004 stellte der Beklagte fest, dass die Ärztliche Vorprüfung im Herbst 2004 insgesamt nicht bestanden und damit die Ärztliche Vorprüfung endgültig nicht bestanden ist.

Am 24. September 2004 legte der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 16. September 2004 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die abgegebene Begründung für das Ergebnis der mündlichen Prüfung vom 10. September 2004 nicht den Anforderungen genüge, die an eine solche Begründung zu stellen seien und forderte die ordnungsgemäße Offenlegung der Grundlagen und wesentlichen Kriterien des Bewertungsvorganges. Er begehrte weiterhin die Offenlegung der einzelnen Teilnoten für das Fach Physiologie und das Fach "Grundlagen der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie". Ferner führte er an, dass ihm nicht genügend Zeit zur Überlegung und Beantwortung speziell der zweiten Frage im Fach Physiologie eingeräumt worden sei. Er habe den Eindruck gehabt, dass weitere Prüfungsteilnehmer die Prüfer zumindest aus Seminaren oder Arbeitsgemeinschaften gekannt hätten und eine Sympathie zwischen den Prüfern und dem weiteren Prüfungsteilnehmer vorhanden gewesen sei, die ihm nicht entgegengebracht worden sei.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 1. Oktober 2004 verpflichtete das Verwaltungsgericht Halle in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az.: A 1 B 79/04 HAL) den Beklagten, dem Kläger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache eine vorläufige Bescheinigung über das Bestehen des ersten Abschnittes der ärztlichen Prüfung zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es überwiegend wahrscheinlich sei, dass die Bewertung des mündlichen Teils der Ärztlichen Vorprüfung vom .. September 2004 fehlerhaft erfolgt sei. Das Gericht gehe bei seiner Überzeugungsbildung von der Richtigkeit des Vortrages des Klägers aus, dass dieser in der mündlichen Prüfung die im Nachhinein auf drei Seiten handschriftlich skizzierten Antworten im Wesentlichen so abgegeben habe und diese Antworten - wie vom Kläger auch behauptet - zum Bestehen der mündlichen Prüfung ausgereicht hätten. Der Beklagte sei dieser Darstellung nicht ausdrücklich entgegengetreten. Einer der Prüfer, Prof. Dr. M., habe in seiner telefonischen Stellungnahme vom 30. September 2004 gegenüber dem Beklagten lediglich pauschal eingewandt, dass der Kläger bei seiner Antwort auf die erste Frage nicht auf das Wesentliche der Frage eingegangen sei. Genauso habe es sich auch bei der Beantwortung der zweiten Frage verhalten. Der Kläger habe zwar geantwortet, aber die Fragen nicht beantwortet. Am 1. Oktober 2004 stellte der Beklagte dem Kläger ein vorläufiges Zeugnis über die Ärztliche Vorprüfung aus. Aufgrund dieses Zeugnisses hat der Kläger nachfolgend sein Studium im klinischen Abschnitt der Ärztlichen Ausbildung fortgesetzt.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 2004 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der mündlichen Prüfung vom ... September 2004 kein Verfahrensfehler anhafte. Die von den Prüfern abgegebene Begründung entspreche auch den Anforderungen an die Begründung von Prüfungsentscheidungen, wie sie vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellt worden sei. Prof. Dr. M. habe in seinen ergänzenden Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass er während der Beantwortung der beiden Fragen im Fach Physiologie seinerseits immer wieder versucht habe, durch Zwischenfragen den Kläger auf die richtigen Antworten hinzuführen, jedoch ohne Erfolg. Beide Themen, über die der Kläger im Fach Physiologie befragt worden sei, seien in Vorlesungen, Seminaren und Praktika der Physiologie ausführlich besprochen worden. Sie behandelten medizinisch höchst relevante Gebiete. Die Fragen und Antworten seien allen Studierenden über das Internet zur Verfügung gestellt worden. Dem Kläger sei auch genügend Zeit zur Überlegung und Beantwortung der Fragen eingeräumt worden. Beide Prüfer in der mündlichen Prüfung hätten in ihren ergänzenden Stellungnahmen auch mitgeteilt, dass keiner der beiden Prüflinge im Prüfungstermin bevorzugt oder schlechter behandelt worden sei. Prof. Dr. M. habe beide Prüflinge etwa gleich gut persönlich gekannt. Beide Prüflinge seien von beiden Prüfern mit gleicher Sachlichkeit behandelt worden. Dieser Aussage habe sich auch der zweite Prüfer, Prof. Dr. S., angeschlossen.

