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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 15.10.2009
Aktenzeichen: 3 L 22/08
Rechtsgebiete: VwKostG LSA


Vorschriften:

VwKostG LSA § 6
VwKostG LSA § 13
VwKostG LSA § 14
1. Die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Widerspruchsgebühren beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, in dem die Amtshandlung beendet wurde, hier mit Erlass des das Verfahren beendenden Widerspruchsbescheides.

2. Die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheides und damit auch der Ausgangsentscheidung ist für die Erhebung der Widerspruchsgebühr grundsätzlich unerheblich und rechtliche Auswirkungen in diesem Bereich sind nicht bei der Gebührenfestsetzung, sondern bei der Frage nach dem Bestehen eines Zurückzahlungsanspruches des Kostenschuldners, zu berücksichtigen.


Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Sie betreffen sämtlichst die Richtigkeit von Sach- bzw. Kostenlastentscheidungen, auf deren Rechtmäßigkeit es für die hier streitgegenständlichen, durch gesonderte Verwaltungsakte festgesetzten Widerspruchsgebühren und Auslagen nicht entscheidungserheblich ankommt.

Das angefochtene Urteil hat 11 Bescheide des Beklagten vom 26. Juli 2006 zum Gegenstand, mit denen Verwaltungskosten in Form von Widerspruchsgebühren und Auslagen gemäß §§ 13, 14 VwKostG LSA in Bezug auf mehrere von der Klägerin betriebene Widerspruchsverfahren festgesetzt werden, die sich gegen Kostenbescheide des Landkreises A-Stadt (jetzt Landkreis H.) wegen Gebühren für Kontrollmaßnahmen auf der Grundlage fleischhygienerechtlicher Vorschriften gerichtet haben. Soweit der Beklagte in seinen das Vorverfahren beendenden Widerspruchsbescheiden der Klägerin die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO auferlegt hat, ist diese Grundentscheidung über den Träger der Kostenlast für die hier streitgegenständlichen (Kostenfestsetzungs)Entscheidungen, ob und in welchem Umfang eine Verwaltungsgebühr für den Erlass des Widerspruchsbescheides anzusetzen ist bzw. eine Erstattung von Auslagen der Widerspruchsbehörde verlangt werden kann, verbindlich und entfaltet Tatbestandswirkung, sofern sie im für das Gericht maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte besteht. Dies ist hier der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes bestimmt sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei Anfechtungsklagen - wie hier - in erster Linie nach dem materiellen Recht und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitraum zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.1996 - 1 C 28/94 - InfAuslR 1997, 24; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 113 Rdnr. 33). Das materielle Recht stellt bezüglich der Rechtmäßigkeit der Kostenschuld auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung ab (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 14.10.1988 - 14 S 1771/87 - ESVGH 39, 50; OVG NRW, Urt. v. 09.04.2008 - 9 A 111/05 - KStZ 2008, 230; OVG NRW, Beschl. v. 03.02.1984 - 3 B 1037/83 - KStZ 1984, 217; OVG LSA, Beschl. v. 16.03.2007 - 2 M 36/07 -; VG MD, Urt. v. 26.08.2005 - 4 A 356/03 - Juris).

Die streitige Gebühren- und Auslagenerhebung beurteilt sich materiell-rechtlich nach dem Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwKostG LSA). Gemäß § 6 Abs. 1 VwKostG LSA entsteht die Gebührenschuld - wozu unter den Voraussetzungen des § 13 VwKostG LSA auch die Gebühr für die Entscheidung über den Widerspruch gehört (vgl. § 13 Abs. 2 VwKostG LSA) - mit der Beendigung der Amtshandlung oder mit der Rücknahme des Antrages. Gemäß § 6 Abs. 2 VwKostG LSA entsteht die Verpflichtung zur Erstattung der Auslagen mit der Aufwendung des zu erstattenden Betrages. § 14 VwKostG LSA regelt die Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit von Auslagen.