Hiergegen hat der Kläger am 23. November 2004 vor dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben. Der Kläger hat seine Ausführungen aus dem Vorverfahren vertieft und die Auffassung vertreten, er habe in der mündlichen Prüfung überwiegend brauchbare Ausführungen gemacht. Andere in der mündlichen Prüfung erörterte Aspekte gehörten nicht in das Fach Physiologie. Insoweit verweise er auf seine eidesstattliche Versicherung, die er in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgelegt habe. Mit den beiden Fragen im Fach Physiologie sei ein allgemeines Thema vorgegeben worden. Falls die Prüfer detaillierte und spezifische Problemkreise hätten ansprechen wollen, hätten sie dies durch die Formulierung der Fragestellung zu erkennen geben müssen. Der prüfungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt worden, denn die Prüfungsthemata seien in Vorlesungen, Seminaren und Praktika ausführlich besprochen worden und die Fragen und Antworten seien den Studierenden über das Internet zur Verfügung gestellt worden. Diejenigen Studenten seien bevorteilt gewesen, die die Vorlesung, das Seminar und das Praktikum von Prof. Dr. M. besucht hätten. Er habe weder die Vorlesung noch das Seminar von Prof. Dr. M. besucht. Dieser konnte in seinen Prüfungen auch nicht etwa höhere Bewertungsmaßstäbe anlegen, nur weil er die Prüfungsfragen bereits vorab den Studenten zur Verfügung stelle und davon ausgehe, dass der Prüfungsteilnehmer diese kenne. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die mangelhaften Leistungen im Fach Physiologie schwerer wiegen würden als die zumindest ausreichenden Leistungen im Fach Soziologie.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 16. September 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ärztliche Vorprüfung mit der Note "ausreichend" für bestanden zu erklären,

hilfsweise,

ihn erneut zum mündlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung als zweite Wiederholungsprüfung zuzulassen und den Bescheid des Beklagten vom 16. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt zur Begründung vor, die Niederschrift über die mündliche Prüfung des Klägers entspreche den Erfordernissen der Approbationsordnung für Ärzte, wonach bei der Note "mangelhaft" die Gründe anzugeben und in die Niederschrift aufzunehmen seien. Diese Gründe habe der Prüfungskommissionsvorsitzende dem Kläger im Anschluss an die Prüfung auch mündlich mitgeteilt. Eine weitere, konkretere Begründung habe der Kläger im Anschluss an die mündliche Prüfung nicht verlangt. Zudem sei auf die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M. vom 17. März 2005 zu verweisen, welcher darin ausführe, dass der Kläger keineswegs zu den angesprochenen Prüfungspunkten überwiegend brauchbare Ausführungen gemacht habe. Weiter seien die abgefragten Prüfungsthemen allen Studenten zugänglich gemacht und von allen Lehrkräften der Physiologie gleichermaßen abgehandelt worden. Insbesondere zu dem in der Prüfung angesprochenen Thema "Schilddrüse" halte er, Prof. Dr. M., seit Jahren die Vorlesung in Absprache mit den Lehrpersonen des Faches Biochemie. Dies sei den Studenten auch in der Vorlesung so mitgeteilt worden. Es sei eigenes Verschulden, dass der Kläger die Vorlesung über die Funktion der Schilddrüse nicht besucht habe. Ferner sei der Beklagte der Auffassung, dass der prüfungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt sei. Wie ein Studierender zu seinem Wissen gelange, ob durch Selbststudium, durch passive oder aktive Veranstaltungsteilnahme, liege in seinem Verantwortungsbereich und könne nicht bei lückenhaftem bzw. mangelhaftem Wissen als vergleichbare Prüfungsbedingung und somit als Verletzung des prüfungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes deklariert werden. Nach der Stellungnahme von Prof. Dr. M. werde der abgefragte Lehrstoff auch in den üblicherweise verwendeten und den Studenten in Vorlesung und Seminaren empfohlenen Lehrbüchern der Physiologie erörtert. Insofern sei nichts "Spezielles" abgefragt worden und es seien auch keine höheren als allgemein übliche Wertungsmaßstäbe angelegt worden. Die Veröffentlichung der Fragen im Internet sei den Studenten ebenfalls in der Vorlesung bekannt gegeben worden. Außerdem seien diese Fragen auf der Homepage des Institutes veröffentlicht, die allen Studenten frei zugänglich sei und auf der sie sich über die Lehrveranstaltungen informieren könnten. Des Weiteren seien die Studentenvertreter die Fachschaft darüber informiert und gäben diese Information an die Prüflinge weiter. Die zu den Fragen gehörenden Antworten seien im Internet jedoch nicht veröffentlicht worden.

Mit Urteil vom 23. November 2006 hat das Verwaltungsgericht Halle den Bescheid des Beklagten vom 16. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Kläger erneut zum mündlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung als zweiter Wiederholungsprüfung zuzulassen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Neubewertung seiner mündlichen Prüfung mit der Note "ausreichend" habe, mit dem Ergebnis, dass der Beklagte verpflichtet wäre, die Ärztliche Vorprüfung insgesamt mit der Note "ausreichend" für bestanden zu erklären. Die Neubewertung einer mündlichen Prüfung komme regelmäßig nur dann in Betracht, wenn sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der fehlerhaft durchgeführten oder fehlerhaft bewerteten Prüfung erfolge. Nur in diesem Fall seien die Prüfer in der Lage, sich den Ablauf der Prüfung und die für die Bewertung maßgebenden Gesichtspunkte zu vergegenwärtigen. Sei dagegen wie im vorliegenden Fall seit Ablegung der mündlichen Prüfung ein längerer Zeitraum verstrichen, sei eine Neubewertung nicht mehr möglich. Die Klage habe jedoch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten seien insofern rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Prüfung schon deshalb fehlerhaft erfolgt sei, weil die Niederschrift zur Prüfung keine hinreichende Begründung für die Benotung mit "Mangelhaft" enthalte oder weitere Rügen des Klägers zuträfen. Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ergebe sich jedenfalls daraus, dass die mündliche Prüfung des Klägers im Ergebnis wegen mangelnder ausreichender Begründung verfahrensfehlerhaft erfolgt sei. Dem Kläger stehe deshalb ein Anspruch auf eine erneute Prüfungsteilnahme zu. Aufgrund der vom Kläger konkret formulierten Einwände sei der Beklagte verpflichtet gewesen, sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Eine solche Auseinandersetzung sei insbesondere grundsätzlich auch noch im laufenden Widerspruchsverfahren durch die Einholung von Stellungnahmen durch die Prüfer oder anderer Teilnehmer der Prüfung möglich. Diese verwaltungsinterne Kontrolle genüge nur dann den rechtlichen Anforderungen, wenn insbesondere sämtliche substantiiert erhobenen Einwendungen des Prüflings gegen seine Leistungsbewertung bei mehreren Prüfern jeweils selbständig von jedem Prüfer nachgegangen worden sei. Dies gelte umso mehr, weil im mündlichen Teil der Ärztlichen Vorprüfung jeder der Prüfer eine eigene Bewertung zu allen Prüfungsleistungen abgebe, welche Grundlage der gemeinsamen Notengebung sei. Jeder Prüfer, der eine Prüfungsleistung bewertet habe, müsse seine Bewertung bei substantiiertem Vorbringen des Prüflings überdenken. An den hiernach erforderlichen Stellungnahmen aller Prüfer zu allen Bewertungen fehle es hier. So habe der Beklagte nach Eingang der Widerspruchsbegründung diese den Prüfern zur Stellungnahme übersandt. Die Prüfer hätten auch Stellungnahmen abgegeben, aber jeweils nur bezüglich "ihres" Faches. Der Kläger könne daher die erneute Teilnahme an der mündlichen Prüfung der Ärztlichen Vorprüfung verlangen. Dabei sei der Kläger trotz der zwischenzeitlich erfolgten Änderung der Prüfungsordnung nach der für ihn im Zeitpunkt seiner zweiten Wiederholungsprüfung geltenden Approbationsordnung zu prüfen. Der Kläger könne durch den Prüfungsfehler des Beklagten nämlich nicht schlechter gestellt werden, als es nicht ohnehin geschehen sei. Die Änderung des Prüfungsverfahrens gelte nicht für noch nicht abgeschlossene Prüfungsverfahren, da durch die Aufhebung der angefochtenen Bescheide das Prüfungsverfahren des Klägers gleichsam zeitig zurückversetzt werde.

Mit Beschluss vom 26. März 2009 hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. In der Begründung der Berufung führt der Beklagte aus, dass er die Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts in erster Linie darin sehe, dass das Gericht die Anforderungen überzogen habe, welche an die Pflicht der Prüfer zur Begründung der von ihnen getroffenen Prüfungsentscheidung zu stellen sei. Nur aufgrund dieser überzogenen Maßstäbe sei es zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Prüfungsfehler in Form einer mangelhaften Begründung der vorgegebenen Note vorliege und die streitgegenständliche Prüfung zu wiederholen sei. Es stelle eine Überdehnung der Normen der Ärztlichen Approbationsordnung dar, wenn man, wie das Verwaltungsgericht, eine rechtliche Verpflichtung eines jeden Prüfers begründen würde, im Falle substantiierter Einwendungen fachübergreifend Stellungnahmen zu allen Leistungen des Kandidaten abzugeben. Eine solche Verpflichtung, doch wieder Einzelbeurteilungen erstellen zu müssen, durchlöchere das gesetzgeberische Postulat der Gesamtbeurteilung über die fachlichen Grenzen hinweg. Die Prüfer seien hierdurch gezwungen, doch wieder Einzelbeurteilungen vorzunehmen, was dem gesetzgeberischen Willen, Teilnoten nicht zu vergeben, zuwiderlaufe. Die formalistische Sichtweise des Verwaltungsgerichts vertrage sich schwerlich mit der Intention der Ärztlichen Approbationsordnung, den Prüfern die Freiheit zu geben, eine angemessene, gerechte Bewertung in freiem Diskurs zu finden, ohne durch methodische Vorgaben, wie etwa Berechnungsmuster, eingeengt zu sein. Sie widerspreche der in der Rechtsprechung durchgängig vertretenen Auffassung, dass der Umfang der Dokumentationspflicht sich nur nach den Umständen des Einzelfalles bestimmen lasse. Sie sei auch nicht geboten, um zu verhindern, dass sich der fachfremde Prüfer aus Bequemlichkeit der Argumentation des Fachmannes anschließe. Abgesehen davon, dass es im Prüfungsrecht allenthalben üblich und von der Rechtsprechung akzeptiert sei, dass Zweitbeurteiler schriftliche Prüfungsarbeiten mit Voten und Randglossen des Erstbeurteilers versehen in die Hand bekommen, sei es auch kein geeignetes Mittel stets eigenständige Äußerungen zu generieren. Im Übrigen sei selbst dann, wenn dem Kläger eine Wiederholungsmöglichkeit einzuräumen sei, auf ihn die Approbationsordnung aus dem Jahr 2002 anwendbar, da die Übergangsfristen, welche noch die Anwendbarkeit der Approbationsordnung aus dem Jahr 1987 ermöglichten, bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abgelaufen gewesen seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 1. Kammer - vom 23. November 2006 abzuändern und die Klage in Gänze abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Im Übrigen ist er der Auffassung, dass auf ihn noch die Bestimmungen der Ärztlichen Approbationsordnung aus dem Jahre 1987 anwendbar seien und nicht die Vorschriften der neuen Approbationsordnung in der Fassung des Jahres 2002. Er werde durch das Urteil so gestellt, als hätte er die zweite Wiederholungsprüfung noch nicht abgelegt. Er werde demnach lediglich in den Stand der damaligen Prüfungssituation versetzt.