Hiervon ausgehend beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der streitgegenständlichen Widerspruchsgebühren nach dem Zeitpunkt, in dem die Amtshandlung beendet wurde, hier mit Erlass des das Vorverfahren beendenden Widerspruchsbescheides. Voraussetzung für den Anfall der Widerspruchsgebühr ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 VwKostG LSA, dass "der Widerspruch erfolglos geblieben ist" und keiner der Ausnahmegründe (§ 13 Abs. 1 Satz 2 VwKostG LSA zur Unbeachtlichkeit der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften; § 13 Abs. 3 VwKostG LSA bestimmte Sachgebiete betreffend) vorliegt. Hiervon ist im Zulassungsverfahren auszugehen, weil die Antragsbegründungsschrift das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht in zulassungsbegründender Weise in Frage gestellt hat. Ob die der Kostenfestsetzung zu Grunde liegenden Widerspruchsbescheide rechtmäßig sind, mithin die Widersprüche der Klägerin zu Recht oder Unrecht erfolglos geblieben sind, ist nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 Satz 1 VwKostG LSA, der auf die Tatsache der "Erfolglosigkeit" des Widerspruches und nicht auf die Rechtmäßigkeit der Widerspruchsentscheidung abstellt, nicht entscheidend (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 03.02.1984, a. a. O.). Im Übrigen sprechen auch die Regelungen über die Zurückzahlung der Widerspruchsgebühr für die Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit eines Widerspruchsgebührenbescheides nicht vom weiteren Schicksal oder der späteren rechtlichen Beurteilung des Widerspruchsbescheides abhängt und keine inzidente Prüfung der Rechtsmäßigkeit der Widerspruchsentscheidung erfordert. § 13 Abs. 4 Satz 2 VwKostG LSA verweist für den Fall, dass ein Gericht nach § 113 VwGO die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung festgestellt hat, auf Satz 1, der eine Verpflichtung zur Zurückzahlung einer bereits gezahlten Gebühr vorsieht. Erweist sich somit die Zurückweisung eines Widerspruches nach einer gerichtlichen Entscheidung als rechtswidrig, ist eine bereits gezahlte Gebühr zurückzuzahlen (so bereits OVG LSA, Beschl. v. 16.03.2007 - 2 M 36/07 -). Allerdings ist diese grundsätzliche Zurückzahlungspflicht gemäß § 13 Abs. 4 Satz 3 VwKostG LSA ausgeschlossen, wenn die Amtshandlung auf Grund von unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Antragstellers vorgenommen wurde. Die vorgenannten Regelungen über die Zurückzahlungspflicht einer bereits gezahlten Gebühr machen deutlich, dass zum einen erst mit Aufhebung der Zurückweisung des Widerspruches durch gerichtliches Urteil, das (bis dahin bestehende) Tatbestandsmerkmal der Erfolglosigkeit des Widerspruches für die Erhebung der Widerspruchsgebühr (nachträglich) entfällt und das die Zurückzahlungspflicht nicht allein an die Rechtswidrigkeit der Widerspruchsentscheidung anknüpft, sondern auch dass an der Rechtsfehlerhaftigkeit der Entscheidung mitwirkende Verhalten des Kostenschuldners durch unrichtige und unvollständige Angaben zu berücksichtigen ist und ggf. einer Zurückzahlung zwingend ("die Zurückzahlung ist ausgeschlossen...") entgegenstehen kann. Aus diesem Regelungszusammenhang folgt, dass die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheides und damit auch der Ausgangsentscheidung für die Erhebung der Widerspruchsgebühr grundsätzlich unerheblich ist und rechtliche Auswirkungen in diesem Bereich nicht bei der Gebührenfestsetzung, sondern bei der Frage nach dem Bestehen eines Zurückzahlungsanspruches des Kostenschuldners zu berücksichtigen sind.

In Bezug auf die Auslagenerstattung gilt im Ergebnis nichts anderes. Das materielle Recht knüpft hinsichtlich des Entstehens (und des damit maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes für die Rechtmäßigkeit der Erstattungspflicht) an den Zeitpunkt der Aufwendung des zu erstattenden Betrages (§ 6 Abs. 2 VwKostG LSA) und im Übrigen grundsätzlich daran an, dass "bei der Vorbereitung oder bei der Vornahme einer Amtshandlung Auslagen notwendig (werden), die nicht bereits mit der Gebühr abgegolten sind" (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 VwKostG LSA). Die Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides und der Ausgangsentscheidung ist danach kein Tatbestandsmerkmal für die Erstattungspflicht von Auslagen. Sollte die Sachentscheidung rechtlich keinen Bestand haben, ist die Klägerin auf ihre prozessualen Erstattungsmöglichkeiten gemäß § 162 Abs. 1 VwGO zu verweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 47 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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