Der Kläger hat zwischenzeitlich den zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach Maßgabe der Ärztlichen Approbationsordnung aus dem Jahr 2002 bestanden. Das Prüfungszeugnis ist ihm von dem Beklagten noch nicht ausgehändigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger einen Anspruch auf Wiederholung der mündlichen Prüfung als zweite Wiederholungsprüfung hat. Der Bescheid des Beklagten vom 16. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 21 Abs. 3 Satz 1 der Approbationsordnung für Ärzte (im Folgenden: ÄApprO a. F. vom 14. Juli 1987 [BGBl. I S. 1593], zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 27. April 2002 [BGBl. I S. 1467]). Danach unterrichtet das Landesprüfungsamt den Prüfling und die anderen Landesprüfungsämter schriftlich, wenn eine Prüfung endgültig nicht bestanden worden ist und nicht mehr wiederholt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die Bewertung des mündlichen Teils der zweiten Wiederholungsprüfung fehlerhaft gewesen ist. Nach § 23 a Abs. 2 ÄApprO a. F. hat der Prüfling in der mündlichen Prüfung nachzuweisen, dass er sich mit dem vorklinischen Ausbildungsstoff vertraut gemacht hat, insbesondere die Grundsätze und Grundlagen des Faches, das Gegenstand der Prüfung ist, beherrscht, deren Bedeutung für medizinische, insbesondere klinische Zusammenhänge zu erfassen vermag sowie die für die Fortsetzung des Studiums notwenigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt. Nach § 15 Abs. 7 Satz 2 ÄApprO a. F. ist die mündliche Prüfung bestanden, wenn der Prüfling mindestens die Note "ausreichend" erhalten hat. Nach § 15 Abs. 9 Satz 1 ÄApprO a. F. trifft die Prüfungskommission ihre Entscheidung mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag (§ 15 Abs. 9 Satz 2 ÄApprO a. F. Nach dieser Regelung sind die Prüfungsleistungen durch die Prüfungskommission als Kollegialorgan zu bewerten. Das gilt für die Leistungen in ihrer Gesamtheit, weil die Bildung von Teilnoten für Leistungen in einzelnen Prüfungsfächern nicht vorgesehen ist. Dem genügt die Bewertung der Leistungen des Klägers im mündlichen Teil der zweiten Wiederholungsprüfung nicht.

Die Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung des Klägers vom 10. September 2004 ist fehlerhaft erfolgt, da sich weder aus den Stellungnahmen der Prüfer im Rahmen des im Widerspruchsverfahren durchgeführten Überdenkungsverfahrens noch aus deren ergänzenden Äußerungen im erstinstanzlichen Klageverfahren feststellen lässt, dass beide Prüfer eine eigenverantwortliche Bewertung hinsichtlich der gesamten mündlichen Prüfungsleistung des Klägers vorgenommen haben.

Zwar vermittelt ein Bewertungsfehler im Prüfungsrecht regelmäßig nur einen Anspruch auf Neubewertung der fehlerhaft bewerteten Prüfungsleistung. Soweit es den Grundsatz der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit betrifft, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts jedoch bereits geklärt, dass für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten; mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, die zur Wahrung ihrer Rechte einen Verwaltungsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängige Bewertung erhielten (BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34, 52; BVerwG, Beschl. v. 11.04.1996 - 6 B 13.96 -, NVwZ 1997, 502 m. w. N.). Damit in Zusammenhang steht, dass schon die Zulassung zur Prüfung an Voraussetzungen zu binden ist, die eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage gewährleisten (BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 und 174/84 - BVerfGE 80, 1, 34). Auch eine verfahrensfehlerhaft zustande gekommene oder inhaltlich fehlerhaft bewertete Prüfung muss daher ganz oder teilweise wiederholt werden, wenn und soweit auf andere Weise eine zuverlässige Bewertungsgrundlage für die erneut zu treffende Prüfungsentscheidung nicht zu erlangen ist. Angesichts des Umstandes, dass seit der streitgegenständlichen mündlichen Prüfung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts fast fünf Jahre vergangen sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich im erforderlichen Maß eine verlässliche Bewertungsgrundlage für eine Neubewertung des mündlichen Teils der Wiederholungsprüfung des Klägers wird rekonstruieren lassen (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 11.04.1996, a. a. O.).

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend festgestellt, dass der Kläger einen Anspruch auf Bekanntgabe der Gründe hatte, die die einzelnen Prüfer und sodann den Prüfungsausschuss als Kollegium dazu bewogen haben, seine mündliche Prüfungsleistung insgesamt mit dem Ergebnis "Mangelhaft" zu bewerten. Zu dem gebotenen "Grundrechtsschutz durch Verfahren" gehört auch, dass der Prüfling diejenigen Informationen erhält, die er benötigt, um feststellen zu können, ob die rechtlichen Vorgaben und Grenzen der Prüfung, insbesondere der Beurteilung seiner Leistungen, eingehalten worden sind. Der so dem Grunde nach anerkannte Informationsanspruch des Prüflings richtet sich grundsätzlich auch auf eine angemessene Begründung der Prüfungsentscheidung, d.h. auf die Bekanntgabe der wesentlichen Gründe, mit denen die Prüfer zu einer bestimmten Bewertung der Prüfungsleistung gelangt sind. Dies kann nach Form, Zeitpunkt, Umfang und Inhalt auf unterschiedliche Weise geschehen. Erst dadurch wird er in den Stand gesetzt, Einwände gegen die Bewertung wirksam vorzubringen und derart unberechtigte Eingriffe in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG abzuwehren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2005 - 6 B 45.05 - NJW 2006, 1750 m. w. N.). Hinsichtlich der Dokumentation von Prüfungsaufgaben und Prüfungsleistungen bei mündlichen Prüfungen ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass zwar weder das Grundrecht der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, noch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG eine umfassende Protokollierung gebieten; allerdings sind, um den Nachteil einer völlig fehlenden oder jeweils nur unzulänglichen Dokumentation sowohl der Prüfungsaufgabe als auch der Prüfungsleistung auszugleichen, hinreichende verfahrensmäßige Vorkehrungen erforderlich, um das Prüfungsgeschehen auch nachträglich noch aufklären zu können (vgl. zum Vorgehenden: BVerwG, Beschl. v. 31.03.1994 - 6 B 65.93 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 332).

Es kommt indessen hinzu, dass sich die Bewertung von mündlichen Prüfungsleistungen typischerweise nicht isoliert auf den Inhalt der vom einzelnen Prüfling gegebenen Antworten beschränkt, sondern dass sie das gesamte Umfeld, in dem die Prüfungsfragen gestellt und die Antworten gegeben werden, mit einbezieht. Dazu gehört bei mehreren Prüflingen etwa das ständige Wechseln von einem Prüfling zum anderen, unter dauernder Beobachtung sämtlicher Prüflinge und ihrer Reaktionen, und zwar sowohl auf die Fragen der Prüfer als auch auf die Antworten der anderen Prüflinge. Diese für die Bewertung von mündlichen Prüfungsleistungen wesentlichen Aspekte entziehen sich nicht nur einer Protokollierung, sondern sie lassen sich auch bei der Begründung der Bewertung allenfalls in groben Zügen darlegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, a. a. O.).

Es ist daher zunächst kein Verfahrensfehler darin zu sehen, dass die konkrete Begründung der aus Sicht des Prüfungsausschusses mangelhaften Prüfungsleistung des Klägers nicht bereits in der Niederschrift der mündlichen Prüfung vom 10. September 2004 aufgeführt ist. Nach § 15 Abs. 9 Satz 5 ÄApprO a. F. sind bei der nach Satz 4 der Bestimmung erfolgenden Mitteilung des Ergebnisses der mündlichen Prüfung durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission bei den Noten "mangelhaft" und "ungenügend" "die Gründe" anzugeben und in die Niederschrift aufzunehmen. Diese Regelung bestimmt zum Einen, dass eine Begründung der Entscheidung mündlich zu erfolgen hat und zum anderen, dass diese mündliche Begründung protokolliert werden muss. Die Bestimmung enthält somit zwei verschiedene Elemente: eine Regelung zur Begründung und eine weitere zu deren Dokumentation in der Niederschrift. "Gründe" in einer Niederschrift aufnehmen bedeutet deshalb, mündlich dargelegte Gründe in der Niederschrift festzuhalten (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 19.01.2004 - 14 B 2370/03 - juris). Diesen Anforderungen genügt das vorliegende Protokoll. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass diese Niederschrift inhaltlich unzutreffend ist.

Das eigentliche Bewertungsverfahren leidet jedoch, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, unter dem Mangel, dass sich nicht feststellen lässt, dass beide Prüfer ihrer Verpflichtung zu einer eigenverantwortlichen und unabhängigen Bewertung der gesamten mündlichen Leistung des Klägers nachgekommen sind. Die erforderliche eigenverantwortliche Bewertungsentscheidung des Prüfers ist nur dann möglich, wenn er die Leistungen des Prüflings selbst, unmittelbar und vollständig zur Kenntnis nimmt und aus eigener Sicht selbständig beurteilt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.01.1995 - 1 BvR 1505/04 - NVwZ 1995, 469; BVerwG, Beschl. v. 10.06.1983 - 7 B 48.82 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 175; Beschl. v. 02.04.1979 - 7 B 61.79 - DÖV 1979, 753). Ein Prüfer darf daher nicht die Bewertung anderen Personen überlassen oder Wertungen Dritter als verbindlich übernehmen (vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rdnr. 176 m. w. N.). Bei den Bewertungen durch einen Prüfungsausschuss muss jeder Prüfer sowohl bei den Beratungen als auch bei der Festsetzung der Note seine verantwortungsvoll gebildete persönliche Überzeugung voll einbringen; er darf nicht ohne feste oder gar entgegen seiner festen Überzeugung "nur um des lieben Friedens" willen einlenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.01.1995, a. a. O.). Insoweit kann sich ein Prüfer rechtsfehlerfrei der Bewertung eines Mitprüfers zwar anschließen, ohne dass er eine eigenständige (schriftliche) Begründung abgibt. Auch dieses "Anschließen" ist aber nur dann zulässig, wenn es das Ergebnis eines eigenständigen und unabhängigen Bewertungsvorganges darstellt. Es ist weiter nicht ausgeschlossen, dass Prüfungsordnungen ausdrücklich vorsehen, dass Noten für selbständige Teile der Prüfung, die von anderen Prüfern festgelegt worden sind, von der über das Gesamtergebnis der Prüfung (rechnerisch) entscheidenden Prüfungskommission gleichsam als "feststehende Größen" zu übernehmen sind (vgl. Niehues, a. a. O., Rdnr. 179).

Eine solche Einschränkung der Pflicht zur selbständigen Leistungsbewertung ist der Ärztlichen Approbationsordnung jedoch nicht zu entnehmen. Nach § 15 Abs. 9 ÄApprO a. F. trifft die Prüfungskommission ihre Entscheidung mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Eine Aufspaltung der Prüfungsabschnitte in einzelne nur von den Fachprüfern allein zu bewertende Abschnitte sieht die Ärztliche Approbationsordnung nicht vor (so im Ergebnis auch BayVGH, Beschl. v. 18.10.2002 - 7 ZB 02.1460 - juris). Für die hier streitige mündliche Prüfung nach § 15 ÄApprO a. F. bedeutet dies, dass bei dem mit zwei Prüfern besetzten Prüfungsausschuss jeder der beiden Prüfer auch über den Prüfungsteil, in dem nicht er als Fachprüfer aufgetreten ist, eine selbständige und eigenverantwortliche Bewertung abzugeben hatte. Aus den Bestimmungen der Approbationsordnung ergibt sich auch nicht, dass für jeden der Prüfungsteile eine Teilnote durch den jeweiligen Fachprüfer zu bestimmen ist und die Gesamtnote der mündlichen Prüfung entweder durch die Bildung eines arithmetisch zu bildenden Mittelwertes oder durch eine Abstimmung des Ergebnisses einzelner Teilprüfungen durch die Fachprüfer zu erfolgen hat. Vielmehr sind alle Mitglieder des Prüfungsausschusses verpflichtet, eine Bewertung der Gesamtleistung des Prüflings abzugeben.

Es ist aus den vorliegenden Stellungnahmen der Prüfer Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. nicht hinreichend ersichtlich, dass beide Prüfer eine eigenständige und unabhängige Bewertung des Prüfungsteiles vorgenommen haben, in dem sie nicht das Prüfungsgespräch geführt haben. Der Beklagte hat zwar in Übereinstimmung mit der vorbenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beiden Prüfern die Einwendungen des Klägers in Bezug auf die Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung, welche sich ausschließlich auf die von Prof. Dr. M. abgehaltene Prüfung im Fach Physiologie beziehen, zur Stellungnahme übersandt. Die Prüfer haben jedoch keine abgestimmte Stellungnahme hinsichtlich der Bewertung der Gesamtleistung abgegeben, sondern, jedenfalls sofern es Prof. Dr. S. betrifft, lediglich zu "ihrer" Fachprüfung eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Es ist aus den vorgelegten Stellungnahmen vielmehr ersichtlich, dass die beiden Prüfer für den von ihnen verantworteten Prüfungsteil eine Teilnote gebildet haben und diese beiden Teilnoten wertend zueinander in Beziehung gesetzt worden sind. In der Stellungnahme von Prof. Dr. M. im Widerspruchsverfahren heißt es wörtlich (Beiakte A, Bl. 189): "Die Prüfungsleistungen von Herrn B. wurden von mir im Fach Physiologie mit noch mangelhaft (5-), im Fach Soziologie mit ausreichend (4) bewertet, so dass beide Prüfer übereinstimmend zum Gesamturteil mangelhaft kamen." Aus dieser Äußerung kann - bei einer allerdings schon wohlmeinenden Auslegung - noch der Schluss gezogen werden, dass Prof. Dr. M. die Prüfungsleistung des Klägers sowohl im Fach "Physiologie" als auch im Fach "Grundlagen der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie" einer eigenständigen Bewertung unterzogen hat. Die Stellungnahme von Prof. Dr. S. im Widerspruchsverfahren beschränkt sich hingegen unzweifelhaft nur auf Ausführungen zu "seinem" Prüfungsteil im Fach "Grundlagen der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie". Er führt lediglich aus: "Für seine Leistungen in dem von mir geprüften Fach erkannte ich auf die Note ausreichend (4)." (Beiakte A, Bl. 192). Prof. Dr. M. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme im Klageverfahren dann weiter ausgeführt: "Herr Prof. S. und ich haben die Bewertung der Prüfungsleistung von Herrn B. einvernehmlich getroffen und handelten somit im Rahmen der ÄAppO. Selbst wenn beide Prüfer auf der Bewertung der Prüfungsleistungen in ihrem Fach bestanden hätten (was aber hier nicht der Fall war), wäre es bei der Bewertung der Prüfungsleistung von Herrn B. mit 5 geblieben, da ich den Vorsitz in der Prüfung hatte. (Beiakte A, Bl. 284)". Diese Stellungnahme lässt es wiederum als zweifelhaft erscheinen, ob zumindest Prof. Dr. M. die Prüfungsleistung des Klägers im Fach "Grundlagen der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie" eigenständig bewertet hat. Prof. Dr. S. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme im Klageverfahren ausgeführt: "Es ist zutreffend, dass die mündliche Prüfungsleistung von Herrn B. im Fach "Medizinische Soziologie" als "ausreichend" (4) beurteilt wurde. Aber es handelte sich um ein eher schwaches "ausreichend". Die Gesamtnote "mangelhaft" wurde daher von Prof. M. und mir in vollem Einvernehmen gegeben. Die Prüfungsleistung im Fach "Medizinische Soziologie" konnte keine bessere Gesamtnote als die gemeinsam festgelegte rechtfertigen." (Beiakte A, Bl. 289). Die Stellungnahme gibt keinen Hinweis darauf, dass Prof. Dr. S. die Leistungen des Klägers im Fach "Physiologie" einer eigenen Bewertung unterzogen hätte. Es kann damit nicht festgestellt werden, dass beide Prüfer eine Bewertung des jeweils "fachfremden" Prüfungsteiles eigenverantwortlich und selbstständig vorgenommen haben. Der Erklärung der beiden Prüfer, dass die Notenbildung "einvernehmlich" erfolgt sei, lässt nur darauf schließen, dass der Vorsitzende der Prüfungskommission nicht von seinem Recht zum Überstimmen des Mitprüfers Gebrauch gemacht hat. Ob auch eine Bewertung der gesamten Prüfungsleistung des Klägers durch beide Prüfer vorgenommen worden ist, lässt sich dem Hinweis auf eine "einvernehmliche" Notenbildung hingegen nicht entnehmen. Insofern haftet der Prüfung ein Mangel an, welche dem Kläger einen Anspruch auf Wiederholung der mündlichen Prüfung vermittelt. Auf die weiteren vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung kommt es daher nicht an.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann der Beklagte jedoch nicht verpflichtet werden, die Wiederholung der mündlichen Prüfung noch nach Maßgabe der Ärztlichen Approbationsordnung in der Fassung vom 14. Juli 1987 durchzuführen.

Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass nach dem in Art. 12 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Gebot der Chancengleichheit im Prüfungsrecht es einem Prüfling weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen darf, dass er die Anerkennung eines Bewertungsfehlers in einem gerichtlichen Verfahren erstreiten muss. Vielmehr müssen so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2001 - 6 C 14.01 - NVwZ 2002, 1375 m. w. N.). Kann ein fehlerhaft bewerteter Prüfungsteil nicht neu bewertet werden, muss - wie oben bereits ausgeführt - die Prüfungsleistung erneut erbracht werden. Liegt die Prüfung längere Zeit zurück, bringt die Wiederholung jedoch zusätzliche Belastungen für den Prüfling. Die erneute Prüfung ist in einem derartigen Fall so zu gestalten, dass durch den Zeitablauf hervorgerufene Erschwernisse der Prüfung im Interesse des Prüflings im gebotenen Umfang aufgefangen werden. Die dafür erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, ist in erster Linie Aufgabe des zuständigen Normgebers. Nur bei Fehlen einer normativen Bestimmung sind die Gerichte aufgerufen, die Lücke in der Regelung des Prüfungsablaufs unter dem erwähnten Gesichtspunkt zu schließen, dass der Prüfling bei der erneuten Prüfung den geringst möglichen Nachteil erleidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2001, a. a. O.). Diesem Gesichtspunkt wird in der Regel dadurch entsprochen, dass der Prüfling lediglich denjenigen selbständig zu bewertenden Prüfungsteil, dem der rechtserhebliche Mangel anhaftet, erneut abzulegen hat. Allerdings kann es das Ziel der nachträglichen Herstellung der Chancengleichheit auch erforderlich machen, aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände die Rechtsfolgen der gerichtlichen Entscheidung einzelfallbezogen zu ermitteln. Regelungen, die für den normalen Prüfungsablauf gelten, stehen dem kraft höherrangigen Rechts nicht entgegen, soweit dies zur Herstellung der Chancengleichheit des im Klagewege erfolgreichen Prüflings geboten ist.

Der Verordnungsgeber hat in § 43 ÄApprO vom 27. Juni 2002 (nachfolgend ÄApprO 2002, BGBl. I S. 2405, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 02.12.2007, BGBl. I S. 2686) differenzierte Übergangsregelungen für das Ablegen der Ärztlichen Prüfungen getroffen, welche - anders als z. B. Übergangsregelungen im Bereich der Juristischen Staatsprüfungen - nicht generell daran anknüpfen, unter welchen rechtlichen Bedingungen ein Prüfling seine Ausbildung begonnen hat. Anknüpfungspunkt ist vielmehr der Zeitpunkt, zu dem eine bestimmte Prüfung bestanden worden ist. § 43 Abs. 1 Satz 1 ÄApprO sieht vor, dass Studierende, die - wie der Kläger - am 1. Oktober 2003 die Ärztliche Vorprüfung noch nicht bestanden haben, diese nur bis zum 30. April 2006 noch nach der Approbationsordnung in der Fassung vom 14. Juli 1987 ablegen konnten. Der Verordnungsgeber hat bei dieser Regelung zum einen berücksichtigt, dass durch die Ärztliche Approbationsordnung vom 27. Juni 2002 Ziele und Gliederung der ärztlichen Ausbildung grundlegend geändert worden sind. Zum einen ist das bisher dreigeteilte Staatsexamen (wieder) in ein zweistufiges Prüfungsverfahren geändert worden. Auch die Prüfungsinhalte sind wesentlich verändert worden, insbesondere ist der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (nach Änderung der Ausbildungsinhalte) wesentlich praxisorientierter als zuvor. Die Übergangsregelungen in § 43 ÄApprO 2002 sollten es den Studierenden ermöglichen, frühzeitig vorauszusehen, wie lange die Prüfung nach altem Recht noch abgelegt werden kann. Der Verordnungsgeber hat auch ausdrücklich den Umstand berücksichtigen wollen, dass die Ärztliche Vorprüfung wegen möglicherweise noch abzulegender Wiederholungsprüfungen oder "anderen Gründen" nicht wie vorgesehen nach zwei Jahren abgelegt werden kann. Gerade vor diesem Hintergrund hat der Verordnungsgeber ausdrücklich eine längere Übergangsfrist vorgesehen. Andererseits sollte auch der Aufwand der Hochschulen und der zuständigen Stellen des Landes - insbesondere hinsichtlich der Planung und Studienorganisation für zwei unterschiedliche Ausbildungssysteme - berücksichtigt werden (vgl. BR-Drucksache 1040/97, S. 107, die in dem Ausgangsentwurf genannten Daten sind aufgrund der langen Beratungsdauer noch geändert worden, vgl. BR-Drucksache 316/02, Seite 22 f.). Hierbei ist auch zu würdigen, dass die Umstellung der ärztlichen Ausbildung erhebliche Auswirkungen auf das vorzuhaltende Lehrangebot der Hochschulen gehabt hat und insbesondere durch die Anhebung des Curricularnormwertes in der geänderten Kapazitätsverordnung die Änderungen in der Ärztlichen Approbationsordnung erheblichen Einfluss z. B. auf die Studienanfängerzahlen begründet haben.

Soweit der Kläger (sinngemäß) meint, die Anwendung der Approbationsordnung vom 27. Juni 2002 bewirke, dass er aus nicht sachgemäßen und nicht von ihm zu vertretenden Umständen anderen Bedingungen als diejenigen Wiederholungsprüflinge ausgesetzt sei, die noch bis zum 30. April 2006 ihre Zweite Wiederholungsprüfung der Ärztlichen Vorprüfung ablegen konnten, verkennt er, dass Unterschiede in der (gerichtlich angeordneten) Durchführung von Wiederholungsprüfungen nicht generell unsachgemäß sind. Als alleinige Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Durchführung der Prüfung nach den im September 2004 geltenden Regelungen käme nur das Rechtsinstitut des Folgenbeseitigungsanspruchs in Betracht. Ein solcher, auf Beseitigung der Folgen rechtswidrigen Verwaltungshandelns gerichteter Anspruch setzt aber voraus, dass die Folgenbeseitigung sowohl tatsächlich als auch rechtlich noch möglich ist. Die vom Kläger als Ersatz für die fehlerhafte Prüfung vom September 2004 abzulegende mündliche Wiederholungsprüfung fällt in einen Zeitraum, in dem die bis zum Ende der Übergangsfristen in § 43 Abs. 1 Satz 1 ÄApprO 2002 maßgeblichen Bewertungskriterien der Approbationsordnung vom 14. Juli 1987 keine Geltung mehr beanspruchen können. Eine Ablegung der Prüfung nach dem vormals geltenden Rechtszustand ist somit unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Prüfungsleistungen nach den zur Zeit ihrer Erbringung geltenden Prüfungsvorschriften zu beurteilen sind (vgl. BayVGH, Urt. v. 27.04.1981 - 7 B 80 A 1876 -, NJW 1982, 2627) rechtlich nicht mehr möglich. Einen allgemeinen prüfungsrechtlichen Grundsatz, dass Wiederholungsprüfungen nach denselben Prüfungsvorschriften durchzuführen sind wie die vorausgegangenen Prüfungsversuche, gibt es nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.07.1992 - 6 B 7.92 -, DVBl. 1993, 49). Vor dem Hintergrund, dass der Verordnungsgeber - wie oben ausgeführt - ein Vielzahl von unterschiedlichen Interessen bei der Neuordnung der ärztlichen Ausbildung abzuwägen hatte, ist es nicht willkürlich, dass nach dem Ablauf der in § 43 Satz 1 ÄAppO genannten Fristen auch gerichtlich angeordnete Wiederholungsprüfungen - soweit tatsächlich möglich - nach Maßgabe der Ärztlichen Approbationsordnung in der Fassung vom 27. Juni 2002 durchzuführen sind. Der Verpflichtung zu einer aus Sicht des Prüflings möglichst schonenden Ausgestaltung der Wiederholungsprüfung wird im vorliegenden Fall dadurch Rechnung getragen, dass der Kläger nicht den gesamten Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach Maßgabe der Approbationsordnung vom 27. Juni 2002 durchzuführen hat. Lediglich die materiellen Anforderungen des mündlichen (nunmehr mündlich-praktischen) Teils der (Zweiten) Wiederholungsprüfung haben sich nach an dem aktuell geltenden Recht zu orientieren. Im Übrigen wäre es dem Kläger nicht verwehrt gewesen, rechtzeitig vor dem 30. April 2006 um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen, um sich so die Möglichkeit zu eröffnen, eine gerichtlich angeordnete Wiederholungsprüfung nach Maßgabe der Ärztlichen Approbationsordnung vom 14. Juli 1987 noch vor dem Ende der Übergangsfrist zu erreichen (vgl. zu dieser Möglichkeit: BVerwG, Beschl. v. 11.04.1996, a. a. O.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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